Review: Fünf von fünf Sternen: Storys | Jesse Eisenberg (Buch)

Heute beehre ich euch wieder einmal mit einem recht ungewöhnlichen Buch, das ich kürzlich erst bei der Beantwortung der Montagsfrage erwähnt habe und was soll ich sagen, termingerecht wie eh und je kommt hier meine ausführliche Buch-Kritik zu diesem lohnenswerten Kurzgeschichtenband.

Fünf von fünf Sternen
Storys

Bream Gives Me Hiccups: And Other Stories, USA 2015, 304 Seiten

Fünf von fünf Sternen von Jesse Eisenberg | © Eichborn Verlag
© Eichborn Verlag

Autor:
Jesse Eisenberg
Übersetzer:
Ingo Herzke

Verlag (D):
Eichborn Verlag
ISBN:
978-3-847-90611-7

Genre:
Drama | Komödie | Satire

 

Inhalt:

In den vergangenen Jahren hat Schauspieler Jesse Eisenberg eine beachtliche Anzahl an Kurzgeschichten und Momentaufnahmen in The New Yorker und anderen Publikationen unterbringen können und Fünf von fünf Sternen vereint nun insgesamt 40 dieser Geschichten in einem Band und unterteilt sich in die übergeordneten Themen-Kapitel

  1. Von Brasse kriege ich Schluckauf
  2. Familie
  3. Geschichte
  4. Meine Mitbewohnerin hat meine Nudelsuppe geklaut
  5. Dating
  6. Sport
  7. Selbsthilfe
  8. Sprache

Dabei erzählt Eisenberg von den Restaurantkritiken eines Neunjährigen, schildert SMS- und Email-Korrespondenzen mit seiner Schwester oder Freundin, unterhält sich mit seinem Neffen, schlüpft in die Haut einer College-Studentin, ersinnt die letzten Gespräche in Pompeji, rekonstruiert die ersten Telefonate von Graham Bell, geht bei Sportkommentator Marv Albert in Therapie, widmet sich Schulhofschlägern und offeriert eine mit Gedankenerkennungstechnologie verfasste Kurzgeschichte, um nur einige der Eskapaden zu nennen…

Rezension:

Bei Fünf von fünf Sternen handelt es sich um eine rund 300 Seiten umfassende Kurzgeschichtensammlung, auf die ich zugegebenermaßen zuvorderst aufmerksam geworden bin, da es sich bei dem Verfasser Geschichten um niemand Geringeres als Jesse Eisenberg handelt und ich doch mehr als gespannt war, was er fernab der großen Leinwand nun auf dem literarischen Sektor würde abliefern können. Zumindest kann ich schon einmal Entwarnung geben, wenn man meint, hier würde ein Schauspieler lediglich einen Spleen ausleben und sich einfach mal am Sujet der Literatur versuchen wollen, denn die Geschichten Eisenbergs – übrigens im Laufe der Jahre sowohl im The New Yorker als auch in anderen Publikationen veröffentlicht – strotzen nur so vor Esprit und Einfallsreichtum, sind vor allem von einem feinsinnigen Humor durchzogen und wissen in ihrer Gänze durchaus zu überzeugen, wobei es natürlich nicht ausbleibt, dass manche Geschichten mehr, andere dafür weniger zu überzeugen wissen. Entsprechend gliedert sich das Buch auch in unterschiedliche Teilbereiche und offeriert mit dem ersten Kapitel, Von Brasse kriege ich Schluckauf gleich eines der Highlights des Bandes überhaupt, denn hier versammeln sich insgesamt zwölf Restaurantkritiken eines privilegierten Neunjährigen, die ebenfalls allesamt mit einem feinen Gespür für sowohl Humor als auch Tragik zu begeistern imstande sind und auch wenn sie nur lose zusammenhängen in dieser geballten Form ein überaus stimmiges Bild des besagten Jungen und seiner familiären Verhältnisse skizzieren, weshalb es kaum verwunderlich ist, dass vorliegendes Buch im Original auch mit Bream Gives Me Hiccups: And Other Stories betitelt ist, denn es handelt sich sicherlich um das Kernstück des Bandes, auch wenn diese Stories kaum 80 Seiten des Gesamtwerks ausmachen.

Gestern hat Mom mich ein Restaurant aussuchen lassen, und ich habe das TCBY ausgesucht, das ist die Abkürzung von ›The Country’s Best Yogurt‹. Ich weiß, man soll eigentlich nicht angeben, und man darf auch nicht sagen, dass man den besten Joghurt des Landes hat, aber Mom sagt immer, wenn man sich etwas nur fest genug wünscht, dann kann man es auch kriegen. Und wenn die Leute von TCBY sich so fest den besten Joghurt wünschen, dass sie daraus sogar ihren Namen gemacht haben, dann machen sie den vielleicht auch.
[aus: TCBY]

