Auch heute leider wieder sehr kurz angebunden kommt hier eine weitere Buch-Review hereingeflattert, bei der ich euch viel Freude wünschen möchte!
Die letzten schönen Tage
Die letzten schönen Tage, DE 2011, 224 Seiten
© DuMont Buchverlag
Helmut Krausser
DuMont Buchverlag
978-3-832-16211-5
Drama
Inhalt:
Serge Hanowski ist ein mehr und mehr ausgelaugter Kreativer für eine Berliner Werbeagentur und als er eines Nachts das Glück in Form eines Centstückes erblickt, obsiegt die Lethargie und er lässt sich nicht herab, für das vermeintliche Symbol auf die Gleise zu klettern. Fast einem Omen gleich kommt es alsbald zu einschneidenden Veränderungen in seinem Leben, denn während er in seine Freundin Kati vernarrt ist und unter wahnsinnigen Verlustängsten leidet, vergnügt diese sich mit Serges Arbeitskollegen David, wenngleich sie die Affäre zugunsten ihres Freundes ad acta zu legen bereit ist.
Doch bei Serge bahnt sich zudem ein Zusammenbruch an und nachdem er an der Grenze zur Katatonie vor sich hinvegetiert, verordnet Kati den beiden eine Auszeit bei Freunden auf Malta, nicht ahnend, dass diese Freunde ihre eigenen Probleme haben und alsbald das Weite suchen werden, während sich Serges Manien und Eifersüchteleien mehr und mehr zuspitzen und er beginnt, sich in Katis E-Mailpostfach zu hacken, während David wiederum Kati nicht vergessen kann, zudem aber ein Problem mit der Katze seiner sich im Urlaub befindenden Mutter hat, da besagtes Tier sich vehement dem Fressen verweigert. Und dann wären da natürlich noch Becky sowie Davids Mutter und dessen Freundin, doch wie das alles zusammenhängt, das wird schon jeder für sich ergründen müssen.
Rezension:
Das erste Mal in Berührung mit dem Wirken Helmut Kraussers kam ich vor geraumer Zeit mit seinem Buch Einsamkeit und Sex und Mitleid, welches mich zugegebenermaßen nur aufgrund des schmissigen Titels angesprochen hatte. Gut so, denn attestierte ich ihm auch damals schon schriftstellerisches Können waren mir seine Figuren doch teils zu schablonenhaft und klischeebeladen, was sich nun bei Die letzten schönen Tage überhaupt nicht behaupten lässt, wenngleich auch die Figurenkonstellation an sich nicht gänzlich ohne Klischees auszukommen weiß, doch macht dies im Kontext dieser grandios hellsichtig konstruierten Geschichte kaum einen Makel, der es überhaupt wert wäre, erwähnt zu werden.
Denn Krausser skizziert und umreißt auf den ersten Seiten ein denkbar unauffällig scheinendes Szenario, welches sich auch tatsächlich erst kurz vor dem Ende aufschlüsseln lässt und den Leser lange Zeit mit Fragen im Kopf durch die Geschichte stolpern lässt. Doch trotz der eingeführten Charaktere, die nach ihren jeweiligen Kapiteln gänzlich a Bedeutung zu verlieren scheinen und trotz zahlreicher Sprünge durch die Zeit wirkt die Geschichte niemals verwirrend oder gewollt verworren, sondern setzt sich einem Mosaik gleich nach und nach zusammen und offenbart immer neue, unerwartete Verbindungen bis hin zu dem durch und durch überzeugenden, wenn auch absehbaren Ende.
Das Herzstück von Die letzten schönen Tage macht freilich die schwierige Beziehung zwischen Serge und Kati aus, die wechselseitig aus deren beider Sicht unter die Lupe genommen wird und insbesondere in Serges Fall immer tiefer reichende Wahnideen offenbart, aber auch gekonnt so manches Geschlechterklischee und die unterschiedliche Sichtweise aufs Korn nimmt. Auch vom Aufbau her nimmt dieser Teil der Geschichte den größten Raum ein, wird aber alsbald aufgelockert von dem neu entstehenden Email-Kontakt zwischen David und Kati sowie zum Ende hin einem erneuten Aufgreifen der anfänglich eingeführten Figuren.
Während man am Anfang also kaum ahnt in welche Richtung die Geschichte sich entwickeln wird, entpuppt sich Die letzten schönen Tage nach und nach als durchdachtes Konstrukt abgründiger und deprimierender Wahrheit, dass gänzlich ohne übertriebene Dramatik und Thrill auszukommen weiß, aber insbesondere mit dem unterschwelligen Brodeln mehr und mehr Spannung beim Leser erzeugt, nicht zuletzt auch deshalb, weil sich der Autor wahrhaftig in seine Figuren hineinzuversetzen versteht und ihnen dadurch eine beklemmende Glaubwürdigkeit verleiht, die man in der Form recht selten in der zeitgenössischen Literatur antrifft und die daher hier natürlich umso mehr fesselt.
Die letzten schönen Tage
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Wahnhafte Hirngespinste Serges - 9/10
9/10
Fazit & Wertung:
Helmut Krausser untermauert mit Die letzten schönen Tage gekonnt sein schriftstellerisches Talent und liefert ein glaubhaftes Psychogramm eines ungleichen Pärchens ab, dass gerade eingebettet in den Kontext der Geschichte zu jedem Zeitpunkt mitfiebern lässt.
Weitere Details zum Buch und dem Autor findet ihr auf der Seite des DuMont Buchverlages.
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Die letzten schönen Tage ist am 21.08.12 als Paperback im Dumont Verlag erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!
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