Viel zu lange habe ich ohne diese großartige Serie gelebt, deren zweite Staffel ich mir nun immerhin auch endlich angesehen hätte. Und auch wenn das für Komödien ungewöhnlich sein mag, möchte ich doch hinsichtlich der nachfolgenden Inhaltsangabe eine Spoilerwarnung aussprechen, falls ihr die erste Staffel noch nicht kennen solltet, derweil sich die eigentliche Rezension in Schweigen hüllt, was zuvor passiert ist und wie es weitergeht, demnach als spoilerfrei betrachtet werden darf.
The Good Place
Staffel 2
The Good Place, USA 2016-2020, ca 21 Min. je Folge
© NBC
Michael Schur
Michael Schur
David Miner
Morgan Sackett
Drew Goddard
Kristen Bell (Eleanor Shellstrop)
William Jackson Harper (Chidi Anagonye)
Jameela Jamil (Tahani Al-Jamil)
D’Arcy Carden (Janet)
Manny Jacinto (Jason Mendoza)
Ted Danson (Michael)
Maya Rudolph (Judge)
Marc Evan Jackson (Shawn)
Tiya Sircar (Vicky)
Jason Mantzoukas (Derek Hofstetler)
Maribeth Monroe (Mindy St. Claire)
Fantasy | Komödie
Trailer:
Inhalt:
© NBC
Nachdem Eleanor und ihre Freunde dahintergekommen sind, sich in Wahrheit gar nicht im grünen, sondern stattdessen im roten Bereich zu befinden, sieht Nachbarschaftsleiter Michael – eigentlich ein Dämon – keine andere Möglichkeit, als die Simulation neu zu starten und die Gedächtnisse der zu Folternden zu löschen. Das geht zeitweilig gut, doch kommt ihm Eleanor erneut auf die Schliche und dann wieder und wieder und wieder. Dumm nur, dass Michael seitens seines Vorgesetzten Shawn nur ein weiterer Versuch zugestanden worden ist, denn während sich Neustart an Neustart reiht, ahnt außerhalb der von Michael konzipierten Nachbarschaft niemand etwas davon. Während Michael sich immer weiter reinreitet, bekommt er zudem vermehrt den Ärger der missmutigen Dämonen zu spüren, die keine Lust mehr auf sein albernes Experiment haben und lieber wieder klassisch foltern möchten. Verzweifelte Zeiten erfordern verzweifelte Maßnahmen und so fasst Michael einen mehr als ungewöhnlichen Plan, um seinen Barsch – stimmt ja, im grünen Bereich kann nicht geflucht werden – zu retten…
Rezension:
Warum es nun für mich schon wieder so lange gedauert hat, auch der zweiten Staffel The Good Place Zeit und Aufmerksamkeit zu widmen, wird wohl ein ewiges Mysterium bleiben, doch kann ich zumindest schon einmal vorwegschicken, dass selbige mich ähnlich zu begeistern wusste wie schon die erste Staffel, gerade weil man nicht der Versuchung erliegt, sich zu wiederholen und auf der Stelle zu treten, sondern mutig neue Wege geht. Anfänglich war ich tatsächlich ein wenig skeptisch, denn basierend auf dem finalen Twist der vorherigen Staffel hätte man genau dieses Vorgehen vermuten oder befürchten können – ohne da jetzt ins Detail gehen zu wollen. Doch bereits in der doppelt umfangreichen Auftaktepisode Alles ist bestens (2.01) vermag man die Vorzeichen wieder gleich mehrere Male umzukehren, um gleichsam mit einem neuen Twist aufzuwarten, der die Gruppenzugehörigkeit und Sympathie noch einmal neu verteilt. Das gilt insbesondere für die Figur des Michael (Ted Danson), der hier ohnehin deutlich mehr zu tun bekommt, beziehungsweise in seinem Auftreten weit vielschichtiger wirkt als im ersten Jahr.
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Im Kern des Geschehens dreht sich aber freilich auch hier wieder alles um die vier ungleichen, im "grünen Bereich" gestrandeten Freunde Eleanor, Chidi, Tahani und Jason, die sich das jenseitige "Leben" so ganz anders vorgestellt haben und einmal mehr um ihren Platz in der Nachwelt kämpfen dürfen. Dabei bleibt The Good Place gewohnt skurril wie auch clever, denn teils platte Situationskomik geht hier Hand in Hand mit moralphilosophischen Fragestellungen und Lehrstück, derweil freilich auch Chidi seinen Ethik-Unterricht fortsetzen darf, mit dem er insbesondere Eleanor zu einem besseren Menschen zu machen versucht. Nun kann man vom eigentlichen Plot und dem Fortgang der Geschehnisse dummerweise kaum etwas erzählen, ohne etwas vorwegzunehmen und zu spoilern, doch lässt sich mühelos wie zweifelsfrei festhalten, dass deutlich wird, dass die Autoren ihr Pulver noch längst nicht verschossen haben. So wartet beinahe jede Episode mit einem mehr oder minder offenen, aber stets überraschenden und unerwarteten Ende auf und drängt regelrecht darauf, gleich mit der nächsten Folge fortzufahren (was im Streaming-Zeitalter zum Glück ja kein Problem darstellt). Hinsichtlich Moral- und Ethik-Philosophie geht die Serie diesmal gar noch einen Schritt weiter und ebenfalls neue Wege, ohne deswegen die Gag-Dichte nachhaltig herunterzufahren, auch wenn man natürlich mit den teils plakativ gezeichneten Figuren Gefahr läuft, den einen oder anderen Zuschauer zu verprellen.
