Review: Die Tribute von Panem – The Hunger Games (Film)

Bisher habe ich mich ja relativ konsequent Filmreihen wie Harry Potter und Twilight verweigert und als das erste Mal für Die Tribute von Panem geworben wurde mit dem Hinweis, es möge sich um das nächste große Buch-Adaptions-Ding nach ebenjenen Reihen handeln, tendierte mein Interesse relativ abrupt gen null. Allerdings die Geschichte hörte sich spannend an, beziehungsweise die dystopische Welt, in der The Hunger Games angesiedelt sind, wenngleich ich mich damals schon fragte, wie man mit einem Kampf auf Leben und Tod in einem Wald einen zweistündigen Spielfilm ausfüllen möchte. Immer noch voller Skepsis aber auch mit ein wenig Interesse habe ich also auf gut Glück vor Wochen ein Rezensionsexemplar angefragt und siehe da, ich wurde erhört.

Die Tribute von Panem
The Hunger Games

The Hunger Games, USA 2012, 142 Min.

Die Tribute von Panem - The Hunger Games | © Studiocanal
© Studiocanal

Regisseur:
Gary Ross
Autoren:
Gary Ross (Drehbuch)
Suzanne Collins (Drehbuch)
Billy Ray (Drehbuch)
Suzanne Collins (Buch)

Main-Cast:

Jennifer Lawrence (Katniss Everdeen)
Josh Hutcherson (Peeta Mellark)
Liam Hemsworth (Gale Hawthorne)
Woody Harrelson (Haymitch Abernathy)
Elizabeth Banks (Effie Trinket)
Lenny Kravitz (Cinna)
Stanley Tucci (Caesar Flickerman)
Donald Sutherland (Präsident Snow)

Genre:
Abenteuer | Action | Science-Fiction

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Die Tribute von Panem - The Hunger Games | © Studiocanal
© Studiocanal

Nachdem vor vielen Jahren dramatische Aufstände das Land zu zerstören gedroht haben, wurden die zwölf Distrikte und das alles beherrschende Kapitol, die Hauptstadt des Reiches geschaffen. In Ermahnung an den brüchigen und hart erkämpften Frieden muss alljährlich jeder Distrikt ein Mädchen und einen Jungen im Alter zwischen 12 und 18 Jahren ins Kapitol entsenden, um diese dort an den alljährlich stattfindenden Hungerspielen als Repräsentant des entsprechenden Distrikts teilnehmen zu lassen. Bei den Hungerspielen treten folgerichtig vierundzwanzig Kämpfer gegeneinander an und bekriegen sich auf jährlich wechselnden Schauplätzen bis zum Tode, so dass am Ende ein Sieger, ein Hoffnungsträger aus dem Kampf hervorgeht.

In diesem Jahr ist Primrose’ Name das erste Mal in der Lostrommel und prompt wird sie ausgelost, den zwölften Distrikt bei den Hungerspielen zu vertreten und ihr Schicksal wäre besiegelt, würde sich ihre Schwester Katniss nicht in ihrer Verzweiflung freiwillig melden, um den Platz der Schwester einzunehmen. Zusammen mit Peeta Mellark, dem männlichen Tribut des Distrikts 12 in diesem Jahr, reist Katniss ins Kapitol und beide werden ihrem Mentor Haymitch Abernathy, einem früheren Gewinner der Hungerspiele aus demselben Distrikt, unterstellt. In der Hauptstadt angekommen geraten Katniss und Peeta mehr und mehr in den die Hungerspiele begleitenden Medienrummel und den verzweifelten Kampf um Sponsoren, bevor es sie nach einem nur wenige Tage dauernden Training in die Arena verschlägt, wo die Kinder und Jugendlichen gezwungen sind, sich bis aufs Blut zu bekämpfen, um am Ende siegreich – und lebendig – aus dem heimtückischen Wald zurückzukehren.

