Review: True Detective | Staffel 1 (Serie)

Ewig hat es hier keine Serien-Kritik mehr gegeben und da freue ich mich natürlich umso mehr, mich direkt mit einem solchen Knaller zurückmelden zu können, den ich mir nun auch endlich zu Gemüte geführt habe und der mich einmal mehr dazu verleitet hat, mich geringfügig ausführlicher zu äußern, als ich es sowieso schon immer tue. Also viel Spaß mit meiner Meinung zu:

True Detective
Staffel 1

True Detective, USA 2014- , ca. 55 Min. je Folge

True Detective | © Warner Home Video
© Warner Home Video

Serienschöpfer:
Nic Pizzolatto
Showrunner:
Nic Pizzolatto

Main-Cast:
Matthew McConaughey (Detective Rust Cohle)
Woody Harrelson (Detective Marty Hart)
Michelle Monaghan (Maggie Hart)
Michael Potts (Detective Maynard Gilbough)
Tory Kittles (Detective Thomas Papania)
in weiteren Rollen:
J.D. Evermore (Detective Lutz)
Dana Gourrier (Cathleen)
Kevin Dunn (Major Ken Quesada)
Joe Chrest (Detective Demma)
Dane Rhodes (Detective Favre)
Alexandra Daddario (Lisa Tragnetti)
Lili Simmons (Beth)
Shea Whigham (Joel Theriot)

Genre:
Krimi | Drama | Mystery | Thriller

Trailer:

 

Inhalt:

Zehn Jahre nach ihrem Zerwürfnis 2002 werden die beiden Detectives Rust Cohle und Marty Hart getrennt voneinander zu einem siebzehn Jahre zurückliegenden Fall befragt: 1995 untersuchen Cohle und Hart einen Ritualmord an der Prostituierten Dora Kelly Lange, die nackt und mit einem Hirschgeweih versehen in betender Pose vor einem einsamen Baum gefunden wird. Schnell weiten sich die Ermittlungen auf ein weiteres verschwundenes Mädchen – Marie Fontenot – aus, deren Verschwinden vor fünf Jahren nicht näher untersucht worden ist und in dessen näherem Umfeld sie ein Rutengitter finden, ähnlich dem, was auch bei Lange gefunden worden ist. Cohle und Hart berichten den sie befragenden Detectives Papania und Gilbough davon, wie ihre Spur sie zu einer alternativen Kirchengemeinde geführt hat, der Dora Lange vor ihrem Tod angehört haben soll, aber auch von den persönlichen Reibereien, denen sich die beiden ungleichen Ermittler ausgesetzt sahen.

Szenenbild aus True Detective | © Warner Home Video
© Warner Home Video

Langsam rücken Papania und Gilbough mit ihrem eigentlichen Anliegen heraus und zeigen Cohle das Foto eines weiteren ermordeten Mädchens, dessen Pose frappierend an die von Lange erinnert. Jedoch der Mörder scheint vor siebzehn Jahren gefasst worden zu sein, weshalb sich beide zu Recht fragen, wie es zu diesem neuen Opfer kommen konnte. Während Marty noch kaum ahnt, weshalb er befragt wird, hat der unter Wahrnehmungsstörungen leidende Cohle schon seine ganz eigenen Theorien, weigert sich jedoch vehement, sich den beiden Detectives anzuvertrauen. So fahren die seit Jahren getrennte Wege gehenden Detectives damit fort, ihre persönliche Version der Ermittlungen und die darüberhinausgehenden Ereignisse zu schildern, die bis in die Gegenwart reichen und immer deutlicher werden lassen, dass der alte Fall noch längst nicht abgeschlossen ist.

