Review: Die Tode des Tao | Wesley Chu (Buch)

Mittwochs tagt bekanntermaßen an dieser Stelle ja der literarische Salon und entsprechend habe ich euch auch heute wieder ein Buch vorzustellen, dass zu lesen sich für geneigte Genre-Freunde lohnen dürfte, so man denn natürlich im Idealfall zuvor zum ersten Band der Reihe gegriffen hat. Aber auch wer den nicht kennt, kann bedenkenlos reinlesen und neugierig werden darauf, worum es hier eigentlich geht.

Die Tode des Tao
Die Tao-Trilogie 2

The Deaths of Tao, UK 2014, 496 Seiten

Die Tode des Tao von Wesley Chu | © FISCHER Tor
© FISCHER Tor

Autor:
Wesley Chu
Übersetzerinnen:
Simone Heller
Susanne Gerold

Verlag (D):
FISCHER Tor
ISBN:
978-3-596-03488-8

Genre:
Science-Fiction | Action | Thriller

 

Inhalt:

Das Aufkommen der mobilen Penetra-Scanner hatte den Verlauf des Krieges in den letzten drei Jahren verändert. Anfangs waren die Scanner – Maschinen so groß wie Häuser – bedeutungslos gewesen. In den letzten Jahren war es den Genjix allerdings gelungen, die Scanner zu verkleinern. Nun gab es überall Penetra-Vans, und für die Prophus wurde es immer schwieriger, unentdeckt zu bleiben.

Noch immer tobt der Schattenkrieg zwischen den Prohphus und den Genjix – zwei verfeindeten Parteien der außerirdischen Spezies der Quasing, die sich seit Anbeginn der Menschheit der unwissenden Bevölkerung als Wirte bedienen – und Roen Tan hat sich dank Tao zu einem veritablen Agenten gemausert, während er sich noch immer nicht den Tod von Sonya verzeihen kann, die ihres Zeichens Wirtin des Quasing Baji war, die in Jill eine neue Heimstatt gefunden hat. Die Beziehung zwischen Jill und Roen ist derweil in die Brüche gegangen und während Jill mittlerweile als politische Beraterin in Washington D.C. fungiert, sind Roen und Tao auf eigene Faust noch immer dem Geheimprojekt "ProGenesis" auf der Spur. Als den Prophus langsam klar wird, dass Tao und Roen vielleicht Recht gehabt haben könnten mit ihren Verschwörungstheorien, stehen die Genjix allerdings bereits kurz vor der Vollendung ihres mehr als perfiden Plans…

Rezension:

Bereits vom ersten Band – Die Leben des Tao – der als Trilogie angelegten Geschichte um den namensgebenden außerirdischen Quasing war ich ja durchaus angetan und nun entsprechend gespannt auf die Fortsetzung Die Tode des Tao, wobei ich direkt festhalten kann, dass Fans des ersten Bandes nicht enttäuscht werden dürfte, die Geschichte aber – wie sollte es bei einer Trilogie auch anders sein – für Quereinsteiger absolut ungeeignet ist, weil doch einiges an Vorwissen vorausgesetzt wird, zumindest was das Wesen und Wirken der Quasing, die sich bekanntermaßen in die rivalisiereden Lager der "guten" Prophus und der "bösen" Genjix teilen, vorausgesetzt wird, derweil Autor Wesley Chu ansonsten nicht darum verlegen ist, einige der vorangegangenen Ereignisse zumindest kurz anzureißen, was aber mancherorts aus gleich zweierlei Gründen bitter nötig ist, denn einerseits weisen diverse Figuren – ebenfalls der Natur der Quasing geschuldet – quasi zwei differierende Persönlichkeiten und damit Namen auf (menschlicher Wirt und Quasing-Symbiont), andererseits macht die Geschichte einen mehrere Jahre umfassenden Zeitsprung nach vorne, was natürlich Lücken in der Vita der jeweiligen Figuren entstehen lässt.

In ihrem Geist blitzten Bilder der Genjix auf – von dem, der auf dem Dach hinter ihr kniete, von den beiden rechts von ihr, die an dem Lieferwagen lehnten, der sie gerammt hatte, und dann vom Anführer des Hinterhalts, der sich mit ihr unterhalten hatte. Jill stand auf und verschoss ihr Magazin auf die drei Gruppen. Dann rannte sie auf die Seitenstraße zu.

So haben sich Hauptfigur Roen Tan und sein Quasing Tao bereits vor längerer Zeit von dem Prophus-Oberkommando losgesagt, um auf eigene Faust Ermittlungen anzustellen, derweil Jill längst nicht mehr die unbedarfte junge Frau ist und sich nun inmitten der Fehde zwischen Prophus und Genjix befindet. Und auch von der Beziehung zwischen Roen und Jill darf man sich in Die Tode des Tao postwendend verabschieden, denn ungeachtet des gemeinsamen Sohnes Cameron kam es – ebenfalls vor geraumer Zeit – zum Zerwürfnis. Entsprechend muss ich leider sagen, dass der Einstieg in die Geschichte nicht rundherum gelungen ist, denn anfänglich ist nichts über den Verbleib von Roen bekannt und als Leser wird man doch mit mehr als nur ein paar neuen Fakten konfrontiert, was zu anfänglicher Irritation führt.

