Review: Das Lied von Eis und Feuer 8: Die dunkle Königin | George R. R. Martin (Buch)

Die heutige Buch-Kritik lag tatsächlich beinahe ein halbes Jahr so gut wie fertig auf Halde, aber vergangenes Wochenende habe ich es endlich geschafft, sie fertigzustellen und kann nicht einmal behaupten, zu wissen, warum das diesmal eigentlich so lange gedauert hat. Aber egal, jetzt geht es ja weiter und irgendwann finde ich sicher auch die Zeit, mal mit der Serie voranzukommen. Aber ich bin ja nicht im Stress, denn die, die die Serie ähnlich gern mögen wie ich, sind ja sowieso schon Jahre und Staffeln weiter, von daher… Jetzt aber erst einmal wieder zur Buchvorlage von George R. R. Martin:

Das Lied von Eis und Feuer
Die dunkle Königin

A Feast for Crows (Pages 328-685), USA 2005, 608 Seiten

Das Lied von Eis und Feuer 8: Die dunkle Königin von George R. R. Martin | © Blanvalet
© Blanvalet

Autor:
George R. R. Martin
Übersetzer:
Andreas Helweg

Verlag (D):
Blanvalet
ISBN:
978-3-442-26860-3

Genre:
Fantasy | Drama | Abenteuer

 

Inhalt:

Auf Hohenehr verteidigt noch immer der mit Sansa Stark aus Königsmund geflohene Petyr Baelish seinen Anspruch als Lord Protektor des Grünen Tals, hat aber, was die ihm nicht ganz so zugewandten Lords und Ladies nicht ahnen, mehr als nur ein Ass im Ärmel, um seinen Erfolg zu sichern. Derweil trifft jenseits der Meerenge, in Braavos, der jüngst dorthin entsandte Samwell unerwartet auf ein anderes Mitglied des Hauses Stark, wenngleich ihm ihre wahre Identität nicht bekannt sein mag. Doch während man der Meinung sein könnte, Westeros würde langsam wieder zum Frieden zurückfinden und so etwas wie Ordnung würde einkehren, drängen sowohl aus Dorne als auch von den Eiseninseln neue Bedrohungen in das Herz des Landes, während Brienne auf ihrer Suche nach der verschollenen Sansa die womöglich schrecklichste Entdeckung macht.

Als die aufgehende Sonne durch die Fenster hereinschien, setzte sich Alayne im Bett auf und räkelte sich. Gretchel hörte, dass sie sich rührte, und stand sofort auf, um ihren Morgenrock zu holen. In der Nacht war es kalt geworden. ›Wenn der Winter uns erst im Griff hält, wird es noch schlimmer‹, dachte sie. ›Im Winter herrscht hier eine Kälte wie in einer Gruft.‹ Alayne schlüpfte in die Robe und verknotete die Kordel. »Das Feuer ist fast aus«, stellte sie fest. »Würdest du bitte ein Scheit nachlegen?«
»Wie Mylady wünscht«, sagte die alte Frau.

So ist es kaum verwunderlich, dass Cersei nach dem Tod ihres Sohnes sowie ihres Vaters noch immer alles daran setzt, die Macht des Hauses Lennister zu erhalten, weshalb sie kurzerhand Jaime entsendet, um sowohl in Harrenhal nach dem Rechten zu sehen, als auch Schnellwasser einzunehmen, wo sich noch immer Brynden Tully verbarrikadiert hat. Sie selbst nimmt sich derweil der Aufgabe an, sich um Margaery Tyrell zu kümmern, die jüngst mit Tommen verheiratet worden ist und deren Einfluss sie nicht noch mehr wachsen sehen möchte. Doch es scheint fast, als würde Cersei sich übernehmen, als sie nicht nur alten Verbündeten vor den Kopf stößt, sondern auch einst mächtigen Parteien neuen Einfluss zu geben bereit ist, ohne zu bemerken, welche Gefahr damit einhergeht…

Rezension:

