Was war das noch, worüber ich gefühlt seit einer halben Ewigkeit nicht mehr gesprochen habe!? Ach ja, richtig, Comics! Na dann wird’s aber allerhöchste Eisenbahn und weil Eisenbahnen ja auch mehrere Waggons dranhängen haben, gibt es auch heute wieder die doppelte Dosis an Comic-Reviews. Mann, wäre ich nur immer so kreativ bei meinen Ein- und Überleitungen…
George R. R. Martin
Fevre Dream – Fiebertraum 2
Fevre Dream Vol. 2, USA 2010, 132 Seiten
© Panini
George R. R. Martin (Buch-Vorlage)
Daniel Abraham (Adaption)
Rafa Lopez
Panini Verlag
978-3-957-98246-9
Horror | Fantasy | Historie
Inhalt:
Es ist die Zeit kurz vor Ausbruch des amerikanischen Bürgerkrieges und Abner Marsh, Kapitän der Fevre Dream ist mittlerweile dahintergekommen, was es mit seinem geheimnisvollen Auftraggeber, Gönner und mittlerweile Freund Joshua York auf sich hat, doch hilft ihm dies kaum, sich gegen die Gefahren zu wappnen, die ihn erwarten, denn der rivalisierende Blutmeister Damon Julian hat längst die Fährte aufgenommen und plant York in seine Schranken zu weisen.
© Panini
Schlussendlich läuft ein Treffen zwischen Julian und York auf eine offene Konfrontation der Unsterblichen hinaus und Marsh, Spielball weit mächtigerer Fraktionen, sieht sich gezwungen, Partei zu ergreifen, muss aber letztlich von seinem eigenen Schiff fliehen. Doch nicht nur das Schicksal der Fevre Dream ist bedroht, jetzt da Damon Julian den Mississippi unsicher macht…
Rezension:
Hatte schon der erste Band Fevre Dream – Fiebertraum einen überzeugenden Eindruck bei mir hinterlassen und wusste mich mit seiner Kombination aus südstaatengeschwängerter, historischer Atmosphäre und dem übersinnlichen Flair, das von den stimmig neuinterpretierten Vampiren ausging, die das Land rund um den Mississippi bevölkerten, steht der zweite, die Roman-Adaption beschließende Band seinem Vorgänger in kaum etwas nach und punktet erneut mit einer düsteren, tragischen Geschichte, in der Abner Marsh mehr und mehr zum Spielball finsterer Mächte wird und bald auch seinen vermeintlichen Freund Joshua York nicht wiederzuerkennen scheint. Die Zeichnungen von Rafa Lopez tun hierbei wieder ihr Übriges und lassen die zweibändige Geschichte wie aus einem Guss wirken, wenn man aber natürlich auch sagen muss, dass man diesen leicht verfremdeten Stil, die überstilisierten Figuren und ihre leicht schlaksigen Extremitäten mögen muss, die Zeichnungen also vielleicht nicht höchsten Ansprüchen genügen oder jedermanns Geschmack treffen, dafür aber in meinen Augen die Geschichte gut einfangen und auf einem gleichbleibenden Niveau daherkommen, was schon per se ein Plus darstellt bei der Unart, selbst in kürzesten Geschichtenzyklen die Zeichner gerne von Heft zu Heft zu wechseln.
© Panini
Die Geschichte von Fevre Dream nimmt in ihrem zweiten Band derweil gehörig an Fahrt auf, ganz so wie man es von George R. R. Martin gewohnt ist, denn ist die Exposition der Figuren und des Settings erst einmal abgeschlossen, geht er ja bekanntermaßen gern in die Vollen und das merkt man auch diesem Band an, weshalb die Storyline selbst tatsächlich etwas schwächer erscheint, da doch viele Panels reinen Kampfhandlungen, Handgemengen und großformatigen Szenenbildern dienen müssen, was der Dramaturgie aber kaum einen Abbruch tut. Störender hingegen ist da ein wenn auch stimmig inszenierter Zeitsprung ganz gegen Ende der Geschichte, denn bevor die Geschehnisse in ihr eigentliches Finale münden, vergehen mehr als zehn Jahre, was zwar – wie gesagt – einfallsreich und mit ausgewählten Momenteindrücken bebildert dargestellt wird, der Geschichte aber nun einmal auch gehörig Tempo raubt und das kurz vor dem abschließenden Kapitel, in dem sich vieles noch einmal merklich entschleunigt, alte Begebenheiten ihre Relevanz verlieren, Figuren verschwinden und scheinbar wichtige Dinge dem Zahn der Zeit zum Opfer fallen.
Meiner bescheidenen Meinung nach tut diese Entschleunigung dem Band nicht unbedingt gut, denn dass Abner Marsh bereit ist, nach all den Jahren die langsam verblassten Wunden aufzureißen, kündet zwar von seiner tiefen Freundschaft zu Joshua, wirkt aber, wenn man zudem bedenkt, wie alt der Kapitän nun sein müsste – und wie wenig man ihm das ansieht – obwohl man als Comic-Zeichner ja nun wirklich alle Möglichkeiten der Welt hätte, eine Figur auf dem Papier altern zu lassen, dann macht das ein wenig den bis dahin so konsistenten, ausgezeichneten Eindruck zunichte, zumal das Finale selbst mit vergleichsweise wenigen Überraschungen aufwartet und der Band ein recht abruptes Ende findet, stimmig zwar, aber eben auch sehr unvermittelt. Fevre Dream 2 wird dadurch in seiner Gesamtheit nicht merklich schlechter, doch hätte ich mir einen besseren oder zumindest überraschenderen Schluss gewünscht, wobei man hier natürlich auch an die Romanvorlage gebunden ist und nicht mir nichts dir nichts die Tatsachen verkehren kann.
© Panini
Kann man aber über diese kleine Schwächelei hinwegsehen und ist dem Vampir-Setting allgemein zugetan, so ist Fevre Dream noch immer eine lohnende Alternative zu den neueren, oft romantisch verklärten Untoten, die dieser Tage in den Medien umgehen, weil es hier eben auch noch ausgemacht blutig, roh und erbarmungslos zur Sache geht, ohne das der Band in Richtung Splatter abdriften würde, es aber eben nicht versäumt, die ganze Härte und Kälte des vampirischen Geschlechts stimmungsvoll in Szene zu setzen. Zumindest hat Daniel Abraham auf alle Fälle einmal mehr bewiesen, ein Händchen dafür zu besitzen, die Romanstoffe von George R. R. Martin in dieses Medium zu überführen, so dass ich mich nun schon auf den im März erschienenen Band Skin Trade freue, ebenfalls ein von Daniel Abraham adaptierter Roman aus der Feder von George R. R. Martin.
George R.R. Martin: Fevre Dream - Fiebertraum 2
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Verklärte Vampir-Mythen - 7.5/10
7.5/10
Fazit & Wertung:
Qualitativ beinahe gleichauf mit dem ersten Band, gelingt es zwar auch Fevre Dream 2 nicht ganz, einschlägige Klischees zu vermeiden, doch überzeugt die Story dennoch mit ihrem ihr eigenen Tempo und Feeling, das gekonnt die Südstaatenatmosphäre der damaligen Zeit einfängt und Vampire auch endlich wieder als blutrünstige Monster interpretiert, wenn man auch hier freilich nicht alle Wesen über einen Kamm scheren sollte, wie Abner Marsh würde bestätigen können.
George R.R. Martin: Fevre Dream – Fiebertraum 2 ist am 17.02.15 im Panini Verlag erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über den nachfolgenden Link und unterstützt damit das Medienjournal!