Review: Die Wiedergeburten des Tao | Wesley Chu (Buch)

Weitaus früher als erwartet komme ich nun mit dem Abschlussband der Tao-Trilogie daher, denn vom zweiten Band jüngst wieder angefixt gewesen, konnte ich quasi gar nicht anders, als mich beinahe postwendend auf das sich anschließende Finale zu stürzen.

Die Wiedergeburten des Tao
Die Tao-Trilogie 3

The Rebirths of Tao, UK 2015, 464 Seiten

Die Wiedergeburten des Tao von Wesley Chu | © FISCHER Tor
© FISCHER Tor

Autor:
Wesley Chu
Übersetzer:
Andreas Heckmann

Verlag (D):
FISCHER Tor
ISBN:
978-3-596-03489-5

Genre:
Science-Fiction | Action | Thriller

 

Inhalt:

Die vier Soldaten blickten in alle Richtungen, um rauszufinden, woher die Schüsse kamen. Schließlich ließ einer seine Waffe fallen und hob die Hände. Zwei andere taten es ihm Sekunden später nach. Alle sahen den letzten bewaffneten Soldaten an, den mit dem Megaphon, der seine Möglichkeiten erwog. Wieder kam ein leises Ping aus dem Wald, und der Staub vor seinen Füßen stob auf. Daraufhin folgte auch er dem Beispiel seiner Gefährten und warf die Waffe weg.

Nachdem Roen tödlich verwundet schien, fuhr der Quasing Tao aus dessen sterbendem Körper in Roens Sohn Cameron, doch wider Erwarten überlebte Roen Tan, derweil er nicht viel Zeit für seine Genesung hatte, hat seine Frau Jill schließlich der Welt die Existenz der Quasing offenbart, was schnurstracks dazu geführt hat, dass einerseits die ISKA gegründet wurde und andererseits die Aliens allerorten gejagt und zusammengetrieben wurden, wobei natürlich die Technologie der Penetra-Scanner eine enorme Hilfe war. Entsprechend bewegen sich Roen, Jill und Cameron seitdem immer knapp unter dem Radar und ziehen über Jahre hinweg von Ort zu Ort, während die Gegenspieler der Prophus, die Genjix, weiterhin das Ziel verfolgen, die Erde der sogenannten Quasiform zu unterziehen, um die Atmosphäre für die Quasing lebenstauglich zu machen, was aber gleichzeitig den Tod aller Menschen nach sich ziehen würde. Und gemessen an dem noch immer großen Einfluss der Genjix bleibt den Prophus kaum mehr, als sich auf verdeckte Rettungs- und Infiltrations-Missionen zu konzentrieren. Und ausgerechnet als Roen auf eine ebensolche Mission geschickt wird und widerstrebend Frau und Kind zurücklässt, droht ihre gemeinsame Zuflucht den Genjix zum Opfer zu fallen…

Rezension:

Nachdem Die Tode des Tao, der zweite Band der als Trilogie angelegten Tao-Reihe, mit gleich zwei Cliffhangern fulminant zu Ende ging, wurde schließlich einerseits die Existenz der Quasing den Menschen enthüllt, schien andererseits Roen verstorben und dessen Quasing Tao in seinen Sohn Cameron gefahren zu sein, konnte ich natürlich nicht annähernd so lange warten, wie ich mir Zeit zwischen dem ersten und zweiten Band gelassen habe und so muss ich nach der Lektüre von Die Wiedergeburten des Tao voller Bedauern feststellen, dass die Trilogie nun hinter mir liegt, wobei mir das Ende – ich nehme natürlich nichts vorweg – ausnehmend gut gefallen hat und die Sache zu einem runden Ende bringt, ohne auf den Friede-Freude-Eierkuchen-Zug aufzuspringen, derweil eine mögliche Rückkehr von Roen und Tan zumindest angedeutet, respektive offen gelassen wird. Ja richtig, Roen, denn der hat selbstredend überlebt, muss nun aber ohne Quasing auskommen und hat sich – nachdem die Regierung die Alien-Jäger-Organisation ISKA aus dem Boden gestampft hat – das Alter Ego "Rayban Ghost" erschaffen, um unter diesem Pseudonym ISKA-Aktivitäten zu untergraben und flüchtige Quasing – Prophus wie Genjix – vor den Menschen in Sicherheit zu bringen.

