Review: Ophelia (Film)

Und auch diese Woche starte ich freilich dienstags wieder mit der ersten Film-Rezension, derweil der heutige Film ursprünglich auch bei uns in den Kinos hätte starten sollen, aufgrund der Pandemie aber stattdessen direkt im Heimkino aufgeschlagen ist.

Ophelia

Ophelia, USA/UK 2018, 114 Min.

Ophelia | © Koch Media
© Koch Media

Regisseurin:
Claire McCarthy
Autoren:
Semi Chellas (Drehbuch)
Lisa Klein (Buch-Vorlage)
William Shakespeare (Stück)

Main-Cast:
Daisy Ridley (Ophelia)
Naomi Watts (Gertrude / Mechtild)
Clive Owen (Claudius)
in weiteren Rollen:
George MacKay (Hamlet)
Tom Felton (Laertes)
Devon Terrell (Horatio)

Genre:
Drama | Historie | Romantik | Thriller

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Ophelia | © Koch Media
© Koch Media

Etwas ist faul im Staate Dänemark, das merkt auch die junge und unbescholtene Ophelia, deren Glück es ist, von Königin Gertrude in Obhut genommen zu werden, woraufhin sie als Zofe am Hofe heranwächst. Währenddessen beobachtet sie als enge Vertraute der Regentin so manchen Machtkampf und allerhand Intrigen. So ist sie auch eine der wenigen, die von der heimlichen Affäre der Königin mit ihrem Schwager Claudius weiß, während Ophelia selbst sich alsbald in den Kronprinzen Hamlet verguckt, auch wenn der Standesunterschied eine Beziehung schier unmöglich macht. Als dann auch noch Hamlets Vater unerwartet verstirbt und Königin Gertrude sich anschickt, Claudius zu ehelichen, wird es für Hamlet und Ophelia schier unmöglich, ihre Liebschaft geheim und aufrecht zu erhalten. Erschwert wird das noch dadurch, dass Hamlet mitnichten akzeptieren kann, dass nun der verhasste Claudius den Platz auf dem Thron einnehmen soll. Eine Eskalation der Situation scheint unausweichlich und Ophelia gerät zunehmend in Gefahr…

Rezension:

Ob man sich nun theateraffin schimpft oder nicht, von Shakespeares Hamlet dürfte man beizeiten einmal gehört haben und so kann man sich durchaus trauen, diesmal der namensgebenden Ophelia die Bühne zu überlassen und das Stück auf eine neue Weise zu interpretieren, wofür in diesem Fall wiederum das Buch von Lisa Klein Pate gestanden hat, das hierzulande unter dem Titel Ich, Ophelia firmiert. Hier wie dort ist der Titel Programm und so fokussiert die Story nicht nur auf Ophelia, sondern wird gleich ganz aus dessen Sicht geschildert, hier ausgehend von der berühmtesten Szene mit ihr, vermeintlich ertrunken im Fluss dahintreibend, während sie sich via Off-Kommentar an den Zuschauer richtet. Es folgen eine Zusammenfassung ihrer bewegten, aber auch wenig überraschenden Jugend, ihre Zeit am Hofe und die langsame Annäherung zu der ambivalenten Königin Gertrude, die hier ebenfalls weitaus mehr Profil bekommt, als es in den männerdominierten Stücken eines Shakespeare seinerzeit der Fall gewesen ist.

Szenenbild aus Ophelia | © Koch Media
© Koch Media

Ohne ins Detail gehen zu wollen – allein die deutsche Wikipedia listet die Unterschiede zur Vorlage schön auf – differiert Ophelia zum weltweit bekannten Stück teils nur in Nuancen, teils erheblich, bleibt aber auf alle Fälle dem allgemeinen Tenor aus Wahnsinn und Verrat, Lügen und Lieben, Tragik und Dramatik verhaftet, auch wenn alles vergleichsweise beschaulich und wenig spektakulär beginnen mag. Dabei punktet der Film natürlich nicht nur mit gelungener Kameraführung und allgemeiner Inszenierung, sondern auch hinsichtlich der opulenten Kostüme und Kulissen, die den dänischen Königshof in Glanz erstrahlen lassen, während die Tragödie ihren Lauf nimmt. Mitunter prägendste und auffälligste Veränderung dürfte aber sein, dass es hier keine Geister und deren Einflüsterungen gibt. Interessant aber auch, dass das Konzept des Wahnsinns mit deutlich mehr Methode und teils auch Vorsatz behandelt wird. Nicht zuletzt aber lebt im nahegelegenen Wald eine mysteriöse Kräuterkundige, die auffällige Ähnlichkeit zur herrschenden Gertrude besitzt und folglich ebenfalls von einer gewohnt souverän wie charismatisch aufspielenden Naomi Watts (The Book of Henry) verkörpert wird.

