Review: Asylon | Thomas Elbel (Buch)

Es ist zwar schon wieder spät, aber ich habe mir fest vorgenommen, diese Woche mehr als nur einen läppischen Artikel rauszuhauen und wenn ich mit der Veröffentlichung dieser Buch-Kritik die Zahl neuer Artikel in dieser Woche auf einen Schlag verdoppeln kann, dann tue ich das doch mit Freuden, wünsche noch einen schönen Restsonntag und einen guten Start in die neue Woche. Viel Spaß bei der Lektüre meiner Kritik und/oder des Buches aber natürlich auch ;-)

Asylon

Asylon, DE 2011, 448 Seiten

Asylon von Thomas Elbel | © Piper Verlag
© Piper

Autor:
Thomas Elbel

Verlag (D):
Piper Verlag
ISBN:
978-3-492-26792-2

Genre:
Science-Fiction | Endzeit | Thriller

 

Inhalt:

Saïna schüttelte deprimiert den Kopf. Lichtmänner. So hatte die Kleine sie genannt, seit Saïna ihr erklärt hatte, was der Name Ordo Lucis bedeutete. Nicht, dass sie auch nur einen Moment geglaubt hatte, was Lynn ihr über die angebliche Geheimorganisation erzählt hatte. Was für Kerle auch immer dahinterstecken mochten, es waren nur Rattenfänger, auch wenn Saïna nie begriffen hatte, zu welchem Zweck sie das Gerücht in die Welt gesetzt hatten, jenseits der Grenze würde es irgendetwas anderes als Dürre und Elend geben.

Eine Klimakatastrophe, der Surge, hat die Erde der Zukunft unbewohnbar gemacht und Asylon ist die letzte Bastion der Überlebenden, weshalb streng darauf geachtet wird, dass die Grenzen des riesigen Stadtstaates sicher bleiben, denn außerhalb treiben angeblich marodierende Horden degenerierter Menschen ihr Unwesen und bedrohen die letzten Reste der Zivilisation innerhalb der Mauern. Einer der Bewohner von Asylon ist Torn, ein sogenannter Leveller, dem die prekäre Aufgabe obliegt, das Gleichgewicht unter den Clans zu wahren, die Asylon im Grunde beherrschen. Als Torn mit seinem Kollegen Scooter im Grenzbereich die Leiche eines vermeintlichen Eindringlings findet, wenngleich es viel eher so aussieht, als hätte die junge Frau versucht, aus der Stadt zu entkommen, nehmen Ereignisse ihren Lauf, die nicht nur seine Frau das Leben kosten, sondern ihn selbst ebenso in Mitleidenschaft ziehen sondern auch die Geheimnisse von Asylon nur langsam in all ihrer schockierenden Erbarmungslosigkeit offenlegen.

Infolgedessen lernt Torn die Hausmeisterin Saïna kennen, die ebenfalls ein Geheimnis in sich birgt, von dem sie selbst nichts ahnt, doch auch die Clanchefs und der skrupellose wie korrupte Polizist Rygor machen alsbald Jagd auf Torn und es ist nur dem Einschreiten fremder Mächte zu verdanken, dass er nicht nur überlebt, sondern langsam auch die Wahrheit hinter der Stadt Asylon erkennt und sich anschickt, die Grenzen der Welt auszuloten und schlussendlich zu durchbrechen.

Rezension:

Wenn es auch schon einige Zeit her ist, hat seinerzeit Elysion von Thomas Elbel mich ja richtiggehend gefangen nehmen können, weshalb es außerfrage stand, dass ich mich auch seinem Erstling Asylon widmen würde, wenn beide Bücher auch nichts miteinander gemein haben. Das allerdings stimmt so auch nicht, denn auch die Welt in Asylon hat einen merklich dystopischen Einschlag und die Zivilisation wie wir sie kennen ist Geschichte. Eine Klimakatastrophe hat den Großteil der Erde unbewohnbar gemacht und in eine endlose Wüste verwandelt, weshalb die Einwohner des letzten Bollwerks der Menschheit sich glücklich schätzen können, wenn auch ein Großteil von ihnen ein Leben in Dunkelheit und Armut fristet und die Stadt mehr einem alles verschlingenden Moloch mit einer schier unüberschaubaren Anzahl an Ebenen, Gebäuden und Geheimgängen gleicht und vor Dreck und Unrat zu strotzen scheint.

Unter ihnen drängten sich Myriaden heruntergekommener Wohnsilos vonmeist quadratischem Grundriss, aber in verschiedensten Höhen und baulichen Ausführungen so dicht an- und übereinander, dass die Straßen auf den unteren Ebenen zu kleinen Stollen geworden waren, in die das Licht des Tages nicht mehr hineinreichte. Man vermutete, dass sich die Wohnebenen im Zentrum der Stadt teilweise bis zu hundert Stockwerke hoch auftürmten, aber genau wusste es niemand.

