So, heute soll/kann/darf es dann mal wieder was aktueller sein und deshalb erzähle ich euch heute von Open Windows, der nämlich exakt gestern in den Handel gekommen ist. Und ohne – wie ich es sonst öfter tue – vorzugreifen, belasse ich es dabei, schöne Grüße in die Weiten des Internets zu senden.
Open Windows
Open Windows, ES/USA 2014, 100 Min.
© Ascot Elite
Nacho Vigalondo
Nacho Vigalondo
Elijah Wood (Nick Chambers)
Sasha Grey (Jill Goddard)
Neil Maskell (Chord)
Adam Quintero (Pierre)
Iván González (Tony)
Jaime Olías
Krimi | Thriller
Trailer:
Inhalt:
© Ascot Elite
Als Betreiber der weltweit größten Fan-Website zu der Schauspielerin Jill Goddard ist Nick Chambers natürlich Feuer und Flamme, als er zu einem exklusiven Dinner mit dem Star nach Austin geladen wird, da er in einem Online-Wettbewerb das Rennen gemacht und den begehrten Preis ergattert hat. Im Hotelzimmer angekommen, verfolgt Nick via Live-Stream die ersten Szenen aus Goddards neuestem Film Dark Sky und die daran anschließende Podiumsdiskussion, als ihn online ein mysteriöser Mann kontaktiert und ihm eröffnet, das Treffen mit Jill sei abgesagt worden. Doch noch ehe Nick die Nachricht verdaut hat, beginnt der mysteriöse Fremde, ihm Zugriff auf Überwachungskameras im Raum der Pressekonferenz zu geben und hackt sich ungefragt in das Handy der Schauspielerin.
Völlig irritiert und von den Ereignissen und Instruktionen des Mannes überrumpelt, leistet Nick auch seinen weiteren Anweisungen Folge und positioniert eine Kamera am Fenster seines Hotelzimmers mit Blick auf das schräg gegenüberliegende Zimmer, in dem sich Jill – wie er einem abgehörten Telefonat entnimmt – mit ihrem Freund treffen möchte. Als Nick auch noch von einer mysteriösen Hackergruppe kontaktiert wird, die ihn für einen Mann namens Nevada hält, verliert er endgültig den Überblick, doch da hat ihn schon der Mann aus dem gegenüberliegenden Zimmer entdeckt und Nick nimmt notgedrungen die Hilfe des unbekannten Anrufers an, um der Gefahr zu entgehen und beginnt zu realisieren, dass er bereits mitten in einem perfiden Spiel steckt, das anscheinend von langer Hand geplant worden ist und bald auch die von ihm angehimmelte Jill in ernste Gefahr bringt.
Rezension:
In letzter Zeit scheint sich ja Elijah Wood in düsteren und ungewöhnlichen Filmen sichtlich wohlzufühlen, doch während er in Alexandre Ajas Maniac eine formidable Leistung in einem rundherum packenden Film abgeliefert hat, gelingt es ihm in Open Windows weit weniger, seiner Rolle Profil zu verleihen, was sicherlich auch dem Skript und dem schlussendlichen Twist geschuldet ist, über den ich natürlich nichts verrate, was aber dazu führt, dass Nacho Vigalondos Film seinen Reiz gänzlich aus der formalen Ausgestaltung bezieht, die wirklich spannend und innovativ geraten, dem Filmtitel zumindest alle Ehre macht, wenn das Konzept auch nicht in jeder Minute störungsfrei aufgeht, was zu inszenatorisch fragwürdigen Kompositionen führt, die der im Grunde recht simpel gestrickten Geschichte noch mehr Wasser abgraben, als ihr gut täte, weil man sich im weiteren Verlauf mit immer weiter klaffenden Logiklücken abfinden muss.
© Ascot Elite
Während Elijah Wood aber zumindest eine solide zu nennende Leistung abliefert, gelangt die einstige Pornodarstellerin Sasha Grey oftmals merklich an ihre Grenzen und agiert teils wirklich sehr hölzern, was natürlich speziell in emotional aufgeladenen Filmen die Atmosphäre ziemlich zunichtemacht. Doch wie gesagt sind es auch mehr inszenatorische Kniffe, die Open Windows zumindest für ausgewiesene Cineasten interessant macht, denn der gesamte Film spielt sich quasi auf dem Laptop des Website-Betreibers Nick ab, während die Kamera zwischen verschiedenen Fenstern hin und her huscht, mal Nick selbst, mal einen Webstream, einen Videoanruf oder die Bilder von Überwachungskameras in den Fokus setzt. Das funktioniert auch überraschend gut und fügt sich stimmig in die Geschichte ein, zumindest so lange, bis die Story an Fahrt aufnimmt und Nick sich gezwungen sieht, seinen vermeintlich sicheren Platz im Hotelzimmer aufzugeben, denn beispielsweise eine Verfolgungsjagd lediglich über die Frontkamera des Fahrzeugs zu beobachten, während Nick immer wieder auf den auf dem Beifahrersitz stehenden Laptop blickt und zwischenzeitlich noch Konversationen mit zugeschalteten Parteien führt, wirkt nicht etwa nur befremdlich sondern merklich an den Haaren herbeigezogen, denn ich zumindest würde mich auf die Straße konzentrieren und könnte nicht ständig und für teils längere Passagen den Blick von der Straße abwenden, um mich mal eben zu unterhalten.
