Review: Wer ist Hanna? (Film)

Wie versprochen melde ich mich nun also zu fast nachtschlafender Zeit zurück, um euch noch eben mit meinen Eindrücken zu Wer ist Hanna? zu behelligen, einem durch und durch außergewöhnlichen Film, dem aber leider ein klein wenig mehr dramaturgischer Feinschliff gutgetan hätte.

Es wundert mich fast, dass ich nicht in die beinahe einhelligen Lobeshymnen der Presse miteinstimme, denn normalerweise gehe ich doch in vielen Punkten mit der einschlägigen Kritikerschaft konform.

Zumindest kann auch ich diesen Film ruhigen Gewissens weiterempfehlen, denn schlecht ist er beileibe nicht, auch wenn es eine für mich gravierende Verfehlung gab. Und für die, die es noch nicht wissen, ihr könnt die Rezension auch lesen, wenn ihr den Film noch nicht kennt und neugierig seid, denn meine Beiträge sind stets und unter Garantie spoilerfrei!

Viel Spaß beim Lesen und einen geruhsamen (Pfingst-)Sonntagsabend.

Wer ist Hanna?

Hanna, USA/UK/DE 2011, 111 Min.

Wer ist Hanna? | © Sony Pictures Home Entertainment Inc.
© Sony Pictures Home Entertainment Inc.

Regisseur:
Joe Wright
Autoren:
Seth Lochhead
David Farr

Main-Cast:
Saoirse Ronan (Hanna)
Eric Bana (Erik Heller)
Cate Blanchett (Marissa Wiegler)

Genre:
Action | Thriller | Drama

Trailer:

 

Inhalt:

Hanna könnte ein ganz normaler Teenager sein, würde sie nicht mit ihrem Vater in der finnländischen Einöde hausen, fernab anderer Menschen und jeder Zivilisation. Ihr Vater Erik Heller ist ehemaliger CIA-Agent und versteckt sich seit ihrer frühesten Kindheit mit Hanna in der Wildnis, während er versucht, sie für den drohenden Überlebenskampf zu trainieren und konditionieren. Denn Erik weiß, es existiert nur ein Weg in die Freiheit: Und der führt darüber, einen Peilsender zu aktivieren, so dass eine gewisse Marissa Wiegler auf ihren Aufenthaltsort aufmerksam wird und versucht, der beiden habhaft zu werden. Eines Tages wird Hannas Wunsch nach Zivilisation so groß, dass sie besagten Peilsender aktiviert. Ihr Vater setzt sich ab, nicht ohne Hanna zuvor auf ihr Überlebenstraining einzuschwören und mit ihr einen Treffpunkt in Berlin zu vereinbaren, an dem sich die beiden wiedertreffen sollen. Hanna indes lässt sich bereitwillig von Marissa Wieglers Truppen abführen mit dem Ziel zu ihr vorzudringen und sie zu töten, so dass Vater und Tochter endlich ohne Angst verfolgt zu werden leben können.

Doch Wiegler wittert den Braten und schickt eine andere Frau in Hannas Zelle, die sich als Marissa Wiegler ausgibt und prompt von Hanna ermordet wird. In dem Glauben, “die Hexe” getötet zu haben flüchtet Hanna und findet sich schnell in einer marokkanischen Siedlung wieder. Ihr steht ein langer Weg nach Deutschland bevor und sie ahnt nicht einmal, dass Marissa Wiegler am Leben ist und bereits ihre Schergen nach ihr entsandt hat.

Rezension:

Wer ist Hanna? bewegt sich gekonnt und stilsicher zwischen Arthouse-Drama und Action-Thriller und versprüht dadurch ein gehöriges Maß an Esprit und erfrischender Unverbrauchtheit. Dem Regisseur Joe Wright gelingt es wirklich vorbildlich, diese beiden Filmarten zu einem neuen, bewegenden und mitreißenden Ganzen zu verbinden. Um seine – in ihrer Grundidee zugegebenermaßen nicht gerade unverbrauchte – Geschichte zu erzählen nutzt er alle sich bietenden Möglichkeiten und veranstaltet eine furiose Hetzjagd von Finnland hinab nach Marokko und wieder hinauf nach Deutschland. Dabei gelingt ihm, was wohl sonst kaum einem gelungen wäre, nämlich die Hetzjagd mit der berührenden Coming-of-Age-Geschichte von Hanna zu bereichern und immer wieder berührende und eindringliche Szenen einzustreuen, die Hannas Erwachsenwerden und ihre Selbstfindung thematisieren, sowie auch ihre Abnabelung von ihrem Vater Erik Heller.

