Review: Trance – Gefährliche Erinnerung (Film)

Mit meinen gestrigen Abschiedsworten bis morgen hatte ich ja schon dezent angedeutet, mich heute wieder zu Wort melden zu wollen und siehe da, wer derartiges bereits vermutet hat, hat augenscheinlich wie offensichtlich damit Recht behalten. Dann würde ich sagen, kommen wir direkt zur Hauptattraktion des heutigen Abends und widmen uns dem derzeit aktuellsten Film von Danny Boyle.

Trance
Gefährliche Erinnerung

Trance, UK 2013, 101 Min.

Trance | © Twentieth Century Fox
© Twentieth Century Fox

Regisseur:
Danny Boyle
Autoren:
Joe Ahearne
John Hodge

Main-Cast:
James McAvoy (Simon)
Vincent Cassel (Franck)
Rosario Dawson (Elizabeth)

Genre:
Mystery | Mindfuck | Krimi | Thriller

Trailer:

 

Inhalt:

Durch seine Spielsucht in akute Geldnot geraten, lässt sich der Londoner-Kunstauktionator Simon auf einen Deal mit Gangster Franck ein, der ihm aufträgt, ihm und seinen drei Schergen beim Raub des berühmten wie wertvollen Goya-Gemäldes Flug der Hexen behilflich zu sein. Zunächst scheint alles glatt zu laufen: Die Auktion wird gestürmt, Menschen suchen in schierer Panik das Weite und Simon macht sich mit dem Gemälde in einer Tasche verstaut auf zu einem zeitschlossgesicherten Tresor, ganz so, wie man es von ihm erwarten würde, wenn er auch weiß, dass dort Franck auf ihn warten und ihm das Gemälde entwenden wird. Doch im Eifer des Gefechts versucht Simon den Helden zu spielen und setzt Franck mit einem Taser kurz außer Gefecht, woraufhin der ihm sein Gewehr gegen die Schläfe knallt.

Trance | © Twentieth Century Fox
© Twentieth Century Fox

In seinem Versteck angekommen, stellt Franck mit Schrecken fest, dass sich das Gemälde allerdings mitnichten in der Tasche befunden hat und der Rahmen leer ist. Simon, der im Krankenhaus erwacht, hat allerdings keine Erinnerung an den Kunstraub und auch die Folter durch Franck und Konsorten frischt sein Gedächtnis nicht auf. Nachdem ein Arzt Franck eröffnet, dass kein Medikament die Amnesie beeinflussen könnte, beschließt dieser, den unkonventionellen Weg zu gehen, Simon einer Hypnosetherapie zu unterziehen. Die hinzugezogene Psychologin Elizabeth riecht allerdings bald Lunte und verlangt einen Anteil an der Beute. Gemeinsam mit den Verbrechern versucht sie, Simons Erinnerung zu wecken und dringt tief in dessen Unterbewusstsein vor, während die Grenzen zwischen Realität und Wahn langsam zu verwischen beginnen, bis Simon glaubt, sich im eigenen Wahnsinn verlieren zu müssen.

Rezension:

Trance – Gefährliche Erinnerung mäandert – so wird einem schnell klar – wild fabulierend durch unterschiedlichste Genres und Gedankenwelten, so dass man anfänglich dem vermeintlichen Heist-Film spielend folgen kann, bis er sich speziell ab Einführung der Figur Elizabeth mehr und mehr zum Psycho-Thriller wandelt, um auf dem restlichen Weg die Geschichte mehr als nur einmal bewusst auf den Kopf zu stellen. Die eigentliche, der Geschichte zugrundeliegende Suche nach dem Goya-Gemälde gerät dabei auch gerne schon einmal ins Hintertreffen und während Danny Boyle anfänglich noch bereit ist, durch auffällige Farbveränderungen und Wahrnehmungsverschiebungen auf den Umstand hinzuweisen, dass man sich in einer Traum- beziehungsweise Hypnose-Sequenz befindet, gibt er diesen Kniff bald zugunsten einer mehr und mehr ins absolute Chaos abdriftenden Erzählung auf, deren abstruse wie abwegige Hakenschläge im Storyverlauf aber tatsächlich stets mehr unterhalten als verwirren.

Trance | © Twentieth Century Fox
© Twentieth Century Fox

Freilich hat Trance mit einem Haufen an Logiklücken zu kämpfen und Hypnose wird sicherlich nicht annähernd so thematisiert und dargestellt, wie sie im realen Leben stattfinden würde, doch wird auch bald mehr als deutlich, dass wir uns mitnichten in der realen Welt befinden, was Kameramann Anthony Dod Mantle mit großartigen Bildern und Einstellungen zu unterstreichen weiß. Letztendlich ist der ganze Plot des Films so dermaßen an den Haaren herbeigezogen und auch die schlussendliche Auflösung beinahe platt und vollkommen abwegig, dass meinen würde, das Konzept des Films könne gar nicht aufgehen, doch die augenzwinkernde Art, in der Boyle dem Zuschauer seinen wahnhaften wie sprunghaften Bilderexzess darbietet, lässt mehr als wohlwollend darüber hinwegsehen, zumal sich das Skript der eigenen Schwächen durchaus bewusst zu sein scheint. Während also die Geschichte an Fahrt aufnimmt, die Verwirrung wächst und die Grenzen verschwimmen, lässt man sich nur allzu bereitwillig auf diesen Film gewordenen Mindfuck ein, den vermutlich jeder andere Regisseur mit Karacho gegen die Wand gefahren hätte.

