Review: Perfect Sense (Film)

Kommen wir heute mal wieder zu einem dieser Filme, die ich ewig vor mir herschiebe beziehungsweise in diesem Fall geschoben habe – dafür habe ich die schlussendliche Sichtung aber auch umso mehr genossen. Warum und wieso könnt ihr selbstverständlich genau hier und genau jetzt nachlesen.

Perfect Sense

Perfect Sense, UK/SE/DK/IE 2011, 92 Min.

Perfect Sense | © Senator Home Entertainment
© Senator Home Entertainment

Regisseur:
David Mackenzie
Autor:
Kim Fupz Aakeson

Main-Cast:
Ewan McGregor (Michael)
Eva Green (Susan)
in weiteren Rollen:
Ewen Bremner (James)
Stephen Dillane (Stephen Montgomery)
Denis Lawson (Boss)
Connie Nielsen (Jenny)

Genre:
Romantik | Drama | Science-Fiction

Trailer:

 

Inhalt:

Epidemiologin Susan wundert sich nicht schlecht, als sie zu einem mehr als seltsamen Fall hinzugezogen wird: Ein Lastwagenfahrer leidet zunächst unter unerklärlichen Gefühlsausbrüchen und verliert kurz darauf unerklärlicherweise seinen Geruchssinn. Was zunächst wie ein merkwürdiger Einzelfall wirkt, zieht bald schon weitere Kreise und während keine Heilung oder Erklärung in Sicht zu sein scheint, beginnen sich auf der ganzen Welt Fälle von Menschen zu häufen, die nach einer Welle überbordender Traurigkeit ebenso plötzlich wie unerklärlich ihren Geruchssinn verlieren. Während dieser Zeit begegnet Susan derweil dem Koch Michael, der ihrer Wohnung gegenüber in einem Restaurant arbeitet, was natürlich speziell für ihn und seine Kollegen ein großes Problem darstellt, als die Menschen ihren Geruchssinn verlieren, denn kaum noch jemand verirrt sich in ihr Restaurant, schmeckt schließlich alles fad und matt.

Szenenbild aus Perfect Sense | © Senator Home Entertainment
© Senator Home Entertainment

Doch dieser Welle folgen weitere und als die Menschen auch ihren Geschmackssinn einbüßen, müssen Michael und seine Kollegen andere Mittel und Wege finden, ihnen den Restaurantbesuch im übertragenen Sinne schmackhaft zu machen. Susan und Michael – so unterschiedlich sie auch sein mögen – kommen sich derweil näher und verbringen mehr und mehr Zeit miteinander in dieser Phase globaler Veränderungen der Zivilisation, sind sich zunehmend eine Stütze, doch die Epidemie macht auch vor ihnen nicht Halt, ebenso wenig wie sich der Sinnesverlust auf lange Sicht auf nur zwei der fünf Sinne zu beschränken scheint…

Rezension:

Acht Jahre nach Young Adam, seinem zwar nicht ersten Film, aber dem Film, der ihn international bekannt machen sollte, strebte Regisseur David Mackenzie seine zweite Zusammenarbeit mit Ewan McGregor an und besetzte diesen für eine der zwei Hauptrollen in seinem romantisch-dystopischen Science-Fiction-Drama Perfect Sense, woran er durchaus gut tat, denn gleichermaßen dank McGregor wie auch Eva Green versteht er es hier auf unvergleichliche und einmalige Art und Weise, eine zwar einerseits romantische Geschichte zu erzählen, die andererseits aber weniger auf ihre gar nicht mal unbedingt immer sympathischen Figuren fokussiert, sondern gleichsam als Parabel verstanden werden kann, wo die beiden Hauptakteure eben mehr als Idee eines Paares auftreten, als wirklich in ihrer Form immanent für die Story zu sein, die sich in gleichen Teilen damit auseinandersetzt, was man verliert, wenn einem nach und nach die sinne abhandenkommen, wie auch, was einem bleibt und womit die Lücke gefüllt werden könnte. So sind es sowohl die Begegnungen der zwei Figuren an sich, die von einer seltenen Intensität sind, als auch ihre Ausflüge in die langsam aber stetig zusammenbrechende Zivilisation, wo Mackenzie ungemein poetische Bilder dafür findet, wie die Menschen sich über den Verlust ihrer Sinne hinwegtrösten.

