Review: Girlboss | Staffel 1 (Serie)

Okay, ich glaube aktueller war ich noch nie am Start, aber nachdem gestern diese Serie bei Netflix angelaufen ist, kommt dann eben heute direkt meine Serien-Kritik zur Staffel, kann man ja auch mal machen.

Girlboss
Staffel 1

Girlboss, USA 2017-, ca. 26 Min. je Folge

Girlboss | © Netflix
© Netflix

Serienschöpfer:
Kay Cannon
Ausführende Produzenten:
Kay Cannon
Charlize Theron
Laverne McKinnon
Beth Kono
Sophia Amoruso
Christian Ditter

Main-Cast:
Britt Robertson (Sophia)
Ellie Reed (Annie)
Johnny Simmons (Shane)
Alphonso McAuley (Dax)
in weiteren Rollen:
Dean Norris (Jay)
Josh Couch (Max)
Amanda Rea (Bettina)
Norm Macdonald
RuPaul (Lionel)
Jim Rash (Mobias)
Melanie Lynskey (Gail)
Louise Fletcher (Rosie)

Genre:
Komödie | Drama | Biografie

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Girlboss | © Netflix
© Netflix

Über die Jahre hinweg hat sich die junge Sophia, mittlerweile Anfang zwanzig, ihre Nonkonformität bewahrt und weigert sich beharrlich, in die Maschinerie der Nine-toFive-Jobs zu geraten, was ihren Vater Jay zuweilen schier zur Verzweiflung treibt, denn während Sophia darauf pocht, ihre Träume nicht aufgeben zu wollen, ist ihr doch im Grunde kaum klar, wie diese Träume eigentlich aussehen. Als sie eines Tages aber eine originale 1970s Eastwest Lederjacke zum Schnäppchenpreis von gerade einmal neun Dollar erbeutet und sie gewinnbringend bei Ebay für stolze 615 Dollar weiterverkauft, scheint die modeinteressierte Frau ihre Nische gefunden zu haben und geht fortan bei Wohnungsauflösungen und allerhand Vintage- und Secondhand-Shops auf Beutezug, hübscht die ergatterten Teile auf und stellt sie in ihren Online-Shop. Nicht lange und Sophia erregt mit ihrem als "Nasty Gal Vintage" betitelten Shop erste mediale Aufmerksamkeit, doch so leicht, wie sich Sophia ihren neuen Traumjob vorgestellt hat, ist es dann doch nicht…

Rezension:

Seit gestern läuft die sehr lose auf der gleichnamigen Autobiografie von Sophia Amoruso basierende erste Staffel der Serie Girlboss auf Netflix und falls ihr euch gefragt haben solltet, wie ich den gestrigen Abend verbracht habe, wisst ihr es nun, denn kurz nach Mitternacht war ich mit der dreizehn Folgen umfassenden Staffel durch und fühlte mich doch in Gänze herrlich gut unterhalten. Mehr denn je ist es aber hier natürlich eine Frage der Erwartungshaltung, ob man der Serie etwas abgewinnen kann oder nicht, denn ich für meinen Teil ging völlig unbefangen an die Chose heran und habe hauptsächlich wegen des vielversprechend frischen Trailers und Britt Robertson zugeschaltet, musste mich gar von meiner Freundin belehren lassen, dass es ein Buch gleichen Namens gibt, dass wohl speziell in der Social Media-Szene ziemlich gehypt wird, so dass ich die Serie auch als das genießen konnte, was sie allem Anschein nach sein möchte, nämlich eine locker-flockig-inszenierte, um schmissige Sprüche und übertriebene Darstellungen nicht verlegenes Comedy-Format mit ganz leichtem Schlag in Richtung Dramedy.

Szenenbild aus Girlboss | © Netflix
© Netflix

Wer sich nun nämlich aber hier Details zum digitalen Siegeszug von Sophia erhofft, der wird die meiste Zeit enttäuscht sein, was zugegebenermaßen schade ist, denn gerade die Folgen, in denen die aggressiv als unangepasst und quirlig-verrückte charakterisierte Sophia ihrem Modeimperium einen Schritt näher kommt zählen zweifelsohne zu den Highlights der Staffel, wohingegen all jene Folgen, bei denen das eigentliche Thema der Serie mehr oder minder ins Hintertreffen gerät, oft nicht annähernd so zu überzeugen wissen und im Grunde dem Comedy-Genre keinerlei neue Facetten abzugewinnen wissen, was beispielsweise in einem reichlich nach Schema F inszenierten LSD-Trip in der Folge Der Ausflug (1.08) mündet, den man sich getrost auch hätte schenken können. Überhaupt aber weiß alles, was offensiv in Richtung Drama geht, nicht in Gänze zu funktionieren und so sind es weitaus mehr die witzigen Szenen, die mir längerfristig in Erinnerung bleiben werden, wobei die Pilotfolge Sophia (1.01) in dieser Hinsicht noch die gelungenste Mischung präsentiert, während es hieran anschließend ein stetiges Auf und Ab sein wird.

Szenenbild aus Girlboss | © Netflix
© Netflix

Warum Girlboss aber schlussendlich trotzdem so gut bei mir wegkommt, ist tatsächlich Britt Robertson (Under the Dome) zu verdanken, denn ihre Interpretation der Sophia ist so herrlich extrovertiert und laut, zickig, euphorisch, durchgeknallt, dass es eine wahre Freude ist, ganz davon abgesehen, dass mir auch Look und Style der Chose ausnehmend zugesagt haben, auch wenn es in mehr als einer Szene für mich persönlich doch sehr befremdlich war, dass Jahr 2006 so verklärt-romantisiert zu erleben wie hier, denn der Retro-Charme des Ganzen ist nicht von der Hand zu weisen, worüber man schnell vergisst, dass die geschilderten Ereignisse gerade einmal elf Jahre zurückliegen und ich persönlich beinahe so alt war wie Sophie zu dieser Zeit. Dem geschuldet funktionieren aber immerhin die popkulturellen Verweise und Reminiszenzen großartig und nicht nur die Erwähnung von Myspace zaubert schnell ein Lächeln ins Gesicht, während mir auch der vorwiegend aus Elektro- und Alternative-Pop sowie Indie-Stücken zusammengesetzte Soundtrack zu gefallen wusste und man gar in der Episode Ladyshopper99 (1.04) einem denkwürdigen Moment aus O.C., California beiwohnen darf, der auch noch herrlich aufs Korn genommen wird.

