Review: All Beauty Must Die (Film)

Weiter geht es mit dem fleißigen Abarbeiten der Altlasten, die sich so in meiner Schublade der ungesehen Filme angesammelt haben, doch morgen bereits komme ich dann auch wieder mit einem vergleichsweise brandaktuellen Film ums Eck, wobei der Begriff "brandaktuell" bei mir als ewiger Kino-Verweigerer ja auch schon wieder skeptisch zu bewerten ist.

All Beauty Must Die

All Good Things, USA 2010, 101 Min.

All Beauty Must Die | © Ascot Elite/Universum Film
© Ascot Elite/Universum Film

Regisseur:
Andrew Jarecki
Autoren:
Marcus Hinchey
Marc Smerling

Main-Cast:
Ryan Gosling (David Marks)
Kirsten Dunst (Katie Marks)
Frank Langella (Sanford Marks)
in weiteren Rollen:
Philip Baker Hall (Malvern Bump)
Lily Rabe (Deborah Lehrman)
Michael Esper (Daniel Marks)
Diane Venora (Janice Rizzo)
Nick Offerman (Jim McCarthy)
Kristen Wiig (Lauren Fleck)
Stephen Kunken (Todd Fleck)

Genre:
Krimi | Drama | Mystery

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus All Beauty Must Die | © Ascot Elite/Universum Film
© Ascot Elite/Universum Film

Im New York der 1970er lernen sich David und Katie kennen und werden alsbald ein Paar. Es folgen Heirat und der Umzug aufs Land nach Vermont, wo die beiden gemeinsam einen Laden eröffnen, doch sieht das Davids Vater gar nicht gern und hätte seinen Sohn lieber im Familien-Business untergebracht, zumal der Immobilien-Mogul Katie ohnehin für nicht standesgemäß hält. Schlussendlich beugt sich David dem Druck seines Vaters und zieht gemeinsam mit Katie zurück nach New York, doch alsbald beginnt das Beziehungs-Idyll auseinanderzubrechen, denn während David immer mehr Zeit in der Firma verbringt und sich zunehmend verschlossener gibt, beginnt Katie sich vor ihm zu ängstigen, denn auch Wutausbrüche seitens ihres Mannes gehören längst zur Tagesordnung. Als Katie allerdings schwanger wird und David sie regelrecht zu einer Abtreibung nötigt, scheinen die Risse in der Beziehung kaum noch zu kitten…

Rezension:

Ich will gar nicht wissen, wie lange genau All Beauty Must Die nun ungesehen bei mir in der Schublade gelegen hat, aber es wird schon eine ganze Weile sein, weil irgendwie nie die Stimmung gepasst hat, mich diesem meinem Gefühl nach doch eher sperrigen Werk zu widmen, was sich nun schlussendlich aber ändern sollte, denn letztlich war es mir ein regelrechtes Bedürfnis, diese Geschichte nun endlich in Augenschein zu nehmen. Die gestaltet sich dabei vom ersten Moment an als durchaus stimmig inszeniert und schafft mühelos den Spagat zwischen anfänglicher Liebesgeschichte und sich alsbald anbahnendem (Psycho-)Thriller, so dass man dem Werk in dieser Beziehung kaum einen Vorwurf machen kann. Weit schwieriger gestaltet sich dann allerdings die Dramaturgie der Geschichte als solchen, denn selbige wird im Grunde allein in Form von Rückblenden erzählt, die der im Gerichtssaal befindliche David Marks zum Besten gibt. So kommt man zwar schnell in der Story voran und konzentriert sich auf einige wenige Fixpunkte, lässt das Geschehen aber auch früh zerfasern und sprunghaft erscheinen, was sich insbesondere in der zweiten Hälfte bemerkbar macht, die gepaart mit einem auch stilistischen Bruch mancherorts wie ein gänzlich anderer Film wirkt.

Szenenbild aus All Beauty Must Die | © Ascot Elite/Universum Film
© Ascot Elite/Universum Film

Regisseur Andrew Jarecki macht derweil keinen Hehl daraus, sich am realen Fall von Robert Durst und der verschwundenen Kathie McCormack, zumal aus seinen Anstrengungen in Bezug auf akribische Recherche gute fünf Jahre später die HBO-Doku The Jinx: The Life and Deaths of Robert Durst hervorgehen sollte, die dahingehend für enormes Aufsehen sorgen sollte, dass Durst in der finalen Szene unbeabsichtigt drei Morde gestanden zu haben scheint, als er im Badezimmer ins noch eingeschaltete Mikro die Worte "What the hell did I do? Killed them all, of course. sprach. Hier nun geht es aber selbstredend um den Film und der distanziert sich schon dahingehend von den Ereignissen, dass aus Robert Durst hier David Marks und aus Kathie McCormack kurzerhand Katie McCarthy gemacht werden. Dessen ungeachtet aber bleibt Jarecki nah an der eigentlichen Geschichte, auch wenn er sie ihrer Ausrichtung nach natürlich um mehr als nur ein paar fiktionale Einsprengsel und Vermutungen hat ergänzen müssen, um ein stimmiges Gesamtbild zu erzeugen, das auch dramaturgisch zu überzeugen weiß. Genau da liegt aber einer der Knackpunkte, denn wahrscheinlich wäre der versierte Dokumentar-Filmer besser damit gefahren, gleich von vornherein eine Dokumentation zu drehen, denn die krude Mischung aus Gerichtssaal-Szenen, unzuverlässigen Erinnerungen und kryptischen Andeutungen geht selten eine echte Verbindung ein und so bleibt All Beauty Must Die leider in vielen Aspekten ambitioniertes Stückwerk.