Dennoch tuen sich einige Geheimnisse und Ungereimtheiten auf und wenn es nur um die Frage geht, woher der stete Strom an Neulingen in Asylon rührt und warum sie allesamt sich an ihre Vergangenheit und speziell den Surge nicht erinnern können. Solche Fragestellungen allerdings geraten im täglichen Kampf ums Überleben schnell in den Hintergrund, so dass auch Torn, der Hauptprotagonist der Geschehnisse in Asylon, der als Teil einer Spezialeinheit für das Gleichgewicht unter verschiedenen rivalisierenden Clans verantwortlich zeichnet, besseres zu tun hat, als sich über die Rätsel der Welt, in der er lebt, den Kopf zu zerbrechen. Man ahnt natürlich schnell, dass etwas faul ist in Asylon und auch, in welcher Richtung der große Twist zu vermuten ist, der nach zwei Dritteln die Geschichte zwar gehörig auf den Kopf stellt, leider aber nicht so überraschend daherkommt wie es möglich gewesen wäre, wenn die Andeutungen nicht allzu deutlich und vor allem früh in die Geschichte eingestreut worden wären.

Solche kleinen Patzer verzeiht man Elbel und Asylon aber anstandslos, denn das Tempo der Geschichte, die kurzen, knackigen Kapitel und die wendungsreichen Geschehnisse, die fernab des Hauptplots auch noch ein ordentliches Maß an Geheimnissen und Überraschungen bereithalten, versöhnen als Leser schnell, da zumindest ich persönlich das Buch die meiste Zeit gar nicht mehr aus der Hand legen wollte und sich folglich ein gewisses Maß an Suchtpotential nicht verleugnen lässt. Allerdings muss ich auch zugeben, dass ich gerne noch mehr über die Welt und das Leben in Asylon erfahren hätte und auch glaube, dass der Autor sich hier deutlich mehr Gedanken gemacht hat über das Setting, als er schlussendlich in der eigentlichen Geschichte durchschimmern lässt. Die nämlich nimmt wahnsinnig schnell an Fahrt auf, packt und vermag mitzureißen, aber Hintergrundinformationen und weitergehende Dialoge über das Sein der Welt sucht man leider vergeblich. Wenn dieser Umstand auch am Ende im Kontext Sinn ergibt, ist es dennoch schade um diese so überaus spannende, ersonnene Welt, aus der ich mir gerne noch mehr Geschichten durchgelesen hätte.

Als sein Fuß das Gaspedal auf den Wagenboden nagelte, begriff er, dass das Geschöpf vor ihm keine Kreatur aus einer anderen Dimension war, keine heranstürmende Flammensäule. Es war nur ein Mensch, ein laufender, zappelnder, schreiender, lichterloh brennender Mensch. Und noch bevor diese Erkenntnis voll in sein Bewusstsein einsickern konnte, prallte der lodernde Körper mit schrecklich dumpfer Gewalt gegen den Offroader und war im nächsten Moment aus seinem Blickfeld verschwunden.

Ähnliches habe ich seinerzeit übrigens auch Elysion attestiert und so wird einmal mehr deutlich, dass Thomas Elbel es zuvorderst versteht, wahnsinnig spannende, in sich stimmige, düstere, abgründige Welten zu schaffen, in die man als Freund endzeitlicher Geschichten und Dystopien nur allzu gerne einzutauchen bereit ist, wenn er dem Tempo und den Actioneinlagen gegenüber der Ausarbeitung dieses Settings leider oftmals den Vorzug gibt. Allerdings versteht er es, seinen Figuren ansprechende Schattierungen zu verpassen und speziell in Asylon gibt es kein Gut und Böse, nur mehr oder minder ausgeprägte Opportunisten, die allesamt mit ihren eigenen Fehlern zu kämpfen haben und glaubhaft, ja, lebendig wirken, so absonderlich, verachtenswert oder verurteilenswert ihr Handeln auch sein mag. Nichtsdestotrotz ist also auch Asylon ein Roman, der mich begeistern konnte und die Vorfreude auf Megapolis schürt, den eigentlichen Erstling von Elbel, den er, dank seines Erfolges bei und mit dem Piper Verlag nun im Selbstverlag nachgeschoben hat und dem ich mich selbstverständlich an dieser Stelle ebenfalls demnächst widmen werde.

Fazit & Wertung:

In Thomas Elbels Debütveröffentlichung Asylon ist der namensgebende Moloch von Stadt die eigentliche Hauptfigur, die aber zudem – so wird schnell deutlich – von zahllosen zwielichtigen Gestalten bevölkert wird, deren Handeln man nur allzu gerne verfolgt, zumal die Stadt selbst auch ein Gros an düsteren Geheimnissen bereithält. Empfehlenswerte Dystopie, die mit Rasanz und Actionreichtum zu punkten versteht.

8 von 10 rivalisierenden Clans auf der Jagd nach Leveller Torn

Asylon

  • Rivalisierende Clans auf der Jagd nach Leveller Torn - 8/10
    8/10

Fazit & Wertung:

In Thomas Elbels Debütveröffentlichung Asylon ist der namensgebende Moloch von Stadt die eigentliche Hauptfigur, die aber zudem – so wird schnell deutlich – von zahllosen zwielichtigen Gestalten bevölkert wird, deren Handeln man nur allzu gerne verfolgt, zumal die Stadt selbst auch ein Gros an düsteren Geheimnissen bereithält. Empfehlenswerte Dystopie, die mit Rasanz und Actionreichtum zu punkten versteht.

8.0/10
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Weitere Details zum Buch und dem Autor findet ihr auf der Seite des Piper Verlages. Dort findet sich übrigens auch eine Leseprobe.

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Asylon ist am 01.09.11 als Taschenbuch bei Piper erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über den Link und unterstützt damit das Medienjournal!

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