Review: Und die Eselin sah den Engel | Nick Cave (Buch)

So, nachdem alles so langsam wieder anläuft und die Wogen des Umzugs sich geglättet haben, habe ich mir auch endlich mal wieder Zeit und Muße für den Buchgenuss gegönnt und möchte euch heute mal wieder ein eher spezielles Buch von vor vielen Jahren präsentieren, verfasst von einem sehr berühmten Mann.

Viel Spaß!

Und die Eselin sah den Engel

And the Ass Saw the Angel, UK 1989, 326 Seiten

Und die Eselin sah den Engel
© Piper Verlag

Autor:
Nick Cave


Verlag (D):
Piper Verlag
ISBN:
978-3-492-21869-6

Genre:
Drama

 

Inhalt:

Und die Eselin sah den Engel erzählt die fatalistische Geschichte von Euchrid Eucrow, einem aus inzestuösen Verhältnissen stammenden stummen Jungen, der in den Südstaaten – fernab jeglicher Zivilisation – inmitten einer bigotten Gemeinde sein Dasein fristet und den Lesern von der Tragik seines Daseins berichtet.

Man erfährt schnell, dass Euchrid im Laufe seines Lebens zum Mörder wird und schlussendlich zum Selbstmörder. Denn Euchrid schildert seine Lebensgeschichte aus seinem nassen Grab im Sumpf heraus und klärt so nach und nach die Umstände, die dazu geführt haben, dass er dort geendet ist.

Rezension:

Was der bekannte Musiker Nick Cave hier abliefert, ist ein Werk fast grenzenloser, existenzieller Depression und Tristesse. Denn was diesem degenerierten, verkrüppelten Jungen in Und die Eselin sah den Engel alles zustößt, trotzt jeder Beschreibung. Daher auch gleich der Hinweis an all Jene, die eher zartbesaitet sind oder durchweg düsteren und tragischen Büchern nichts abgewinnen können: Lasst die Finger von diesem Werk, ihr würdet nicht glücklich damit!

Und die Eselin sah den Engel – der Titel übrigens entlehnt aus Numeri, dem vierten Buch Mose – schildert so eindrücklich wie grauenvoll das tragische Leben Eucrows aus dessen Sicht und durch seine Erinnerungen. Dabei haben wir es des Öfteren mit einem unzuverlässigen Erzähler zu tun, der auch gerne einmal eine Szene kommentarlos verlässt, nur um etliche Seiten später darauf zurückzukommen und verwundert festzustellen, dass er eventuell ein wichtiges Detail zu erzählen vergessen hat.

Diese Erzählform ist sicher nicht sonderlich beliebt und stößt bei manchem Leser auf Unmut, trifft hier aufgrund der subjektiven Sichtweise und des gesamten Settings genau den richtigen Ton. Zusätzlich aufgebrochen wird dies, wenn die Geschichte für einzelne Absätze zur auktorialen Erzählweise wechselt, insbesondere dann, wenn Euchrid einen seiner vielen Blackouts bekommt oder die Geschehnisse zu emotional zu werden drohen. So ist Cave darum bemüht, den Leser immer wieder auf Abstand zu bringen, was aber auch bitter nötig ist, um diese Geschichte um bigotte Sektierer, grausam-gewalttätige Zuckerrohrbauern, alkoholabhängige Mütter, verdreckte und verdummte Hobos, göttliche Einflüsterungen, Vergewaltigungen, Selbstjustiz-übende Dorfbewohner und verstümmelte Hunde ohne Schaden zu überstehen.

Doch trotzdem schafft es Cave, dass man Und die Eselin sah den Engel nicht aus der Hand legt, weil er mit einer solchen Sprachgewalt ans Werk geht, dass es literarisch betrachtet eine wahre Freude ist Euchrids Eskapaden zu folgen. Denn Cave schafft hier eine zwar bis in die letzten Poren verkommene Südstaatengemeinde, doch die beschreibt er mit einer derartigen sprachlichen Eleganz, oft schwülstig und pathetisch, aber nie zu extrem, um nicht zu jeder Minute fesseln zu können.

Einzig anzumerken und negativ herauszustellen wäre, dass der schwülstige Schreibstil das Lesen zuweilen doch ein wenig erschwert beziehungsweise zäh macht, einfach weil man es auch nicht mehr gewohnt ist in solch ausufernden Beschreibungen zu baden. Dies tut der morbiden Genialität dieses Werks aber kaum einen Abbruch, denn selten habe ich eine so trostlose Szenerie so dicht und glaubwürdig inszeniert gesehen wie hier.

Fazit & Wertung:

Nick Cave hat mit Und die Eselin sah den Engel ein kleines, grausames Meisterwerk geschaffen, dass aber definitiv nur gefestigten Personen mit einem starken Magen empfohlen werden kann.

9 von 10 verblendeten Ukuliten

Und die Eselin sah den Engel

  • Verblendete Ukuliten - 9/10
    9/10

Fazit & Wertung:

Nick Cave hat mit Und die Eselin sah den Engel ein kleines, grausames Meisterwerk geschaffen, dass aber definitiv nur gefestigten Personen mit einem starken Magen empfohlen werden kann.

9.0/10
Leser-Wertung 8/10 (6 Stimmen)
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Weitere Details zum Autor und dem Buch findet ihr beim Piper Verlag.

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