Tatsächlich entpuppt sich recht bald die Aufteilung von Fünf von fünf Sternen aber auch als ziemlich gewieft, denn die sich anschließenden Geschichten rund um das Thema Familie stehen den Restaurantkritiken in kaum etwas nach und die runde 60 Seiten umfassende Kurzgeschichte Meine Mitbewohnerin hat meine Nudelsuppe geklaut hätte unterhaltsamer und lohnenswerter kaum sein können, zumal es erstaunlich ist, mit welch schlafwandlerischer Sicherheit sich Eisenberg in die Lage eines hochgradig gestörten, weiblichen Teenagers zu versetzen weiß. Dann allerdings schleichen sich erste Längen ein und beispielsweise das Kapitel Dating wusste mich so überhaupt nicht vom Hocker zu hauen, auch wenn die unterschiedlichen Anmachversuche reichlich merkwürdiger Gestalten im Ansatz sicherlich interessant sind, denn hier wäre spürbar mehr zu holen gewesen und das Kapitel liest sich dann doch mehr wie eine Fingerübung – ein Eindruck übrigens, den man ganz zu Ende des Buches noch einmal verspüren wird, denn weite Teile des letzten "Kapitels" Sprache wirken dann eben doch auch mehr wie Füllwerk und kommen nicht annähernd an die Genialität manch anderer Geschichte heran.

Immerhin spürbar positiv überrascht war ich vom Thema Sport, denn obwohl ich mit selbigem herzlich wenig anzufangen weiß, ist beispielsweise die Idee, einen Sportkommentator zum Beziehungstherapeuten zu machen wirklich herzerfrischend genial und verleitet mehr als einmal zu lautem Lachen, wobei ich empfehlen würde, sich diese Story von einer entsprechend lesegewandten Person vorlesen zu lassen, damit sich das Flair erst so richtig zu entfalten weiß. Auch davon abgesehen sprudelt Fünf von Fünf Sternen wirklich über vor Skurrilität und Witz und wären da nicht die etwas mauen Ausrutscher gerade in der zweiten Hälfte gewesen, wäre ich auch versucht gewesen, dem Titel des Buches alle Ehre zu machen und die volle Punktzahl zu vergeben, doch dafür reicht es leider in der Gesamtheit nicht annähernd, auch wenn ich Eisenbergs Kurzgeschichtensammlung trotzdem jedem Freund der etwas anderen, augenzwinkernden Literatur ans Herz legen möchte.

Ich: Ich weiß gar nicht, wieso mich das wundert. Wir sind seit Monaten nicht mehr intim.
Marv Albert: Schafft es nicht in den Strafraum!
Ich: Genau.
Marv Alvert: Kein Durchkommen!
Ich: Sieht so aus.
Marv Albert: Findet das Loch nicht!
Ich: Das ist ein bisschen krass ausgedrückt, aber klar. Egal, ich habe ein anderes Mädchen kennengelernt, Becky.
Marv Albert: Eiskalt ausgekontert!
Ich: Sie ist Kellnerin.
Marv Albert: Geschenkte Punkte!
[aus: Sportkommentator Marv Albert ist mein Therapeut]

In der Summe würde ich Eisenbergs Geschichten also nicht missen wollen und bin froh, auf diese so ungewöhnliche Veröffentlichung gestoßen zu sein, derweil abzuwarten bleibt, ob Fünf von fünf Sternen der einzige Ausflug von Jesse Eisenberg ins Literatur-Metier bleiben wird, denn die ersten Geschichten, die es nicht mehr in das ursprünglich bereits im September 2015 veröffentlichte Buch geschafft haben, sind längst erschienen und so hoffe ich, dass dereinst genügend Material für einen weiteren Story-Band vorliegen wird, denn lesen werde ich ihn auf alle Fälle, wenn Eisenberg auch nur annähernd sein Niveau zu halten versteht und weiter mit so vielen akribisch geschilderten Miniaturen und Momentaufnahmen, Wortwechseln und Beobachtungen für sich einzunehmen weiß.

Fazit & Wertung:

Jesse Eisenbergs Kurzgeschichtenband Fünf von fünf Sternen: Storys ist im Hinblick auf die einzelnen, teilweise nur wenige Seiten umfassenden Geschichten sicherlich als durchwachsen zu bewerten, doch schafft er zuweilen so dermaßen großartige Szenen, dass die Highlights des Bandes die schwächeren Passagen spielend aufzuwiegen wissen, denn selten lagen Humor und Herzschmerz, Lachen und Weinen so nah beieinander und wer ein Faible für feinsinnige Beobachtungen und ironische Spitzen hat, sollte dem literarischen Fundus des berühmten Schauspielers auf alle Fälle eine Chance geben.

8 von 10 Restaurantkritiken eines privilegierten Neunjährigen

Fünf von fünf Sternen: Storys

  • Restaurantkritiken eines privilegierten Neunjährigen - 8/10
    8/10

Fazit & Wertung:

Jesse Eisenbergs Kurzgeschichtenband Fünf von fünf Sternen: Storys ist im Hinblick auf die einzelnen, teilweise nur wenige Seiten umfassenden Geschichten sicherlich als durchwachsen zu bewerten, doch schafft er zuweilen so dermaßen großartige Szenen, dass die Highlights des Bandes die schwächeren Passagen spielend aufzuwiegen wissen, denn selten lagen Humor und Herzschmerz, Lachen und Weinen so nah beieinander und wer ein Faible für feinsinnige Beobachtungen und ironische Spitzen hat, sollte dem literarischen Fundus des berühmten Schauspielers auf alle Fälle eine Chance geben.

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Weitere Details zum Buch und dem Autor findet ihr auf der Seite des Eichborn Verlages.

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Fünf von fünf Sternen: Storys ist am 09.09.16 im Eichborn Verlag erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über den Link und unterstützt damit das Medienjournal!

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