Review: Die Unperfekten | Tom Rachman (Buch)

Die 1. Medienjournalistischen Literaturtage

Und hier ist sie auch schon, die versprochene erste Buchrezension, in diesem Fall ein episodisch angelegtes Stück Literatur, wenn auch etwas später gebloggt als ich persönlich es gedacht hätte. Dafür habe ich mir natürlich mal wieder ganz besonders viel Mühe gegeben – und das ist ja schließlich auch was wert! ;-)

Die Unperfekten

The Imperfectionists, USA 2010, 391 Seiten

Die Unperfekten von Tom Rachman
© dtv

Autor:
Tom Rachman

Verlag (D):
Deutscher Taschenbuch Verlag
ISBN:
978-3-423-14097-3

Genre:
Drama

 

Inhalt:

In Rom, der ewigen Stadt, gründet 1953 der ambitionierte Cyrus Ott eine englischsprachige Zeitung, unter deren Schirmherrschaft über die Jahrzehnte hinweg zahlreiche illustre, aber auch verschrobene, desillusionierte, engagierte, entmutigte, verklemmte, anachronistische Gestalten ihr Dasein fristen und deren Leben mit dem Fortbestand der Zeitung wie auch untereinander enger miteinander verwoben sind, als sie es sich je vorstellen könnten. Aus den Momentaufnahmen der Leben von Reporterin Hardy Benjamin, des Chefkorrektors Herman Cohen, der Textredakteurin Ruby Zaga, des Nachrichtenchefs Craig Menzies, des Verlegers Oliver Ott und vielen weiteren Personen entflicht sich ein Kaleidoskop der Entwicklung des Zeitungswesens in diesem Verlagshaus über die Jahrzehnte hinweg bis hin zum unrühmlichen Ende des Traums von Cyrus.

Rezension:

Der Autor von Die Unperfekten, Tom Rachman, ist unverkennbar mit der Branche vertraut. Das merkt man recht schnell auf den ersten paar Seiten und er versteht es, die Zusammenhänge im Verlagswesen und einzelne Aspekte interessant und bildlich darzustellen. Dies nimmt allerdings – auch entgegen meiner Erwartung – nur einen marginalen Teil der Erzählungen ein, denn hauptsächlich geht es hier um die Figuren und ihr Leben, nicht zuvorderst um ihre Arbeit oder ihren Bezug zu der Zeitung. Diese dient letztlich nur als Bindeglied zwischen den Figuren und schafft zusammen mit den zwischen den Kapiteln eingeschobenen Fragmenten eine überzeugende Homogenität der teils grundverschiedenen Erzählungen.

Das macht aber auch Die Unperfekten zu einem zweischneidigen Schwert, weshalb ich nicht recht nachvollziehen kann, warum es bei Erscheinen von dermaßen vielen Zeitungen dermaßen gelobt worden ist; mag dies etwa daran liegen, dass Rachman sein Buch quasi ihrer Branche gewidmet hat?!? Wie dem auch sei, das Buch lässt mich deshalb so zwiegespalten zurück, weil einerseits die Bezüge zur Zeitungsbranche und die thematisierten Umbrüche im Laufe der Jahrzehnte und der damit einhergehende Niedergang des einst so angesehenen und erfolgreichen Hauses wahnsinnig spannend, nachvollziehbar und brandaktuell sind, zudem die Geschichten sich flott lesen lassen und ein gehöriges Maß an Abwechslung bieten und mit durchweg interessanten Figuren aufwarten, andererseits aber auch einigen Kinderkrankheiten leiden.

Denn durch den schieren Willen, ein höchstmögliches Maß an Unterhaltung herauszuschlagen schrammen manche der Figuren gefährlich knapp am Klischee vorbei und wirken nicht in jeder Situation glaubwürdig; hier würde man sich – bei einer wenn auch fiktiven Zeitungsgeschichte, die aber dennoch Anleihen an der Realität nimmt – anderes erwarten. Die Unperfekten sind zweifellos auf ihre Art unperfekt und nicht jede Story wartet mit einem Happy-End auf, aber unperfekt ist eben zuweilen auch die Charakterisierung, schlicht weil manchmal das Gefühl nicht weichen will, dass man solch einem Stereotypen schon des Öfteren begegnet ist.

Dafür aber gefallen mir der Aufbau und die losen Zusammenhänge ausgesprochen gut, ebenso wie die kleinen Anspielungen auf andere Charaktere oder frühere Geschehnisse. Wie schon angedeutet verzahnt sich dadurch nämlich das Geflecht aus Momenteindrücken mehr und mehr steigert die Stringenz der global zu betrachtenden Erzählung, was mich auch wohlwollend über die teils altbekannten Charakterschablonen hinwegsehen lässt, einfach weil die Die Unperfekten trotz dessen einfach dermaßen kurzweilig unterhalten und in einem für mich spannenden Milieu agieren. Den großen Wurf, wie ihn viele namhafte Publikationen dem Buch attestieren, kann ich allerdings nicht darin erkennen, wenngleich ich mich über weitere Veröffentlichungen des Herrn Rachman freuen würde.

Fazit & Wertung:

Die Unperfekten machen ihrem Namen alle Ehre, bestechen aber durch ihre Menschlichkeit und lassen nicht zu, dass man sich dem Sog des Buches entzieht, auch wenn sich manches gefährlich nahe am Rande zum Klischee bewegt.

7,5 von 10 redaktionellen Grabenkämpfen

Die Unperfekten

  • Redaktionelle Grabenkämpfe - 7.5/10
    7.5/10

Fazit & Wertung:

Die Unperfekten machen ihrem Namen alle Ehre, bestechen aber durch ihre Menschlichkeit und lassen nicht zu, dass man sich dem Sog des Buches entzieht, auch wenn sich manches gefährlich nahe am Rande zum Klischee bewegt.

7.5/10
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Meinungen aus der Blogosphäre:
Zeilenkino

Weitere Details zum Buch und dem Autorin findet ihr auf der Seite des Deutschen Taschenbuch Verlages. Dort findet sich übrigens auch eine Leseprobe als PDF.

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Kommentare (2)

  1. Bryan's Pit 20. Juni 2012

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