Review: Das Labyrinth von London | Benedict Jacka (Buch)

Da wäre ich auch schon wieder mit meiner "regulären" Buch-Rezension für diese Woche, denn jüngst habe ich mich dann auch mal wieder an urban Fantasy herangewagt und wollte euch gerne von meinen Eindrücken berichten.

Das Labyrinth von London
Alex Verus 1

Fated (Alex Verus 1), UK 2012, 416 Seiten

Das Labyrinth von London von Benedict Jacka | © Blanvalet
© Blanvalet

Autor:
Benedict Jacka
Übersetzerin:
Michelle Gyo

Verlag (D):
Blanvalet
ISBN:
978-3-734-16165-0

Genre:
Fantasy | Abenteuer

 

Inhalt:

Ich bin Alex Verus. Das ist nicht mein Geburtsname, aber dies ist eine andere Geschichte. Ich bin ein Magier, ein Wahrsager. Manche Menschen nennen Magier wie mich Orakel oder Seher, oder Magier für Wahrscheinlichkeit, wenn sie richtig langatmig unterwegs sind, und das ist auch in Ordnung, solange sie mich nicht Jahrmarktsbudenzauberer nennen.

Im malerischen Londoner Camden Town betreibt Alex Verus ein Geschäft, das "Arcana Emporium", welches sich auf den Handel mit magischen Gegenständen spezialisiert hat, gleichwohl diese von den meisten als Tand abgetan würden. Was Alex‘ Kundschaft aber nicht einmal weiß, ist, dass er ein wirklicher und wahrhaftiger Magier ist, der sich quasi mit der offensichtlichsten aller Tarnungen inmitten der Öffentlichkeit versteckt. Die Alex zur Verfügung stehende Magie ist allerdings längst nicht so profan wie Elementar- oder Zerstörungszauber, denn Alex beherrscht die Wahrsagerei, in dem Fall eine Art Wahrscheinlichkeitsberechnung, die es ihm erlaubt, einen Blick in die Zukunft und auf die unterschiedlichen Stränge zu werfen, die sich vor seinem inneren Auge entfalten und ihm gemeinsam mit seiner übernatürlichen Intuition oft einen gehörigen Wissensvorsprung zu verschaffen. So ist es dann auch kaum verwunderlich, dass ihn sowohl die Weißmagier als auch die Schwarzmagier aufsuchen, nachdem in einer magisch bestens gesicherten Statue ein uraltes und mächtiges Artefakt der Vorboten vermutet wird, denn allein ein Blick in die Zukunft könnte die richtige Vorgehensweise zutage fördern, um nicht die verheerenden Abwehrmechanismen der Staute zu aktivieren. Prompt gerät Verus zwischen die Fronten, obwohl er sich schon vor Jahren von der magischen Gemeinschaft losgesagt hat und wird sich all seiner Tricks bedienen müssen, um sich aus der verfahrenen Situation herauslavieren zu können…

Rezension:

Ich war ja schon lange Zeit auf der Suche nach einer vielversprechenden Urban-Fantasy-Reihe, die aber nicht bereits auf jahre- oder jahrzehntelange Veröffentlichungen zurückblickt, um mir selbst den Einstieg zu erleichtern und nun scheine ich jüngst mit Benedict Jackas Das Labyrinth von London genau das gefunden zu haben, was mir vorschwebte, denn einerseits handelt es sich um den Auftaktband der Alex-Verus-Serie, erfordert also keinerlei Vorkenntnisse, weist andererseits in Bezug auf die britischen Originalausgaben bereits acht Teile auf, die bei entsprechendem Erfolg sicherlich nach und nach seitens Blanvalet übersetzt und veröffentlicht werden. Das würde nun aber auch alles nicht helfen, wenn die Reihe nicht auch überzeugen könnte, doch Ich-Erzähler Alex Verus weiß schnell für sich einzunehmen, was mitunter auch an der trefflichen Übersetzung von Michelle Gyo liegt, die schon die Empire of Storms-Bände kongenial eingedeutscht hat. Vor allem aber begeistert Alex mit einer gewissen Flapsigkeit und holt auch gerne mal etwas weiter aus, um uns als Leser die Welt der Magie näher zu bringen, ohne dabei in den "Erklärbär-Modus" zu verfallen oder zu langweilen.

Schon seit es Magie gibt, besteht eine Kluft zwischen den beiden Pfaden, zwischen den Weißmagiern und den Schwarzmagiern. Manchmal existieren sie in wackligem Waffenstillstand nebeneinander; manchmal kommt es zu Konflikten. Die letzte dieser Auseinandersetzungen fand vierzig Jahre vor meiner Geburt statt und wird Portalrunenkrieg genannt. Eine Fraktion der Schwarzmagier stellte sich gegen fast alle Weißmagier, und der Sieger hätte die totale Herrschaft über die Welt davongetragen.