Rezension:

Szenenbild aus Die Tribute von Panem - The Hunger Games | © Studiocanal
© Studiocanal

Zunächst machen Die Tribute von Panem einen produktions- und inszenierungstechnisch einwandfreien Eindruck und wecken ziemlich schnell das Interesse des Zuschauers, wenn sich nach und nach die Begebenheiten in der dargebrachten dystopischen Welt erschließen, insbesondere was die namensgebenden Hungerspiele anbelangt. Jedoch stellt sich auch schnell Ernüchterung ein, wenn nach einer guten halben Stunde im Grunde noch nichts geschehen ist und die angedeuteten sozialen Verhältnisse oberflächlicher und nichtssagender kaum bleiben könnten. Freilich fällt es schwer, sämtliche oder auch nur viele Aspekte eines Buches in einen Film zu übertragen, jedoch der Weg alles anzudeuten, aber nichts zu erklären ist für meine Sehgewohnheiten definitiv der falsche und abgesehen davon, dass er in den Nachfolgeteilen sicherlich seine Bewandtnis haben wird, macht es für mich auch keinen Sinn, sich beispielsweise in den ersten zwanzig Minuten eingehend mit der Exposition einer Figur zu befassen, die im weiteren Verlauf des Films weder erneut in Erscheinung treten wird noch sonst irgendeinen Nutzen hat.

Und diese Art von erzählerischem Fauxpas zieht sich durch den ganzen Film wie ein roter Faden, so dass man allen Ecken und Enden meint, etwas verpasst oder missverstanden zu haben; Beispiele gäbe es viele: So wird man als Zuschauer eine ganze Weile in dem Glauben gelassen, es sei ausnehmend wichtig für die Tribute, sich um Sponsoren zu bemühen, um ihr Überleben in der Arena zu sichern, jedoch das letztliche Zusammenkommen einer solchen Sponsoring-Vereinbarung wird in einem knapp fünfsekündigen Zusammenschnitt (wir reden, wir trinken, wir schütteln uns die Hände) abgetan und die hochgepriesenen Geschenke beschränken sich auf [extrem leichter Spoiler!] Wundsalbe und Suppe (!). Ähnlich verhält es sich mit einer immer wieder gezeigten Rückblende der beiden Tribute aus Distrikt 12, in der er ein Stück Brot in ihre Richtung wirft und die als Quintessenz dem Zuschauer die überraschende Botschaft vermitteln möchte Die kennen sich schon! Wahrlich ganz großes, dramaturgisch anspruchsvolles Kino.

So dümpeln Die Tribute von Panem vor sich hin und wissen trotz der Rokoko-Kostüme im Kapitol und im scharfen Kontrast dazu der mittelalterlich anmutenden, verhärmten Welt von Distrikt 12 kaum zu begeistern, weil sie sich immer wieder in solchen Belanglosigkeiten verzetteln und sich damit selbst ausbremsen, während einige Aspekte durchaus zu gefallen wissen, etwa Woody Harrelson als desillusionierter Mentor Haymitch und ganz besonders Stanley Tucci als euphorischer und exaltierter Moderator Caesar Flickerman, ebenso natürlich wie Altmeister Donald Sutherland als Präsident Snow, der in wenigen und vom Rest der Handlung ziemlich losgelösten Szenen im Rosengarten gekonnt Akzente setzt, doch hilft dies nicht, die generelle Konturlosigkeit der Figuren zu kaschieren, wie sie beispielsweise von Wes Bentley oder Lenny Kravitz verkörpert werden. Ja selbst die Hauptdarstellerin Jennifer Lawrence gewinnt kaum an Profil und muss sich mit einer fünfminütigen Nullachtfünfzehn Exposition begnügen, die durch einen mehr als überflüssigen Fiebertraum im weiteren Verlauf auch nicht gerade aufgewertet wird, jedoch immerhin beweist sie schauspielerisches Können in den starren Grenzen ihrer Rolle und trägt insbesondere in der zweiten Hälfte den Film spielend im Alleingang.

Szenenbild aus Die Tribute von Panem - The Hunger Games | © Studiocanal
© Studiocanal