Rezension:

Es gibt sie immer öfter, diese Serien, bei denen ich schon im Vorfeld zu wissen meine, dass sie mich von den Socken hauen, mich begeistern und gefangen nehmen werden. Oft genug stammen eben jene Serien von HBO, so wie nun auch True Detective, wo meine Erwartungshaltung nicht weniger als immens gewesen sein kann, was allein schon im Südstaaten-Setting und den beiden Hauptdarstellern begründet liegt. Umso erstaunlicher, wie treffsicher meine Erwartungen erfüllt und teilweise gar übertroffen worden sind, denn was Serienschöpfer Nic Pizzolatto hier in gerade einmal acht Folgen auf die Beine stellt ist beachtlich, zumal die sich vom Südstaaten-Krimi mehr und mehr zum Thriller wie auch Polizisten-Drama wandelnde Serie in sich abgeschlossen ist und kaum lose Enden und offene Fragen zurücklässt. Die Geschichte selbst wiederum erstreckt sich trotz der straffen Erzählweise auf nicht weniger als zwei Jahrzehnte, so dass in den ersten Folgen die Geschehnisse 1995 im Vordergrund stehen, die in Form von Rückblenden aus Verhörzimmern heraus erzählt werden, während man noch kaum zu ahnen beginnt, weshalb die beiden Detectives zu diesem uralten Fall verhört werden, der, wie man später erfährt, zumal vermeintlich abgeschlossen zu sein scheint.

Szenenbild aus True Detective | © Warner Home Video
© Warner Home Video

Als dritte Erzählebene im Mittelteil etabliert sich dann später noch 2002, während man jedoch bis kurz vor dem Finale, welches wiederum gänzlich in der Gegenwart verortet werden kann, nicht müde wird, munter zwischen den Zeiten zu springen und teils Geschehnisse in ein neues Licht zu tauchen oder neue Erkenntnisse zu liefern, ohne dass diese wie nachgeschoben wirken würden. Clever konstruiert und dicht geschildert, macht dies schon einen Großteil des Reizes von True Detective aus, da man nie weiß, ob nicht Informationen zurückgehalten, Taten falsch interpretiert werden und zunächst eben nicht einmal, wohin der Hase überhaupt läuft. Das alles eingeleitet von dem großartig atmosphärischen Far From Any Road von The Handosme Family – bei mir schon vor Beginn der eigentlichen Folge jedes Mal Gänsehaut verursachend – entfaltet die Serie ein ums andere Mal eine derartige Sogwirkung und das Gefühl jederzeit lauernder Gefahr, dass es an ein Wunder grenzt, denn die Serie bewegt sich weit abseits ausgetretener Pfade und ist wahnsinnig ruhig erzählt.

Ruhig insofern, als dass man an langen Kamerafahrten, melancholisch vorgetragenen Monologen und Landschaftsaufnahmen nicht spart, wohingegen Action-Einlagen unerwartet rar gesät sind und man auch auf ausufernde Shootouts lange warten kann, was sicher nicht jedermanns Sache sein wird, denn böse Zungen könnten True Detective gar als langatmig bezeichnen. Man muss es mögen, diese Inszenierung fernab des Mainstream, dieses bewusst gedrosselte Tempo und die verworrene Erzählweise, die Zeitsprünge und auch die philosophischen Äußerungen des Vorzeige-Misanthropen Rust Cohle, dargestellt von Matthew McConaughey, dem man einen solchen Part, eine echte Charakterrolle, vor wenigen Jahren kaum zugetraut hätte, der aber mittlerweile in mehr als nur ein paar Filmen unter Beweis gestellt hat, auch schwierigste Rollen spielend meistern zu können, was er hier ein weiteres Mal untermauert, unter anderem auch die sich im Laufe der Jahre verändernde Intonation betreffend wie auch hinsichtlich seines allgemeinen Auftretens und seiner nicht gerade nachvollziehbaren Lebenseinstellung, die er glaubhaft zu spielen versteht.

Woody Harrelsons Allerweltstyp Marty Hart spielt da zunächst merklich die zweite Geige, symbolisiert sozusagen den opportunen Durchschnittsamerikaner, wirkt nicht gerade helle und trägt nicht maßgeblich zu den Ermittlungen bei, agiert also gänzlich im Schatten seines blitzgescheiten Kollegen, bekommt allerdings im Laufe der Erzählung genügend Profil, Charakter und Tiefe, um sich schlussendlich doch zu einem adäquaten Gegenpart zu Cohle zu mausern. Die darstellerischen Leistungen Harrelsons hingegen stehen jederzeit außerfrage und liegen weit über dem üblichen Niveau auch hochpreisiger Fernsehproduktionen. Michelle Monaghan derweil gibt Martys Frau Maggie, bekommt aber eher selten die Chance zu glänzen, da die Erzählung doch zu sehr großen Teilen auf Hart und Cohle fixiert, was in Anbetracht der Kürze der Zeit auch die vollkommen richtige Entscheidung gewesen ist, um einerseits die sich über Jahre hinziehenden Ermittlungen und andererseits die persönlichen Opfer, welche die beiden ungleichen Detectives bringen müssen, unter einen Hut zu kriegen und dabei nicht an Atmosphäre oder Intensität einzubüßen.