Diese Problematik ufert – auch wenn ich hier nicht ins Detail gehen kann – mit jeder Minute weiter aus und auch wenn sich Open Windows bis ganz zum Schluss seinem formalen Konzept unterwirft und dabei teils durchaus spannende Bilder und Einstellungen generiert, kann man ihm das Ganze schlussendlich leider nicht mehr abnehmen, zumal im Dienste der quasi obligatorischen überraschenden Wendung schon einige Schlenker in der Story geschlagen werden, die sich nicht einmal annähernd hieb- und stichfest nachvollziehen lassen, wodurch das gesamte Treiben ziemlich konstruiert wirkt. Selbst die Botschaft des Films, das Anprangern des übertriebenen und gefährlichen Voyeurismus heutiger Tage, der auch nicht vor der Privatsphäre Einzelner und dem offensiven Lechzen nach intimen Aufnahmen und Einblicken nicht Halt macht, passt zwar gut in das Sujet des Streifens und kokettiert dabei durchaus gekonnt mit der Vergangenheit von Sasha Grey, wird aber auch eher mit der Holzhammermethode an den Mann gebracht und ist in keiner Weise subtil.
© Ascot Elite
Störend kommt noch hinzu, dass sich allerlei internetaffine Menschen und Hacker in dem Film die Klinke in die Hand geben, man es aber nicht einmal schafft, den Betreiber einer Website von einem Blogger abzugrenzen und die Möglichkeiten eines Hackers auch mehr aus der Warte eines fantasievollen Kindes betrachtet werden, statt auf Realismus zu setzen, was aber wiederum dazu geführt hätte, Open Windows in seiner vorliegenden Form nicht realisieren zu können. Beispiel gefällig? Mittels bestimmter Kameras nicht nur ein Auto orten zu können, sondern, da diese sich gebündelt in einer Tasche befinden, aus dem Nichts heraus auch ein aus Einzelteilen zusammengesetztes 3D-Bild zu generieren, dass sich frei drehen und scannen lässt – obwohl die Kameras wohlgemerkt ausgeschaltet sind – und schlussendlich in dem digitalen Nirvana auch noch menschliche Körper vor dem ansonsten nur skizzenhaft erkennbaren Hintergrund abzuheben. Sieht spannend aus, ist ansonsten aber absoluter Nonsens. Ein Fazit, was man so leider auch auf den gesamten Film übertragen kann.
Open Windows
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Offene Browser-Fenster - 5.5/10
5.5/10
Fazit & Wertung:
Auf inszenatorischer Ebene zweifellos zunächst beeindruckend, zerfasert Vigalondos Open Windows im weiteren Verlauf immer mehr und verheddert sich in den immer häufiger und unglaubwürdiger werdenden Twists, die der Geschichte mehr schaden, als dass sie diese bereichern.
Open Windows ist am 27.01.15 auf DVD und Blu-ray im Vertrieb von Ascot Elite erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!
Interessant und schade zugleich. Ich habe kürzlich über OPEN WINDOWS und den noch nicht fertigen UNFRIENDED einige Überlegungen zu deren Inszenierung angestellt. Die Visualisierung von Laptop-Oberflächen halte ich – ohne die Filme gesehen zu haben – zunächst einmal für sehr innovativ und scheint ja auch in diesem Fall gut zu funktionieren. Dass der Film dann eben doch noch ganz andere Schwächen hat, ist wirklich schade.
Wirklich schade, das stimmt. Aber du liegst richtig: Das wirkt zunächst sehr innovativ und ich konnte mich auch recht schnell damit anfreunden, zumal das Ganze überraschend dynamisch daherkommt, aber eben nur so lange gut funktioniert, wie Nick vor seinem Laptop sitzt, weil es danach einfach dramaturgisch unglaubwürdig wird, wie er das klobige Ding vor sich her trägt und eben selbst beim Autofahren immer wieder längere Blicke auf den Bildschirm wirft. Trotzdem eine spannende Idee, die allein den Film eben nicht ganz uninteressant macht, wenn er auch sonst leider nicht allzu viel zu bieten hat und übertrieben verworren und konstruiert daherkommt.