Review: Götter der Rache | Giles Kristian (Buch)

Heute dann nun endlich mit der Buch-Kritik im Gepäck, die ich schon für letzte Woche angedacht hatte, schicke ich euch ins wohlverdiente Wochenende und wünsche eine schöne freie Zeit. Profi-Tipp zum Buch: Lest nicht den Klappentext oder die offizielle Inhaltsangabe; die verraten zu viel ;)

Götter der Rache
Die Sigurd-Saga 1

Rise of Sigurd: God of Vengeance, UK 2014, 608 Seiten

Götter der Rache von Giles Kristian | © Heyne
© Heyne

Autor:
Giles Kristian
Übersetzer:
Wolfgang Thon

Verlag (D):
Heyne
ISBN:
978-3-453-43824-8

Genre:
Historie | Action | Abenteuer

Trailer:

 

Inhalt:

Norwegen, Anno Domini 785: In Skudeneshavn wappnen sich Harald und seine Mannen für den Kampf gegen den eidbrüchigen Aufwiegler Randver, ganz so wie es Haralds Eid gegenüber König Gorm gebietet. Haralds jüngster Sohn, Sigurd, brennt darauf, seinem Vater und seinen Brüdern im Kampf beizustehen, doch Harald lehnt ab, was sich schlussendlich als Segen erweisen wird, denn unerwartet halten sich Gorms Männer aus dem Kampf gegen Randver heraus und Harald muss eine schwere Niederlage hinnehmen, die er mit dem Tod bezahlt hätte, wäre Sigurd ihm nicht zu Hilfe geeilt. Kurz nach der Schlacht entsendet Gorm einen Botschafter, um Harald zu versichern, er habe ihn nicht hintergangen und würde seine Gefallenen in Silber aufwiegen, doch der Herr von Skudeneshavn wittert Verrat. Nichtsdestotrotz entschließen sich er und seine Herdkarls, dem Eidbrecher erhobenen Hauptes gegenüberzutreten…

Rezension:

Nachdem mir schon vor geraumer Zeit Simon Scarrow mit seiner Rom-Serie nach langer Abstinenz auch das Genre der historischen Romane wieder schmackhaft zu machen wusste und in Anbetracht des Hypes, der schon vor geraumer Zeit das Thema Wikinger erfasst hat (auch wenn ich bis heute nicht dazu gekommen bin, mir Vikings anzusehen, dafür aber immerhin Northmen – A Viking Saga kenne), msste ich mich nicht lange bitten lassen, auch bei Giles Kristians Götter der Rache einen Blick zu riskieren, auch wenn mir im Vorfeld nicht klar war, dass es sich hierbei ebenfalls um den ersten Band einer Reihe handelt und nicht etwa einen eigenständigen, in sich geschlossenen Roman, wie Titel und Aufmachung zu suggerieren versuchen, doch mag das damit zusammenhängen, dass dieses Buch als Auftakt eines Prequels fungiert, dass einer Trilogie vorgelagert ist, die es bislang im deutschen Raum nicht gibt. Denn wozu schließlich mit etwas werben, was es nicht zu kaufen gibt!?

»Du und ich haben noch Jahre Zeit, um Ruhm zu ernten«, fuhr Svein fort und winkte einem Thrall, sein Trinkhorn neu zu füllen. »Wir werden unsere Schwerter zu kurzen Stümpfen abschleifen«, fügte er hinzu und grinste anzüglich, um klarzumachen, dass er auch die Schwerter in ihren Hosen meinte.
»Aber nicht morgen«, entgegnete Sigurd. Verbitterung fraß an ihm wie Rost an einem Helm. Er hatte mit Schwert, Axt und Schild trainiert, seit er stark genug war, die Waffen halten zu können, und doch musste er immer noch zurückbleiben, wenn seine drei Brüder und ihr Vater in den Eisensturm zogen.

Sei es wie es will, muss ich doch sagen, dass sich der Einstieg in Götter der Rache für mich zunächst als schwierig erwies, denn Kristian nimmt hier keine Rücksicht und bombardiert prompt mit einer Vielzahl nordischer Namen, wobei er immerhin bei Schiffen, Gebrauchsgegenständen und dergleichen eine kurze Erläuterung in den Text mit einfließen lässt, doch tut das der Verwirrung keinen Abbruch und irgendwann ging ich dazu über, die Geschichte zwar weiter zu verfolgen, mich aber nicht mehr bei jeder Namensnennung damit aufzuhalten, darüber nachzudenken, wer oder was denn diese oder jene Person nun wieder war. Tatsächlich war das auch nicht die schlechteste Herangehensweise, denn während alsbald mehr als nur einige Figuren das Zeitliche segneten – ihre Namen folglich nicht länger von Belang waren – schliffen sich die Namen der Charaktere, Orte und Gottheiten mehr und mehr ins Gedächtnis und plötzlich war es kein Akt der Geduld mehr, sich durch diese Vielzahl fremder Namen zu kämpfen, sondern eine ungemein authentische und lebendige Welt, durch die man sich beinahe gemeinsam mit Sigurd Haraldarson bewegte, der hier als Hauptfigur fungiert und wohl auch in den Folgebänden im Mittelpunkt stehen dürfte.

