Review: Vice (Film)

So, neue Woche, neues Spiel – und damit auch eine neue Film-Kritik. Leider keine besonders wohlwollende, aber ich hätte es natürlich auch besser wissen müssen. Nun gut, habe ich dem Film dennoch eine Chance gegeben und das Beste gehofft, aber hoffen hilft halt auch nicht immer, macht es manchmal sogar schlimmer, denn gemocht hätte ich den Streifen echt gerne. Tue ich auch trotz aller Kritik dennoch irgendwie, aber man muss ja zumindest halbwegs objektiv bleiben. Doch was nehme ich wieder alles vorweg, lest doch selbst, was ich Vice halte!

Vice

Vice, USA 2015, 96 Min.

Vice | © Universum Film
© Universum Film

Regisseur:
Brian A Miller
Autoren:
Andre Fabrizio
Jeremy Passmore

Main-Cast:
Thomas Jane (Roy)
Bruce Willis (Julian)
Ambyr Childers (Kelly)
in weiteren Rollen:
Johnathon Schaech (Chris)
Bryan Greenberg (Evan)
Charlotte Kirk (Melissa)
Tyler Jon Olson (Steve)

Genre:
Science-Fiction | Action | Abenteuer

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Vice | © Universum Film
© Universum Film

Geschäftsmann Julian Michaels hat mit VICE den Ort geschaffen, an dem gutbetuchte Kunden gegen entsprechendes Entgelt ihre wildesten und perversesten Fantasien Wirklichkeit werden lassen können. Mit künstlichen Lebensformen bevölkert, die wie echte Menschen denken, fühlen und handeln, ermöglicht er es seinen Klienten in der abgeschirmten Umgebung von VICE, von Raubüberfällen und Folter bis hin zu Vergewaltigung und Mord ihre abgründigsten Träume Wirklichkeit werden zu lassen und das Geschäft boomt, doch indes ist Michaels’ Resort dem Cop Roy ein regelrechter Dorn im Auge, denn viele der Besucher von VICE verlieren mehr und mehr die Fähigkeit, Realität und Fiktion auseinanderzuhalten und so schnellt auch die Kriminalitätsrate in der Stadt um das VICE-Gelände herum in die Höhe.

Nichtsdestotrotz genießt Michaels den Schutz hochrangiger Personen und Roy sieht keine Möglichkeit, das Resort zu schließen, bis zu dem Tag zumindest, an dem Kelly, eine der künstlichen Lebensformen, durcheinen Fehler ihr Gedächtnis behält, das normalerweise zum Ende eines jeden Tages gelöscht und rebootet wird. Denn Kelly bricht aus und stellt die relative Sicherheit von VICE in Frage. Während Michaels und sein Sicherheitsteam alles daran setzen, Kelly wieder einzufangen, kommen sowohl sie als auch Roy langsam dahinter, dass sie mitnichten nur irgendein künstliches Wesen ist, sondern eng verflochten mit der Gründung von VICE, was sie zu noch einer weit größeren Bedrohung für Michaels dystopische Allmachtsfantasie macht.

Rezension:

Brian A. Millers Science-Fiction-Actioner Vice beginnt zunächst mit einem unglaublich dilettantisch ausgeführten Bankraub und man fragt sich unversehens, was das für eine Chose werden mag, doch dann zoomt die Kamera raus, die Szenerie klärt sich, denn Bruce Willis in seiner Rolle als Julian Michaels, Chef des einzigartigen VICE-Resorts erklärt, es handele sich um einen Ort, an dem man sämtliche Fantasien ausleben könne. Prompt erscheint auch die stümperhafte Vorgehensweise der beiden Verbrecher in sich logisch und man schöpft neue Hoffnung. Von da aus beginnt der Plot des Films zwar recht generisch, aber eben auch gar nicht mal so unspannend, wenn man auch zugeben muss, dass sich hier an allerhand Vorbildern bedient worden ist, doch mag ich das einem Genre-Film dieser Art noch nicht einmal zum Vorwurf machen, denn wirklich originäre Ideen auf diesem Sektor zu erarbeiten und zu verwirklichen ist oft ausgesprochen schwierig und Vice wartet immerhin mit einer sehr durchdachten und stringenten Interpretation auf, denn hier werden die künstlichen Wesen samt und sonders dazu genutzt, allerlei Perversionen auszuleben und sich als Vergewaltiger oder Mörder zu versuchen. Wenn es Miller nun noch gelungen wäre, aus der durchaus passablen Grundidee und den sich daraus ergebenden moralischen wie philosophischen Dilemmata einen stimmigen Film zu machen, könnte man diesen wirklich empfehlen.

