Review: Jack Taylor auf dem Kreuzweg | Ken Bruen (Buch)

So, weil ja heute schließlich kein bundesweiter Feiertag ist, gibt es für mich ja trotz tollem Wetter und Freizeit keinen plausiblen Grund, mit dem Bloggen auszusetzen und turnusgemäß widmen wir uns dann jetzt mal wieder einem Buch, genauer einem alten Bekannten, der hier ja schon des Öfteren und auch in Serienform seinen Auftritt haben durfte. Von wem die Rede ist verrät der Titel ja schon und folglich geht es heute um:

Jack Taylor auf dem Kreuzweg

Cross, IE 2007, 256 Seiten

Jack Taylor auf dem Kreuzweg von Ken Bruen | © dtv
© dtv

Autor:
Ken Bruen
Übersetzer:
Harry Rowohlt

Verlag (D):
Deutscher Taschenbuch Verlag
ISBN:
978-3-423-21579-4

Genre:
Krimi | Drama

 

Inhalt:

»Warum bist du nicht verdammtnochmal tot?«
Was erwidert man da? Versuchte zu sagen: »Hab mein Bestes versucht, Tatsache, ich wollte sterben. Hatte gar nicht den Plan gehabt zu überleben, ehrlich.«
Malachy war mein alter Erzfeind, meine Nemesis, und wie sich das seit alters her für irische Widersacher gehört, hatte ich ihm sogar einmal den Arsch gerettet.

In Galway wird ein Junge gekreuzigt und die Zeitungen sind voll davon, doch Jack, ganz so wie es seinem Habitus entspricht, misst dem erst einmal kaum Bedeutung bei, hat schließlich mit seinen ganz eigenen Dämonen zu kämpfen, ob es jetzt darum geht, denn scheinbar unweigerlichen Rückfall zum Alkohol hinauszuzögern oder um das Leben von Cody zu bangen, der nach der schweren Schussverletzung noch immer im Krankenhaus liegt. Auch Vater Malachy macht ihm zu schaffen, ebenso wie Nic an Iomaire – Wellewulst – , mit der er sich auch des Öfteren in die Haare kriegt, ganz, wie man es von den beiden gewohnt ist.

Dann aber geschehen gleich mehrere Dinge, denn der Kreuzigung folgend wird ein Mädchen im Auto verbrannt und besorgte Bürger wenden sich an Taylor, den Fall ihrer verschwundenen Hunde zu untersuchen. Während er mit der Hundesache nicht viel anfangen kann, beginnt er, sich zumindest der Kreuzigungsgeschichte zu widmen und ermittelt, während in ihm selbst der Gedanke reift, es könne ihm womöglich an einem anderen Ort, in einem anderen Land besser ergehen als in Galway, wo auf ihn hinter jeder Ecke und an jedem neuen Tag ein weiterer Schicksalsschlag zu warten scheint.

Rezension:

Es geht bergab mit Jack Taylor und ein wenig meint man, die Reihe würde sich totlaufen, doch mitnichten, denn der Abwärtstrend bezieht sich natürlich lediglich auf Jacks Gemütszustand und die Befindlichkeiten der ihn umgebenden Landsleute, denn das, wer sich mit Jack einlässt, schnell auch mal unfreiwillig das Zeitliche segnen darf, haben wir ja bereits in den vorangegangenen fünf Bänden erfahren, doch sind eben nicht nur die Nachwehen in Jack Taylor auf dem Kreuzweg noch spürbar, nein, bahnt sich auch direkt die nächste Katastrophe, deren Auslöser im Vorgänger Jack Taylor und der verlorene Sohn zu suchen ist, an und auch wenn Jack noch immer verzweifelt bemüht ist, das drangegebene Trinken – nein, seien wir ehrlich: Saufen – nicht wieder anzufangen, verspricht das wenig Besserung in den noch immer gebeutelten Straßen von Galway, mit denen es ähnlich bergab zu gehen scheint wie mit dem alles feinsinnig wie schnoddrig beobachtenden und kommentierenden Privatschnüffler.