»Wenn Sie nur einen Funken Anstand besitzen«, begann Wladimir, »tun Sie, was Sie tun müssen, nicht vor den Augen meiner Tochter. Schicken Sie sie weg, darum bitte ich Sie.« Dann erst entdeckte er die Teller mit Essen in ihren Händen und wurde verlegen. »Vielleicht war ich etwas vorschnell.«
»Nein, nein, Sie haben ja recht«, sagte Roen. »Wir essen beim Foltern nur gern.«
Jill gab ihm einen freundlichen Klaps auf die Schulter. »Wladimir Mengsk, möchten Sie frühstücken? Ich bringe Ihre Tochter nach nebenan.«

In dieser Beziehung gibt es also gehörig frischen Wind in der Erzählung und das merkt man in Sachen Esprit und Verve deutlich, so dass die überworfenen Machtverhältnisse und die ISKA als neue Partie im Bunde einer Frischzellenkur gleichkommen. Ansonsten braut auch Zoras‘ Gefäß Enzo bei den Genjix noch immer sein eigenes Süppchen und hat nichts von seiner Arroganz verloren, derweil es spannend zu lesen war, wie sich nun auch die Genjix untereinander in mehrere, offen konkurrierende Parteien aufgespalten haben, während die Prophus weiterhin ein Schattendasein fristen, weshalb ihnen die große Enthüllung gegenüber der Menschheit auch weit weniger geschadet hat als den Genjix. Dabei bedient sich Die Wiedergeburten des Tao all der Stärken der Reihe und punktet trotz gewisser Ernsthaftigkeit und einem ausgeklügelten Hintergrund für seine ungewöhnlichen Aliens – der auch hier wieder in jeweils den Kapiteln vorangestellten Fragmenten näher beleuchtet wird – mit einer gehörigen Dosis Humor und vor allem Emotionalität. So ist es auch eines der vorherrschenden Themen, wie sehr Roen doch Tao vermisst, was auch immer wieder schön verdeutlicht wird, wenn er sich vorstellt, was sein ehemaliger Begleiter ihm in dieser oder jener Situation gesagt hätte.

Aber Tao ist ja zum Glück nicht aus der Welt und befindet sich nun in Roens und Jills Sohn Cameron, der nun ein waschechter Jugendlicher ist, liegen schließlich einige Jahre zwischen den Ereignissen des zweiten und dritten Bandes, wobei man sich auch bezüglich der zwischenzeitlichen Ereignisse auf erhellende Äußerungen freuen darf, denn wo es vormals einzig Quasing waren, welche die einzelnen Kapitel mit ihren fragmentarischen Äußerungen eröffnen durften, kommt nun auch Roen selbst hinzu, was ebenfalls eine erfrischende Neuerung darstellt, zumal es gegen Ende eine großartige Erklärung für diesen Umstand geben wird. Entsprechend begeistert war ich im Grunde von der gesamten Geschichte, die wirklich treibend und packend inszeniert worden ist und neben "klassischer" Agenten-Action eben auch immer auf die familiären Bande der mehr als ungewöhnlichen Familie Tan abstellt – ist Jill schließlich ebenfalls Wirtin von Baji – und viele am Rande erwähnte historische Ereignisse in einem neuen Licht erscheinen lässt. Davon abgesehen sind es aber auch die vielen Fehden und Aversionen, sowohl der Quasing untereinander als auch ihrer jeweiligen Wirte, die dem Geschehen eine zusätzliche Würze verleihen, denn noch immer trachten nicht wenige Roen und/oder Tao nach dem Leben, während es für Cameron gar zu einem einer aufflammenden Romanze mit einem Genjix-Gefäß kommt, was natürlich gehörige Komplikationen verspricht und Tao selbstredend mehr als gegen den Strich geht.

