Review: Ich schweige für dich (Serie)

Diesmal wieder erfreulich aktuell bei der Sache, habe ich mich einmal mehr einer Miniserie auf Basis eines Buches von Harlan Coben gewidmet, auch wenn man das diesmal bei der deutschen Fassung beinahe aktiv zu verschleiern versucht.

Ich schweige für dich

The Stranger, UK 2020, ca. 46 Min. je Folge

Ich schweige für dich | © Netflix
© Netflix

Serienschöpfer:
Harlan Coben
Ausführende Produzenten:
Danny Brocklehurst
Harlan Coben
Richard Fee
Nicola Shindler

Main-Cast:

Richard Armitage (Adam Price)
Siobhan Finneran (Johanna Griffin)
Jennifer Saunders (Heidi Doyle)
Shaun Dooley (Doug Tripp)
Paul Kaye (Patrick Katz)
Dervla Kirwan (Corrine Price)
Kadiff Kirwan (DC Wesley Ross)
Jacob Dudman (Thomas Price)
Ella-Rae Smith (Daisy Hoy)
Brandon Fellows (Mike Tripp)
Misha Handley (Ryan Price)
Anthony Stewart Head (Ed Price)
Hannah John-Kamen (The Stranger)
Stephen Rea (Martin Killane)

Genre:
Mystery | Thriller

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Ich schweige für dich | © Netflix
© Netflix

Familie Price führt gleichermaßen Bilderbuch-Ehe als auch Vorzeige-Vorstadt-Leben, doch dann sucht eine junge Frau Kontakt zu Anwalt Adam Price und eröffnet ihm schier Unglaubliches, was seine Frau betrifft, denn die soll – während ihre Ehe vor zwei Jahren in einer Krise steckte – eine Schwangerschaft vorgetäuscht haben, um Adam zum Bleiben zu bewegen. Schlussendlich stellt Adam seine Frau Corinne ob dieser Offenbarungen zur Rede, doch anstatt sich zu erklären, verschwindet sie am gleichen Abend spurlos. Doch die fremde junge Frau macht mitnichten nur Adam ihre Aufwartung und so wird bald auch die beste Freundin der Polizistin Johanna Griffin erpresst, während die gerade im Fall eines ins Koma gefallenen Jungen ermittelt, der auf einer Party war, auf der auch Adams Sohn Thomas und dessen Freunde Mike und Daisy gewesen sind. Als wäre dem nicht genug, vertritt Adam aber auch den verzweifelten Martin, der von einer Baugesellschaft aus seinem Haus gedrängt werden soll, um Platz für eine Neubausiedlung zu schaffen…

Rezension:

Und wieder einmal hat mich eine Netflix-Serie zum Binge-Watching verleitet, weshalb ich heute in der glücklichen Lage bin, euch von der britischen Miniserie zu berichten, die einmal mehr auf einer Buch-Vorlage des Thriller-Autoren Harlan Coben fußt. Dabei muss ich zugeben, über das Twitter-Profil von Anthony Head (Buffy) auf The Stranger gestoßen zu sein, denn ansonsten wäre ich beim typischen Durchblättern und –scrollen des Netflix-Angebotes wohl kaum bei der hierzulande als Ich schweige für dich betitelten Serie hängen geblieben. Nun kann ich es natürlich nachvollziehen, dass man eine Buch-Adaption bestmöglich unter dem Titel vertreibt, den auch das Buch in der jeweiligen Übersetzung trug, doch wirkt "Harlan Coben’s The Stranger" eben deutlich interessanter und lässt vor allem an die ebenfalls von Netflix produzierte Miniserie Safe denken, die mit Michael C. Hall in der Hauptrolle ebenfalls zu überzeugen wusste. Hier nun liegt der Fall ganz ähnlich, nur dass diesmal Richard Armitage (Der Hobbit) den besorgten Familienvater geben darf, während sich Stück für Stück die Vorstadtkulisse abschält, um teils schockierende Geheimnisse und Abgründe offenzulegen, die hinter der gutbürgerlichen Fassade lauern.

Szenenbild aus Ich schweige für dich | © Netflix
© Netflix

Dergestalt weiß man als Zuschauer also schnell, was einen erwartet und ich kann auch nicht behaupten, dass nicht einiges von dem Gezeigten und Geschilderten wieder reichlich konstruiert und überzogen wirkt, doch dramatische Überspitzung wird bei Coben eben groß geschrieben und so verhält es sich dann logischerweise auch bei Ich schweige für dich. Trotzdem aber weiß der Anstrich eines Mystery-Thrillers vom ersten Moment an zu gefallen und überzeugt mit zahlreichen Handlungssträngen, die sich zunächst parallel zueinander entwickeln, bevor sie etwa ab der zweiten Hälfte zunehmend zusammenzulaufen beginnen. So steht im Fokus zwar die verzweifelte Suche seitens Adam nach seiner Frau, doch auch ein geköpftes Alpaka, ein skrupelloser Baumagnat, ein Fall vom Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom und eine persönlich involvierte und entsprechend aufgewühlte Polizistin spielen eine durchaus tragende Rolle. Ansonsten ist das vorrangig verbindende Element natürlich die im Original namensgebende The Stranger, die von Hannah John-Kamen (Ant-Man and the Wasp) verkörpert wird und zunächst gegenüber Adam, im weiteren Verlauf noch diversen anderen Personen Geheimnisse eröffnet, die ihr Leben nachhaltig erschüttern oder sie persönlich unter Druck setzen werden.

