Review: Das Lied von Eis und Feuer 9: Der Sohn des Greifen | George R. R. Martin (Buch)

Schön, wie das manchmal so läuft, habe ich mich letzte Woche dem neunten Band der Rom-Serie gewidmet, um heute gleich mit einem weiteren neunten Teil daherzukommen, derweil ich ja übrigens durchaus gewillt bin, die immer klaffender werdende Lücke bei der Serie zu schließen, die mir im Laufe der Jahre entstanden ist, wobei es hier überwiegend darum gehen wird, entsprechende Reviews nachzuliefern. Aber ich bin ja guter Dinge, da zeitnah Abhilfe schaffen zu können und bis dahin wartet ja auch noch immerhin ein Buch auf mich :)

Das Lied von Eis und Feuer
Der Sohn des Greifen

A Dance with Dragons (Pages 1-499), USA 2011, 832 Seiten

Das Lied von Eis und Feuer 9: Der Sohn des Greifen von George R. R. Martin | © Penhaligon
© Penhaligon

Autor:
George R. R. Martin
Übersetzer:
Andreas Helweg

Verlag (D):
Penhaligon
ISBN:
978-3-7645-3104-1

Genre:
Fantasy | Drama | Abenteuer

 

Inhalt:

»Es heißt, man vergisst«, hatte Haggon ihm wenige Wochen vor seinem eigenen Tod erzählt. »Wenn das Fleisch des Menschen stirbt, lebt sein Geist im Tier weiter, doch mit jedem Tag wird die Erinnerung schwächer, und das Tier wird immer weniger Warg und immer mehr Tier, bis nichts mehr von dem Menschen übrig ist und nur das Tier übrig bleibt.«

Daenerys hat Meereen eingenommen, doch es herrscht kein Friede, denn nicht nur innerhalb der Stadt versucht man sich gegen die Mutter der Drachen zu wenden, sondern auch von außerhalb droht Gefahr, derweil sich auch Tyrion mittlerweile auf dem Kontinent Essos befindet, dem wiederum eine Reise voller Gefahren und Wunder bevorsteht, die ihn mit einem zweifach Verbannten zusammenführen wird. Im Norden von Westeros bemüht sich Jon Schnee darum, die Kräfte der Nachtwache zu mobilisieren, um gegen die erstarkenden Mächte aus dem Norden bestehen zu können, derweil Stannis Baratheon ihm das Leben nicht gerade leicht macht und seinerseits darauf erpicht ist, die Völker der sieben Königslande um sich zu scharen und seine Hand Davos aus diesem Grund mit einem Bündnisgesuch nach Weißwasserhafen entsendet. Jedoch eine Kreatur namens Stinker, deren Vergangenheit eng mit dem Fall von Winterfell verbunden ist, wüsste zu berichten, dass auch die Boltons eine Macht sind, mit der man rechnen muss…

Rezension:

Während es bei George R. R. Martin immerhin sechs Jahre gedauert hat zwischen der Veröffentlichung des vierten Bandes Das Lied von Eis und Feuer (hierzulande der 7. und 8. Band) und dem fünften Teil der Geschichte, musste bei mir nicht einmal ein Jahr vergehen, um mich nun dem nach derzeitigen Stand vorletzten verfügbaren Buch der Reihe zu widmen, das wieder einmal lediglich die erste Hälfte des amerikanischen Originals A Dance with Dragons bereithält und folglich auch unter anderem Titel – Der Sohn des Greifen daherkommt, doch genug der Formalismen, soll es natürlich um das Buch um sich gehen, was mich wieder einmal enorm zu packen wusste, so dass ich jetzt auch besser die Kritiker verstehe, die den vorangegangenen Storylines nicht so viel abgewinnen konnten. Denn bekanntermaßen hat Martin sich nach Beendigung des dritten Originalbandes ja dazu entschlossen, seine Erzählstränge aufzuteilen und in zwei Büchern jeweils parallel verlaufende Ereignisse abzubilden und sich dabei auf ein bestimmtes Figurenkonsortium zu beschränken und der allgemeine Tenor scheint zu sein, dass hier nun die weitaus interessanteren Figuren – allen voran Jon, Tyrion und Deanerys – in den Fokus rücken und tatsächlich wirken deren Geschicke oft weitaus faszinierender und facettenreicher als beispielsweise die sich endlos hinziehenden Querelen der Graufreuds (oder Greyjoys) im Vorgänger.

