Review: Sturmvogel: Die Rosenkriege 1 | Conn Iggulden (Buch)

Heute gibt es einmal wieder eine Buch-Kritik von mir spendiert, das aber auch insbesondere, weil ich das Buch völlig unerwartet vorab als Leseexemplar erhalten habe. Meine – zugegebenermaßen hohe – Meinung von dem Buch hat das allerdings in keiner Weise beeinflusst, das lag einzig und allein an den schriftstellerischen Fähigkeiten des Autors Iggulden.

Sturmvogel
Die Rosenkriege 1

Wars of the Roses – Stormbird, UK 2013, 608 Seiten

Sturmvogel: Die Rosenkriege 1 von Conn Iggulden | © Heyne
© Heyne

Autor:
Conn Iggulden

Verlag (D):
Heyne Verlag
ISBN:
978-3-453-41796-0

Genre:
Historie | Drama

 

Inhalt:

Edmund von York, schlank und schwarzhaarig, machte ein unwilliges Gesicht, als er die Frau sah, die bei seinem Vater saß. Er hatte die Mätressen seines Vaters nie gebilligt, und als Alice ängstlich aufstand, verfinsterte sich sein Ausdruck noch mehr. John von Gaunt an seiner Seite hatte den gleichen Bart wie sein Vater, nur dass der seine noch voll und schwarz und spitz
zugeschnitten war, sodass er den Hals verdeckte. Hoch aufgerichtet standen die Brüder am Lager ihres Vaters und blickten auf ihn hinunter, der die Augen wieder geschlossen hielt.

Anno Domini 1443: Henry VI. ist König von England, doch der König ist krank, schwächlich und gebrechlich und Derry Brewer, Meisterspion und einer der engsten Vertrauten des Königs, sieht keine andere Möglichkeit, als durch die Vermählung mit einer französischen Adligen einen Waffenstillstand zwischen England und Frankreich herbeizuführen, da ansonsten die unter englische Herrschaft gezwungenen Gebiete in akuter Gefahr wären. Zu diesem Zweck konspiriert er mit William de la Pole, dem Duke von Suffolk und gemeinsam erreichen die Männer die Billigung einer Heirat zwischen Henry und Margaret von Anjou. Der Gesundheitszustand des Königs erlaubt es zwar nicht, bei der Trauung zugegen zu sein und kurzerhand wird de la Pole als Vertretung eingesetzt, doch auch der Rest des Planes droht aus dem Ruder zu laufen, als die Bewohner der englischen Provinzen sich gegen die französischen Truppen aufzulehnen beginnen, die ihren Grund und Boden wieder in Besitz zu nehmen trachten – eine der verhandelten Bedingungen der arrangierten Hochzeit.

Unter der Führung von Thomas Woodchurch, einem ehemaligen Langbogenschützen der englischen Armee und dem Baron Strange bildet sich ein Kader aus Rebellen in Maine, die dem französischen Herr empfindliche Verluste beibringen, während sich in England ein Bauernaufstand unter der Führung des trinkfesten und rachsüchtigen Jack Cade anzubahnen beginnt. Richard Plantagenet, der Duke von York, der zu diesem Zeitpunkt noch Oberbefehlshaber der englischen Truppen in Frankreich ist, scheint keinen Finger rühren zu wollen, um sich in der Fehde zwischen den Ländern zu engagieren, doch nach Ausbruch des Krieges beginnen sich bald dessen Ambitionen herauszukristallisieren, die das alleinige Ziel haben, Henry VI. abzusetzen und ihn selbst zum König von England zu erheben. Derry Brewer setzt alle Hebel in Bewegung, um der Bedrohung Herr zu werden und seinen König zu schützen, doch während dieser noch immer mit seiner Gesundheit zu kämpfen hat, fällt William de la Pole unter Mitwirken des Dukes von York in Ungnade und sieht sich des Vorwurfs des Hochverrates ausgesetzt, während sich Jack Cades Truppen zielstrebig auf die Tore der englischen Hauptstadt zubewegen. Dabei entpuppt sich Margaret von Anjou, Frau des Königs, als Derrys treuste und tapferste Verbündete.

Rezension:

Eigentlich bin ich kein ausgewiesener Freund historischer Romane, was insbesondere darin begründet liegt, dass der geschichtliche Kontext oft lediglich benutzt wird, um eine verkitschte und romantisierte Form der Vergangenheit zu präsentieren, doch der britische Autor Conn Iggulden geht da mit Sturmvogel in eine merklich andere Richtung und schildert aus mehreren Perspektiven den Beginn der Rosenkriege, freilich ein Thema, dem sich schon so einige Autoren gewidmet haben, doch dennoch lohnt sich ein Blick auf Die Rosenkriege 1, denn die Geschehnisse rund um Henry VI., Margaret von Anjou und Richard von York sind dermaßen packend inszeniert und kurzweilig dargebracht, dass es eine Schande wäre, dieser Reihe nicht eine Chance zu geben.

