Heute beehre ich euch dann auch mal wieder mit einem richtigen Buch und der passenden Review dazu, denn just heute Morgen konnte ich meine aktuelle Lektüre beenden, wenn das auch nun zur Folge hatte, dass ich auf dem Heimweg von der Arbeit nichts zu lesen im Gepäck hatte. Wird man aber verschmerzen können, ich will ja so kurz vor Weihnachten nicht noch kleinlich werden.
Winterblut
Die Sigurd-Saga 2
Rise of Sigurd: Winter’s Fire, UK 2016, 448 Seiten
© Heyne
Giles Kristian
Wolfgang Thon
Heyne
978-3-453-43825-5
Historie | Action | Abenteuer
Inhalt:
Sie hätten erst am nächsten Morgen aufbrechen können, aber Asgot hatte frischen Schnee in der Luft gerochen oder ihn vielleicht in seinen Runen gesehen. Sigurd wollte nicht riskieren, dass Neuschnee die Spuren verdeckte. Außerdem war ihm jeder Vorwand recht, aus Hakon Brenners Halle herauszukommen.
Norwegen, Anno Domini 785: Nachdem Sigurd Haraldarson den Verräter Jarl Randver bereits zur Strecke gebracht hat, um den Tod seines Vaters Harald und den Untergang von Skudeneshavn zu rächen, scheint für viele der Beteiligten außerfrage zu stehen, dass Sigurd in Odins Gunst stehen muss, doch dessen ungeachtet trachtet ihm König Gorm noch immer nach dem Leben, wobei dieses Verlangen auf Gegenseitigkeit beruht. Als Gorm einen Gesandten zu Hakon Brenners Halle schickt, in der Sigurd sich mit seinen getreuen Kriegern den Winter über verbarrikadiert hat, antwortet Sigurd ihm recht unmissverständlich, wobei ihm kurz darauf klar wird, dass er bedeutend mehr Krieger, Waffen und Silber benötigen wird, wenn er Gorm die Stirn bitten möchte, woraufhin die Reijnen sich in Richtung Schweden aufmacht, um dort Ruhm und Reichtum zu erstreiten…
Rezension:
Ziemlich genau ein Jahr nach der deutschen Veröffentlichung von Götter der Rache findet nun auch hierzulande die Sigurd-Saga mit Winterblut ihre Fortsetzung und die hat es in sich, zumindest, wenn man sich bereits für den ersten Teil der Reihe begeistern konnte, denn in Anbetracht dessen, dass es nun einmal eben um raue Wikinger geht, ist die Sprache doch oft sehr derb und das Kampfgeschehen recht blutig geschildert, wobei das meinem persönlichen Empfinden nach das Flair ungemein verstärkt, einhergehend damit, dass Autor Giles Kristian sich auch hier wieder zahlreicher Begriffe aus ebenjener Zeit bedient und der Glaube an die nordischen Götter – insbesondere der Umstand, dass Sigurd in der Gunst Odins selbst zu stehen scheint – eine nicht unbeträchtliche Rolle spielt, derweil es Kristian erneut gelingt, auf dem schmalen Grat zu wandern, einerseits ein Gefühl der Magie heraufzubeschwören und andererseits nicht ins Fantasy-Genre abzudriften.
»Wohin willst du?« Sigurd fühlte sich allmählich genauso unbehaglich wie ein Mann, dessen Hose von Flöhen wimmelte.
»Du weißt wohin, junger Sigurd.« Ihr Gesicht lag zwar immer noch im Schatten, aber die Augen darin schimmerten wie scharfes Eisen.
»Wir sind hergekommen, um zu jagen, Weib«, sagte Olaf. »Nicht um herumzustehen und uns die Eier abzufrieren, während wir mit irgendeiner Seiðrhexe Rätsel raten und allmählich bedauern, dass wir einem Wolf seine Mahlzeit gestohlen haben.«
Idealerweise – aber das sollte gar nicht gesondert erwähnt werden müssen – sollte man natürlich den ersten Band der Saga gelesen haben, um an Winterblut seine Freude zu haben, weshalb es mir auch unverständlich ist, wieso man nicht spätestens mit diesem Buch damit begonnen hat, bereits auf dem Cover darauf hinzuweisen, dass es sich um den Teil einer Reihe handelt. Immerhin bekommt man auf den ersten paar Dutzend Seiten eine zumindest rudimentäre Zusammenfassung der Ereignisse in Form von Erinnerungen geboten, was aber leider auch dazu führt, dass die Geschichte ein wenig benötigt, um wirklich in Fahrt zu kommen, denn während Sigurd und seine Männer zunächst ein wenig auf der Stelle zu treten scheinen, wechselt das Geschehen kurzzeitig auch zu König Gorms Halle, der Haraldarson aus nur zu verständlichen Gründen nach dem Leben trachtet, was einen interessanten Subplot um einen Auftrags-Attentäter eröffnet, wobei ich nicht ganz sicher bin, ob mir gefallen hat, wie dieser Handlungsfaden schlussendlich aufgelöst wird.
