Review: The Ark – Die letzte Reise der Menschheit | Patrick S. Tomlinson (Buch)

Es ist mal wieder Zeit für eine Buch-Kritik und als hätte man es ahnen können, habe ich mich jüngst mal wieder einem Science-Fiction-Roman gewidmet, auf den ich zufällig gestoßen bin. Ansonsten werde ich jetzt zusehen, dass ich noch ein wenig das gute Wetter genieße, schließlich lese ich derzeit noch drei weitere Bücher.

The Ark
Die letzte Reise der Menschheit

The Ark, UK 2016, 416 Seiten

The Ark - Die letzte Reise der Menschheit von Patrick S. Tomlinson | © Droemer Knaur
© Droemer Knaur

Autor:
Patrick S. Tomlinson
Übersetzer:
Markus Mäurer

Verlag (D):
Droemer Knaur
ISBN:
978-3-426-52048-2

Genre:
Science-Fiction | Krimi | Mystery

 

Inhalt:

Das Generationenschiff "The Ark" befindet sich auf seinem Weg nach Tau Ceti, dem neuen Habitat der menschlichen Rasse, nachdem die Erde vor rund 200 Jahren unbewohnbar geworden ist. An Bord befinden sich mit den 50.000 Passagieren die letzten Reste der menschlichen Rasse, seinerzeit sorgfältig ausgewählt anhand von Status und DNA, um die bestmögliche Ausgangslage für die Neubesiedelung zu schaffen, wenngleich die ursprünglichen Passagiere des Schiffes das Ende der Reise nicht mehr erleben werden. So kennen die Bewohner längst kein anderes Leben mehr als das, was sie in den Habitaten von Avalon und Shangri-La führen, doch ein Ende der Reise rückt in Sicht. Dann allerdings verschwindet der Wissenschaftler Edmond Laraby spurlos und Detective Bryan Benson – der es in seinem Leben noch nie mit einer echten Ermittlung zu tun hatte – wird auf den Fall angesetzt. Je weiter sich Benson allerdings vorwagt, umso mehr Rätsel tun sich auf, die bis in die höchsten Ebenen der Befehlshierarchie und bis tief hinab ins Innerste des Schiffes reichen…

Rezension:

Nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass mich allein das Cover von The Ark – Die letzte Reise der Menschheit prompt an die kurzlebige Syfy-Serie Ascension denken ließ, wollte ich es mir nicht nehmen lassen, hier mal einen Blick zu riskieren, nicht ahnend, dass es sich – wieder einmal – um den Auftakt einer Reihe handelt, denn dazu findet sich natürlich kein einziger Hinweis im Buch, derweil an dieser Stelle der Hinweis gestattet sein darf, dass die im Original als Children of a Dead Earth betitelte Reihe bereits im Dezember mit The Colony – Ein neuer Anfang fortgeführt werden wird. Nun soll es ja aber um den Erstling gehen und der präsentiert sich fernab seines im Science-Fiction-Kontext beinahe schon klassischen Setting eines Generationenschiffes bereits nach wenigen Seiten als reinrassiger Krimi, denn nicht nur handelt es sich bei dem Protagonisten Bryan Benson eben um einen der wenigen Gesetzeshüter an Bord des Schiffes, nein, mit dem Verschwinden des Wissenschaftlers Laraby bricht sich schnell ein typisches Locked-Room-Mystery Bahn, denn schließlich kann niemand so einfach aus einem in sich geschlossenen System verschwinden, zumal die Bewohner der Arche allesamt mit Implantaten ausgestattet sind, die fernab der Kommunikation und des Datenabrufs eben auch eine jederzeitige Ortung gewährleisten.

Larabys Akte wartete auf Benson in seinem Plantat. Er hätte über das AR-Interface darauf zugreifen können, das mit seinem visuellen Cortex verbunden war, aber Benson bevorzugte es, auf die altmodische Weise zu lesen: mit einem ordentlichen Tablet in der Hand, statt leer in die Ferne zu starren. Je weniger Dinge seinen Geist verwirrten, desto besser. Während er durch das Habitat schritt, wusste er, dass er mit dieser Einstellung allein auf weiter Flur war, aber manche Dinge empfand er als schlicht nicht verhandelbar.

Das Rätsel um den verschwundenen Laraby ist dabei auch gar nicht mal schlecht inszeniert, kommt allerdings nur eher langsam in Fahrt, zumal sich recht früh in der Geschichte noch das Rätsel um einen lange zurückliegenden Kunstraub als Teil der Handlung etabliert, das für sich genommen eine schöne Idee darstellt, zuweilen aber den Lesefluss ein wenig bremst, zumal ich persönlich mir doch ein wenig mehr reinrassige Science-Fiction in The Ark gewünscht hätte, denn abgesehen davon, dass Benson in der Praxis wenig Ahnung davon hat, wie "echte" Ermittlungen eigentlich geführt werden (woher auch, hat es sich bis zu dem Verschwinden die meiste Zeit um einen reinen Prestige-Posten gehandelt), verkommt der Umstand, dass wir uns an Bord eines Generationenschiffes befinden, leicht zu schmückendem Beiwerk. Das ist insofern besonders bedauerlich, dass sich Autor Patrick S. Tomlinson durchaus lohnenswerte Gedanken gemacht hat, wie es einerseits zum Bau der Arche gekommen ist und wie diese funktioniert, andererseits, wie sich das Zusammenleben grundsätzlich gestaltet und welchen Reglementierungen die Bewohner unterworfen sind.