»Ich erinnere mich gut an Prinz Hal, William! Ich erinnere mich an den Löwen! Noch zehn Jahre, und auch der Rest Frankreichs hätte ihm zu Füßen gelegen. Mein König war Henry von Monmouth und sonst niemand. Gott weiß, ich würde auch seinem Sohn folgen, aber dieser Junge ist nicht wie sein Vater, und das weißt du auch. Statt eines Löwen von England haben wir ein sanftes Lämmchen, das uns im Gebet anführt. Mein Gott, es ist zum Heulen.«

Neben den eigentlichen historischen Protagonisten bedient sich Iggulden zudem aber auch der fiktiven Figur des königlichen Meisterspions Derry Brewer, der nicht nur gekonnt die Erzählung vorantreibt und die einzelnen Handlungsstränge miteinander verknüpft, sondern sich auch nahtlos in das historisch belegte Figurenensemble fügt. Im lesenswerten Nachwort erklärt der Autor dann auch noch einmal eingehend, wieso und weshalb er die Figur Brewers ersonnen hat und weist auch auf weitere geschichtliche Ungenauigkeiten hin, die er zum Wohle einer flüssigen und stimmigen Erzählung notgedrungen in Kauf nehmen musste. Historiker mögen da Zeter und Mordio schreien, doch ich muss sagen, dass ich die Veränderungen verstehen und gutheißen kann, denn im Gegenzug liefert er eine rundum packende, nie langweilig werdende und schmissig erzählte Geschichte ab, die trotz der Ungenauigkeiten auch durchaus dazu imstande ist, ein wenig historisches Wissen zu vermitteln, ohne dabei zu trockener Geschichtsbuchlektüre zu verkommen.

Dabei helfen zudem der im Innenteil des Covers beigefügte Stammbaum der Königlichen Linien von England sowie die englische und französische Karte, um sich den Konflikt der Länder wie auch der Familien York und Lancaster untereinander zu vergegenwärtigen. Die Sympathien sind zwar recht klar verteilt, doch versäumt es Iggulden nicht, seine Figuren mit menschlichen Schwächen und Geheimnissen anzureichern und ihnen durch wenige Szenen Tiefe zu verleihen, so dass es mir nicht schwerfiel, mit den einzelnen Protagonisten mitzufiebern und zu bangen und das teils, obwohl sie auf unterschiedlichen Seiten, teils im offenen Konflikt miteinander gestanden haben. Gewöhnungsbedürftiger waren da vielmehr die Zeitsprünge und teils parallel oder eben versetzt laufende Handlungen an unterschiedlichen Orten, wo man teils erst in einem Nebensatz erfährt, dass seit der letzten Szene, dem letzten Kapitel bereits Monate vergangen sind.

Der vereiste Rasen knirschte unter ihren Schritten, als die beiden Männer in der Dunkelheit zur Kapelle von Windsor gingen, die der Jungfrau Maria, Edward dem Bekenner und dem heiligen Georg geweiht war. Im schwachen Licht der Sterne, mit Atemwölkchen vor dem Gesicht, nickte Derry den Wachen an der äußeren Tür kurz zu, ehe sie in die von Kerzen erhellte Kirche eintraten, in der es fast ebenso kalt war wie draußen.

Hier wäre es beispielsweise schön gewesen, wenn an den Anfang eines Kapitels von Sturmvogel: Die Rosenkriege eine Jahreszahl gesetzt worden wäre, um den zeitlichen Ablauf zu verdeutlichen, aber vermutlich tat sich der Autor hier aufgrund seiner zeitlichen Straffungen schwer, die einzelnen Ereignisse konkret zu verorten. Ärgerlich ist es trotzdem ein wenig, denn ansonsten begeistert die Art, wie man leichtfüßig durch Zeit und Ort eilt und trotzdem nie den Anschluss, nie den Überblick verliert und das, obwohl im Laufe der Zeit zahlreiche Figuren das Spielfeld betreten. Ein wenig erinnert mich dieser Band daher – und das kommt nicht von ungefähr – an Das Lied von Eis und Feuer, nur eben ohne Drachen, Untote und Magie, zumal sich Martin ja bekanntermaßen sehr von den Rosenkriegen inspirieren ließ. Mit der gelungenen Mischung aus Intrigen, Kämpfen, politischen Machenschaften und Wortgefechten empfiehlt sich Igguldens Auftaktband auf alle Fälle als modernes, packendes und mitreißendes Historienepos, das man nicht so schnell mehr aus der Hand nehmen möchte und die knapp 600 Seiten wie im Flug vergehen lässt.

Fazit & Wertung:

Conn Igguldens Sturmvogel: Die Rosenkriege 1 entpuppt sich als packendes Historienepos mit einem gesteigerten Maß an Intrigen und teils blutigsten Auseinandersetzungen, das von der ersten Seite an zu fesseln versteht und als Auftakt einer erneut die Rosenkriege thematisierenden Romanreihe eine mehr als nur gute Figur macht. Detailverliebt gezeichnete Charaktere wie der fiktive Meisterspion Derihew Brewer steigern das Lesevergnügen noch einmal merklich und lassen gespannt die weiteren Teile der Saga erwarten. Trotz erzählerischer Freiheiten ein überaus lohnender wie lesenswerter Historienroman.

9 von 10 Intrigen gegen die englische Krone

Sturmvogel: Die Rosenkriege 1

  • Intrigen gegen die englische Krone - 9/10
    9/10

Fazit & Wertung:

Conn Igguldens Sturmvogel: Die Rosenkriege 1 entpuppt sich als packendes Historienepos mit einem gesteigerten Maß an Intrigen und teils blutigsten Auseinandersetzungen, das von der ersten Seite an zu fesseln versteht und als Auftakt einer erneut die Rosenkriege thematisierenden Romanreihe eine mehr als nur gute Figur macht. Detailverliebt gezeichnete Charaktere wie der fiktive Meisterspion Derihew Brewer steigern das Lesevergnügen noch einmal merklich und lassen gespannt die weiteren Teile der Saga erwarten. Trotz erzählerischer Freiheiten ein überaus lohnender wie lesenswerter Historienroman.

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Weitere Details zum Buch und dem Autor findet ihr auf der Seite des Heyne Verlag. Dort findet sich übrigens auch eine Leseprobe.

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Sturmvogel: Die Rosenkriege 1 ist am 11.08.14 als Taschenbuch bei Heyne erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über den Link und unterstützt damit das Medienjournal!

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