Review: Die Legenden von Andor (Spiel)

Lang lang ists her, aber ihr erinnert euch sicher noch dunkel, dass ich mir auf die Fahnen geschrieben habe, auch ab und an über Brett- und Kartenspiele berichten zu wollen und was läge da näher, als sich einmal dem Kennerspiel des Jahres 2013 zu widmen, zumal mir dieses – völlig zurecht – vom Kosmos Verlag wärmstens empfohlen worden ist. Viel Spaß also mit meinem hoffentlich gewohnt informativen Blick auf:

Die Legenden von Andor

Die Legenden von Andor

Die Legenden von Andor | © Kosmos Verlag
© Kosmos Verlag

Autor:
Michael Menzel
Verlag (D):
Kosmos Verlag

Kategorie:
Brettspiel
Genre:
Fantasy | Abenteuer

Spielerzahl:
2-4 Spieler
Spieldauer:
60-90 Minuten

 

Inhalt:

Das Spielmaterial von Die Legenden von Andor gestaltet sich gerade in Hinblick auf den vergleichsweise geringen Preis überraschend opulent und vielfältig, so dass neben den 41 Spielfiguren, die Helden, Monster, aber auch Schildzwerge, einen Prinzen, Hexen und einen Drachen umfassen, eine Vielzahl von Kartonteilen enthalten sind, die von Gold über Heilkräuter auch Ausrüstungsgegenstände wie Bögen und Schilde umfassen, die direkt auf dem Portrait des jeweiligen Helden auf der entsprechenden Heldentafel abgelegt werden können, was mir ausnehmend gut gefallen hat. Hinzu kommen eine Vielzahl verschiedenfarbiger Würfel und viele weitere Kartonteile, Karten und Plättchen, die für allerlei Situationen und Begebenheiten herangezogen werden. Heimliches Highlight ist aber die enthaltene Losspiel-Anleitung, die tatsächlich die Konsultation einer Spielanleitung für die erste Partie überflüssig macht und einen direkt ins Spielgeschehen wirft, während das Begleitheft im Grunde lediglich als Nachschlagewerk und Almanach dient. Konkret umfasst der Inhalt der Box folgende Materialien:

  • 1 doppelseitiger Spielplan
  • 41 Spielfiguren
  • 4 Heldentafeln
  • 142 Kartonteile
  • 1 Ausrüstungs-/Kampftafel
  • 72 große Spielkarten
  • 66 kleine Spielkarten
  • 20 Würfel
  • 14 Holzscheiben und -tafeln
  • 1 Erzähler
  • 1 Turm
  • 15 Sortierbeutel
  • 1 Losspiel-Anleitung
  • 1 Begleitheft

 

Rezension:

Die Legenden von Andor | © Kosmos Verlag
Einige Legendenkarten und die imposante Drachenfigur

Auf den ersten Blick liest sich die Legenden von Andor alles andere als innovativ oder neuartig und jeder, der schon mal ein Rollenspiel oder Adventure, ob Pen’n’Paper oder am PC gespielt hat, sollte sich eigentlich vom ersten Moment an zurechtfinden: Man schlüpft in die Rolle eines Helden (oder, vorbildlich: einer Heldin), der über Stärke- und Willenspunkte verfügt, eine Sonderfähigkeit besitzt und mit allerlei Ausrüstung bepackt werden kann, die ihn stärker oder schneller macht und gemeinsam bereist man das Land Andor, um es vor garstigen Monstern zu bewahren, die allesamt nichts anderes vorhaben, als die Burg zu erstürmen und das Reich zu vernichten. So weit so gut würde man sagen, doch nicht nur der Teufel, nein in diesem Fall auch die Besonderheiten liegen im Detail und erklären auch, warum das Spiel aus dem Kosmos-Verlag 2013 den Kritikerpreis Kennerspiel des Jahres verliehen bekommen hat.

Zunächst einmal handelt es sich bei Die Legenden von Andor um ein kooperatives Spiel, was auf dem Segment Helden-gegen-fiese-Monster eine Seltenheit darstellt, da es sonst oft einen Spielleiter braucht, der die finsteren Schergen ins Feld führt. Hier nun spielt man gemeinsam gegen das Spiel und eine Vielzahl ausgeklügelter Mechanismen verhilft den Monstern zur Bewegung und dem Spiel zu einem gesteigerten Maß an Dynamik, auf die man als Held flexibel zu reagieren lernen muss, denn unvorhergesehen Ereignisse allerorten können den eigenen Plänen schon einmal schnell einen Strich durch die Rechnung machen. In der Beziehung reiht sich das Spiel in die Fraktion der einfach zu erlernenden, aber schwer zu meisternden Mechanismen. So gibt es eine vorbildliche Losspiel-Anleitung, die die geneigten Spieler vom ersten Moment an an die Hand nimmt und behutsam mit dem Regelwerk vertraut macht, ohne dass man einen Blick in die Anleitung hätte werfen müssen, die hier auch mehr als Almanach und Nachschlagewerk, denn als richtige Anleitung konzipiert ist.

