Review: Juliet, Naked (Film)

Bevor ich es doch noch vergesse, kommt hier meine Freitags-Filmkritik, diesmal als hartes Kontrastprogramm zu den vorangegangenen Horrorctober-Beiträgen. Genießt das Wochenende, erholt euch gut, wir lesen uns morgen an dieser Stelle erneut.

Juliet, Naked

Juliet, Naked, USA/UK 2018, 97 Min.

Juliet, Naked | © Prokino/EuroVideo
© Prokino/EuroVideo

Regisseur:
Jesse Peretz
Autoren:
Evgenia Peretz (Drehbuch)
Jim Taylor (Drehbuch)
Tamara Jenkins (Drehbuch)
Nick Hornby (Buch-Vorlage)

Main-Cast:
Rose Byrne (Annie Platt)
Ethan Hawke (Tucker Crowe)
Chris O’Dowd (Duncan Thomson)

Genre:
Komödie | Drama | Romantik

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Juliet, Naked | © Prokino/EuroVideo
© Prokino/EuroVideo

Der sich eigentlich als Filmprofessor verdingende Duncan ist ansonsten wie besessen von dem Musiker Tucker Crowe und dessen einzigem Album, denen er beide auf seiner eigens eingerichteten Fanpage seit Jahren und exzessiv huldigt. Seine Freundin Annie kann Duncans Faszination und Begeisterung zwar in keiner Weise nachvollziehen, doch als eines Tages ein Demoband – genannt Juliet, Naked – mit Akustik-Versionen der Album-Songs im Briefkasten landet, kann sie ihre Neugierde dennoch nicht zügeln. Während Duncan schwer begeistert von den Interpretationen zu schwärmen beginnt, schreibt Annie auf dessen Seite aus reiner Gehässigkeit eine vernichtende Kritik. Während Duncan außer sich ist vor Wut, erweckt ihre entwaffnende Kritik das Interesse des seit Jahren untergetauchten Tucker Crowe selbst, der per Mail Kontakt mit ihr aufnimmt. Während Duncan von alledem nichts ahnt, entspinnt sich zwischen Annie und dem Ex-Star eine Art Freundschaft und als Tucker auf dem Weg nach London ist, schlägt er Annie ein Treffen vor…

Rezension:

Als großer Fan der Romane von Nick Hornby und auch deren Film-Adaptionen konnte ich mir natürlich Juliet, Naked über kurz oder lang nicht entgehen lassen, denn auch wenn meine letzte Hornby-Lektüre nun schon beinahe zehn Jahre zurückliegen mag, wusste mich doch auch der zuletzt nachgeholte A Long Way Down durchaus zu überzeugen wusste. Hier nun wurde – ebenfalls rund zehn Jahre nach dessen Erscheinen – der 2009 veröffentlichte Roman des Kult-Autors adaptiert und wartet mit einer illustren Schar Hauptdarsteller auf, die man besser wohl kaum hätte wählen können. Hier nun widmet sich Hornby – oder in diesem Fall Filmemacher Jesse Peretz (Our Idiot Brother) – der klassischen Dreiecksgeschichte, inszeniert diese aber nicht als Liebes-Drama, sondern tragikomische Geschichte über das (verspätete) Erwachsenwerden, denn nicht nur der von Musiker Crowe besessene Filmprofessor Duncan wirkt mehr wie bärtiges Kind, auch der auf Abwege geratene und dann alt gewordene Musiker, der alsbald in Duncans und vor allem Annies Leben treten wird, scheint von seinem Leben und seiner rolle darin restlos überfordert. Zuletzt wäre da noch Annie, die den Absprung aus der Kleinstadt nicht geschafft hat und sich zunächst auch nicht von ihrem Kindskopf von Freund zu emanzipieren vermag, was sich alsbald aber freilich ändern wird.

Szenenbild aus Juliet, Naked | © Prokino/EuroVideo
© Prokino/EuroVideo

Wie so oft bedient Hornby also klassische Themen, die auch von dem Drehbuchautoren-Trio Evgenia Peretz, Jim Taylor und Tamara Jenkins gekonnt aufgegriffen werden und denen er einen gewissen eigenen Kniff verleiht, der in diesem Fall in Gestalt des auf ominöse Weise aus dem Rampenlicht verschwundenen Musikers Tucker Crowe daherkommt, dessen Album dem Buch sowie Film ihren Titel Juliet, Naked verliehen haben, wobei es sich in dem Fall um ein jüngst aufgetauchtes Demoband mit Akustikversionen des Albums Juliet handelt. Als Tucker Crowe tritt derweil Ethan Hawke (In a Valley of Violence) in Erscheinung und gibt den abgehalfterten Künstler mit reichlich Charme und Augenzwinkern, auch wenn man sich ein wenig gedulden muss, bis seine Figur in Erscheinung tritt. Weit interessanter noch ist aber dessen umtriebige Vorgeschichte und so bekommt man nicht nur die Erklärung geliefert, wie es am, dass er eines Tages schier spurlos verschwunden ist, sondern erfährt auch von seinen zahlreichen Kindern und erlebt hautnah dessen Überforderung, in die ungewohnte Vaterrolle zu schlüpfen.