»Die Welt ist voller Wein«, murmelte er in seine klamme Kabine hinein. Sein Vater hatte für Trinker nichts übriggehabt, doch was spielte das noch für eine Rolle. Sein Vater war tot. Er selbst hatte ihn umgebracht. ›Ein Bolzen in den Bauch, Mylord, und ganz allein für Euch. Wenn ich nur besser mit der Armbrust umgehen könnte, hätte ich Euch in den Schwanz geschossen, mit dem Ihr mich gezeugt habt, Ihr verfluchter Bastard.‹

Überhaupt scheint dem Autor die mehrjährige Auszeit gut getan zu haben und die Geschichte von Der Sohn des Greifen präsentiert sich wieder deutlich schnittiger und es gibt kaum ein Kapitel, dem man den Vorwurf machen könnte, reines Füllmaterial zu sein, derweil man endlich wieder das Gefühl hat, dass wirklich an jeder Ecke in Westeros und Essos etwas passiert, wobei weite Teile des Hauptkontinents allein durch das Aussparen der Lannisters und den Niedergang der Starks regelrecht ausgeblendet werden, denn selbst Tyrion ist nicht mehr in Westeros anzutreffen und treibt sich ebenfalls auf dem im Osten gelegenen Kontinent rum, während sich Jons Geschicke noch immer auf die Mauer im Norden konzentrieren. Allein aber schon Tyrions Reise hätte ein Roman für sich werden können und wartet mit einigen wirklich großartigen Ideen auf, während man insbesondere durch den Fokus auf Essos merkt, dass hier langsam aber sicher auch eine Art der Magie in den Vordergrund rückt, während die ersten Bände ja in weiten Teilen sozusagen ein Mittelalter-Epos mit Drachen waren. Hier allerdings scheinen sich langsam alte Kräfte zu regen und auch in Bezug auf Bran wird man aus dem Staunen nicht mehr herauskommen, wenn sich dessen Entwicklung auch zuweilen als etwas sprunghaft darstellt.

Westeros selbst wird ja nun aber auch zum Glück nicht vollständig ausgespart und insbesondere Stannis trachtet ja noch immer danach, sich den Eisernen Thron zu Eigen zu machen, wobei selbiger wie schon in den Bänden zuvor eher als Randfigur in Erscheinung tritt und eine ähnliche Rolle spielt wie Robb Stark seinerzeit, der ja auch nie zu den "erzählenden" Figuren des Epos gehört hat. Gerade wenn man aber an beispielsweise Robb denkt, gibt es da natürlich Handlungsstränge aus den vorangegangenen zwei (deutschen) Büchern, über deren Fortsetzung ich mich sehr gefreut hätte, doch durch die Parallelität werden derlei Hoffnungen natürlich direkt im Keim erstickt, weshalb ich es Der Sohn des Greifen nicht wirklich ankreiden möchte, aber noch immer den Standpunkt vertrete, dass es besser gewesen wäre, hätte Martin seine ursprüngliche Erzählform beibehalten. Dieser Eindruck verstärkt sich auch dadurch, dass man allenthalben dann doch gerne einmal den Überblick zu verlieren droht, wenn der Autor neue Figuren, neue Mächte, neue Instanzen ins Spiel wirft und damit den Kampf um den Thron zu verschärfen gedenkt, denn einerseits wirkt das manchmal wie ein billiger Taschenspielertrick, wie hier auf wenigen Seiten eine neue, ach so gefährliche Bedrohung aus dem Hut gezaubert wird, andererseits mag man sich fragen, welche Geschehnisse um die anderen Figuren eventuell im selben Moment ablaufen mögen und ob sich diese nicht doch noch überschneiden werden.

