Review: Inherent Vice – Natürliche Mängel (Film)

So, es wird mal wieder Zeit, einen Film zu besprechen, auch wenn mich Paul Thomas Anderson leider ein weiteres Mal nicht zu überzeugen wusste. Beginne mich zu fragen, ob ich mich so verändert habe oder er seine Art Filme zu machen… Nunja, ansonsten bleibt ja immer noch der falsche Fuß.

Inherent Vice
Natürliche Mängel

Inherent Vice, USA 2014, 148 Min.

Inherent Vice - Natürliche Mängel | © Warner Home Video
© Warner Home Video

Regisseur:
Paul Thomas Anderson
Autoren:
Paul Thomas Anderson (Drehbuch)
Thomas Pynchon (Buch-Vorlage)

Main-Cast:
Joaquin Phoenix (Larry “Doc” Sportello)
Josh Brolin (Lt. Det. Christian F. “Bigfoot” Bjornsen)
Owen Wilson (Coy Harlingen)
Katherine Waterston (Shasta Fay Hepworth)
Reese Witherspoon (Deputy D.A. Penny Kimball)
in weiteren Rollen:
Benicio Del Toro (Sauncho Smilax, Esq)
Martin Short (Dr. Rudy Blatnoyd, D.D.S.)
Jena Malone (Hope Harlingen)
Joanna Newsom (Sortilège)

Genre:
Komödie | Krimi | Drama

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Inherent Vice - Natürliche Mängel | © Warner Home Video
© Warner Home Video

Wir befinden uns in Gordita Beach, Los Angeles des Jahres 1970 und Privatdetektiv Doc Sportello tut, was er am besten kann, nämlich seine Tage mit ausschweifendem Marihuana-Konsum zu verbringen, weshalb es ihm auch kaum ein müdes Achselzucken entlockt, als seine Exfreundin Shasta plötzlich bei ihm auf der Matte steht, um ihn um Hilfe zu bitten, soll schließlich ihr Liebhaber, ein Immobilien-Mogul, entführt werden, doch kaum das Doc seine Nachforschungen aufnimmt, verschwinden sowohl Shasta als auch ihr Liebhaber plötzlich und Sportello sieht sich in einer prekären Lage, wacht er schließlich – nachdem er niedergeschlagen worden ist – neben einer Leiche auf und gerät alsbald ins Visier des bärbeißigen Bullen Bigfoot Bjornsen, der es sowieso schon länger auf den Doc abgesehen hat, doch steht dem immerhin auch sein Anwalt Sauncho Smilax zur Seite.

Nichtsdestotrotz wird Sportello nichts anderes bleiben, als sich mit Bjornsen zusammenzutun, während er auch von einer weiteren Ex, der stellvertretenden Staatsanwältin Penny Kimball einen Gefallen wird einfordern müssen. Damit nicht genug, wird der Fall an sich immer verworrener, zumal Sportello in seinen umnachteten Momenten kaum selbst weiß, was er eigentlich zu ermitteln versucht, während er in vollgedröhnter Manier von A nach B stolpert und sich ausgerechnet der umtriebige wie wandlungsfähige Coy Harlingen als eine der wenigen Konstanten erweist…

Rezension:

Schon Paul Thomas Andersons zwei Jahre zuvor entstandener Film The Master wusste mich ja nur leidlich zu überzeugen, doch wer mich so zu begeistern wusste wie Anderson in meiner Jugend mit Magnolia, dem räumt man auch gerne eine zweite Chance ein und lässt ihn nicht nach einem mageren Film achtlos fallen, so dass ich trotz erneut extrem durchwachsener Kritiken durchaus wohlwollend auf Inherent Vice geblickt habe, war ich mir schließlich auch sicher, dass der Film mich thematisch womöglich eher ansprechen würde, zumal meine Enttäuschung bei seinem Vorgängerfilm möglicherweise ja auch auf eine falsche Erwartungshaltung hinsichtlich der Sektenthematik zurückzuführen gewesen sein mag, doch leider erwiesen sich die rund zweieinhalb Stunden erneut als in meinen Augen recht zähe Veranstaltung, was nicht unbedingt an den zweifelsohne vorhandenen Parallelen gelegen hat, spielt hier schließlich erneut Joaquin Phoenix die Hauptrolle und wirkt der Look doch durchaus artverwandt, was das Bildseitenverhältnis, die Körnung und die daraus resultierende Stimmung anbelangt, doch waren das schon zuvor eher Pluspunkte und so ist es der reichlich verworrene Plot, der mir den Spaß an der Sache mehr und mehr verleidet hat.

Szenenbild aus Inherent Vice - Natürliche Mängel | © Warner Home Video
© Warner Home Video