Bei der Rezension des Vorgängerbandes bereits angekündigt, habe ich mich quasi direkt nach Zeit der Krähen auch in Die dunkle Königin gestürzt und wurde einmal mehr angenehm überrascht, denn nicht nur werden die einmalig auftauchenden Figuren im zweiten Teil des vierten Bandes, den die deutsche Veröffentlichung ja nun einmal darstellt, hier merklich zurückgefahren, zieht auch das Tempo wieder an und so punktet dieser nunmehr achte Band auch mit einigen spannenden wie überraschenden Entwicklungen, zumal eine der lang vermissten Stark-Figuren hier endlich in Erscheinung tritt, warf ihr Einfluss und ihr Tun doch schon lange Schatten voraus. Doch auch davon abgesehen, ist nun selbst Briennes Part endlich zielführend geraten, was wieder einmal zeigt, dass es schwierig ist, nur die Hälfte eines originär in einem Rutsch veröffentlichten Buches zu besprechen, denn Martin war ja schon seit jeher dafür bekannt, das Finale seiner jeweiligen Bücher mit gehörig Schmackes darzubieten und so erscheint nun dieser Band nach der zuvor abgeschlossenen Exposition und Einleitung schon wieder merklich lohnender und mitreißender als zuvor.

Die Ehr war die einzige Burg in den Sieben Königslanden, wo der Haupteingang unter dem Kerker lag. Steile Steinstufen rankten sich die Bergflanke hinauf, vorbei an den Wegburgen Steinburg und Schneeburg, endeten jedoch an der Himmelsburg. Die letzten einhundertachtzig Meter Höhe musste man in der Senkrechten hinter sich bringen, was alle Besucher zwang, von den Maultieren zu steigen und eine Entscheidung zu treffen. Entweder konnten sie mit dem schwankenden Holzkorb nach oben fahren oder sie kletterten durch einen Felskamin, in dessen Wände Griffe gehauen waren.

Natürlich muss man in Die dunkle Königin dennoch weiterhin auf Tyrion, Daenarys, Jon, Stannis und dergleichen verzichten, doch fällt das hier noch weit weniger ins Gewicht, denn was sich allein in Königsmund zusammenzubrauen beginnt ist schon wieder einmal Erzählkunst erster Güte, überraschend, einfallsreich und durchaus episch zu nennen, so dass es mir wiederum in den Bänden neun und zehn schwerfallen wird, bereits im Vorfeld zu wissen, von dieser Front keine Neuigkeiten erfahren zu dürfen. Auch Jaime nimmt wieder einen merklich aktiveren Part ein, beginnt sich gar langsam mit dem Verlust seiner Hand abzufinden und wirkt weitaus gefasster und autoritärer als man das aus den letzten Bänden gewohnt war. Derweil versäumt es Martin aber auch nicht, Hinweise auf andere Figuren und deren Verbleib einzustreuen, ohne derweil ihr wahres Schicksal zu offenbaren, so dass ich um mehr als nur eine Figur fürchte, die mittlerweile – quasi im Off – bereits zu Tode gekommen sein könnte oder es in den darauffolgenden Büchern – die ja simultan zu der hier stattfindenden Handlung verlaufen – noch wird.

Es bleibt also spannend in Westeros und auch in Essos bahnen sich weitere Entwicklungen an, zumal hier sehr geschickt die Geschichten Aryas und Samwells miteinander verwoben werden, was mir durchaus imponiert hat, zumal es merklich fragwürdiger gewesen wäre, hätten die beiden – wenn auch unbekannterweise – kein Lebenszeichen vom jeweils anderen erhascht, obschon sie sich in derselben Stadt befinden. Überhaupt hat mir gerade Samwells Part diesmal wieder ausnehmend gut gefallen, der zudem seine Reise fortführt und in Die dunkle Königin zu einem weiteren imposanten Handlungsort gelangt, an dem es vor Geheimnissen und Intrigen ebenso wimmelt wie überall sonst in den vom Krieg verheerten Königslanden. Weiterer Beleg dafür sind die Ereignisse im Grünen Tal, die – weiterhin aus Sansas Sicht geschildert – langsam aber sicher die eigentlichen Pläne Petyr Baelishs enthüllen, der wirklich eine weit tragendere Rolle in Das Lied von Eis und Feuer zu spielen scheint, als man (oder zumindest ich) es ursprünglich je für möglich gehalten hätte, was mich indes aber auch sehr freut, da ich seine über die Maßen verschlagene wie zuweilen ambivalente Figur aufs Äußerste zu schätzen weiß und seine scharfe Zunge nun endlich auch in Personalunion mit seinem scharfen Verstand zu m Tragen kommt.

