Review: Das Ritual von London | Benedict Jacka (Buch)

Kaum vier Monate draußen, schon komme ich dazu, den zweiten Band um Alex Verus zu rezensieren, bevor in wiederum zwei Monaten bereits der dritte Teil erscheinen wird. Von der Illusion, mit allem immer zeitnah hinterher zu kommen, habe ich mich ja aber zum Glück schon vor Jahren verabschiedet. Und jetzt viel Spaß mit dem nachfolgenden Artikel!

Das Ritual von London
Alex Verus 2

Cursed (Alex Verus 2), UK 2012, 384 Seiten

Das Ritual von London von Benedict Jacka | © Blanvalet
© Blanvalet

Autor:
Benedict Jacka
Übersetzerin:
Michelle Gyo

Verlag (D):
Blanvalet
ISBN:
978-3-734-16169-8

Genre:
Fantasy | Abenteuer

 

Inhalt:

Garrick hob eine Augenbraue und musterte mich von oben bis unten. Ich trug eine Armeehose, schwarze Turnschuhe, einen Gürtel, an dem ein paar Dinge befestigt waren, und eine leichte Fleece-Weste. Im Vergleich zu Garrick, der einem Militärthriller entsprungen zu sein schien, sah ich aus wie ein Amateur beim Zelten.

Einige Monate sind vergangen seit Alex Verus‘ letztem Abenteuer, bei dem er nicht nur die mit einem Glücksfluch belastete Luna kennengelernt, sondern es sich auch mit zahlreichen Mitgliedern der magischen Gemeinde verscherzt hat. Doch obwohl man meinen könnte, dass zumindest so mancher Schwarzmagier auf Rache sinnen würde, ist es verhältnismäßig ruhig im Emporium Arcana, Alex‘ Magierladen in London. Das ändert sich, als Luna ihren neuen Freund Martin präsentiert, der prompt von einer magischen Affenpfote in Alex‘ Laden erwählt wird, die ihm fünf Wünsche gewährt, was gehörigen Ärger verspricht. Darüber hinaus aber erfährt, Alex, dass anscheinend jemand magischen Kreaturen wie seiner Freundin Arachne die Kräfte zu entziehen versucht, wobei diese sterben. Noch ehe er dem aber auf den Grund gehen kann, kommt es zu einer Reihe von Anschlägen auf sein Leben, denen er nur dank seiner ausgeprägten Divinationsmagie, die ihn unterschiedlichste Zukünfte zeigt und folglich auch vor Gefahren warnt, entgehen kann…

Rezension:

Gerade einmal zehn Monate hat es gedauert, dass Blanvalet mit Das Ritual von London den zweiten Teil der Alex-Verus-Reihe nachgeschoben hat, von der mittlerweile im Original bereits neun – bald zehn – Bände existieren und die mich auch diesmal wieder wunderbar zu unterhalten gewusst hat. Das liegt zu ganz großen Teilen aber natürlich an Protagonist und Ich-Erzähler Alex Verus, der früher einmal zum Schwarzmagier ausgebildet werden sollte, bis er nicht nur seinem Meister, sondern gleich der Gemeinde der Magier an sich den Rücken gekehrt und seinen Laden eröffnet hat. Der nämlich ist weder der strahlende Held noch der wagemutige Kampfmagier, wie man ihn sich erwarten würde, sondern zeichnet sich durch List und Tücke, allerhand trockene bis sarkastische Sprüche und vor allem seine einzigartige – beziehungsweise in Magierkreisen seltene – Divinationsmagie aus. Diese insbesondere verleiht den Geschehnissen oft einen speziellen Kniff, da Alex mittels peripherem Blick in die Zukunft nicht nur Angriffe und Gefahren vorausahnen, beziehungsweise sehen kann, sondern ihm auch beim Auskundschaften und Orientieren, ja selbst Schlösser knacken hilft, da er jedwede Möglichkeit oder Abzweigung bereits im Kopf durchzuspielen versteht.

Die meisten Menschen würden zugeben, dass es gruselig ist. Doch nicht viele würden zugeben, warum. Tief drinnen, verborgen in ihrem Geist, wissen sie, dass sie bei Nacht dunkle Wälder nicht wegen anderer Menschen meiden. Sondern weil sie sich vor anderen Dingen fürchten.
Und es hilft nicht, dass sie damit vollkommen richtigliegen.

Damit hätten wir nicht nur das Alleinstellungsmerkmal der Serie schlechthin – das Autor Benedict Jacka zudem ein ums andere Mal eindrucksvoll zu nutzen und vor allem zu schildern weiß – sondern auch den Grund, warum sich immer wieder Magier dazu entschließen, Verus‘ Dienste in Anspruch zu nehmen, obwohl er doch kein offizielles Mitglied der Magiergemeinde ist und in vielerlei Hinsicht als Paria gelten kann. Dabei beginnt Das Ritual von London vergleichsweise unspektakulär und im Grunde wird das erste Kapitel hauptsächlich dazu benutzt, um erneut mit den Eckdaten der Erzählung vertraut zu machen, an Alex‘ Kräfte und seinen Lehrling Luna zu erinnern, zumindest fragmentarisch die vorherigen Ereignisse Revue passieren zu lassen und ganz allgemein wieder auf diese spannend wie einfallsreich skizzierte Urban-Fantasy-Welt im heutigen London einzustimmen. Nach dieser Art Prolog allerdings nimmt die Geschichte schnell an Fahrt auf und während ich mich noch fragte, in welche Richtung die Geschichte sich diesmal wohl bewegen würde, befand ich mich schon mittendrin und diesmal hat Alex an gleich mehreren Fronten gehörig zu tun.