Ging zu McSwiggan’s. Mitten in der Kneipe steht ein Baum, beruhigt mich immer, dass sich das Land einen Sinn fürs Absurde bewahrt hat.
Die Kneipe ist am Wood Quay, in weniger als Spuckweite vom Hidden Valley, wo ich einmal kurz ein Zuhause hatte, den Landfahrern oder Kesselflickern oder tinkers sei Dank. Am Wood Quay wird noch richtig gewohnt.

Man könnte ebenso meinen, dies würde irgendwann langweilig werden, doch dank Ken Bruens genialer schreibe und Harry Rowohlts kongenialer Übersetzung ist es immer noch eine wahnsinnige Freude, den Befindlichkeiten und Ansichten des nur wie nebenbei als Ermittler agierenden Iren zu lauschen, der hier wie so oft durchaus mehr als einen Fall zu bearbeiten hätte, während sich auch privat die Probleme stauen, ob es sich dabei nun um gesundheitliche Fragen bei Wellewulst oder Cody dreht, Jacks nachlassendes Gehör oder die immer noch andauernden Anfeindungen der Polizei, den dem Zen verfallenen früheren Drogendealer, der Jack so sehr ein Freund ist, wie man einem scheinbar dem Untergang geweihten Ex-Säufer überhaupt nur ein Freund sein kann und da erscheint es schon beinahe trivial, als ein Junge gekreuzigt und ein Mädchen verbrannt wird, weshalb es Jack auch recht spät in den Sinn kommt, sich der Sache wirklich anzunehmen. Dann allerdings, erst einmal aufgerafft und zurechtgemacht, löst er den Fall in Windeseile, kann auch dabei Opfer wie Kollateralschäden nicht vermeiden und es wird ein dumpfer Sieg sein, kaum befriedigend und schon gar nicht erhaben, doch darum – wie auch die Fälle als solche – geht es bei Jack Taylor seit je her eigentlich nicht und kaum anders verhält es sich eben auch bei Jack Taylor auf dem Kreuzweg, dessen Doppeldeutigkeit im Titel doch wohl hoffentlich beabsichtigt gewesen ist.

Ach und dann wäre da auch noch der Fall verschwundener Hunde, der Jack noch weit weniger interessiert und den er prompt an einen neuen, ihn an sein früheres Ich erinnernden Kompagnon delegiert, der allerdings sowohl mit Jacks ruppiger Art als auch den nur halbgaren Anweisungen sichtlich überfordert ist, was auch die Anstrengungen in diese Richtung zweifelsohne in einem Desaster enden lässt. Da ist es kaum verwunderlich – wenn auch für den Leser ein Stück weit erschreckend – , dass Jack damit liebäugelt, seinem heißgeliebten Galway und gleich ganz Irland den Rücken zu kehren und nach Amerika zu gehen, um dort ein neues Leben zu beginnen, doch man ahnt, dass Jack so leicht nicht von seiner Heimat lassen kann und spätestens das Ende des Romans, dass mal wieder einen ordentlichen Schlaf in Jack Taylors Fresse für ihn bereithält, verschafft die Sicherheit, dass Jack und Irland noch längst keine getrennten Wege gehen.

So sitzt man hinter einer pint, einem reinen Geschenk, einer Begabung gar, und der Jameson webt einem bereits seine dunkle Magie an die Augen hin, und man kann glauben, dass der Irak tatsächlich auf der anderen Seite der Welt ist, dass der Winter nicht kommt, dass das Licht von Galway immer seinen Reiz ausüben wird und dass Pfaffen Haustiere sind, keine Raubtiere. Die Illusion wird nicht sehr lange anhalten, aber der kurze Augenblick ist unbezahlbar.