Die Legenden von Andor | © Kosmos Verlag
Pasco, ein gut (aus)gerüsteter Bogenschütze

Es beginnt – nicht gerade überraschend – mit Aufbau und Präparation des Spielplans, der die Reiche von Andor darstellt und neben der Burg des Königs Wälder, Berge, Flüsse und Täler beinhaltet, ebenso wie Brunnen und Ortschaften, Höfe und Geheimnisse. Es gibt also, obwohl der Plan (fast) immer gleich aussieht (auf der Rückseite befindet sich noch ein Minenspielplan) einiges zu erkunden, doch die Zeit ist knapp, denn ständig strömen neue Monster auf den Plan und bewegen sich zielstrebig auf die Burg zu. Ist also der Spielplan aufgebaut und hat sich jeder Held positioniert, geht es in Die Legenden von Andor auch recht schnell zur Sache, wobei Helden im Grunde nur zwei Dinge tun können, sich bewegen und kämpfen. Für diese Aktionen stehen ihnen je Runde – die einen Tag umfasst – sieben Züge zur Verfügung, wobei sie gegen Abgabe von Willenspunkten bis zu drei Überstunden machen können, um zusätzliche Aktionen auszuführen, quasi wenn Not am Mann ist. Zu freigiebig sollte man mit seinen Willenspunkten aber auch nicht sein, da diese aktiv die Würfelanzahl beeinflussen, die dem tapferen Recken im Kampf zur Verfügung stehen.

Haben alle Spieler ihr Tagewerk verrichtet, dämmert der neue Tag und eine Ereigniskarte wird aufgedeckt, die sowohl positive wie negative Effekte auf den aktuellen Tag oder das allgemeine Spielgeschehen haben kann. Hierauf folgt die Bewegung der Monster in Reihenfolge ihrer Stärke, wobei sie sich auf dem Spielplan stets in Pfeilrichtung, also auf vordefinierten Bahnen, in Richtung Schloss bewegen, an deren Erstürmung sie auf alle Fälle gehindert werden müssen, da ansonsten das Spiel sofort mit einer Niederlage endet. Sind auch die Bewegungen abgehandelt, werden die im Land verstreuten Brunnen – an denen die Helden ihre Willenspunkte auffrischen können – wieder bereit gemacht und zuletzt der Erzählerspielstein auf der Legendenleiste ein Feld nach vorne geschoben. Diese Legendenleiste ist es, die den Fortgang des Abenteuers dokumentiert und je nach Legende spezifiziert, wann plotgebundene Ereignisse eintreten, ob es sich dabei um neue Monster und Gefahren, Verbündete oder andere Veränderungen der Konstellationen handelt wie etwa neue Siegbedingungen, die es zu erreichen gilt.

Die Legenden von Andor | © Kosmos Verlag
Zahllose Monster bedrohen Andor, doch die Helden stellen sich ihnen mutig entgegen

Mit den enthaltenen sechs Legenden bietet Die Legenden von Andor schon einen recht hohen Wiederspielwert, denn es ist mitnichten einfach, die vorgefertigten Abenteuer zu bestehen und allen Gefahren zu trotzen, zumal sich jede Legende deutlich von der Vorangegangenen unterscheidet und mit neuen Elementen und Regeln, Monstern und Ausrüstungsgegenständen oder gar einem gänzlich neuen Spielfeld (der Mine) aufwartet. Hier liegt allerdings auch einer der wenigen Schwachpunkte des Spiels, denn während es für 2-4 Spieler empfohlen ist und je nach Spielerzahl im Schwierigkeitsgrad auch geringfügig angepasst wird, musste ich doch feststellen, dass es mit weniger als vier Helden gerade bei den späteren Legenden kaum machbar ist, der Bedrohung Herr zu werden, da einfach an zu vielen Fronten gleichzeitig gekämpft werden muss, weshalb es sich speziell bei zwei Spielern empfehlt, dass einfach jeder zwei Helden übernimmt, um ausreichenden Handlungsspielraum zu haben.