Wie es der Zufall wollte, verließ er das Haus durch die falsche Tür und fand den Brunnen nicht, den er von seinem Fenster aus gesehen hatte, aber das störte ihn nicht. Der Garten hinter dem Haus war genauso schön und viel größer. Eine Zeit lang spazierte er hindurch und trank. Die Mauern hätten mit denen einer richtigen Burg nicht mithalten können, und die Eisenspitzen darauf wirkten eigenartig nackt, weil sie nicht mit Köpfen verziert waren. Tyrion stellte sich vor, wie der Kopf seiner Schwester darauf aussehen würde, mit Teer im goldenen Haar und Fliegen, die um ihren Mund schwärmten. ›Ja, und Jaime bekommt die Spitze neben ihr,‹ entschied er. ›Nichts soll je zwischen meinen Bruder und meine Schwester kommen.‹

Martins Werk legt also an Umfang in Bezug auf Figuren und Fraktionen noch einmal merklich zu und hinsichtlich des Gesamtkontextes droht es schwierig zu werden, alle handelnden Mächte im Auge zu behalten, weshalb das Epos stellenweise etwas zerfasert wirkt und nicht mehr so stringent wie noch in den ersten Büchern. Die einzelnen Geschichten für sich genommen immerhin wissen allesamt erneut zu überzeugen und sind nur so gespickt mit garstigen Cliffhangern und großartigen Überraschungen, derweil ich persönlich mich insbesondere über das Wiedersehen mit so mancher Figur gefreut habe, die ich längst für tot oder aus der Geschichte geschrieben worden gehalten habe. Summa summarum kommt also auch der neunte Band Der Sohn des Greifen nicht an die an Perfektion grenzenden ersten Bücher heran, geht aber einen Schritt in die richtige Richtung und erzählt seine ausufernden Storylines mit neu entfachter Dramatik.

Fazit & Wertung:

Mit Der Sohn des Greifen widmet sich George R. R. Martin nach den vorangegangenen Geschichten zweifellos wieder dem interessanteren Figurenkonsortium zu und schafft es, einen Schritt zurück in Richtung der besten Tage des Epos zu machen, auch wenn die Geschichte zuweilen ein wenig zu weitschweifig und überladen wirkt, um ganz die Klasse der ersten Bände zu erreichen.

9 von 10 Schattenwölfen von Winterfell

Das Lied von Eis und Feuer 9: Der Sohn des Greifen

  • Schattenwölfe von Winterfell - 9/10
    9/10

Fazit & Wertung:

Mit Der Sohn des Greifen widmet sich George R. R. Martin nach den vorangegangenen Geschichten zweifellos wieder dem interessanteren Figurenkonsortium zu und schafft es, einen Schritt zurück in Richtung der besten Tage des Epos zu machen, auch wenn die Geschichte zuweilen ein wenig zu weitschweifig und überladen wirkt, um ganz die Klasse der ersten Bände zu erreichen.

9.0/10
Leser-Wertung 7/10 (1 Stimme)
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Meinungen aus der Blogosphäre:
Tonight is gonna be a large one.: 9/10 Punkte

Das Lied von Eis und Feuer:

1. Die Herren von Winterfell
2. Das Erbe von Winterfell
3. Der Thron der sieben Königreiche
4. Die Saat des goldenen Löwen
5. Sturm der Schwerter
6. Die Königin der Drachen
7. Zeit der Krähen
8. Die dunkle Königin
9. Der Sohn des Greifen
10. Ein Tanz mit Drachen

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Weitere Details zum Buch und dem Autor findet ihr auf der Seite von Penhaligon. Dort findet sich übrigens auch eine Leseprobe.

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Das Lied von Eis und Feuer 9: Der Sohn des Greifen ist am 21.05.12 bei Penhaligon erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!


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Kommentare (2)

  1. bullion 7. September 2016
    • Wulf | Medienjournal 9. September 2016

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