Review: The Wake (Graphic Novel)

Okay, los jetzt, heute geht es wieder um Comics! Ja, ich weiß, viele von euch lesen keine Comics, manche immerhin manchmal, einige vielleicht sogar häufig, aber egal zu welcher Fraktion ihr gehört, heute habe ich gleich zwei Tipps für euch, denn ich habe jüngst zwei richtig gute Bände unter die Nase bekommen, von denen ich nun den ersten präsentiere. Beim zweiten Band derweil war abzusehen, dass er mich begeistern würde, denn es handelt sich bereits um den dritten Teil einer Reihe, aber mein Gott ist die gut, immer noch. Doch dazu gleich mehr. Was ich aber sagen wollte: Wenn ihr mal (wieder) mit dem Kauf eines Comic-Albums liebäugelt, kommen hier zwar uneingeschränkte Empfehlungen meinerseits. Bis gleich dann!

The Wake

The Wake #1-10, USA 2013-2015, 228 Seiten

The Wake | © Panini
© Panini

Autor:
Scott Snyder
Zeichner:
Sean Gordon Murphy

Verlag (D):
Panini Verlag
ISBN:
978-3-957-98111-0

Genre:
Action | Science-Fiction | Horror | Endzeit | Thriller

 

Inhalt:

Völlig unerwartet und nur wenige Tage vor dem Besuch ihres Sohnes Parker wird die Meeresbiologin Dr. Lee Archer von Agent Astor Cruz vom Department of Homeland Security aufgesucht, der sie mit einer höchst ungewöhnlichen Aufnahme dazu überreden kann, ihn zu einem geheimen Basislager, genauer einer geheimen Unterwasserbasis zu begleiten, um dort der rätselhaften Tonspur, die kaum entfernte Ähnlichkeit zu den ihr bekannten Walgesängen aufweist, genauer unter die Lupe zu nehmen. Dort angekommen trifft sie unter anderem auf ihren früheren Vorgesetzten, aber auch auf den zwielichtigen Meeks sowie einen Professor für Völkerkunde namens Dr. Marin, doch schnell stellt sich heraus, dass die unterschiedlichen Koryphäen auch aus höchst unterschiedlichen Gründen vom DHS kontaktiert worden sind, denn auf der Unterwasserbasis wurde eine einzigartige Entdeckung, um nicht zu sagen ein einzigartiger Fang gemacht.

Ausschnitt aus The Wake | © Panini
© Panini

Völlig fasziniert und gleichsam irritiert wollen sich die Experten daran begeben, die Herkunft, den Ursprung des Wesens zu ergründen, dass den Mitarbeitern der Station in die Hände gefallen ist, doch bald eskaliert die Situation auf unvorhergesehene Weise und die Forscher sehen sich in die Lage versetzt, um ihr nacktes Überleben kämpfen zu müssen. Zweihundert Jahre später sind große Teile der uns bekannten Kontinente von Wasser geflutet und die Rebellin Leeward ist eine der wenigen, die sich dem Mythos des Rufes verschrieben hat, einer Botschaft aus längst vergangener Zeit, die Rettung verspricht, und Hoffnung…

Rezension:

Schon auf dem Klappentext der edel aufgemachten Hardcover-Ausgabe von The Wake, welche die gesamte, zehnteilige Miniserie von Snyder und Murphy enthält, wird das Werk bereits vollmundig als Comic-Äquivalent eines Kino-Blockbusters gepriesen und Unrecht, so merkt man nach wenigen Seiten, haben diese Meinungen wirklich nicht, denn nach einem kurzen Foreshadowing-Moment in eine unbekannte Zukunft – 200 Jahre in der Zukunft, wie wir später lernen werden – steigt man direkt in die Geschichte um die Meeresbiologin Dr. Lee Archer ein, die prompt vom Department of Homeland Security kontaktiert wird, um zu einer geheimen Mission aufzubrechen. So weit, so gut, so klassisch, kommt die Story zunächst zwar kaum innovativ oder überraschend anders daher, versichert sich aber in Form der schlagfertigen und cleveren Lee aber einer ausreichend sympathischen und interessanten Identifikationsfigur, ist äußerst dicht inszeniert und erspart sich unnötige Schwenks und Nebenschauplätze, was in weiterer Folge zwar ein wenig auf die Charakterentwicklung geht, die hier doch mehr rudimentär und stereotyp daherkommt, als wirklich in die Tiefe zu gehen.

Ausschnitt aus The Wake | © Panini
© Panini

In die Tiefe geht es allerdings, und wie, genauer gesagt hinab zu einer geheimen Bohrinsel am Grunde des Meeres, wo Wissenschaftler eine bahnbrechende wie schockierende Entdeckung gemacht haben, weshalb der Mann vom DHS auch nicht umhin kam, ein Team von Experten um sich zu scharen, von denen der undurchsichtige wie wortkarge Meeks sowie der Professor für Volkskunde und Mythologie – Dr. Marin – am interessantesten geraten sind, zumal letzterer in weiterer Folge gerne aus seinem Wissensfundus zu referieren bereit ist und interessante Abstecher in die Menschheitsgeschichte sowie die Entstehung von Mythen und Legenden macht, der Geschichte dadurch ein Mehr an Kontext angedeihen lässt und sie in sich noch stimmiger macht. Ebenso kann man aber The Wake recht rasch nach der Exposition des übersichtlichen (und sich rasch dezimierenden) Figurenensembles als Survival-Horror bezeichnen, und selten war ich, das muss ich wirklich zugeben, von einem Comic so gebannt, spielt Snyder schließlich so geschickt mit der Erwartungshaltung des Lesers, während es Sean Murphy gar gelingt, seine Panel-Aufteilung und die Seiten so zu arrangieren, dass die Schock- und Überraschungsmomente größtmögliche Wirkung erzielen oder prekäre Situationen jäh unterbrochen werden, um zu einem anderen Handlungsort zu springen.