Szenenbild aus Perfect Sense | © Senator Home Entertainment
© Senator Home Entertainment

Perfect Sense ist aber eben auch eine dystopische, eine endzeitliche Geschichte und auch wenn der Fokus nie auf dem Zusammenbruch der Gesellschaft liegen mag, trägt der Regisseur dem doch stets Rechnung und insbesondere die sonst oft verpönte Erzählerstimme, die hier etappenweise über die Veränderungen in der Welt berichtet, hat mir in ihrer Art und Darbietung ausnahmsweise extrem gut gefallen, auch wenn die teils esoterisch angehauchten, pseudo-religiösen oder teils philosophischen Denkanstöße nicht jedermanns Sache sein dürften. Doch nicht nur in der Beziehung gibt sich der Film ungewöhnlich nonkonform und wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich meinen, es handele sich um eine Buch-Adaption, auch wenn die Parallelen zu Stoffen wie beispielsweise Die Stadt der Blinden von José Saramago nur marginal sind und in gänzlich unterschiedliche Richtungen führen, so kann man Drehbuchautor Kim Fupz Aakeson, der nicht von ungefähr auf eine lange Karriere als Schriftsteller zurückblicken kann, für sein Skript zu Mackenzies sechstem Langfilm kaum genug loben, dem eine poetische Kraft innewohnt, die man in Kombination mit einer derart unverbrauchten Thematik nur selten erlebt.

Natürlich mag es zunächst befremdlich scheinen, dass hier Ewan McGregor (Son of a Gun) als Koch Michael zufällig quasi gegenüber der Wohnung der von Eva Green (Penny Dreadful) dargestellten Epidemiologin Susan arbeitet und die beiden sich näherkommen, doch versetzt das eben auch in die glückliche Lage, gerade den anfänglichen Verlust des Geruchs- und später Geschmackssinnes stimmungsvoll in Szene zu setzen, während Susan einen weitaus analytischeren und klareren Blick auf die um sich greifende Epidemie zu werfen imstande ist, als es eine andere Figur hätte tun können. Überhaupt würde man meinen, das Kino stünde in seiner Beschränkung auf lediglich zwei Sinne vor einem Dilemma, den Sinnesverlust für den Zuschauer spür- und begreifbar zu machen, doch gelingt das allein anhand des Glasgower Restaurants, in dem sich Michael und seine Kollegen recht bald Gedanken über Art und Fortbestand ihres Etablissements machen müssen und sich kurz darauf auf intensive Geschmäcker und später opulent angerichtete Speisen verlegen, sozusagen den Symbolcharakter und das Feeling eines Restaurantbesuchs wieder in den Vordergrund zu stellen, ungemein gut.

Szenenbild aus Perfect Sense | © Senator Home Entertainment
© Senator Home Entertainment

Im weiteren Verlauf spitzen sich die Ereignisse aber dann auch merklich zu und die dramatische Komponente tritt in den Vordergrund der Erzählung, während auch das Band zwischen Michael und Susan zu zerbrechen droht, zumal jedem neuen Sinnesverlust eine immer anders geartete Krise vorausgeht, so dass die Menschen beispielsweise zu irrationalen Wutausbrüchen neigen. Und spätestens als der Menschheit nach und nach der Hörsinn abhandenkommt und eine allumfassende Stille sich über die Szenerie legt, findet man sich in einem ungemein beklemmenden wie eindringlichen Szenario gefangen, doch wider Erwarten präsentiert sich Perfect Sense auch stets hoffnungsvoll, verlegt sich dankenswerterweise auch nicht auf die in anderen Filmen sonst unvermeidliche und letztlich fraglos erfolgreiche Suche nach einem Gegenmittel, sondern geht den Weg seines Gedankenexperiments, seines Erwachsenen-Märchens, wenn man so will, konsequent zu Ende und so lange man nicht den Fehler begeht, die finalen Einstellungen unter objektiven Gesichtspunkten zu analysieren und infolgedessen in Windeseile auseinanderzurupfen, bleibt zum Schluss das Gefühl, einer ungemein packenden, faszinierenden und einmaligen Liebesgeschichte beigewohnt zu haben, die so rein gar nichts mit sämtlichen Vertretern des Genres gemein haben mag, für die Träumer und Fantasten aber gerade deshalb umso lohnenswerter sein dürfte und in seiner Botschaft kaum überzeugender auf den Punkt kommen könnte.

Fazit & Wertung:

David Mackenzie gelingt mit Perfect Sense nicht zuletzt dank des ungemein stimmig durchkomponierten Drehbuches und der mit Ewan McGregor und Eva Green formidablen Besetzung ein ungemein poetischer und packender Film, der gleichermaßen als Ode an die Liebe wie eine intelligente Auseinandersetzung mit dem Thema verstanden werden darf, was bleibt, wenn einem wortwörtlich die Sinne schwinden.

8 von 10 verlorenen Empfindungen

Perfect Sense

  • Verlorene Empfindungen - 8/10
    8/10

Fazit & Wertung:

David Mackenzie gelingt mit Perfect Sense nicht zuletzt dank des ungemein stimmig durchkomponierten Drehbuches und der mit Ewan McGregor und Eva Green formidablen Besetzung ein ungemein poetischer und packender Film, der gleichermaßen als Ode an die Liebe wie eine intelligente Auseinandersetzung mit dem Thema verstanden werden darf, was bleibt, wenn einem wortwörtlich die Sinne schwinden.

8.0/10
Leser-Wertung 6.4/10 (5 Stimmen)
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Perfect Sense ist am 18.05.12 auf DVD und Blu-ray bei Senator im Vertrieb von Universum Film erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

DVD:

Blu-ray:

vgw

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