Das Gelingen dieses fast als wagemutig zu bezeichnenden Kniffes verdankt Wright wie auch der Zuschauer einer einzigen Person: Saoirse Ronan, die eine derart eindringliche und vor allem glaubhafte Vorstellung abliefert, dass Hanna mit all ihren Facetten vor den Augen der Kinobesucher lebendig zu werden scheint. Sicherlich wird sie sowohl von Eric Bana als ihr Vater Erik Heller, als auch Cate Blanchett kongenial unterstützt, doch stellt ihre Darbietung die der Anderen definitiv in den Schatten. Wobei es zumindest Cate Blanchett auch gelingt, durch einige zwar kurze und teils plakative, aber nicht minder wirkungsvolle Szenen ihrer Marissa Wiegler ein wenig Kontur zu verleihen. Nur Eric Bana hat es beim Ausspielen seiner Figur deutlich schwerer, aber dies eher drehbuchbedingt und so überzeugt er durch eine unaufgeregte, glaubhafte, aber auch bodenständige Leistung.

Die Szenen, in denen Hanna erstmalig mit der Zivilisation und der damit einhergehenden Technologie in Berührung kommt sind sensibel und anschaulich und rücken den Film in diesen Momenten tatsächlich mehr in Richtung Arthouse, denn eines Thrillers. Auch die Anleihen an die Grimm’schen Märchen funktionieren im Kontext von Wer ist Hanna? ausnehmend gut und zeugen einmal mehr vom Einfallsreichtum des Regisseurs, um aus einem doch so geradlinig scheinenden Stoff ein kleines filmisches Meisterwerk zu machen.

Und dieses Meisterwerk, so bin ich mir sicher, hätte Wer ist Hanna? auch werden können, würde die Geschichte nicht an einigen gravierenden Punkten derart kranken, dass es dem Film als solchen den Einzug in den filmischen Olymp verwehren muss. Beeindruckt er zwar sowohl durch perfekt durchchoreographierte Actionsequenzen und einen zutiefst emotionalen Überbau, so schwächelt er doch merklich bei der nur unzureichend ausgestalteten Hintergrundgeschichte. Einzig, wenn man die Geschichte um Hanna als pures Märchen verstanden wissen möchte, würde dieser Mangel kaum ins Gewicht fallen, für einen Film aber, der mit derart starken Bildern, Figuren und Emotionen punkten möchte, ist die Ausarbeitung der Hintergründe hier eindeutig zu kurz gekommen, um nachhaltig überzeugen zu können. Mit ein bis zwei mehr Rückblenden und einer nicht ganz so halbherzig aufbereiteten Erklärung hätte aus Wer ist Hanna? ein echtes Highlight werden können. So bleibt “nur” ein überaus ambitionierter, trotz seinen Mängeln überzeugender, aber aufgrund dieser auch eben nicht überragender Film mit einer großartigen Hauptdarstellerin.

Fazit & Wertung:

Wer ist Hanna? hebt sich unglaublich wohltuend vom Hollywood-Einheitsbrei ab und liefert eine durchweg überzeugende Verquickung von Kunst und Krawall. Leider trüben die Mängel in der Story den ansonsten einwandfreien Eindruck nachhaltig.

7,5 von 10 Grimm’schen Märchen

Wer ist Hanna?

  • Grimm'sche Märchen - 7.5/10
    7.5/10

Fazit & Wertung:

Wer ist Hanna? hebt sich unglaublich wohltuend vom Hollywood-Einheitsbrei ab und liefert eine durchweg überzeugende Verquickung von Kunst und Krawall. Leider trüben die Mängel in der Story den ansonsten einwandfreien Eindruck nachhaltig.

7.5/10
Leser-Wertung 7.5/10 (2 Stimmen)
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Meinungen aus der Blogosphäre:
Filmherum: 7/10 Punkte
Filmkurzkritik: 6/10 Punkte
Tonight is gonna be a large one.: 8/10 Punkte

Wer ist Hanna? ist am 08.12.11 auf DVD und Blu-ray bei Sony Pictures erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

DVD:

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