Natürlich wird es auch heute wieder Zeit für eine Rezension und diesmal habe ich dann doch ein – für meine jüngsten Lektüren – eher ungewöhnliches Werk in petto, auf das ich zufällig stieß und das mir doch recht gut gefallen hat – mit kleineren Abstrichen, wie ihr nachfolgend werdet lesen können.
Aftertaste
Jenseits des guten Geschmacks
Aftertaste, USA 2014, 400 Seiten
© Luzifer Verlag
Andrew Post
Andreas Schiffmann
Luzifer Verlag
978-3-958-35324-4
Fantasy | Horror
Inhalt:
In einem früheren Leben war Saelig Zilch ein angehender und ambitionierter Koch, doch nach seinem Tod wurde er von der Confab angeheuert, um sogenannte Lusus naturae – Launen der Natur – ausfindig und gegebenenfalls dingfest zu machen. Dabei kann es sich um so ziemlich alles handeln, was das übernatürliche Spektrum so hergibt und folglich enthalten viele Geschichten um Feen, Vampire oder Werwesen weit mehr als nur ein Quäntchen Wahrheit. Meist weiß Zilch allerdings nicht, worin genau sein Auftrag besteht, wenn er sich wieder einmal in dem Körper eines Verstorbenen wiederfindet, der von Nanobugs wieder auf Vordermann gebracht wird und so verhält es sich auch, als er sich in seiner alten Heimat in North Carolina aus dem Grab erhebt. Doch als wäre so ein Auftrag nicht schwer genug und das Zeitfenster zu dessen Erfüllung eng bemessen, wird Zilch nun auch noch von der Kellnerin Galavance angefahren. Was aber kaum mehr als ein Zufall zu sein scheint, könnte sich als hilfreich für den untoten Ermittler erweisen, gleichwohl es ihm eigentlich von der Confab verboten ist, das Gespräch mit den Lebenden zu suchen…
Rezension:
Auf der Suche nach der passenden Urlaubslektüre stolperte ich vor einiger Zeit zufällig über Aftertaste – Jenseits des guten Geschmacks und ohne auch nur die gesamte Inhaltsangabe studiert zu haben, marschierte ich allein des Covers wegen mit dem Buch zur Kasse, ganz zu schweigen davon, dass die Geschichte seitens Kirkus Reviews als "eine groteske Südstaaten-Gothic-Mär, halb Evil Dead, halb Tucker and Dale vs. Evil" angepriesen worden ist, was tatsächlich eine Art Buch versprach, wie ich sie seit langer Zeit nicht mehr in der Hand hatte. Und um dies gleich mal vorwegzunehmen, ist der Vergleich zwar durchaus statthaft, derweil das von Andrew Post verfasste Werk allerdings in kaum einer Hinsicht an auch nur eins der genannten Werke heranreicht. Nichtsdestotrotz ist das schon ziemlich einfallsreiches wie abgedrehtes Zeug, was der Autor einem hier kredenzt und ich persönlich hatte meine helle Freude mit dem Buch, auch wenn es inhaltlich manche Schwäche zu verschmerzen gab.
Der Reanimierte lässt sich in dem schäbigen schwarzen Anzug, im dem seine geliehene Hülle beerdigt wurde, aufs Gras fallen und rupft daran. Das Geräusch, das beim Abreißen einer Handvoll frischgrüner Halme entsteht, lässt ihn immerzu an Haare denken, die mit der Wurzel herausgezogen werden. Die Grube liegt zwar hinter ihm, doch weil er Angst davor hat, wieder hineinzufallen – was nicht zum ersten Mal geschehen würde –, kriecht er weiter, bis seine Arme nachgeben. Gibt es etwas Schlimmeres, als sich aus einem Grab zu befreien? Ja, es zweimal tun zu müssen.
So ist allein die Prämisse natürlich nicht uninteressant und verleiht der Figur des Saelig Zilch einen gewissen Pfiff, zumal die in seinem Körper hantierenden Nanobugs und seine grundsätzliche Unsterblichkeit – wohlgemerkt nicht Unverletzbarkeit – ihn dazu prädestinieren, solcherart heikle Aufträge zu erledigen, wie sie ihm die Confab überträgt. Hier geht es aber schon los, denn so spannend dieser Ansatz sein mag, erfährt man im weiteren Verlauf herzlich wenig über Zilchs Auftraggeber oder auch nur darüber, um was für eine Art von außerweltlicher Institution es sich handelt. Ähnliches gilt für Saeligs hinter ihm liegendes Leben, das wenn überhaupt grob umrissen, gern eine größere Rolle hätte spielen können, zumal auch seine damalige Freundin eine nicht ganz unwichtige, vor allem aber mysteriöse Rolle spielt, die bis zuletzt nicht wirklich aufgeklärt wird. Der Fokus liegt bei Aftertaste also weitaus mehr auf dem eigentlichen Auftrag, während das Drumherum eher grob skizzierte Staffage darstellt, was schon ein wenig schade ist.