So ist die Handlung zwar nett und abwechslungsreich gestaltet, doch insbesondere bevor selbige so richtig in Fahrt kommt, waren es vielmehr die Exkurse, die mein Interesse und meine Neugier geweckt haben. Zum Glück aber fängt sich Tomlinsons Science-Fiction-Krimi nach einer gewissen Aufwärmphase und hat mich mit jeder weiteren Wendung und Offenbarung mehr und mehr in seinen Bann ziehen können, zumal auch ganz bewusst falsche Fährten gelegt werden und vieles bis zuletzt im Verborgenen bleibt. Speziell die Offenbarungen im letzten Drittel haben es mir derweil angetan und auch bereits innerhalb der Geschichte angedeutet, dass womöglich ein zweiter Teil folgen könnte, wobei auch diejenigen, die keine neue Reihe starten wollen, beherzt zugreifen können, denn The Ark funktioniert tatsächlich auch wunderbar als Stand-Alone-Werk.

Vieh. Die meisten Bürger hatten das Wort zwar nie gehört, aber Benson kam durch seine Stellung als Chief Constable fast täglich mit Mitgliedern der Besatzung in Kontakt. Er wusste, als was sie die 98% der Menschheit bezeichneten, die nicht das Glück hatten, einer von ihnen zu sein. Sie galten einfach nur als Vieh, das man über eine Distanz von zwölf Lichtjahren durchs All transportierte und dessen Wert in der genetischen Diversität und der Arbeitskraft lag, die es der Kolonie Tau Ceti G brachten. Es spielte keine Rolle, dass jede Person an Bord der Arche ein direkter Nachfahre der fünfzigtausend intelligentesten, stärksten und gesündesten unter den zehn Millionen Menschen war, die kurz vor dem Ende auf der Erde gelebt hatten.

Insofern mag es sich zwar nicht einmal annähernd um einen Meilenstein des Genres handeln, doch gerade wer der Verquickung aus Science-Fiction-Setting und Kriminal-Story etwas abgewinnen kann, könnte mit Tomlinsons Roman-Debüt durchaus seine Freude haben, auch wenn der Plot zuweilen doch etwas konstruiert wirkt. Das allerdings gleichen ein paar wirklich mitreißend verfasste Action-Passagen und lohnenswerte Dialoge locker aus, zumal hier des Öfteren auflockernder Humor zum Tragen kommt, der aber mitnichten die Atmosphäre untergräbt, sondern sich stimmig ins Setting fügt und vor allem Bryan Benson gut zu Gesicht steht, der als Klischee vom einsamen Wolf eine stimmige Figur macht, andererseits gerne etwas mehr Tiefe hätte vertragen können. Licht und Schatten liegen also oft nah beieinander im Falle von The Ark, doch nach leichten Startschwierigkeiten hat mich die Geschichte überzeugt und gepackt, weshalb ich auch bei The Colony zum Jahresende hin sicherlich wieder dabei sein werde.

Fazit & Wertung:

Mit The Ark – Die letzte Reise der Menschheit legt Autor Patrick S. Tomlinson eine nur auf den ersten Blick "klassische" Science-Fiction-Story vor, die sich schnell als Kriminalgeschichte an Bord eines Generationenschiffes entpuppt. Diese Genre-Verquickung muss man mögen, doch nach einem etwas zähen Einstieg offenbart die Story ungeahnte Qualitäten, zumal Tomlinson sich reichlich Gedanken gemacht hat, um seine namensgebende "Arche" stimmig und glaubwürdig erscheinen zu lassen. Zuletzt begeistert das letzte Drittel mit seinen zahllosen Wendungen und Offenbarungen, die gespannt auf die Fortsetzung warten lassen.

7 von 10 Geheimnissen an Bord der "Arche"

The Ark – Die letzte Reise der Menschheit

  • Geheimnisse an Bord der "Arche" - 7/10
    7/10

Fazit & Wertung:

Mit The Ark – Die letzte Reise der Menschheit legt Autor Patrick S. Tomlinson eine nur auf den ersten Blick "klassische" Science-Fiction-Story vor, die sich schnell als Kriminalgeschichte an Bord eines Generationenschiffes entpuppt. Diese Genre-Verquickung muss man mögen, doch nach einem etwas zähen Einstieg offenbart die Story ungeahnte Qualitäten, zumal Tomlinson sich reichlich Gedanken gemacht hat, um seine namensgebende "Arche" stimmig und glaubwürdig erscheinen zu lassen. Zuletzt begeistert das letzte Drittel mit seinen zahllosen Wendungen und Offenbarungen, die gespannt auf die Fortsetzung warten lassen.

7.0/10
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Weitere Details zum Buch und dem Autor findet ihr auf der Seite von Droemer Knaur.

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The Ark – Die letzte Reise der Menschheit ist am 03.04.17 bei Droemer Knaur erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über den folgenden Link und unterstützt damit das Medienjournal!

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