Und dieser Sigurd ist es, der gemeinsam mit einer tapferen Handvoll früherer Herdkarls seines Vaters durch die Lande zieht und eine zunehmend illustrer werdende Schar von Kriegern um sich schart, um blutige Rache zu üben. Dabei kokettiert Kristian zwar auch mit allerhand Klischees die Wikinger betreffend, doch gelingt es ihm auch in gesteigertem Maße, deren Glaubenswelt und Weltanschauung erfahrbar zu machen. So huldigt man unterschiedlichsten Göttern, beschwört die Gunst Odins, versucht sich mit allerhand Ritualen und Devotionalien gegen göttliche Unbill zu wappnen und träumt davon, dereinst nach Walhall zu gelangen, um dort mit seinen Schwertbrüdern auf ewig zu speisen und Unmengen an Met zu vernichten. Wer jetzt übrigens schon mit den Augen rollt, der braucht Götter der Rache gar nicht erst zur Hand zu nehmen, denn dann ist dieses Buch nichts für ihn. Wer aber blutigen Schlachtenschilderungen, heroischen Kämpfen, tapferen Recken und derben Sprüchen etwas abgewinnen kann, am besten in Kombination mit einem Faible für die oben skizzierte Welt der Wikinger, der dürfte sich kaum eine lohnendere Lektüre vorstellen können.

Sigurd sah mürrisch zu, wie Slagfid das große Rentiergeweih zum Bug der ›Reijnen‹ trug. Sobald das Schiff in den Fjord hinausglitt und weit genug weg von Skudeneshavn wäre, um die Landgeister nicht zu erzürnen, würde er den zähnefletschenden Tierschädel am Steven befestigen. Als der Mann, der an diesem Tag am Bug kämpfte, gebührte Slagfid diese Ehre. So für die Schlacht gerüstet, würde die ›Reijnen‹ Angst und Schrecken unter ihren Feinden verbreiten.

Sicherlich, zuweilen übertreibt es Kristian ein wenig mit den Klischees und auch wurde für meinen Geschmack einmal zu oft eine Schwerthand abgehackt – sprich, die Kämpfe könnten zuweilen etwas einfalls- und abwechslungsreicher beschrieben sein – , doch grundsätzlich entwickelt sich die Geschichte von ihrem zuweilen etwas holprigen, da verwirrenden Start an zu einem immer packender werdenden Epos, das ich schlussendlich kaum noch aus der Hand legen wollte, auch wenn sich schon früh bestätigte, was ich geahnt habe, nämlich, dass Sigurds Geschichte noch längst nicht zu Ende erzählt ist und folglich auch sein Rachefeldzug zu einem rundherum befriedigenden Ende kommt, sondern vielmehr ein Etappenziel erreicht, auf dass man sich in dem bereits angekündigten zweiten Band der Saga von dort aus erneut auf die Reise begeben kann. Und ich für meinen Teil werde gerne zu Sigurd und Konsorten ins Schiff steigen.

Fazit & Wertung:

Giles Kristian entwirft mit Götter der Rache ein gleichermaßen abwechslungsreiches wie blutrünstiges Schlachtengemälde vor dem Setting der alten Wikinger, bei dem man zwar ob der vielen fremden Namen mit einigen Startschwierigkeiten zu kämpfen hat, das im Nachhinein aber mit einer temporeichen und kurzweiligen Geschichte entlohnt, bei der sich der Autor spürbar bemüht hat, früheren Begebenheiten und Gepflogenheiten Rechnung zu tragen.

8 von 10 Anbetungen nordischer Gottheiten

Götter der Rache

  • Anbetungen nordischer Gottheiten - 8/10
    8/10

Fazit & Wertung:

Giles Kristian entwirft mit Götter der Rache ein gleichermaßen abwechslungsreiches wie blutrünstiges Schlachtengemälde vor dem Setting der alten Wikinger, bei dem man zwar ob der vielen fremden Namen mit einigen Startschwierigkeiten zu kämpfen hat, das im Nachhinein aber mit einer temporeichen und kurzweiligen Geschichte entlohnt, bei der sich der Autor spürbar bemüht hat, früheren Begebenheiten und Gepflogenheiten Rechnung zu tragen.

8.0/10
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Weitere Details zum Buch und dem Autor findet ihr auf der Seite von Heyne. Dort findet sich übrigens auch eine Leseprobe.

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Götter der Rache ist am 09.11.15 bei Heyne als Taschenbuch erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über den Link und unterstützt damit das Medienjournal!

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