Dessen ungeachtet erweitert Giles Kristian seine "Welt" um einige interessante Figuren und Orte und selbst der etwas dürftig geratene Einstieg in die Geschichte offenbart gegen Ende noch weitere Bewandtnis, was das Werk in seiner Gesamtheit schlussendlich doch sehr stimmig und durchdacht wirken lässt. Nichtsdestotrotz kommt Winterblut qualitativ nicht ganz an seinen Vorgänger heran, doch ist es eben auch eine undankbare Aufgabe, zweiter Teil einer (bis dato) auf drei Bände angelegten Rehe zu sein, denn eine Katharsis oder eine Konklusion bleibt den Figuren natürlich verwehrt und einiges bleibt hier ganz allgemein in der Schwebe, während neue Gefahren bereits ihre Schatten zu werfen beginnen. In dem Zusammenhang wirkte tatsächlich Götter der Rache in sich weitaus (ab)geschlossener und hätte auch ohne Fortsetzung funktioniert, derweil man hier nun beinahe zwingend auf den dritten Teil angewiesen ist, da Sigurd seinem Streben, blutige Rache an dem Eidbrecher-König Gorm zu nehmen, kaum einen Schritt nähergekommen ist.
»Es ist keine Kleinigkeit, einen Mann zum Feind zu haben, der in Óðins Gunst steht«, erklärte König Gorm. Keiner seiner Männer mochte ihm da widersprechen. Er tippte mit dem Finger an seine Schläfe, wo eine dicke Ader sichtbar pochte. »Es nagt in meinem Hirnkasten wie Nidhøgg an den Wurzeln von Yggdrasil, dass das, was wir Jarl Harald angetan haben, die Herren von Asgard gegen uns eingenommen hat. Dass ich meinen eigenen Wyrd vergiftet habe, mit diesem …« Er biss sich lieber auf die Lippe, statt das Wort Verrat auszusprechen, obwohl jeder Mann hier in der Halle wusste, was er hatte sagen wollen.
Das aber wie gesagt sind Abstriche, die man bei einem zweiten Teil eben einfach machen muss und ich persönlich freue mich schon sehr auf ein Wiedersehen mit Sigurd, Runa, Valgerd, Olaf, Floki und den anderen Wikingern, die – so stereotyp viele von ihnen auch agieren mögen – einem doch spürbar ans Herz wachsen, während es Kristian meinem Empfinden nach vortrefflich gelingt, die damalige Zeit vor dem inneren Auge lebendig werden zu lassen und auch historischen Sachverstand beweist, was die Bewaffnung und Ausrüstung, vor allem aber die Schiffe der brandschatzenden Grobiane betrifft, ohne dabei in einen belehrenden oder dozierenden Ton zu verfallen, was Winterblut in seiner Gänze zu einem höchst kurzweiligen und temporeichen Vergnügen macht, wenn man einmal die ersten paar Dutzend Seiten hinter sich gebracht hat, die anscheinend gebraucht werden, um für die sich anschließenden Geschehnisse die Weichen zu stellen.
Winterblut
-
Anbetungen nordischer Gottheiten - 7.5/10
7.5/10
Fazit & Wertung:
Mit Winterblut schildert Giles Kristian ein weiteres, nicht minder überzeugendes Kapitel aus dem Rachefeldzug Sigurd Haraldarsons gegen König Gorm, wobei die Geschichte diesmal vergleichsweise offen endet und der Einstieg etwas temporeicher hätte ausfallen können, doch wem der erste Band der Sigurd-Saga bereits gefallen hat, dem sollten auch mit dieser Fortsetzung kurzweilige Stunden garantiert sein.
Weitere Details zum Buch und dem Autor findet ihr auf der Seite von Heyne. Dort findet sich übrigens auch eine Leseprobe.
– – –
Winterblut ist am 14.11.16 bei Heyne als Taschenbuch erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über den Link und unterstützt damit das Medienjournal!