Review: Havoc (Film)

So, heute mal ganz unplanmäßig mit einer weiteren Film-Review, weil mich die Spielemesse – besser gesagt, was ich dort alles gekauft habe – so aus dem Trott gebracht hat, dass ich keine neue Rezension verfassen konnte. Diese hier schlummert seit mehr als anderthalb Jahren in der digitalen Schublade und stammt noch aus der Anfangszeit meiner Amazon Prime Mitgliedschaft, wo ich den Film zum Glück habe sehen können, denn ich hätte mich echt geärgert, hätte ich hierfür auch nur einen Cent ausgegeben.

Havoc

Havoc, USA/DE 2005, 85 Min.

Havoc | © e-m-s
© e-m-s

Regisseurin:
Barbara Kopple
Autoren:
Stephen Gaghan
Jessica Kaplan

Main-Cast:
Anne Hathaway (Allison Lang)
Bijou Phillips (Emily)
Shiri Appleby (Amanda)
Michael Biehn (Stuart Lang)
Joseph Gordon-Levitt (Sam)
Matt O’Leary (Eric)
Freddy Rodríguez (Hector)
Laura San Giacomo (Joanna Lang)
Mike Vogel (Toby)
in weiteren Rollen:
Raymond Cruz (Chino)
Alexis Dziena (Sasha)
Channing Tatum (Nick)
Jose L. Vasquez (Manuel)

Genre:
Krimi | Drama

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Havoc | © e-m-s
© e-m-s

In den Pacific Palisades im Westen von Los Angeles sind die vorwiegend weißen und wohlhabenden Menschen gerne unter sich, genießen sündhaft teuren Luxus und frönen der Dekadenz, während der verwöhnte Nachwuchs seine Tage und Nächte gerne mit rauschenden Festen, dem Konsum geistiger Getränke und dem Konsum bewusstseinserweiternder Substanzen verbringt, sich aus Langeweile eine eigene Subkultur aus Möchtegern-Gangstern schafft, die das Leben in den Slums imitiert und von Gewalt geprägt ist. Bei einem Ausflug in die echten Slums merken die Kiddies und insbesondere ihr Anführer Toby zwar schnell, dass ihre Attitüde mit der harten Realität nur wenig gemein hat, doch kann man sich am Ende eines Tages ja schnell ins wohlbehütete Nest flüchten. Tobys Freundin Allison allerdings hat nach dem Ausflug Blut geleckt und sie und ihre Freundinnen Emily und Amanda wagen einen weiteren Ausflug in die Außenwelt, um lieber mit echten Gangstern statt ihren heimischen Möchtegerns abzuhängen. Während Amanda bald das Weite sucht, freunden sich Allison und Emily mit Hector an, dem Kerl, der Toby kurz zuvor noch vor versammelter Mannschaft gedemütigt hat. Noch ahnen die beiden Freundinnen nicht, dass zwischen Spiel und Realität Welten liegen können und stürzen sich in ein Abenteuer, dessen Konsequenzen sie nicht einmal annähernd absehen können.

Rezension:

Was hätte Havoc für ein interessanter Film werden können, eine abgründige wie triste, aber auch kompromisslose Milieustudie, ein Coming-of-Age-Film der besonderen Art, ein Drama, nein, eine Tragödie, eine Momentaufnahme und ein wenig Zeitgeist. Geworden ist er nichts davon, nicht einmal annähernd, denn obwohl der Film gerade in der Rückschau betrachtet ziemlich hochkarätig besetzt ist und einige später zu Weltstars gewordene Darsteller vereint, krankt der Film doch arg an einem wirklichkeitsfremden und nur allzu platten Drehbuch, dem auch die gekünstelt auf jung, hip und vulgär getrimmte Sprache alles andere als gut zu Gesicht steht, zumal der Film Klischee an Klischee reiht, eine ganze Horde stereotyper Figuren ins Feld schickt und keine davon nur annähernd näher beleuchtet, also gerne Ensemble-Film sein möchte, sich dann aber doch auf die grenzwertig unsympathischen wie naiven Freundinnen Allison und Emily konzentriert, verkörpert von Anne Hathaway und Bijou Phillips, die den Film trotz überschaubarer Laufzeit von nicht einmal neunzig Minuten kaum zu schultern verstehen.