So macht ihm nicht nur Lunas neuer Freund Martin zu schaffen – zumal seine Abneigung ihm gegenüber natürlich auch zu einem angespannten Verhältnis zwischen Alex und Luna führt – sondern möchte auch dem Rätsel auf den Grund gehen, wer sich möglicherweise an magischen Kreaturen jedweder Art zu vergehen gedenkt, um seine magischen Kräfte zu steigern, wozu er allerdings kaum kommt, denn da begegnet ihm eines Abends die verängstigte Meredith, die von einem magischen wie unerbittlichen Konstrukt verfolgt wird und der zu helfen er sich nicht zweimal bitten lässt. Es geht also drunter und drüber in Alex‘ Leben, doch hat Jacka die dramaturgischen Zügel fest in der Hand und weiß ziemlich genau, wohin die Reise führen soll, ohne dass es über die Maßen konstruiert wirken würde. Dabei betreibt er weniger Charakterentwicklung, als dass er die bestehenden Beziehungen vertieft und insbesondere das Wesen von Verus‘ nicht gerade einhellig guter Figur wird zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal schön ausgelotet, denn anders als viele andere "Helden" hat er weit weniger Skrupel, wenn seine Widersacher bei seinen Abwehrmaßnahmen zu Tode kommen, was man jetzt zwar moralisch verurteilen kann, die Figur aber noch weitaus interessanter macht, zumal es ausgerechnet des Schwarzmagiers Cinder bedarf, um ihn auf diesen Umstand hinzuweisen.

Zum ersten Mal fragte ich mich, wie lange genau magische Kreaturen noch weiter existieren würden. So weit die Geschichte der Magier zurückreichte, waren sie immer da gewesen, doch seit langer Zeit nahm ihre Zahl ab, hauptsächlich wegen Feldzügen wie denen, auf dem ich heute gewesen war. Für gewöhnlich haben die Magier es nur auf gefährliche Kreaturen abgesehen … doch nicht immer, und der Begriff »gefährlich« ist ziemlich subjektiv.

Überhaupt steckt Das Ritual von London zuweilen voller alter Bekannter, was ich sehr schätze, wenn es um eine Reihe geht, denn anstatt immer nur analog zum Fall der Woche eine in sich geschlossene Geschichte zu erzählen, macht Jacka jetzt schon Andeutungen, dies anders handhaben zu wollen. Denn auch wenn Das Labyrinth von London nun nicht unbedingt explizite Auswirkungen auf diesen zweiten Fall hat, entwickelt sich die Welt eben merklich und neben Arachne und Cinder tauchen noch so einige Gestalten erneut im Wirkungskreis des Divinationsmagiers auf. Und der weiß sich auch hier wieder mit Einfallsreichtum und magischen Hilfsmitteln aus so mancher Situation zu winden, macht ausgiebig Gebrauch von seinen ungebrochen faszinierenden Kräften und punktet vor allem als glaubwürdiger wie sympathischer Erzähler, der eben gerade dadurch gewinnt, dass er nicht frei von Fehlern und Schwächen ist, sondern letztlich auch nur versucht, sich und seine Liebsten – die ohnehin spärlich gesät sind – zu schützen. Und so hat es auch sein Gutes, dass ich diesmal mit der Lektüre so vergleichsweise spät dran gewesen bin, denn bereits im Oktober erscheint mit Der Magier von London der dritte Band der Reihe, die hoffentlich auch darüber hinaus hierzulande so zeitnah und überzeugend fortgeführt werden wird.

Fazit & Wertung:

Mit Das Ritual von London legt Benedict Jacka einen rundherum gelungenen zweiten Teil seiner Alex-Verus-Reihe vor und entführt einmal mehr in ein magisches London, das zwar vor Gefahren und Geheimnissen nur so wimmelt, mit dem Divinationsmagier Alex aber auch über einen vielschichtigen wie schlagfertigen Protagonisten verfügt, auf dessen weitere Abenteuer ich mich jetzt schon freue.

8 von 10 mehr oder minder wahrscheinlichen Zukunftssträngen

Das Ritual von London

  • Mehr oder minder wahrscheinliche Zukunftsstränge - 8/10
    8/10

Fazit & Wertung:

Mit Das Ritual von London legt Benedict Jacka einen rundherum gelungenen zweiten Teil seiner Alex-Verus-Reihe vor und entführt einmal mehr in ein magisches London, das zwar vor Gefahren und Geheimnissen nur so wimmelt, mit dem Divinationsmagier Alex aber auch über einen vielschichtigen wie schlagfertigen Protagonisten verfügt, auf dessen weitere Abenteuer ich mich jetzt schon freue.

8.0/10
Leser-Wertung 8/10 (1 Stimmen)
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Weitere Details zum Buch und dem Autor findet ihr auf der Seite von Blanvalet. Dort findet sich übrigens auch eine Leseprobe.

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Das Ritual von London ist am 15.04.19 im Blanvalet Verlag erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über den nachfolgenden Link und unterstützt damit das Medienjournal!

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