Die Herrschaft gehörte ihr; Cersei beabsichtigte nicht, sie aufzugeben, ehe Tommen mündig geworden war. ›Ich habe gewartet, und das kann er auch. Ich habe mein halbes Leben gewartet.‹ Sie hatte die pflichtbewusste Tochter gespielt, die errötende Braut, die fügsame Ehefrau. Sie hatte Roberts trunkenes Gegrapsche über sich ergehen lassen, Jaimes Eifersucht, Renlys Spott, Varys mit seinem Kichern, Stannis’ endloses Zähneknirschen. Sie hatte mit Jon Arryn gestritten, mit Ned Stark und mit ihrem abscheulichen, verräterischen und noch dazu mörderischen Zwergenbruder und sich dabei immer wieder versprochen, dass eines Tages sie an der Reihe sein würde. ›Wenn Margaery Tyrell glaubt, sie könne mir meine Stunde in der Sonne stehlen, sollte sie es sich lieber noch einmal überlegen.‹

Gemeinsam mit Zeit der Krähen macht aber Die dunkle Königin nun wieder einen runden, in sich geschlossenen Eindruck, wenn es auch merkwürdig sein wird, all die Figuren nun zunächst ad acta zu legen, um sich den Geschicken anderer Parteien zuzuwenden, zumal hiernach das derzeitige Ende der Reihe erreicht sein wird, schlussendlich also alle in diesem Band offen bleibenden Fragen – von denen es gewohntermaßen mehr als nur einige gibt, die mir teils auch wirklich unter den Nägeln brennen – auf unbestimmte Zeit unbeantwortet bleiben werden. Das allerdings soll und kann natürlich die Qualität des Buches an sich nicht schmälern und so kann ich doch allen Zögerern und Zauderern, die womöglich mit sich hadern, der Reihe nach dem dritten beziehungsweise sechsten Buch weiter zu folgen, zumindest sagen, dass allein die Geschehnisse zum Ende dieses Bandes es rechtfertigen, am Ball zu bleiben, selbst wenn auch ich einige Figuren langsam schmerzlich zu vermissen beginne. Immerhin, das muss man auch festhalten, kann sich George R. R. Martin dank seines Kniffs seinen Figuren in ungeahnter Ausführlichkeit widmen, deren Geschichten ja sonst eher nur in kleinen Episoden weitererzählt worden sind.

Fazit & Wertung:

Gerade nach dem vergleichsweise durchwachsenen Vorgänger macht George R. R. Martin in Die dunkle Königin wieder merklich Boden gut und läuft insbesondere zum dramatischen Ende hin wieder zur Höchstform auf, doch auch ansonsten wissen die einzelnen Plots zu gefallen, wenn man die auch hier erneut unberücksichtigt bleibenden Charaktere doch langsam wirklich zu vermissen beginnt, doch kann man dem ja quasi direkt nach der Lektüre Abhilfe schaffen.

9 von 10 Schattenwölfen von Winterfell

Das Lied von Eis und Feuer 8: Die dunkle Königin

  • Schattenwölfe von Winterfell - 9/10
    9/10

Fazit & Wertung:

Gerade nach dem vergleichsweise durchwachsenen Vorgänger macht George R. R. Martin in Die dunkle Königin wieder merklich Boden gut und läuft insbesondere zum dramatischen Ende hin wieder zur Höchstform auf, doch auch ansonsten wissen die einzelnen Plots zu gefallen, wenn man die auch hier erneut unberücksichtigt bleibenden Charaktere doch langsam wirklich zu vermissen beginnt, doch kann man dem ja quasi direkt nach der Lektüre Abhilfe schaffen.

9.0/10
Leser-Wertung 2/10 (1 Stimme)
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Meinungen aus der Blogosphäre:
Tonight is gonna be a large one.: 8/10 Punkte

Das Lied von Eis und Feuer:

1. Die Herren von Winterfell
2. Das Erbe von Winterfell
3. Der Thron der sieben Königreiche
4. Die Saat des goldenen Löwen
5. Sturm der Schwerter
6. Die Königin der Drachen
7. Zeit der Krähen
8. Die dunkle Königin
9. Der Sohn des Greifen
10. Ein Tanz mit Drachen

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Weitere Details zum Buch und dem Autor findet ihr auf der Seite von Blanvalet. Dort findet sich übrigens auch eine Leseprobe.

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Das Lied von Eis und Feuer 8: Die dunkle Königin ist am 19.03.12 bei Blanvalet erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!


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Eine Reaktion

  1. bullion 10. Dezember 2015

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