Das Motiv hierfür bleibt lange Zeit gewollt unklar und stellt tatsächlich auch einen der wenigen echten Schwachpunkte der Story dar, denn die schlussendliche Auflösung ist mitnichten befriedigend, geschweige denn im Detail nachvollziehbar, aber das fällt wieder unter die willentliche Aussetzung der Ungläubigkeit, was im Grunde für die gesamte Serie Ich schweige für dich gilt. Denn was sich hier alles an Abgründen in der Vorstadtsiedlung verbirgt, wer hier alles welche Leichen auch immer – im wortwörtlichen wie übertragenen Sinne – im Keller hat, muss man auch erst einmal schlucken. Dabei zu helfen, dies hinzunehmen, vermögen derweil zahlreiche fähige DarstellerInnen, angefangen mit Shaun Dooley (The Witcher) als Adams Nachbar Doug oder Siobhan Finneran als ermittelnde Johanna Griffin und nicht zuletzt Stephen Rea (Utopia), auch wenn sein Part zunächst recht generisch ausfällt, da er den technikversierten Ermittlungshelfer für Adam geben darf. Besonders begeistert hat mich derweil Paul Kaye (Anna und die Apokalypse) als ebenfalls bei der Polizei beschäftigter Patrick Katz, dessen Rolle und Motive erst langsam offenbar werden, derweil ich mich persönlich sehr über ein Wiedersehen mit Ella-Rae Smith gefreut habe, die nach Into the Badlands eine weitere interessante Rolle ergattern konnte. Damit habe ich zwar noch längst nicht einmal alle tragenden oder relevanten Figuren erwähnt, doch funktioniert die Adaption ohnehin am besten, wenn man sich relativ vorbehaltlos dem Konstrukt nähert, dass Harlan Coben in seinem 2015 erschienenen Thriller geschaffen hat.

Szenenbild aus Ich schweige für dich | © Netflix
© Netflix

Adaptiert wurden die einzelnen Episoden zwar von einer ganzen Handvoll Leute, doch wirkt alles überzeugend aus einem Guss, derweil es insbesondere die letzten zwei Folgen sind, welche die Fäden miteinander verbinden und zu einem weitestgehend befriedigenden Ende bringen, das vor allem nicht der Versuchung erliegt, alles in ein strahlendes Happy-End münden zu lassen, derweil zuvor vorrangig immer neue Rätsel und Mysterien aufeinandergetürmt werden, die derweil auch mit dem einen oder anderen überraschenden Cliffhanger aufzuwarten wissen. Wer nun schon einmal ein Buch von Harlan Coben zur Hand genommen oder eine der anderen Adaptionen – The Five wäre hier beispielsweise noch zu nennen – gesehen hat, dürfte meines Erachtens relativ genau wissen, was ihn erwartet, wobei man insbesondere bei einer in sich abgeschlossenen Miniserie durchaus den Sprung ins kalte Wasser wagen kann, denn man wird schnell merken, ob einem diese zwar durchaus konstruiert wirkende, aber eben auch ungemein dicht inszenierte Form eines Thrillers persönlich zusagt. Ich für meinen Teil fand The Stranger noch eine Spur überzeugender als Safe und konnte bereitwillig über die eine oder andere Ungereimtheit hinwegsehen, die bei einem dergestalt vielgleisig fahrenden Plot wohl auch kaum zu vermeiden ist.

Fazit & Wertung:

Die auf Basis des gleichnamigen Mystery-Thrillers von Harlan Coben basierende Miniserie Ich schweige für dich weiß dank fähigem Ensemble und gelungener Inszenierung beinahe durchweg zu überzeugen, auch wenn der vielschichtige Plot aus der Natur der Sache heraus oft über die Maßen konstruiert wirkt und mitnichten jedes Detail der Story abschließend aufgeklärt und beleuchtet wird. Für Freunde des Genres allerdings ohne Frage lohnende Unterhaltung mit nur kleineren dramaturgischen Schlaglöchern, die sich verkraften lassen.

7,5 von 10 Nachbarn mit abgründigen Geheimnissen

Ich schweige für dich

  • Nachbarn mit abgründigen Geheimnissen - 7.5/10
    7.5/10

Fazit & Wertung:

Die auf Basis des gleichnamigen Mystery-Thrillers von Harlan Coben basierende Miniserie Ich schweige für dich weiß dank fähigem Ensemble und gelungener Inszenierung beinahe durchweg zu überzeugen, auch wenn der vielschichtige Plot aus der Natur der Sache heraus oft über die Maßen konstruiert wirkt und mitnichten jedes Detail der Story abschließend aufgeklärt und beleuchtet wird. Für Freunde des Genres allerdings ohne Frage lohnende Unterhaltung mit nur kleineren dramaturgischen Schlaglöchern, die sich verkraften lassen.

7.5/10
Leser-Wertung 6.1/10 (20 Stimmen)
Sende

Episodenübersicht:

01. Folge 1 (7,5/10)
02. Folge 2 (7,5/10)
03. Folge 3 (7,5/10)
04. Folge 4 (7,5/10)
05. Folge 5 (8/10)
06. Folge 6 (7,5/10)
07. Folge 7 (8/10)
08. Folge 8 (8/10)

 
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Ich schweige für dich ist seit dem 30.01.2020 exklusiv bei Netflix verfügbar.

vgw

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