Überhaupt sind es aber die vielen schmissigen Einfälle, die Girlboss in der Summe zu einem ausnehmend unterhaltsamen, wenn denn schon nicht gerade vielschichtigen Erlebnis machen, wenn etwa an einem kreisrunden Tisch inmitten durchdringender Schwärze eine Schar Personen zusammenkommt und dies als Verbildlichung eines Internetforums dient, während die Gestalten dort auch gerne mal GIFs in ihre Postings einflechten, die dann prompt vor ihrer Person erscheinen, dann ist das einfach wahnsinnig smart und genial einfach, aber einfach genial, so dass die fragliche Folge Vintage Fashion Forum (1.10) auch mein persönliches Highlight der Staffel war. Hinzu kommt, dass man sich fernab der Besetzung von Robertson auch nicht gerade hat lumpen lassen, was Gastauftritte und weitere, quirlige Figuren betrifft, so dass man sich in mehr als einer Folge auf Jim Rash (Community) freuen darf, während Melanie Lynskey (Two and a Half Men) als Gail, Betreiberin des Vintage-Online Shops "Remembrances" in Erscheinung tritt und niemand Anderes als Dean Norris (ebenfalls Under the Dome oder auch Breaking Bad) als Sophias Vater Jay besetzt worden ist.

Szenenbild aus Girlboss | © Netflix
© Netflix

In der Summe wird dadurch Girlboss zu einem leichtfüßigen Vergnügen voller Witz, Charme und Esprit, nur hätte es im Grunde zugegebenermaßen des realen Backgrounds – der ja ohnehin nur lose inspiriert haben soll, wie jeder Folge vorangestellt wird – überhaupt nicht bedurft, um eine ähnlich schmissige Comedy aufzuziehen, derweil sich der Mehrwert für all Jene, die sich nun eben mehr zu den Ursprüngen von "Nasty Gal" erwartet haben, in engen Grenzen hält, denn wenn überhaupt geht es um Sophia, weit weniger – und in manchen Folgen beinahe gar nicht – ihren Ebay-Shop und das später daraus erwachsende Mode-Imperium, das die junge mit einem heutzutage geschätzten Vermögen von rund 280 Millionen US-Dollar auf die Forbes-Liste der reichsten Personen katapultiert hat, so dass man in Sachen Buch-Verfilmung und mit dem Anspruch biografischer Einschläge sicherlich von einem mittelschweren Flop sprechen kann, aber als Komödie macht diese Serie wirklich eine mehr als gute Figur und bei entsprechendem Wissen um diesen Ansatz lohnt sich eine testweise Sichtung auf alle Fälle!

Fazit & Wertung:

Mit der ersten Staffel Girlboss versucht sich Netflix an der Aufarbeitung der Anfangszeit von Sophia Amoruso und ihres vom Ebay-Shop zum Mode-Imperium mutierenden Unternehmens "Nasty Gal", doch gerät dieser Ansatz im Kontext der als Dramedy aufgezogenen Chose allenthalben mehr oder weniger stark ins Hintertreffen, was den biografischen Anspruch etwas ad absurdum fühlt, doch als charmant und temporeich inszenierte Coming-of-Age-Story mit einer großartig ambivalenten, oft reichlich durchgeknallten und gleichermaßen zielstrebigen Hauptfigur macht die Serie eine mehr als gute Figur.

8 von 10 aufgepimpten Vintage-Klamotten

Girlboss | Staffel 1

  • Aufgepimpte Vintage-Klamotten - 8/10
    8/10

Fazit & Wertung:

Mit der ersten Staffel Girlboss versucht sich Netflix an der Aufarbeitung der Anfangszeit von Sophia Amoruso und ihres vom Ebay-Shop zum Mode-Imperium mutierenden Unternehmens "Nasty Gal", doch gerät dieser Ansatz im Kontext der als Dramedy aufgezogenen Chose allenthalben mehr oder weniger stark ins Hintertreffen, was den biografischen Anspruch etwas ad absurdum fühlt, doch als charmant und temporeich inszenierte Coming-of-Age-Story mit einer großartig ambivalenten, oft reichlich durchgeknallten und gleichermaßen zielstrebigen Hauptfigur macht die Serie eine mehr als gute Figur.

8.0/10
Leser-Wertung 8/10 (3 Stimmen)
Sende

Episodenübersicht: Staffel 1

1. Sofia (8,5/10)
2. Der Leistenbruch (8/10)
3. Danke, San Francisco (8,5/10)
4. Ladyshopper99 (7,5/10)
5. Top 8 (7/10)
6. Fünf Prozent (7,5/10)
7. Die lange Schlabberhose (8,5/10)
8. Der Ausflug (6/10)
9. Diagramme bringen’s (8,5/10)
10. Vintage Fashion Forum (9/10)
11. Abschaum (7,5/10)
12. I’ll Come Crashing (8,5/10)
13. Der Start (8/10)

 
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Girlboss | Staffel 1 ist seit dem 21.04.17 exklusiv bei Netflix verfügbar.

vgw

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