Kommen wir heute zu einem für mich beinahe schon überraschend empfehlenswerten Historien-Film, den ich mir nach langer Zeit nun also auch endlich einmal zu Gemüte geführt habe.
Jane Eyre
Jane Eyre, UK/USA 2011, 120 Min.
© Universal Pictures
Cary Joji Fukunaga
Charlotte Brontë (Buch-Vorlage)
Moira Buffini (Drehbuch)
Mia Wasikowska (Jane Eyre)
Michael Fassbender (Rochester)
Jamie Bell (St John Rivers)
Judi Dench (Mrs. Fairfax)
Imogen Poots (Blanche Ingram)
Drama | Romantik | Historie
Trailer:
Inhalt:
© Universal Pictures
Nach dem Tod ihrer Eltern wird die junge Jane Eyre von der Frau ihres Onkels aufgenommen, doch hegt diese kaum den Wunsch, dem Mädchen Zuneigung oder auch nur Aufmerksamkeit zukommen zu lassen und steckt sie alsbald kurzerhand ins Internat, doch ergeht es der heranwachsenden Jane dort kaum besser als bei ihrer Stieftante, stehen schließlich auch im Internat Drangsal und Demütigung auf der Tagesordnung. Stoisch lässt Jane dies alles über sich ergehen und die Jahre vorbeiziehen, bis sie als junge, erwachsene Frau das Internat verlässt, um eine Stelle als Gouvernante auf dem Anwesen Thornfield Hall anzutreten.
Dort trifft Jane zunächst auf die liebenswürdige Haushälterin Mrs. Fairfax, die sie mit offenen Armen empfängt und ihr auch das zu unterrichtende Mündel des Hausherrn, die junge Französin Adèle vorstellt. Der Hausherr selbst glänzt jedoch zunächst durch Abwesenheit und Mrs. Fairfax wird nicht müde, von dessen Wankelmut und Launen zu sprechen. Eines Tages macht Jane dann allerdings schlussendlich die Bekanntschaft von Mr. Edward Rochester, der sich zunächst schroff und enerviert gibt, was aber auch damit zusammenhängen mag, dass er Jane die Schuld dafür gibt, von seinem Pferd abgeworfen worden zu sein. Trotz seiner distanzierten Art beginnt Jane sich im Laufe der Zeit zu Rochester hingezogen zu fühlen und auch der ist von der inneren Stärke der jungen wie schweigsamen Frau fasziniert, doch ihr Standesunterschied – so ist jeder für sich überzeugt – lässt den Gedanken an eine gemeinsame Zukunft im Keim ersticken.
Rezension:
Bei Filmen wie Jane Eyre – einer weiteren von zahllosen Adaptionen des weithin bekannten Romans von Charlotte Brontë – tue ich mich ja zuweilen etwas schwer und trotz eines grundsätzlichen Interesses an der Thematik wähne ich mich des Öfteren in dem Glauben, womöglich einem ungewöhnlich trockenen Film folgen zu müssen und so schlich ich auch einige Zeit um Cary Joji Fukunagas Version des Klassikers herum, bis ich mich in der richtigen Stimmung dafür wähnte, doch sollte meine Geduld belohnt werden, denn auch wenn der Film tatsächlich ungemein melancholisch und getragen daherkommt, ja beinahe bewusst entschleunigt wirkt, konnte ich mich doch der Faszination der Geschichte kaum erwehren, da es Fukunaga tatsächlich gelingt, dem Geschehen in seiner Inszenierung stets Rechnung zu tragen und so karge und lebensfeindlich wirkende Landschaften mit der opulenten Ausstattung der Residenz Lord Rochesters zu verquicken und ein melancholisch-mysteriöses Werk zu schaffen, das in seinen relativ exakt zwei Stunden Spielzeit keine merklichen Längen aufzuweisen hat, wenn man sich denn mit der tendenziell getragenen Erzählweise zu arrangieren weiß.
© Universal Pictures
Wo andere Filme versuchen, auf Biegen und Brechen den zu adaptierenden Stoff zu modernisieren und für ein jüngeres Publikum in fetzige Häppchen und hippe Einstellungen aufzudröseln, verlässt sich Fukunaga ganz auf die Wucht und Faszination des zugrundeliegenden Stoffes und erliegt nur selten der Versuchung, dem historischen Anstrich eine moderne Attitüde angedeihen zu lassen, weshalb Jane Eyre zuweilen wie einer anderen filmischen Dekade entsprungen zu sein scheint. Dass dieses Wagnis vollumfänglich aufgeht, hat der Regisseur aber einmal mehr dem ungemein stimmigen wie fähigen Hauptdarsteller-Duo zu verdanken, denn auch wenn insbesondere Mia Wasikowska zum damaligen Zeitpunkt noch längst keine sichere Bank war, wusste sie doch in den Jahren darauf mit Filmen wie Stoker und Spuren ihren Status als Ausnahmedarstellerin zu festigen, doch auch hier schon überzeugt sie vollumfänglich mit ihrer differenzierten Darstellung der namensgebenden Jane Eyre, während der den Rochester verkörpernde Michael Fassbender mit dem nur wenige Monate zuvor erschienenen X-Men: Erste Entscheidung ebenfalls gerade erst damit begonnen hatte, seinen Star-Status aufzubauen und mittlerweile nach Filmen wie dem ebenfalls aus 2011 stammenden Shame als feste Hollywood-Größe betrachtet werden darf.
