Review: Midnight Movie | Tobe Hooper (Buch)

Nach einer kleinen geburtstags- und feiertagsbedingten Auszeit melde ich mich heute – passend zum jüngst vergangenen Halloween – mit einem Buch zurück, dass grob dem Zombie-/Endzeit-Genre zugeordnet werden kann, obwohl es gänzlich auf anderen Pfaden wandelt, als man es von einem typischen Zombie-Schocker erwarten würde.

Midnight Movie

Midnight Movie, USA 2011, 383 Seiten

Midnight Movie von Tobe Hooper
© Bastei Lübbe

Autor:
Tobe Hooper

Verlag (D):
Bastei Lübbe
ISBN:
978-3-404-20669-8

Genre:
Endzeit | Horror | Satire

 

Inhalt:

Das Erstlingswerk von Tobe Hooper – Regisseur des Texas Chain Saw Massaacre – ist nach Jahren des Vergessens wieder aufgetaucht und soll nun in Austin, Texas uraufgeführt werden. Sein Film trägt den wohlklingenden Namen Destiny Express und Tobe kann sich noch nicht einmal daran erinnern, um was es in dem Film geht. In Austin lernt Tobe nicht nur den Filmkritiker Erik Laughlin kennen, sondern auch die hübsche Janine Daltrey, auf die Erik ein Auge geworfen hat. Auch seinen alten Freund Gary Chruch, der die Hauptrolle in Destiny Express gespielt hat trifft er dort nach langen Jahren wieder. Es kommt zur Aufführung, doch durch Zufälle kommt es dazu, dass gerade die genannten Personen dem Film nicht über seine gesamte Länge beiwohnen, sondern sich stattdessen über die aggressive Stimmung vor Ort wundern müssen.

In den darauffolgenden Tagen allerdings häufen sich mysteriöse Vorfälle: Janines jüngere Schwester Andi entwickelt sich vom Geek zu einer sexbesessenen Nymphomanin, die blauen Ausfluss hat und an nichts anderes mehr denken kann, auf Twitter werden Meth-Rezepte verbreitet, die dazu führen, dass es in zahllosen behelfsmäßigen Drogenlaboren zu Explosionen kommt und Brände sich allüberorten auszubreiten beginnen. Und dann wäre da noch die Sache, dass Tote sich erheben und nichtsahnende Menschen anfallen, was dazu führt, das ganze Städte bald im Ausnahmezustand sind. Selbst Erik ist vor diesen Entwicklungen nicht gefeit und bald keimt der Verdacht, dass all diese Vorkommnisse zurückzuführen sind auf die Destiny Express-Vorstellung und so kontaktiert man Regisseur Hooper, der von dem Treiben um ihn herum bis dato keine Notiz genommen hatte und macht sich daran, dem Rätsel auf die Spur zu kommen.

Rezension:

Midnight Movie ist intelligentes Trash-Kino vom Allerfeinsten und überzeugt mit einer bluttriefenden, augenzwinkernden, schwarzhumorigen Herangehensweise, die ihresgleichen sucht. Tobe Hooper inszeniert sich selbst als halbautobiografische Hauptfigur in diesem munteren Treiben und äußert sich mit einer gehörigen Portion Selbstironie zu den Ausnahmezuständen zu der Zeit, als The Game die Welt heimsuchte, denn von unbekannter Seite aus wurden zahlreiche Meldungen und Websites, die sich mit dem Thema auseinandergesetzt haben aus dem Netz getilgt, was freilich auch erklärt, warum wir heutzutage nichts mehr von dieser Zeit wissen können.

In humoriger Art und Weise tut er also so, als ob alles in diesem Buch sich tatsächlich so zugetragen hätte und nutzt dafür einerseits wechselnde Erzählperspektiven, die aus der Ich-Form – ähnlich einem Interview – von ihrem Handeln und Denken berichten, während andererseits insbesondere im Mittelteil die Handlung immer wieder von Zeitungsmeldungen, Berichten aus dem Rolling Stone, Twitter-Timelines, Blogbeiträgen, Memoiren, Tagebucheinträgen und Autopsie-Berichten aufgelockert und medial untermauert wird. Midnight Movie bewegt sich damit auch ganz klar abseits des üblichen Zombie-Romans, zumal die wandelnden Toten hier auch nur eine Ausprägung des Chaos darstellen, das von Destiny Express verursacht worden ist.

Mit dieser Herangehensweise karikiert er auch gekonnt die Medien und wirft einen satirischen Blick auf die Zustände im Internetzeitalter, wenn Andi von ihren sexuellen Eskapaden im Netz berichtet und bei Twitter munter Meth-Rezepte ausgetauscht werden, während ein Homeland Security-Mitarbeiter Gefallen daran findet zum Selbstmordattentäter zu werden und dies schriftlich akribisch dokumentiert. Freilich ist Midnight Movie weit entfernt von anspruchsvoller Literatur, macht aber dem geneigten Genre-Fan eine Menge Spaß und war zumindest für mich ein echter Page-Turner. Zum Ende hin entweicht leider ein wenig die Luft und auch die eingeschobenen Artikel findet man kaum noch, während die letztendliche Auflösung leider extrem an den Haaren herbeigezogen ist und kaum erklärt wird.

Das trübt zum Schluss den Gesamteindruck ein wenig, täuscht aber auch nicht darüber hinweg, dass Midnight Movie bis dahin eine grandios unterhaltsame Zombie-Horror-Medien-Satire ist und sich extrem kurzweilig darstellt. Über den Inhalt des Buches wusste ich anfänglich herzlich wenig und muss sagen, dass die Art und Präsentation mich positiv überrascht haben, zumal es sich nach vielen Nullachtfünfzehn-Büchern endlich einmal wieder um extrem einfallsreiche, abgedrehte Kost handelt, die – und damit möchte ich schließen – jedoch nicht geeignet ist für all Jene, die erbarmungslos detailliert geschilderten Zombies und sexuellen Freizügigkeiten mit blauem Schleim eher skeptisch gegenüberstehen und lieber nicht derart explizites Material lesen möchten.

Fazit & Wertung:

Mit Midnight Movie etabliert sich Regisseur Tobe Hooper als einfallsreicher Autor, der neben einer intelligenten Prämisse einen interessanten, augenzwinkernden Blick auf sich selbst wirft und neben der intelligenten Medienbeschau auch seinen Wurzeln treu bleibt: dem Splatter-Horror.

8 von 10 Infizierten mit blauem Ausfluss und gesteigerter Aggression

Midnight Movie

  • Infizierte mit blauem Ausfluss und gesteigerter Aggression - 8/10
    8/10

Fazit & Wertung:

Mit Midnight Movie etabliert sich Regisseur Tobe Hooper als einfallsreicher Autor, der neben einer intelligenten Prämisse einen interessanten, augenzwinkernden Blick auf sich selbst wirft und neben der intelligenten Medienbeschau auch seinen Wurzeln treu bleibt: dem Splatter-Horror.

8.0/10
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Weitere Details zum Buch und dem Autor findet ihr auf der Seite von Bastei Lübbe. Dort findet sich übrigens auch eine Leseprobe.

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Midnight Movie ist am 21.09.12 im Bastei Lübbe Verlag erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

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Kommentare (2)

  1. Klirrdibirr 6. November 2012
    • Wulf | Medienjournal 6. November 2012

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