Denn nach nicht einmal achtzig Minuten beginnen nach Abschluss des gesamten Medienrummels und Vorabgeplänkels tatsächlich auch The Hunger Games und die können sich – dank toller Einfälle und spannender Kameraführung auch wirklich sehen lassen, wenngleich man auch hier Abstriche machen muss, denn die vom Spielmacher eingesetzten, das Spiel verschärfenden Tricks und Kniffe wirken doch allzu sehr wie aus dem Hut gezaubert und scheinen sich beinahe ausschließlich gegen Katniss zu richten, so dass man ihnen eine gewisse Beliebigkeit unterstellen muss. Zum Ende wird es dann – trotz der stolzen Spielzeit von 140 Minuten richtig hektisch und das Finale nebst anschließendem, offenen Happy-End wird so schnell herunter gespult, dass man sich noch während des Abspanns fragt, ob es das jetzt wirklich gewesen sein soll. Denn durch den Schlussakt verpufft auch die letzte Medien- und Gesellschaftskritik im Keim und lässt den geneigten Zuschauer erkennen, dass all die Andeutungen und daraus erwachsenen Erwartungen tatsächlich nur für den zweiten und dritten Teil geschürt worden sind und wirklich nichts, aber auch gar nichts in diesem sehr simpel konstruierten Film zu suchen haben, der sich letztlich auf die Formel Mädchen wird zum Gladiator, macht Werbung im Fernsehen, zieht in den Kampf, gewinnt, geht nach Hause herunterbrechen lässt. Und das ist für ein so hochgelobtes Werk, für eine Literaturverfilmung, ja selbst für einen Sommer-Blockbuster zu wenig und am Ende sind es nur wenige Fragmente, wie die durchaus überzeugenden und glaubwürdig inszenierten Kämpfe, die zugegebenermaßen beeindruckende Optik des Kapitols, die einfallsreiche und stilistisch vielfältige Welt und die Glanzpunkte, die Harrelson, Tucci und Sutherland setzen können, die Die Tribute von Panem davor bewahren, vollends von mir verrissen zu werden.

Fazit & Wertung:

Die Tribute von Panem – The Hunger Games beginnen spannend und verzetteln sich dann mehr und mehr in zu vielen, belanglosen Details und deuten nachhaltige Umwälzungen in der bestehenden Gesellschaftsordnung an, von denen sich aber während des gesamten Films nicht eine bewahrheitet, so dass man sich als Zuschauer, insbesondere nach dem dahingerotzten und überflüssigen „Finale“ um seine Zeit betrogen fühlen muss. Schade, denn viele gute Ansätze, eine spannende und gesellschaftskritische Prämisse sowie zahlreiche tolle Schauspieler deuten an, dass hier merklich mehr drin gewesen wäre.

4,5 von 10 Namen in der Lostrommel

Die Tribute von Panem - The Hunger Games

  • Namen in der Lostrommel - 4.5/10
    4.5/10

Fazit & Wertung:

Die Tribute von Panem – The Hunger Games beginnen spannend und verzetteln sich dann mehr und mehr in zu vielen, belanglosen Details und deuten nachhaltige Umwälzungen in der bestehenden Gesellschaftsordnung an, von denen sich aber während des gesamten Films nicht eine bewahrheitet, so dass man sich als Zuschauer, insbesondere nach dem dahingerotzten und überflüssigen „Finale“ um seine Zeit betrogen fühlen muss. Schade, denn viele gute Ansätze, eine spannende und gesellschaftskritische Prämisse sowie zahlreiche tolle Schauspieler deuten an, dass hier merklich mehr drin gewesen wäre.

4.5/10
Leser-Wertung 7.13/10 (24 Stimmen)
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Meinungen aus der Blogosphäre:
Cellurizon: 4/10 Punkte
Filmherum: 10/10 Punkte
Going to the Movies: 8/10 Punkte
review on everything: 8/10 Punkte
Tonight is gonna be a large one.: 8/10 Punkte
Zeilenkino (inkl. Buch)

Die Tribute von Panem – The Hunger Games erscheint am 30.08.12 auf DVD, Blu-ray und als Limited Fan Edition DVD im Vertrieb von Studiocanal. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

DVD:

Blu-ray:

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Kommentare (11)

  1. Sonja | Zeilenkino 31. August 2012
    • Wulf | Medienjournal 1. September 2012
  2. bullion 31. August 2012
    • Wulf | Medienjournal 1. September 2012
  3. DerDickeUndDasMädchen 3. Dezember 2012
    • Wulf | Medienjournal 4. Dezember 2012
  4. Fianna | Review Corner 5. Dezember 2012
    • Wulf | Medienjournal 6. Dezember 2012
  5. Michael AliensBiehn 27. Juli 2013
  6. Friendly 14. November 2014

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