Wie kaum anders zu erwarten allerdings reißen zumindest die HauptdarstellerInnen einiges raus und speziell Ryan Gosling – von ja immer noch einige Stimmen behaupten, er könne gar nicht schauspielern, obwohl er im selben Jahr bereits in Blue Valentine sein Können unter Beweis gestellt hat – könnte zunächst charmanter, später furchteinflößender kaum sein, zumal er gerade im letzten Drittel sowie den im Gerichtssaal zu verortenden Szenen noch einmal gehörige Wandlungsfähigkeit unter Beweis stellt. Kirsten Dunst (Midnight Special) wiederum gefällt sich und den Zuschauern zunächst in der Rolle des liebenswürdigen Love-Interest, doch hält einerseits das Idyll nicht lange, blüht sie andererseits in der zunehmenden Dramatik des Gezeigten merklich auf und lässt die von ihrer Figur empfundene Angst regelrecht am eigenen Leibe spüren. Frank Langella (Captain Fantastic) zuletzt als David Marks‘ Vater präsentiert sich in jedem Moment als über die Maßen dominantes Alpha-Tier, das es zu fürchten und dem es zu gehorchen gilt, was im Übrigen auch seine Funktion innerhalb der Geschichte hinreichend umschreibt. Hier allerdings sehe ich dann auch wieder leichte Probleme für Filme wie All Beauty Must Die, die sich reale Ereignisse zum unverkennbaren Vorbild nehmen, denn teilweise wirkt es hier – akribische Recherche hin oder her – als würde man die Taten von Marks/Durst zumindest in Teilen dem Verhalten des Vaters ankreiden wollen, was sicherlich kritisch und skeptisch zu bewerten ist.

Szenenbild aus All Beauty Must Die | © Ascot Elite/Universum Film
© Ascot Elite/Universum Film

Dessen aber einmal ungeachtet ist es durchaus ein faszinierender Fall und es mag mehr als verständlich sein, dass Andrew Jarecki dermaßen viel Zeit und Energie in das Thema investiert hat, doch fehlt ihm eben für das narrative, nicht dokumentarische Filmen noch ein wenig die Übung, der Feinschliff, so dass viele Szenen einzig von den glänzend aufspielenden Zugpferden Gosling und Dunst gerettet und getragen werden, doch auch eine Vielzahl stimmiger und teils schockierender Einzelszenen macht eben noch längst keinen guten oder gar grandiosen Film, wenn dazwischen immer wieder Leerlauf herrscht und der Film einerseits durch seine Jahrzehnte umfassende Geschichte hechtet, sich andererseits an Details und Begegnungen festbeißt, die im Gesamtkontext gar nicht so hätten ausgewalzt werden müssen. So bleibt All Beauty Must Die – dessen Originaltitel All Good Things (in Anlehnung an den Namen des Lebensmittelgeschäftes der beiden Liebenden) ungleich poetischer und weniger plakativ daherkommt – ein zwar ungewöhnlicher und in seinen besten Momenten auch packender Film, muss sich aber auch den Vorwurf gefallen lassen, in weiten Teilen keine klare, erzählerische Linie zu finden und dadurch gehörig Potential zu verschenken, welches die gleichermaßen tragische wie schockierende Geschichte, auf der Jareckis Film fußt, durchaus geboten hätte.

Fazit & Wertung:

Andrew Jarecki liefert mit All Beauty Must Die einen zwar ambitioniert fiktionalisierten Thriller vor, der mehr als nur ein paar intensive und packende Momente aufzuweisen hat, der aber in der Summe doch eher enttäuscht, weil sich das Geschehen doch teils zu sprunghaft durch die Zeit bewegt und die Kombination mit einem zumindest pseudo-dokumentarischen Anstrich nur selten überzeugt. Immerhin in den besten Momenten allerfeinstes Darstellerkino, derweil die Arbeit an dem Film letztlich nicht unmaßgeblich zur Entstehung von Jareckis Doku The Jinx über den "echten" Robert Durst beigetragen hat.

6,5 von 10 im Geheimen geführten Selbstgesprächen

All Beauty Must Die

  • Im Geheimen geführte Selbstgespräche - 6.5/10
    6.5/10

Fazit & Wertung:

Andrew Jarecki liefert mit All Beauty Must Die einen zwar ambitioniert fiktionalisierten Thriller vor, der mehr als nur ein paar intensive und packende Momente aufzuweisen hat, der aber in der Summe doch eher enttäuscht, weil sich das Geschehen doch teils zu sprunghaft durch die Zeit bewegt und die Kombination mit einem zumindest pseudo-dokumentarischen Anstrich nur selten überzeugt. Immerhin in den besten Momenten allerfeinstes Darstellerkino, derweil die Arbeit an dem Film letztlich nicht unmaßgeblich zur Entstehung von Jareckis Doku The Jinx über den "echten" Robert Durst beigetragen hat.

6.5/10
Leser-Wertung 2.5/10 (2 Stimmen)
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All Beauty Must Die ist am 13.03.12 auf DVD und Blu-ray bei Ascot Elite im Vertrieb von Universum Film erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

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vgw

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