In der Folge, dass wir uns mehr und mehr in der Psyche von Simon verirren, der von einem wieder einmal grandios aufspielenden James McAvoy charakterisiert wird und in seiner Ausgestaltung mehr als einmal an seine Rolle in Drecksau gemahnt, verschieben sich mehr und mehr auch die Perspektiven und anfänglich stereotyp anmutende Figuren gewinnen plötzlich an Tiefe, so dass auch Vincent Cassel wie auch Rosario Dawson Gelegenheit erhalten, ihren Figuren Ausdruck und Profil zu verleihen. Doch so gut die Schauspieler auch sind und so stimmig die Chemie des Dreiergespanns auch ist, wird das alles mehr als überragt von den treibenden Elektro-Beats, den verfremdeten Bildern, den hyperstilisierten Szenen, den perspektivischen Verzerrungen und der immer weiter entartenden Geschichte, die sich mit sichtlicher Freude am Füllhorn inszenatorischer Möglichkeiten bedient und in einer hippen, auf Hochglanz getrimmten Art und Weise dem filmischen Noir huldigt, während wir Simon immer tiefer in den Kaninchenbau folgen, der gleichsam mehr und mehr von unverhohlener Brutalität und sexualisierten Bildern geprägt wird.

Trance | © Twentieth Century Fox
© Twentieth Century Fox

Bei Trance ist der Titel folglich durchaus Programm, wohingegen die Inhaltsangabe nur erahnen lassen kann, um was es schlussendlich gehen wird, doch denke ich, dass man schon einen recht guten Eindruck gewinnen kann, ob diese Art von Film einem zusagen mag. Indikator wäre auf alle Fälle, wenn man den älteren Werken Cronenbergs huldigt, an den zumindest eine Einstellung in einer der Traumsequenzen deutlich gemahnt. Ansonsten beweist Danny Boyle einmal mehr seine inszenatorische Finesse und bereichert sein Repertoire an Genre-Filmen im Grunde gleich um mehrere Einträge, während man sich durchaus darüber streiten können mag, in welche Schublade dieser Film zu stecken ist. Und so sehr man sich auch darüber ärgern mag, wenn sich am Ende zwar alles zu einem vermeintlich stimmigen Ganzen fügt, dabei aber doch viele Fragen offen bleiben und der Plot natürlich in Anbetracht des Ansatzes über die Maßen konstruiert wirkt, war Trance für mich dahingehend eine echte Überraschung, dass er mit zahllosen Konventionen bricht und sich mit keinem anderen Film vergleichen lässt; ein Umstand, den man heutzutage nur allzu selten konstatieren kann und der folglich ein hohes Lob darstellt.

Fazit & Wertung:

Trance ist mitnichten frei von Mängeln und dafür gespickt mit einer Vielzahl immer unglaublicher werdender Twists und eingeschobener Traumsequenzen, doch verwehrt er sich auch jeder klassischen Dramaturgie und spielt mit Genuss mit den Erwartungen des Zuschauers, nimmt ihn mehr und mehr gefangen und treibt ihn in eine psychedelische wie surreale Traumwelt, deren Bildsprache ihresgleichen sucht und mit wummernden Beats ins Chaos treibt.

8,5 von 10 eingebildeten Erinnerungen

Trance - Gefährliche Erinnerung

  • Eingebildete Erinnerungen - 8.5/10
    8.5/10

Fazit & Wertung:

Trance ist mitnichten frei von Mängeln und dafür gespickt mit einer Vielzahl immer unglaublicher werdender Twists und eingeschobener Traumsequenzen, doch verwehrt er sich auch jeder klassischen Dramaturgie und spielt mit Genuss mit den Erwartungen des Zuschauers, nimmt ihn mehr und mehr gefangen und treibt ihn in eine psychedelische wie surreale Traumwelt, deren Bildsprache ihresgleichen sucht und mit wummernden Beats ins Chaos treibt.

8.5/10
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Meinungen aus der Blogosphäre:
Cellurizon: 7/10 Punkte
Tonight is gonna be a large one.: 7/10 Punkte

Trance ist am 06.12.13 auf DVD und Blu-ray im Vertrieb von Twentieth Century Fox erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

DVD:

Blu-ray:

vgw

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Kommentare (3)

  1. bullion 4. Juni 2014
      • bullion 7. Juni 2014

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