Ansonsten aber kann man Chu dahingehend loben, dass ihm hier in erzählerischer Hinsicht ein ganz ordentlicher Clou gelingt, denn war es im ersten Teil die Ausbildung von Roen, die nicht nur weite Teile des Romans dominiert, sondern auch für Kurzweil und Unterhaltung gesorgt hat, übernimmt nun Jill diesen Part, wenn sie unter die Fittiche ihres alsbald bestellten Leibwächters Marco gerät. Ansonsten wechselt die Geschichte mit beinahe jedem der Kapitel zwischen den nunmehr drei Hauptfiguren Roen, Jill und Enzo, der seines Zeichens ein Adonis-Gefäß ist und in dieser Funktion als neuer Wirtskörper für den Genjix-Vertreter Zoras agiert, mit seinen überbordenden Ambitionen, der kompromisslosen Attitüde und der Arroganz, die sein Status unweigerlich mit sich bringt, ein überaus vielschichtiger und vor allem furchteinflößender Antagonist ist. Den einzelnen Kapiteln vorangestellt finden sich derweil auch hier wieder mal mehr, mal weniger ausführlich geratene Schilderungen unterschiedlicher Quasing, die diesmal zudem weitaus weniger beliebig wirken und auf lange Sicht in groben Zügen quasi deren gesamte Geschichte umreißen, seit sie vor Äonen auf der Erde gestrandet sind, was übrigens einer der Punkte war, den ich mir nach Beendigung des ersten Bandes auch erhofft hatte, denn so fragmentarisch die Geschehnisse auch geschildert sein mögen, liefern sie doch ein recht umfassendes und überraschend stimmiges Bild, was der in der Gegenwart angesiedelten Geschichte zusätzliches Gewicht verleiht.

Jill verließ den Schauplatz so schnell, wie es ihr humpelnd möglich war. Die Genjix würden bald ein Aufräumteam schicken, und es war klüger, bis dahin möglichst weit weg zu sein. Fünfzehn Minuten später hatte sie es bis zu einer großen Kreuzung geschafft. Sie wollte schon weitergehen, blieb jedoch stehen, als ihr Blick auf das Neonschild einer Bar fiel. Ein kleines Lächeln huschte über ihr Gesicht.
»O verdammt, das habe ich mir verdient«, sagte sie und ging hinein.

Die zunehmende Dramatik und Schwere bringt es aber auch mit sich, dass dieser zweite Teil auch ernsthafter und weniger leichtfüßig daherkommt, folglich der Humor einen nicht ganz so großen Part einnimmt wie noch im Auftakt-Band, was natürlich einerseits der Geschichte Rechnung trägt und kaum verwunderlich sein mag, andererseits aber eben auch ein bisschen schade ist, wobei es – zum Glück – immer noch genug zum Schmunzeln einladende Szenen gibt und die Lästereien über Roen längst nicht abreißen, nur weil er jetzt als "vollwertiger" Agent gilt. Dessen ungeachtet aber schleichen sich leider auch einige Längen in Chus Erzählung, derer es nicht unbedingt bedurft hätte und welche die Geschichte teils nur marginal voranbringen, so dass in der Summe Die Tode des Tao gegenüber seinem Vorgänger ein wenig abfällt. Das relativiert sich aber zum Glück zusehends im letzten Drittel des Bandes, denn dem Autor gelingt es hier tatsächlich, auf gleich drei Ebenen ein fulminantes Final-Feuerwerk abzubrennen, dass sowohl spannend, überraschend wie gleichermaßen schockierend gerät und mich wieder einmal voll Spannung dem dritten und damit letzten Band entgegenfiebern lässt, den ich just zur Hand nehmen werde, sobald diese Rezension zu "Papier" gebracht worden ist.

Fazit & Wertung:

Mit Die Tode des Tao liefert Wesley Chu einen überzeugenden Nachfolger seines einfallsreich konzipierten Science-Fiction-Agenten-Thriller-Konglomerats ab, kommt allerdings nicht ganz an den Verve des ersten Teils heran, denn dafür finden sich im Mittelteil doch zu viele kleinere Längen, wohingegen er in Richtung Finale erneut zu Hochform aufläuft und mit mehr als nur einem Paradigmen-Wechsel Lust macht auf den Abschlussband seiner Trilogie.

7 von 10 verdeckten Operationen der Quasing

Die Tode des Tao

  • Verdeckte Operationen der Quasing - 7/10
    7/10

Fazit & Wertung:

Mit Die Tode des Tao liefert Wesley Chu einen überzeugenden Nachfolger seines einfallsreich konzipierten Science-Fiction-Agenten-Thriller-Konglomerats ab, kommt allerdings nicht ganz an den Verve des ersten Teils heran, denn dafür finden sich im Mittelteil doch zu viele kleinere Längen, wohingegen er in Richtung Finale erneut zu Hochform aufläuft und mit mehr als nur einem Paradigmen-Wechsel Lust macht auf den Abschlussband seiner Trilogie.

7.0/10
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Weitere Details zum Buch und dem Autor findet ihr auf der Seite von FISCHER Tor.

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Die Tode des Tao ist am 24.11.16 bei FISCHER Tor erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über den folgenden Link und unterstützt damit das Medienjournal!

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