Während Watts also gleich in einer Doppelrolle zu brillieren vermag, ruht dafür die Last des Films als solchem ganz auf den Schultern der durch Star Wars berühmt gewordenen Daisy Ridley, die eben als Erzählerin und Protagonistin durch den Film führt. Als Antagonist überzeugt derweil Clive Owen (The Informer), der mittlerweile regelrecht auf die Rolle des Bösewichts abonniert zu sein scheint, während der längst nicht mehr so unbekannte George MacKay (Das Geheimnis von Marrowbone) den berühmten Hamlet verkörpern darf und mit seinem elektrisierenden bis manischen Spiel dafür sorgt, dass man es zeitweise bedauert, dass der Fokus nun eben doch nicht auf ihm, sondern der feinsinnig beobachtenden Ophelia liegt. Das allerdings ist auch eines der wenigen echten Probleme des Films, denn allzu oft ist Ophelia eben nur Zeugin und Beobachterin, während sich einiges an spannenden Szenen und Elementen auch nur im Off abspielt.

Szenenbild aus Ophelia | © Koch Media
© Koch Media

Natürlich spielen hier die Frauen – eben ganz anders als zu Zeiten Shakespeares – eine deutlich tragendere, gewichtigere Rolle, doch ändert das erst einmal nichts an den patriarchalischen Strukturen und dem Umstand, dass eben die Männer das Sagen haben, wie man auch sehr schön daran sieht, wie sich Claudius in seiner neuen Rolle als König aufzuspielen beginnt, während Gertrude sich merklich im Hintergrund hält. Zwar gedenken Regisseurin Claire McCarthy – und mit ihr gemeinsam Drehbuchautorin Semi Chellas sowie Buchautorin Lisa Klein – auch diesen Part der Handlung aufzubrechen, doch erfolgt der finale – und bewusst überzogen inszenierte – Befreiungsschlag, der in starkem Kontrast zu dem zuvor Gezeigten steht, eben erst ganz zuletzt und bis dahin hat Ophelia eben auch ab und an mit leichten Längen zu kämpfen, wenn man sich in den schwelgerischen Landschaftsbildern oder dem von Tagträumereien gekennzeichneten Gesicht der Protagonistin zu verlieren droht. Dessen ungeachtet liefert diese Neuinterpretation aber einen durchaus spannenden und unverbrauchten Blick auf eine weithin bekannte Geschichte, auch wenn man sich darüber streiten können mag, ob die auffälligeren Änderungen wie etwa die "Waldhexe" Mechthild wirklich notgetan haben, um der Geschichte von Ophelia diesen neuen Anstrich verpassen zu können.

Fazit & Wertung:

Mit Ophelia schafft Claire McCarthy eine opulent bebilderte und spannend geschilderte Neuinterpretation des bekannten Shakespeare-Stückes Hamlet, nur dass diese eben stattdessen auf eine vermeintliche Nebenfigur fokussiert und damit die Geschehnisse – manchmal mit handlungsrelevanten Anpassungen – in ein neues Licht rückt. Nicht frei von Mängeln und kleinen Längen, handelt es sich aber durchaus um ein ambitioniertes und sehenswertes Werk.

7 von 10 Intrigen und Geheimnissen am Königshof

Ophelia

  • Intrigen und Geheimnisse am Königshof - 7/10
    7/10

Fazit & Wertung:

Mit Ophelia schafft Claire McCarthy eine opulent bebilderte und spannend geschilderte Neuinterpretation des bekannten Shakespeare-Stückes Hamlet, nur dass diese eben stattdessen auf eine vermeintliche Nebenfigur fokussiert und damit die Geschehnisse – manchmal mit handlungsrelevanten Anpassungen – in ein neues Licht rückt. Nicht frei von Mängeln und kleinen Längen, handelt es sich aber durchaus um ein ambitioniertes und sehenswertes Werk.

7.0/10
Leser-Wertung 5.5/10 (2 Stimmen)
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Ophelia ist am 30.04.2020 auf DVD und Blu-ray bei Koch Media erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

DVD:

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vgw

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