Szenenbild aus Vice | © Universum Film
© Universum Film

Leider erschöpft sich das Potential des Films aber bereits nach nicht einmal einem Drittel der Spielzeit und was wirklich intelligente Unterhaltung hätte werden können, verkommt schnurstracks zu einem halbgaren Actioner, was nur halb so wild wäre, wenn wenigstens besagte Action zu überzeugen wüsste, aber selbst die ist in Vice kaum mehr als solide und wartet vor allem mit einer ganzen Hundertschaft ewig unfähiger Sicherheitsleute, Soldaten etc. auf, die ganze Magazine zu verfeuern wissen, ohne auch nur annähernd ihr Ziel zu treffen. Da kann man in manchem Film und in einem gewissen Maß drüber hinwegsehen, doch hier wirkt es dermaßen überzogen und unglaubwürdig, dass es schon keine Freude mehr macht. Auch Ambyr Childers, die ich seit Ray Donovan durchaus schätze, hat in vielen Passagen nicht mehr zu tun, als nachts auf der Flucht durch die Gegend zu rennen, was – wie man sich denken kann – nicht gerade spannend oder packend ist und besonders ärgerlich, wo sie doch bei ihrer Flucht aus dem VICE-Resort durchaus zeigt, dass man ihr hinsichtlich Sportlichkeit und Agilität ein wenig mehr hätte aufbürden können, als nur durch die Gegend zu rennen.

Die Ansätze, die Miller mit Vice verfolgt hat, sind durchaus erkennbar und es ist mir unbegreiflich, wieso er mit derartiger Schnelligkeit und Überzeugung den so vielversprechenden Plot gänzlich fallen lässt, um sich stattdessen voll und ganz völlig unspannenden Verfolgungsjagden zu widmen, die noch dazu kaum zu unterhalten wissen und in ein dermaßen hanebüchenes Finale münden, dass es schon nicht mehr feierlich ist. Thomas Jane als bärbeißiger Cop, dem VICE schon lange ein Dorn im Auge ist, ergeht es derweil sogar noch schlechter als Childers, denn seine Figur ist so stereotyp geraten wie man es sich nur vorstellen kann und trägt in weiten Teilen noch nicht einmal etwas zur Geschichte bei, die sich zunächst auf Childers‘ Figur der Kelly konzentriert, bis er sich ganz zuletzt mit völlig wankelmütigem Verhalten vollends selbst ins Aus schießen darf, bevor man gegen Michaels und VICE ins Felde zieht. Von Bruce Willis, aber das ahnt man ja schon vor Sichtung des Films, sieht man in Vice selbst herzlich wenig und nach der anfänglichen Exposition ist er im Mittelteil des Films so gut wie nie präsent, konnte aber durch seine Beteiligung natürlich prestigeträchtig auf dem Cover verewigt werden. Und genauso groß wie seine Rolle ist, genauso ambitioniert wird sie von ihm gespielt, denn Bruce Willis spielt im Grunde Bruce Willis – hier mit anderem Namen und dafür Chef von VICE, ansonsten bleibt alles beim Alten.

Szenenbild aus Vice | © Universum Film
© Universum Film

Insofern ist es einfach nur ärgerlich, was aus dem Film geworden ist, denn er hätte wirklich zum Nachdenken anregen können, hätte einen interessanten Aspekt künstlicher Intelligenz und vor allem künstlicher Wesen aufgreifen können, tut in den ersten Minuten ja auch so, nur um dann vollends in Nonsens-Action und platten Dialogen sowie mäßig spannenden Verfolgungen zu versanden, die den Film konsequent mehr und mehr zu Grunde richten, was in Kellys Entwicklung von der schüchternen Bar-Bedienung zur kampferprobten Amazone mündet, die nämlich so holprig und sprunghaft vonstattengeht, dass man gerne die Hände überm Kopf zusammenschlagen möchte. Ein Genre-Film, den ich wirklich gerne hätte mögen wollen und bei dem es zunächst auch wirklich danach aussah, als wäre er besser als sein Ruf, aber nein, leider nicht, denn ab dem Moment des Ausbruchs von Kelly läuft nicht nur im Film selbst, sondern auch inszenatorisch so ziemlich alles schief.

Fazit & Wertung:

Brian A. Miller mag voller Ambitionen an Vice herangegangen sein, doch verkommt der als vielversprechender Science-Fictioner startende Streifen recht schnell zu einem handzahmen wie hanebüchenen Actioner ohne Sinn und Verstand, der in ein dermaßen plumpes und überraschungsarmes Finale mündet, dass es ein Graus ist, zumal die intelligenten Ansätze zum Gedankenspiel einer künstlichen Parallelgesellschaft konsequent und gänzlich gegen die Wand gefahren werden, statt sie im Film wirklich zu behandeln.

4 von 10 künstlichen Wesen

Vice

  • Künstliche Wesen - 4/10
    4/10

Fazit & Wertung:

Brian A. Miller mag voller Ambitionen an Vice herangegangen sein, doch verkommt der als vielversprechender Science-Fictioner startende Streifen recht schnell zu einem handzahmen wie hanebüchenen Actioner ohne Sinn und Verstand, der in ein dermaßen plumpes und überraschungsarmes Finale mündet, dass es ein Graus ist, zumal die intelligenten Ansätze zum Gedankenspiel einer künstlichen Parallelgesellschaft konsequent und gänzlich gegen die Wand gefahren werden, statt sie im Film wirklich zu behandeln.

4.0/10
Leser-Wertung 0/10 (0 Stimmen)
Sende

Vice ist am 02.10.15 auf DVD und Blu-ray im Vertrieb von Universum Film erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

DVD:

Blu-ray:

vgw

Sharing is Caring:

Kommentare (3)

  1. Filmschrott 13. Oktober 2015
    • Wulf | Medienjournal 18. Oktober 2015
      • Filmschrott 18. Oktober 2015

Hinterlasse einen Kommentar