Szenenbild aus True Detective | © Warner Home Video
© Warner Home Video

Das Ende von True Detective wiederum entlässt einen mit einem befriedigenden Abschluss, klärt aber – quasi ganz wie im wahren Leben – nicht alle offenen Plot-Punkte bis ins letzte Detail, was dem akribischen Ermittler-Zuschauer möglicherweise negativ aufstoßen könnte, mich aber jetzt kaum gestört hat, da es sich auch wunderbar in den Kontext der restlichen Erzählung, in die düstere und hoffnungslose Ausgestaltung der Serie gefügt hat, zumal ich spätestens mit den wohl bis dato großartigsten Schlussworten für eine derartige Serie vertröstet gewesen wäre, so dass ich nach nicht einmal acht Stunden meine Bekanntschaft mit Cohle und Hart beenden konnte, ohne indes eine einzige Sekunde dieser ungewöhnlichen wie außergewöhnlichen Serie bereut zu haben, die mich wie eingangs erwähnt mehr zu faszinieren wusste, als ich es mir erträumt hätte.

Fazit & Wertung:

Nic Pizzolattos True Detective ist ein vom ersten Akt bis zum finalen Schlussakkord nahezu perfekt durchkomponiertes Stück ohne Längen oder Leerlauf, das mit seiner düsteren, morbiden Atmosphäre zu fesseln versteht und fraglos dazu verleitet, die rund achtstündige Reise nach Louisiana in einem Stück zu absolvieren, denn selten war eine Serie packender und einnehmender als diese zwar ruhig erzählte, aber dennoch furiose Mischung aus Charakter-Drama und Kriminalfall.

10 von 10 falschen Fährten und ins Leere führenden Spuren

True Detective | Staffel 1

  • Falsche Fährten und ins Leere führende Spuren - 10/10
    10/10

Fazit & Wertung:

Nic Pizzolattos True Detective ist ein vom ersten Akt bis zum finalen Schlussakkord nahezu perfekt durchkomponiertes Stück ohne Längen oder Leerlauf, das mit seiner düsteren, morbiden Atmosphäre zu fesseln versteht und fraglos dazu verleitet, die rund achtstündige Reise nach Louisiana in einem Stück zu absolvieren, denn selten war eine Serie packender und einnehmender als diese zwar ruhig erzählte, aber dennoch furiose Mischung aus Charakter-Drama und Kriminalfall.

10.0/10
Leser-Wertung 7.91/10 (22 Stimmen)
Sende

Meinungen aus der Blogosphäre:
Tonight is gonna be a large one.: 10/10 Punkte
Vieraugen Kino: 9/10 Punkte

Episodenübersicht: Staffel 1

01. Die lange strahlende Dunkelheit (9/10)
02. Visionen (9/10)
03. Der verschlossene Raum (9,5/10)
04. Wer ist da? (9,5/10)
05. Das geheime Schicksal allen Lebens (9,5/10)
06. Die Geister, die ich rief (9/10)
07. Nachdem du weg warst (9,5/10)
08. Form und Leere (9,5/10)

 

– – –

True Detective | Staffel 1 ist am 04.09.14 auf DVD und Blu-ray im Vertrieb von Warner Home Video erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

DVD:

Blu-ray:

vgw

Sharing is Caring:

Kommentare (9)

  1. Flo Lieb 7. November 2014
  2. bullion 7. November 2014
  3. Wulf | Medienjournal 7. November 2014
  4. moep0r 11. November 2014
    • Wulf | Medienjournal 13. November 2014
  5. mwj 3. Januar 2015
      • mwj 5. Januar 2015
  6. Jo 19. Februar 2018

Hinterlasse einen Kommentar