Ich habe ja durchaus nichts gegen sperrige und ungewöhnliche Filme, meinetwegen auch Filme, deren Plot keinem festen Schema folgt oder wie in diesem Fall einen roten Faden beinahe gänzlich vermissen lässt, doch müssen dann eben das Feeling, die Atmosphäre, der Unterhaltungswert stimmen und schon bei diesen Aspekten tat ich mich ungemein schwer bei Inherent Vice, denn ernstnehmen kann man die Chose nun wirklich nicht, doch auch Lacher habe ich für meinen Teil die meiste Zeit vergebens gesucht, da der Humor, so denn vorhanden, doch zumindest als speziell bezeichnet werden kann und bei mir ärgerlich selten zu zünden wusste. So nett es dann auch ist, dem herrlich verpeilten Stoner Doc Sportello auf seinen Irrfahrten durch das Los Angeles der ausklingenden 1960er-Jahre zu folgen, schleichen sich auch schnell erste Längen ein, bis man sich alsbald aufgrund des größtenteils fehlenden roten Fadens mehr und mehr wie der allzeit benebelte und ziellos umherstolpernde Doc fühlt, was zwar sicherlich beabsichtigt gewesen sein mag, aber auch dazu führt, dass man nicht nur hinterher sondern schon mittendrin oftmals nur noch Bahnhof versteht, während sich im Laufe der episodenhaft erzählten Geschichte mehr und mehr herauskristallisiert, dass sich im Grunde alles in Wohlgefallen aufzulösen droht, was zwar immerhin nicht der Fall ist, man derweil aber auch nicht behaupten könnte, dass die Chose plötzlich in ihrer Gesamtheit Sinn ergibt.

Szenenbild aus Inherent Vice - Natürliche Mängel | © Warner Home Video
© Warner Home Video

Hinsichtlich Look und Zeitgeist wiederum ist Inherent Vice großes Kino, das muss man neidlos anerkennen, doch reicht das eben nicht, um die opulente Spielzeit zu füllen oder auch nur zu rechtfertigen, ob es sich nun um eine Thomas Pynchon-Verfilmung handelt oder nicht, denn der Umstand, dass Anderson sich wohl sehr nah an der Vorlage gehalten hat, ist eben noch längst kein Qualitätsgarant oder auch nur ein Indiz dafür, dass die Story als Film ebenso funktioniert wie als Buch, derweil ich allerdings die Vorlage nicht kenne und nach diesem Film wohl auch nicht mehr kennenlernen möchte. So heimst Andersons neuester Streich bei mir wieder hauptsächlich Punkte für handwerkliche Souveränität, überzeugendes Setting und eine Darstellerriege ein, die sich zweifelsohne vorzüglich liest, zumal Phoenix, der den Doc mit einer gewissen Nonchalance zu geben weiß, erneut rundweg überzeugt, auch wenn die Figur Sportellos zuweilen aber doch zu gewollt cool und unaufgeregt wirkt, zu sehr „Kultfigur“ schreit, um in einigen Jahren wirklich Kult zu werden.

Hinzu kommt, dass ein Großteil des übrigen Casts in seinen Rollen regelrecht verschenkt wirkt, so dass man beispielsweise Benicio Del Toro (Sicario) dem Gefühl nach nur einige wenige Minuten auf der Leinwand sieht und auch Reese Witherspoon (Mud – Kein Ausweg) die meiste Zeit durch Abwesenheit glänzt, ihre Rolle im Film wohl an sagenhaften vier Tagen abgedreht hatte, während zumindest Josh Brolin (Oldboy) als Bigfoot Bjornsen merklich öfter mitmischen darf und auch Owen Wilson als Coy Harlingen immer mal wieder in Erscheinung tritt und mit wechselnden Kostümen zu unterhalten weiß, während man sich auch hier wieder fragt, welche Bewandtnis genau es mit seiner Figur haben mag, doch in diesem kunterbunten und dennoch merkwürdig lethargischen Reigen nach einem tieferen Sinn zu suchen, erschient mir doch eher als Zeitverschwendung, auch auf die Gefahr hin, mich als Kunstbanausen und Kostverächter beschimpfen lassen zu müssen, doch Inherent Vice hat meiner Meinung nach tatsächlich zu viele natürliche Mängel (*räusper*), um am Ende noch als guter Film durchgehen zu können, Atmosphäre und Soundtrack (der ist nämlich immerhin wirklich gut!) hin oder her.

Fazit & Wertung:

Leider entpuppt sich Paul Thomas Andersons Inherent Vice in seinen zweieinhalb Stunden Spielzeit doch als ziemlich langatmiges und zähes, vor allem aber nur mäßig witziges Vergnügen, worüber dann nicht einmal ein spannender Plot hinwegzutrösten weiß, denn den sucht man hier ebenso vergeblich wie einen roten Faden, so dass am Ende ein grenzwertig wirres, immerhin hübsch anzuschauendes Stück Film bleibt, das mich allerdings in keiner Weise längerfristig zu fesseln wusste.

5,5 von 10 völlig bekifft verlebten Tagen

Inherent Vice - Natürliche Mängel

  • Völlig bekifft verlebte Tage - 5.5/10
    5.5/10

Fazit & Wertung:

Leider entpuppt sich Paul Thomas Andersons Inherent Vice in seinen zweieinhalb Stunden Spielzeit doch als ziemlich langatmiges und zähes, vor allem aber nur mäßig witziges Vergnügen, worüber dann nicht einmal ein spannender Plot hinwegzutrösten weiß, denn den sucht man hier ebenso vergeblich wie einen roten Faden, so dass am Ende ein grenzwertig wirres, immerhin hübsch anzuschauendes Stück Film bleibt, das mich allerdings in keiner Weise längerfristig zu fesseln wusste.

5.5/10
Leser-Wertung 6/10 (1 Stimmen)
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Meinungen aus der Blogosphäre:
Der Kinogänger: 9/10 Punkte

Inherent Vice – Natürliche Mängel ist am 25.06.15 auf DVD und Blu-ray im Vertrieb von Warner Home Video erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

DVD:

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vgw

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Kommentare (4)

  1. Dergestalt 12. April 2016
      • Der Kinogänger 13. April 2016
      • Wulf | Medienjournal 13. April 2016

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