Der eigentliche Fall allerdings, der nimmt wieder einmal nur eher wenig Raum ein und ist nicht gerade spektakulär geraten, wenn einen am Ende auch noch ein netter Twist erwartet, doch wer Jack Taylor der Fälle und Ermittlungen liest, macht sowieso seit sechs Büchern etwas falsch, denn da gibt es andere Autoren, die es besser verstehen, einen konsistenten und spannenden Krimi-Plot zu entwickeln. Nacht, dass Ken Bruen das nicht sicherlich auch könnte, doch geht es eben in dieser Reihe vielmehr um Jack Taylor und die Demaskierung eines noch immer häufig romantisch verklärten Irlands, aber auch um eine Bestandsaufnahme der dortigen Zustände, denn die Romanreihe war auch schon immer gesellschaftskritisch und ließ stets die aktuelle soziale und politische Lage in die Geschichten mit einfließen, nicht aufdringlich oder plakativ, aber so, dass man das Gefühl bekommt, es verändert sich etwas in Galway und Umgebung, wo doch schon der Chronist dieser Ereignisse selbst kaum zu einer nachhaltigen, geschweige denn zum Guten gerichteten Veränderung fähig wäre, auch wenn er sich natürlich auch in Jack Taylor auf dem Kreuzweg noch immer unermüdlich und stoisch gegen die Unbill des Schicksals auflehnt.

Fazit & Wertung:

Ken Bruens Jack Taylor auf dem Kreuzweg peitscht seinen von Leid und Gram gebeutelten Antihelden unerbittlich voran und wünscht man Jack anfänglich noch einen Silberstreif am Horizont, belehren einen die Geschehnisse bald eines Besseren und untermauern eindrucksvoll, dass, obwohl Jack sich bereits auf einer Straße des Schmerzes befindet, noch längst nicht an deren Ende angekommen ist. Einzig der ruppige, spröde Charme des irischen Landsmannes und der immer wieder durchschimmernde, feinsinnige Humor bewahren den sechsten Band der Reihe davor, zu einem allzu tristen Werk zu werden, das man sich so aber trotzdem wieder voller Genuss zu Gemüte führen kann.

9 von 10 Abenden mit einer gehörigen Menge Pints

Jack Taylor auf dem Kreuzweg

  • Abende mit einer gehörigen Menge Pints - 9/10
    9/10

Fazit & Wertung:

Ken Bruens Jack Taylor auf dem Kreuzweg peitscht seinen von Leid und Gram gebeutelten Antihelden unerbittlich voran und wünscht man Jack anfänglich noch einen Silberstreif am Horizont, belehren einen die Geschehnisse bald eines Besseren und untermauern eindrucksvoll, dass, obwohl Jack sich bereits auf einer Straße des Schmerzes befindet, noch längst nicht an deren Ende angekommen ist. Einzig der ruppige, spröde Charme des irischen Landsmannes und der immer wieder durchschimmernde, feinsinnige Humor bewahren den sechsten Band der Reihe davor, zu einem allzu tristen Werk zu werden, das man sich so aber trotzdem wieder voller Genuss zu Gemüte führen kann.

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Weitere Details zum Autor und dem Buch findet ihr auf der Seite des Deutschen Taschenbuch Verlages. Dort gibt es übrigens auch ein groß angelegtes Special zur Jack-Taylor-Reihe.

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Die Jack-Taylor-Reihe:

01. Jack Taylor fliegt raus
02. Jack Taylor liegt falsch
03. Jack Taylor fährt zur Hölle
04. Ein Drama für Jack Taylor
05. Jack Taylor und der verlorene Sohn
06. Jack Taylor auf dem Kreuzweg
07. Jack Taylor gegen Benedictus
08. Jack Taylor geht zum Teufel
09. Ein Grabstein für Jack Taylor

Die genannten Bände mit deutschen Titeln sind allesamt als Hardcover im Atrium-Verlag erschienen. Ich jedoch beziehe mich auf die Taschenbuchausgabe des dtv. Hier liegen bisher nur die ersten sechs Bände vor.

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Jack Taylor auf dem Kreuzweg ist am 01.04.15 bei dtv als Taschenbuch erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!


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