Denn The Wake beschränkt sich mitnichten darauf, den Horror auf der Unterwasserbasis zu schildern, auf den ich gar nicht im Detail eingehen möchte, um nicht die Spannung vorwegzunehmen, sondern springt zwischenzeitlich erst 100.000 Jahre, dann gar über 5 Millionen Jahre in die Vergangenheit und auch wenn sich diese Szenen erst zum Ende hin erschließen und ihre wahre Bedeutung offenbart wird, bekommt man schnell das Gefühl, einer wahrhaft epischen Erzählung beizuwohnen. Dem trägt auch Rechnung, dass sich die Story trotz vieler kleiner, durchnummerierter Szenen im Grunde in zwei große Kapitel unterteilt und mit Beendigung der ersten Hälfte – das Thema Foreshadowing hatte ich ja kurz erwähnt – 200 Jahre in die Zukunft und damit in eine postapokalyptische, in weiten Teilen überflutete und zuweilen an Waterworld erinnernde Welt springt und den Charakter Leeward in den Vordergrund stellt. Selbstverständlich verknüpfen sich aber nach und nach sowohl der Handlungsstrang des ersten Kapitels als auch die Rückblenden in die Vorzeit nach und nach zu einem stimmigen Ganzen, wenn es hier auch zuweilen merklich abgehobener wird.

Ausschnitt aus The Wake | © Panini
© Panini

Hier liegt aber auch leider einer der wenigen Knackpunkte von The Wake, denn so sehr es Scott Snyder in der ersten Hälfte gelungen ist, mich tiefer und tiefer in seine Story zu ziehen, so sehr Scott Murphy mich mit seinen kantigen und dynamischen Zeichnungen einerseits zu beeindrucken wusste, mich andererseits das Fürchten gelehrt hat – und dass ich den rund 230 Seiten starken Band an einem Abend in einem Rutsch verschlungen habe, nicht fähig, ihn aus der Hand zu legen, spricht eigentlich schon Bände – , muss ich doch sagen, so packend auch das Finale geraten sein mag, dass mich das Ende noch lange beschäftigt hat und sich bei jedem weiteren Gedankengang mehr und mehr kleine Unstimmigkeiten in die Auflösung geschlichen haben, die das Handeln der Figuren nur begrenzt nachvollziehbar bleiben ließen, während man teilweise eine Erklärung gänzlich schuldig blieb. Das mögen sicher einige anders sehen, doch stolpert meines Erachtens The Wake über seine Auflösung, die mich zwar im ersten Moment gepackt und beeindruckt hat, einer näheren Betrachtung aber nicht standzuhalten wusste und gerade den ersten Teil mit seinem Survival-Horror-Einschlag gegenüber dem postapokalyptischen Setting abwertet und das, obwohl es sich beim ersten Teil eigentlich um den stärkeren Part der Geschichte handelt, da dieser dichter und nicht ganz so sehr over-the-top inszeniert ist. Schade, denn anfänglich war ich wirklich versucht, annähernd die Höchstwertung zu vergeben, doch auf den letzten Metern – beziehungsweise erst im Nachhinein – kränkelt die Auflösung gemessen an der ansonsten formidablen Darbringung ein wenig an Feinschliff und Konsistenz.

Fazit & Wertung:

Scott Snyders Miniserie The Wake versteht alle Stärken des Mediums Comic für sich zu nutzen und eine gleichermaßen fulminante wie packende Geschichte zu erzählen, die sich trotz bekannter Versatzstücke zu emanzipieren weiß und von Murphys Zeichnungen kongenial mitgetragen wird. Dennoch schleichen sich gerade im letzten Akt einige Unstimmigkeiten und offene Fragen ein, die den bis dahin unumwunden großartigen Gesamteindruck leider ein wenig trüben, so dass die völlig zu Recht mit dem Eisner Award ausgezeichnete Serie zwar dennoch überzeugt, aber eben leider nicht auf ganzer Linie.

8,5 von 10 Schrecken aus der Tiefe

The Wake

  • Schrecken aus der Tiefe - 8.5/10
    8.5/10

Fazit & Wertung:

Scott Snyders Miniserie The Wake versteht alle Stärken des Mediums Comic für sich zu nutzen und eine gleichermaßen fulminante wie packende Geschichte zu erzählen, die sich trotz bekannter Versatzstücke zu emanzipieren weiß und von Murphys Zeichnungen kongenial mitgetragen wird. Dennoch schleichen sich gerade im letzten Akt einige Unstimmigkeiten und offene Fragen ein, die den bis dahin unumwunden großartigen Gesamteindruck leider ein wenig trüben, so dass die völlig zu Recht mit dem Eisner Award ausgezeichnete Serie zwar dennoch überzeugt, aber eben leider nicht auf ganzer Linie.

8.5/10
Leser-Wertung 0/10 (0 Stimmen)
Sende

The Wake ist am 17.02.15 im Panini Verlag erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über den nachfolgenden Link und unterstützt damit das Medienjournal!

Sharing is Caring:

Hinterlasse einen Kommentar