So lässt man sich bereitwillig nach Camden Town und ins "Arcana Emporium" entführen, wobei es nicht lange braucht, bis die eigentliche Geschichte an Fahrt aufnimmt, die nach überraschend wenig Exposition nach und nach weitere Magier, Kreaturen und Fraktionen auf den Plan ruft, ohne dass Das Labyrinth von London dadurch überladen wirken würde. Besonders zu begeistern wusste mich derweil Verus‘ ungewöhnliches Talent, da dieses einerseits fernab von Feuerbällen oder aufwendigen magischen Ritualen frischen Wind ins Fantasy-Genre bringt und zudem seitens Jacka im Rahmen der Möglichkeiten durchaus nachvollziehbar und glaubhaft zu Papier gebracht worden ist. So hat freilich auch Alex‘ Wahrnehmung ihre Grenzen und wenn eine Wahl noch nicht getroffen worden ist, vermag auch er die Zukunft nicht vorherzusehen, was ihn dann eben auch nicht übermächtig oder unfehlbar erscheinen lässt. Ansonsten ist er aber auch dringend auf seine Fähigkeiten angewiesen, denn so plump ein Energiestrahl oder dergleichen sein mag, ist er auch erschreckend effektiv und so muss sich der findige Wahrsager immer wieder gekonnt aus manch brenzliger Situation herausmanövrieren.

Die Story selbst wirkt zunächst allerdings beinahe profan, doch insbesondere durch die sorgsam eingestreuten Hinweise auf Alex‘ Vergangenheit halten durchaus bei der Stange, wobei sich die Schlinge um Alex Verus immer weiter zuzieht und damit auch die Spannung zunimmt, so dass ich insbesondere im letzten Drittel Das Labyrinth von London gar nicht mehr aus der Hand legen wollte. Gleichwohl er aber sowohl Erzähler als auch Protagonist der Handlung ist, wusste insbesondere auch seine zeitweilige Begleiterin Luna zu gefallen, die zwar anfänglich zugegebenermaßen etwas blass erscheint, im Verlauf der Handlung aber durchaus an Profil gewinnt, zumal sie mit einem gleichermaßen tragischen wie interessanten Fluch geschlagen ist, der ebenfalls eine nicht ganz unwichtige Rolle in der Erzählung einnimmt. Fernab dessen lässt Jacka seiner Fantasie freien Lauf und weiß mal mehr – im Fall des quirligen Luftelementars Starbreeze –, mal weniger – im Fall der begabten Schneiderin Arachne – zu überzeugen, wobei das im Fall von Arachne weniger an der durchaus sympathischen Figur liegt sondern daran, welches Geheimnis um ihre Gestalt gemacht wird, obwohl der Name doch nun wirklich alles verrät.

London ist eine alte Stadt. Selbst die Besucher spüren das – die Geschichtsträchtigkeit des Ortes, die Last von Tausenden von Jahren. Für einen Empfindsamen ist dieses Gefühl noch stärker wahrnehmbar, fast wie eine physische Präsenz, die in die Erde und die Steine eingeschlossen ist. Über die Jahrhunderte hinweg haben sich Inseln gebildet, kleine Enklaven im Gebäudedschungel, und der Ort, an den ich ging, war so einer.

Ähnlich verhält es sich mit so manchem Twist, der für mich von langer Hand abzusehen war und der mich dann folglich kaum noch überraschen konnte, doch selbst hierfür findet Alex mancherorts entschuldigende Worte und erklärt, dass der Blickwinkel eben ein anderer sei, wenn man nicht von außen betrachtend das große Ganze überblickt, sondern selbst mittendrin steckt in dem Schlamassel, womit er nicht nur Recht hat, sondern gar weitere Sympathiepunkte einheimst. So hoffe ich trotz kleiner Schwächen und eines nicht über die Maßen innovativen Plots, dass nach Das Labyrinth von London alsbald noch viele weitere Abenteuer von Alex Verus ihren Weg zu uns finden werden, denn was die Story vielleicht (noch) nicht zu leisten imstande ist, wird durch den sympathischen Protagonisten und dessen spannende Talente die meiste Zeit mehr als wettgemacht.

Fazit & Wertung:

Benedict Jacka gelingt mit Das Labyrinth von London nicht nur ein überzeugender Reihen-Auftakt um den Magier Alex Verus, sondern verleiht speziell durch dessen ungewöhnliche seherische Kräfte dem Urban-Fantasy-Genre einiges an frischem Wind, zumal der findige Alex ein bestechend sympathischer Erzähler ist, den man gerne noch auf weitere Abenteuer im von Magie durchdrungenen London begleiten möchte.

8 von 10 mehr oder minder wahrscheinlichen Zukunftssträngen

Das Labyrinth von London

  • Mehr oder minder wahrscheinliche Zukunftsstränge - 8/10
    8/10

Fazit & Wertung:

Benedict Jacka gelingt mit Das Labyrinth von London nicht nur ein überzeugender Reihen-Auftakt um den Magier Alex Verus, sondern verleiht speziell durch dessen ungewöhnliche seherische Kräfte dem Urban-Fantasy-Genre einiges an frischem Wind, zumal der findige Alex ein bestechend sympathischer Erzähler ist, den man gerne noch auf weitere Abenteuer im von Magie durchdrungenen London begleiten möchte.

8.0/10
Leser-Wertung 7.33/10 (3 Stimmen)
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Weitere Details zum Buch und dem Autor findet ihr auf der Seite von Blanvalet. Dort findet sich übrigens auch eine Leseprobe.

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Das Labyrinth von London ist am 16.07.18 im Blanvalet Verlag erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über den nachfolgenden Link und unterstützt damit das Medienjournal!

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Eine Reaktion

  1. cRuEllY 19. August 2018

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