Szenenbild aus Havoc | © e-m-s
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Da erscheint es kaum verwunderlich, dass Havoc sich mithilfe nackter Tatsachen redlich darum bemüht, ein wenig Aufmerksamkeit zu erregen, doch können auch die Brüste von Hathaway und Phillips nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Film erschreckend belanglos ist, in seiner ganzen Inszenierung aber auch kaum einem roten Faden folgt, vielmehr Szene an Szene reiht, die vielleicht dazu angehalten sein mag, die im Leben der behüteten Kids vorherrschende Tristesse zu verdeutlichen, jedoch ebenso jeglicher Grundlage und jeder innovativen Herangehensweise entbehren. So ist dann auch der obligatorische Kameranarr vertreten, der alles und jeden auf Video bannt und interviewt, ein ziemlich abgeschmackter Kniff im Übrigen, der weder begründet wird, noch den Jugendlichen tiefsinnige Kommentare zu entlocken weiß, die das Geschehen womöglich von außen pointiert hätten bewerten können, zumal diese Art der Inszenierung dann auch gerne mal über weite Strecken des Films völlig in Vergessenheit gerät, nur um dann urplötzlich wieder aus der Schublade gezogen zu werden.

Der Plattitüden nicht genug, stolpert die Handlung, so man sie denn als solche bezeichnen müsste, aus den Palisades mit den ganzen reichen und gelangweilten, sich mit Drogen und Alkohol die Zeit vertreibenden Kiddies hinein in die ach so bösen Ghettos, die natürlich samt und sonders bewohnt sind von Möchtegerngangstern mit dicker Wumme und Drogeneinzelhandelsgeschäft im Nebenerwerb. Weder der einen noch der anderen Seite wird je zugestanden, mehr zu sein als die Summe ihrer Klischees und wenn dann mal eine Szene gezeigt wird, in der Allisons zerrüttetes Elternhaus skizziert werden soll, dann dermaßen platt und einfallslos, dass man es nicht recht ernst nehmen kann und will, zumal im weiteren Verlauf auch noch eine vermeintliche Vergewaltigung und ein missglückter Selbstmordversuch hinzukommen, die ebenfalls merkwürdig emotionslos und bar jeglicher einschneidenden Konsequenz abgehandelt werden, dass man sich wirklich Mühe geben müsste, das dramatisch oder tragisch, ja zumindest irgendwie berührend zu finden, denn dafür gibt sich Havoc zu cool und unnahbar, schießt sich mit dieser Attitüde aber auch selbst ins Bein.

Szenenbild aus Havoc | © e-m-s
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Vielleicht ist es wirklich diese pseudocoole, aufgesetzte und um allerlei Fäkalausdrücke ergänzte Sprache, die dem Film am Ende das Genick bricht, einfach dadurch, dass man den Figuren ob dieser Tatsache jegliche möglicherweise noch – trotz exzessivem Alkohol- und Drogenkonsum – vorhandene Restintelligenz absprechen möchte, was sich in ihren Handlungen und Aussagen schnell bestätigen lässt, so dass man mit keiner der nur schemenhaft entworfenen Figuren warm wird, geschweige denn so etwas wie Sympathie oder Interesse entwickelt, zumal sie sich allesamt und jeder für sich aufs Geratewohl und blindlings ihr eigenes Grab schaufeln, was am Ende einen Film ergibt, der zwar vorgibt, dramatische Milieustudie zu sein, emotional wie intellektuell aber schlichtweg völlig kalt lässt. Was Positives zum Schluss: Selten hat ein so schlechter Film eine so kurze Laufzeit gehabt und ist folglich vergleichsweise schnell überstanden.

Fazit & Wertung:

Havoc versucht Milieustudie zu sein und vermittelt den Eindruck, sich mit keiner Art von Milieu je auseinandergesetzt zu haben, will einen Generationenkonflikt thematisieren und versäumt es dabei, mehr als eine Generation darzustellen, will mit seiner abgefuckten Attitüde schockieren, wirkt aber dabei erschreckend handzahm, vor allem aber wenig authentisch und verspielt sich so trotz überraschend namhafter Darstellerriege auch die letzten Sympathien.

3 von 10 gelangweilten Kids

Havoc

  • Gelangweilte Kids - 3/10
    3/10

Fazit & Wertung:

Havoc versucht Milieustudie zu sein und vermittelt den Eindruck, sich mit keiner Art von Milieu je auseinandergesetzt zu haben, will einen Generationenkonflikt thematisieren und versäumt es dabei, mehr als eine Generation darzustellen, will mit seiner abgefuckten Attitüde schockieren, wirkt aber dabei erschreckend handzahm, vor allem aber wenig authentisch und verspielt sich so trotz überraschend namhafter Darstellerriege auch die letzten Sympathien.

3.0/10
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Havoc ist am 31.08.06 auf DVD bei e-m-s erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über den Link und unterstützt damit das Medienjournal!

DVD:


vgw

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Eine Reaktion

  1. Filmschrott 14. Oktober 2016

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