So hat Tucker Crowe wohl nach am ehesten und meisten sein Päckchen zu tragen und erfüllt – was seine Vergangenheit betrifft – so ziemlich jedes Musiker-Klischee, weshalb es Hawke hoch anzurechnen ist, ihn dennoch als echten Menschen mit Ecken und Kanten, Fehlern und Stärken zu präsentieren, der eben nicht nur Abziehbild und Projektionsfläche bietet, sondern zunehmend eine Bereicherung für Annies Leben wird. Die wiederum wird von einer erwartungsgemäß charmanten Rose Byrne (The Place Beyond the Pines) verkörpert und dient ganz unzweifelhaft als Identifikationsfigur par excellence in dem umtriebigen Reigen, der sich trotz zahlreicher Einfälle, Gags und überraschender Wendungen gerne noch ein wenig mehr von den zu erwartenden Genre-Strukturen hätte abheben können, denn in der vorliegenden Form kommt Juliet, Naked doch etwas arm an echten Highlights daher. Das soll nicht heißen, dass dieser Film wirklich schlecht oder dadurch weniger sehenswert wäre, doch dümpelt er eben in vielen Belangen vergleichsweise unaufgeregt vor sich hin und hätte ungeachtet des Themas und seiner tragikomischen Ausrichtung doch manches Mal ein wenig mehr Pepp vertragen können. Nichtsdestotrotz funktioniert die Geschichte mit musikalischem Bezug und der liebevollen Verballhornung von übertriebenem Fan-Gehabe ausnehmend gut, kommt nur eben nicht annähernd an beispielsweise den kultigen High Fidelity heran, der schlichtweg spritziger und abwechslungsreicher inszeniert worden ist.

Szenenbild aus Juliet, Naked | © Prokino/EuroVideo
© Prokino/EuroVideo

Dafür aber punktet Juliet, Naked immerhin mit einem großartig gewählten Ensemble, zu dem sich neben den genannten DarstellerInnen eben noch Chris O’Dowd (Am Sonntag bist du tot) gesellen darf, der mit seinen altklugen Vorträgen über das Leben und Wirken von Tucker Crowe – den er besser zu kennen meint als der sich selbst – auch einiges an Lachern für sich einfährt, wobei natürlich insbesondere das erste Zusammentreffen von huldvollem Fan und angebetetem Musiker zugegebenermaßen großartig geraten ist. So überzeugt Peretz‘ Film zwar mit vielen kleinen, netten Ideen, charmantem Cast und herzerwärmender Geschichte, ist aber überwiegend ein Film des leisen Humors und eines sanften Lächelns, statt wirklich auf die Pauke zu hauen, was wiederum aber sehr gut Hand in Hand geht mit den mehr oder minder verkrachten Existenzen und dem Kleinstadt-Flair, aus dem Annie seit Jahren vergeblich auszubrechen versucht. Die ungewöhnliche Art der Bekanntschaft wiederum vermag für die drei Protagonisten den benötigten Weckruf zu offerieren, um das Leben in die eigenen Hände zu nehmen und das allein als Thema und Aussage des Films ist durchaus gelungen.

Fazit & Wertung:

Mit Juliet, Naked versucht sich nun Jesse Peretz an der Adaption eines Nick-Hornby-Romans und liefert auch eine überzeugende Story ab, die vor allem dank ihrer Besetzung einiges an Charme und Sympathie verstreut, während es dramaturgisch die meiste Zeit doch eher gemäßigt und entschleunigt vonstattengeht. Die leisen, tragikomischen Töne sind es hier aber auch, die dem Werk seine herzerwärmende Note verleihen.

7 von 10 Mythen um einen alternden Star-Musiker

Juliet, Naked

  • Mythen um einen alternden Star-Musiker - 7/10
    7/10

Fazit & Wertung:

Mit Juliet, Naked versucht sich nun Jesse Peretz an der Adaption eines Nick-Hornby-Romans und liefert auch eine überzeugende Story ab, die vor allem dank ihrer Besetzung einiges an Charme und Sympathie verstreut, während es dramaturgisch die meiste Zeit doch eher gemäßigt und entschleunigt vonstattengeht. Die leisen, tragikomischen Töne sind es hier aber auch, die dem Werk seine herzerwärmende Note verleihen.

7.0/10
Leser-Wertung 6/10 (1 Stimmen)
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Juliet, Naked ist am 28.03.19 auf DVD und Blu-ray bei Prokino im Vertrieb von EuroVideo erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

DVD:

Blu-ray:

vgw

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Eine Reaktion

  1. Stepnwolf 10. November 2019

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