So gibt es wohl eine durchaus beachtliche Anzahl derer, die von Ethik-Professor Chidi (William Jackson Harper) mittlerweile grenzwertig genervt sind, was ich schon dahingehend nicht nachvollziehen kann, da er im Grunde mehr noch als Eleanor Haupttriebfeder für die sich entspinnende Handlung darstellt. Denn ein weniger moralischer oder reflektierter Mensch würde – wie man auch an dem Rest des Quartetts sieht – oft deutlich einfachere, wenn auch nicht richtigere Wege gehen. Nichtsdestotrotz liegt der Fokus weiterhin auf der von Kristen Bell (Bad Moms) verkörperten Eleanor Shellstrop, wie man nicht nur an der finalen Folge Moralischer Verdienst (2.12) festmachen könnte, die einmal mehr – nur diesmal deutlich früher – eine erzählerisch-inszenatorische Wende herbeiführt, die gespannt auf die dritte – und wie mittlerweile bekannt vorletzte – Staffel warten lässt, die ich mir diesmal definitiv zeitnah zu Gemüte führen werde. Fernab der immer neue Wege findenden Handlung werden aber auch die bekannten Charaktere weiter beleuchtet, was wiederum insbesondere für Tahani (Jameela Jamil) gilt, deren letztliches Dahinscheiden hier nun auch offenbart wird, während einzig Jason (Manny Jacinto) überwiegend für billige Gags verbraten wird und nicht eben mehr Profil gewinnt, was angesichts seines geistigen Horizonts aber auch schwierig zu bewerkstelligen gewesen wäre.
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Ansonsten ist es aber einmal mehr die allwissende Entität Janet – kein Roboter! –, die sich erneut als echter Szenendieb erweist und deren "böse Variante" – ebenfalls von D’Arcy Carden (Bonding) verkörpert – wir hier nun ebenfalls kennenlernen, während sie gleichsam in Verbindung zu einer neuen Figur namens Derek – herrlich exaltiert: Jason Mantzoukas (Sleeping with Other People) – steht, der gleich eine ganze, nach ihm benannte Episode spendiert bekommt und das Figurenkonsortium gelungen erweitert. Und wer sich erhofft hat, noch ein wenig mehr zum Konzept der Nachwelt – unterteilt in grünen, gelben und roten Bereich – zu erfahren, der wird mit der zweiten Staffel The Good Place ebenfalls glücklich werden, derweil selbige erzählerisch auch dadurch punktet, dass es sich so anfühlt, als folge man seit dem ersten Moment einem übergeordneten Masterplan und eben nicht, als ob sich die Verantwortlichen schnell noch eine Wendung aus dem Hut gezaubert hätten, um eine Fortsetzung zu rechtfertigen. Bleibt zu hoffen, dass dieses Niveau bis zuletzt beibehalten wird, doch nach diesem furios-abwechslungsreichen zweiten Jahr habe ich da eigentlich kaum noch Bedenken.
The Good Place | Staffel 2
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Jenseitige Vergnügungen - 8.5/10
8.5/10
Fazit & Wertung:
Trotz – oder gerade aufgrund – geänderter Vorzeichen steht die zweite Staffel The Good Place der ersten in nichts nach und bietet erneut moralphilosophische Überlegungen, die – gebettet in ein absurd skurriles Jenseits – unterhaltsamer kaum sein könnten und bei allem Spleen und Spaß auch zum Nachdenken anregen.
Episodenübersicht: Staffel 2
02. Seelenverwandte-Roulette (8,5/10)
03. Team Kakerlaken (8/10)
04. Leblose Schale des Elends (8/10)
05. Das Trolley-Problem (8,5/10)
06. Janet und Michael (8/10)
08. Kierkegaard für Anfänger (8,5/10)
09. Die beste Version (8,5/10)
10. Museum des menschlichen Unheils (8,5/10)
11. Der allwissende Burrito (9/10)
12. Moralischer Verdienst (8,5/10)
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The Good Place | Staffel 2 ist unter anderem bei Amazon Prime Instant Video verfügbar (jedoch nicht im Prime-Angebot und auch nur in OV/OmU-Fassung enthalten).