So simpel wie das bewegen-und-kämpfen-Prinzip gestalten sich im Übrigen auch die Kämpfe gegen die Monster selbst, die dadurch zu keinen unliebsamen Unterbrechungen führen, sondern sich schnell und stimmig in das Geschehen integrieren. Lobend erwähnt werden sollte auch, dass die einzelnen Legenden eben nicht nur mit neuen Regeln etc. aufwarten, sondern auch immer eine spannende und abwechslungsreiche Geschichte erzählen und so die Atmosphäre, die sich während des Spielens aufbaut, noch unterstreichen. Hat man alle sechs Legenden gemeistert und zuletzt den Drachen besiegt ist aber zum Glück noch lange nicht Schluss, denn Die Legenden von Andor lädt aktiv dazu ein, sich eigene Abenteuer auszudenken und zu diesem Zweck findet sich auf der an Material ungewohnt reichhaltig bestückten Homepage zum Spiel auch ein Developer Guide sowie Blanko-Karten und vieles weitere mehr, inklusive zusätzlicher Legenden, die man sich quasi spielfertig ausdrucken kann. Zwei Erweiterungen, Neue Helden für das Spiel zu fünft und sechst sowie Der Sternenschild mit einer neuen Legende ungeahnten Ausmaßes stehen für neuen Spielspaß bereits in den Startlöchern, auch wenn ich hierzu nichts Genaueres zu sagen weiß, da ich sie nicht besitze.

Fazit & Wertung:

Für viele vergnügliche Stunden ist schon allein mit dem Grundspiel gesorgt, wobei ich hier noch einmal betonen möchte, dass es mir am besten gefallen hat, dass man direkt ins Spiel geworfen wird, denn viele komplexe Spiele, für die ich durchaus ein Faible besitze, erfordern es doch, dass man sich im Vorfeld die Anleitung doch ausführlich und eingehend zu Gemüte führt, bevor an eine erste Runde überhaupt nur zu denken ist. Diese Hürde entfällt hier völlig, so dass man auch spontan mit Leuten, die noch gar nicht mit Die Legenden von Andor vertraut sind, auf Monsterhatz gehen kann. Einzig, dass die Zeit meist zu knapp ist und die Bedrohungen zu akut, als dass man sich einfach mal auf Erkundungstour durch die Lande begeben könnte oder beim Händler einkehren mag, möchte ich als kleines Manko anführen, so dass es zwar einerseits sehr schön ist, von den plotgebundenen Events durch die Geschichte gepeitscht zu werden, ich mir manchmal aber eben einfach gewünscht hätte, zum nächsten Händler schlendern zu können oder das ominöse Nebelplättchen zu erforschen, das nur eben leider nicht für die Geschichte vonnöten ist. Da kam der Abenteurer-Drang in mir das eine oder andere Mal etwas zu kurz.

9 von 10 bedrohlichen Monstern, die Andor bedrohen

Die Legenden von Andor

  • Spielkonzept/-mechanismen
  • Ausstattung/Qualität
  • (Langzeit-)Spielspaß

Fazit & Wertung:

Für viele vergnügliche Stunden ist schon allein mit dem Grundspiel gesorgt, wobei ich hier noch einmal betonen möchte, dass es mir am besten gefallen hat, dass man direkt ins Spiel geworfen wird, denn viele komplexe Spiele, für die ich durchaus ein Faible besitze, erfordern es doch, dass man sich im Vorfeld die Anleitung doch ausführlich und eingehend zu Gemüte führt, bevor an eine erste Runde überhaupt nur zu denken ist. Diese Hürde entfällt hier völlig, so dass man auch spontan mit Leuten, die noch gar nicht mit Die Legenden von Andor vertraut sind, auf Monsterhatz gehen kann. Einzig, dass die Zeit meist zu knapp ist und die Bedrohungen zu akut, als dass man sich einfach mal auf Erkundungstour durch die Lande begeben könnte oder beim Händler einkehren mag, möchte ich als kleines Manko anführen, so dass es zwar einerseits sehr schön ist, von den plotgebundenen Events durch die Geschichte gepeitscht zu werden, ich mir manchmal aber eben einfach gewünscht hätte, zum nächsten Händler schlendern zu können oder das ominöse Nebelplättchen zu erforschen, das nur eben leider nicht für die Geschichte vonnöten ist. Da kam der Abenteurer-Drang in mir das eine oder andere Mal etwas zu kurz.

4.3
Leser-Wertung 5 (1 Stimme)
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Die Legenden von Andor ist im Juni 2012 im Kosmos Verlag erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über den nachfolgenden Link und unterstützt damit das Medienjournal!

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Kommentare (11)

  1. bullion 27. September 2014
    • Wulf | Medienjournal 28. September 2014
  2. moep0r 28. September 2014
    • Wulf | Medienjournal 29. September 2014
      • moep0r 17. November 2014
      • Wulf | Medienjournal 17. November 2014
  3. greifenklaue 29. September 2014
    • Wulf | Medienjournal 29. September 2014
      • Greifenklaue 29. September 2014
    • Gnislew 6. November 2014
  4. Gnislew 6. November 2014

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