Beim Casting muss also jemand mehr als nur gutes Gespür bewiesen haben, gerade diese beiden Upcoming Stars auszuwählen, doch von dem guten Geschmack kündet selbstredend ebenfalls Judi Dench (Best Exotic Marigold Hotel), die als Haushälterin Mrs. Fairfax eine gewohnt souveräne Leistung abliefert. Dessen ungeachtet hätte Jane Eyre aber allen guten Vorzeichen zum Trotz ein deprimierender Schmachtfetzen werden können, doch wird die Geschichte so kitschbefreit dargebracht, dass man sich auch in dieser Beziehung keine Gedanken zu machen braucht, wenn die Story ihrem Ursprung nach natürlich doch eine gewisse Tragik verströmt. Dem zugute kommt derweil auch die zuweilen nicht chronologische Erzählweise des Films, die zusätzliche Spannung generiert, gerade wenn man mit der Erzählung selbst nicht vertraut ist, denn die anfänglichen Bilder, wie Jane Eyre aus einem zu diesem Zeitpunkt noch unbekannten Schloss flüchtet und Zuflucht bei dem Vikar St. John Rivers (Jamie Bell) und dessen Schwestern findet, geben zunächst Rätsel auf, was ihr zugestoßen sein mag, bevor die Erzählung daraufhin zunächst einen Sprung in Janes Kindheit macht und zügig, aber nie gehetzt ihren Werdegang schildert, um sich schließlich dem Kerngeschehen des Films und ihrer Zeit als Gouvernante auf Thornfield Hall zu widmen.
© Universal Pictures
Jane Eyre ist mitnichten ein Film der großen Effekte oder opulenten Ausstattungen und zumeist geprägt von einer alles durchdringenden Tristesse, zieht seine Faszination demnach voll und ganz aus den großen Gefühlen und trifft hier voll ins Schwarze, auch wenn das Verhalten von Jane Eyre und auch Rochester aus heutiger Sicht zuweilen extrem irritierend, ja beinahe verklemmt wirken mag, doch selbst das funktioniert durchaus, zumal man wie gesagt ganz bewusst auf einen modernen Anstrich verzichtet hat und man sich folglich voll und ganz in der damaligen Zeit und damit auch den dort herrschenden Zuständen verlieren kann. Sicherlich, der Film ist andererseits mitnichten frei von Mängeln und man hätte mehr Zeit darauf verwenden können, Janes Kindheit zu umreißen, während auch die Episode um ihren Vater nur allzu schnell abgehandelt wird und die weiteren Figuren, insbesondere Rivers, doch auffallend blass bleiben, doch konzentriert sich der Film hier eben in weiten Teilen aufs Wesentliche und sollte bei Freunden historischer Stoffe und tragischer Liebesgeschichten sicherlich großen Anklang finden.
Jane Eyre
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Bedrückende Tage auf Thornfield Hall - 8/10
8/10
Fazit & Wertung:
Mit seiner stilsicheren Inszenierung von Jane Eyre liefert Regisseur Cary Joji Fukunaga eine stimmungsvolle wie überzeugende Adaption des klassischen Stoffes ab, die sich speziell aufgrund des herausragenden Darsteller-Duos Wasikowska und Fassbender sicherlich nicht vor den zahllosen Verfilmungen des Brontë-Romans zu verstecken braucht.
Meinungen aus der Blogosphäre:
Cellurizon: 9/10 Punkte
Der Kinogänger: 7/10 Punkte
Jane Eyre ist am 03.05.12 auf DVD und Blu-ray im Vertrieb von Universal Pictures erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!
Zu dem Film habe ich übrigens auch eine – etwas weniger positive – Rezension geschrieben (damals habe ich meine Kritiken bloß noch nicht bei der OFDb eingetragen). :-)
http://www.der-kinogaenger.blogspot.de/2012/03/jane-eyre-2011.html
Wie du siehst, habe ich es nun endlich auch geschafft, deine Rezension noch zu verlinken. Tja gut, hier habe ich dann – im Gegensatz zu “Liberal Arts” – einen Punkt mehr gegeben, aber ich glaube ein Punkt Differenz kann schon aus der eigenen Tagesform resultieren…
Ich empfinde diese zwei wunderbaren Schauspieler als die bestmöglichste Besetzung.
Sehe ich genauso. Ich wüsste echt nicht, wer hier besser oder auch nur annähernd so gut gepasst hätte wie die beiden.