Tao ließ Cameron eine Montage all seiner früheren Wirte sehen, die je einen Gegner per Kopfstoß erledigt hatten. Er begann mit einem Triceratops, ging über die Cro-Magnon-Zeit und das Goldene Zeitalter des Römischen Reichs, als einer seiner Wirte ein gnadenloser Streithammel gewesen war, bis hin zu Roen, der einmal mit dem Kopf gegen eine Wand gekracht war und sich die Nase gebrochen hatte.
Cameron lachte. »Bist du sicher, dass er wirklich mein Vater ist?«

Normalerweise verhält es sich ja oft und gerne so, dass eine Reihe im weiteren Verlauf nachlässt und die späteren Teile dem "Original" nicht das Wasser reichen können, aber durch die besagte Frischzellenkur bei Die Wiedergeburten des Tao, die grundsätzlich veränderten Ausgangsbedingungen, die Erweiterung der dem Buch eigenen Mythologie schwingt sich die Tao-Trilogie in ihrem letzten Teil zu neuen Höhen auf und hat mich noch mehr gepackt als die anderen beiden Teile, auch weil Chu bei all den neuen Ansätzen eben trotzdem auf ein breit gefächertes Figurenkonsortium und eine wendungsreiche Vorgeschichte zurückgreifen kann, die hier auf vielerlei Art referenziert wird, so dass sich die Story trotz allem wie aus einem Guss anfühlt, aber eben hier noch weitaus mehr zu packen weiß als ohnehin schon. Im Hinblick darauf, dass ich nun die Trilogie als Ganzes beurteilen kann, wartet auf den geneigten Leser eine durchaus fulminante Science-Fiction-Action-Reihe, die zwar zuweilen ihre leichten Längen hat, aber speziell mit dem dritten Band zu einem enorm packenden und überzeugenden Abschluss gebracht wird, zumal Wesley Chu bis zuletzt die Ideen nicht auszugehen scheinen und auch noch einiges mehr über das Wesen der Quasing offenbart wird, was einen vieles neu bewerten lässt.

Fazit & Wertung:

Mit Die Wiedergeburten des Tao beschließt Wesley Chu seinen ungewöhnlichen Science-Fiction-Reigen auf allerbeste Art und Weise, denn die im vorangegangenen Finale eingewobenen Twists führen teils zu einem regelrechten Paradigmenwechsel im nunmehr dritten und letzten Band, der dadurch gleichzeitig vertraut, aber auch unverbraucht und neu wirkt, weshalb es umso erfreulicher ist, dass sich der Autor zumindest die Option offenhält, zu einem späteren Zeitpunkt zu Roen Tan und dessen (ehemaligem) Quasing Tao zurückzukehren.

8 von 10 verdeckten Operationen der Quasing

Die Wiedergeburten des Tao

  • Verdeckte Operationen der Quasing - 8/10
    8/10

Fazit & Wertung:

Mit Die Wiedergeburten des Tao beschließt Wesley Chu seinen ungewöhnlichen Science-Fiction-Reigen auf allerbeste Art und Weise, denn die im vorangegangenen Finale eingewobenen Twists führen teils zu einem regelrechten Paradigmenwechsel im nunmehr dritten und letzten Band, der dadurch gleichzeitig vertraut, aber auch unverbraucht und neu wirkt, weshalb es umso erfreulicher ist, dass sich der Autor zumindest die Option offenhält, zu einem späteren Zeitpunkt zu Roen Tan und dessen (ehemaligem) Quasing Tao zurückzukehren.

8.0/10
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Weitere Details zum Buch und dem Autor findet ihr auf der Seite von FISCHER Tor.

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Die Wiedergeburten des Tao ist am 23.02.17 bei FISCHER Tor erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über den folgenden Link und unterstützt damit das Medienjournal!

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