Ein zynischer Rezipient könnte hier gar so weit gehen, zu behaupten, es hätte der gesamten Untoten-Chose und der Confab überhaupt nicht bedurft, um die Geschichte mit nur leichten Anpassungen genauso zu erzählen, wie es hier der Fall ist, wohingegen ich einfach nur den verpassten Möglichkeiten hinterhertrauere, mehr über diese Institution zu erfahren. Zudem wird einem noch während der Lektüre klarwerden, dass diese Art Story geradezu prädestiniert dazu gewesen wäre, eine ganze Reihe um die Aufträge von Saelig Zilch zu entwerfen (in denen man dann auf hier vernachlässigte Punkte wunderbar hätte eingehen können), doch nach aktuellem Stand – ursprünglich erschien Aftertaste bereits 2014 – ist hiervon nichts zu lesen oder hören, was dann auch den Abschluss der Geschichte mit all den offen gebliebenen Fragen ein wenig unbefriedigend macht. Aber gut, der Fokus ist eben hier ein gänzlich anderer und so konzentriert sich Post darauf, seine in Summe vier Tage und rund 400 Seiten umfassende Geschichte zu erzählen und die wartet tatsächlich mit einigen lustigen, derben, vor allem aber überraschend ekligen, gekonnt plastisch geschilderten Szenen auf, wobei ich mir tatsächlich noch ein wenig mehr Witz von dem Band erwartet hätte.
Er hat diesem Vorgang – wenn sich die ausgeborgte organische Hülle an ihn schmiegt, die Zellen sich wieder zusammenfügen – in Anspielung auf Zurück in die Vergangenheit einen eigenen Namen gegeben: SBP oder Samuel-Beckett-Prozess. Man mag es Assimilation, Rekombination oder wie auch immer sonst nennen. Heilung? Neukonfigurierung? Wiederaufbau dessen, was zusammengehört; Nanobugs, die ihren Dienst tun. Das ist weder annähernd so spektakulär wie in jener Serie, wo es immer zischte und brutzelte wie nichts Gutes, noch nimmt er die Gestalt der Menschen an, deren Körper er annektiert, aber es handelt sich um das gleiche Prinzip. Ungeachtet der Unterschiede hat er diese Bezeichnung dafür verinnerlicht.
Nichtsdestotrotz wussten sowohl Protagonist Zilch und seine aberwitzigen Eskapaden wie auch die ihm zur Seite gestellte Galavance zu gefallen, die recht schnell Wind davon bekommt, mit einem untoten Monsterjäger unterwegs zu sein, was sie erstaunlich gut verkraftet. An makabren Ideen mangelt es Aftertaste aber auch sonst nicht und wenn man eben so bewusst trashig inszenierte Geschichten mag, wird man hier bestens unterhalten, weshalb ich auch vermute, dass ich dem Buch deshalb böse bin, weil ich gerne noch mehr Abenteuer mit Zilch erlebt hätte. Was ich aber sonst nur bei Filmen/Serien schreibe, gilt nun auch hier, nämlich, dass die Story nichts für Zartbesaitete ist. So ist es in meinen Augen ein hohes Lob, dass ich mich manchmal wirklich geekelt habe, obwohl ich es ja "nur" mit dem geschriebenen Wort zu tun hatte, denn das ist mir in dem Ausmaß bisher kaum untergekommen, wobei sich die zweite Hälfte in dieser Hinsicht auch noch einmal deutlich steigert. In Summe also ein wirklich kurzweiliges und abwechslungsreiches Lesevergnügen, das hält, was das Cover verspricht, aber gerne noch ein wenig mehr Tiefgang hinsichtlich des Protagonisten und seiner Auftraggeber hätte bekommen können.
Aftertaste – Jenseits des guten Geschmacks
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Eifrige Nanobugs - 7.5/10
7.5/10
Fazit & Wertung:
Andrew Post liefert mit Aftertaste – Jenseits des guten Geschmacks eine im besten Sinne aberwitzige Geschichte ab, deren selbstbewusster Trash-Appeal ihr durchaus gut zu Gesicht steht, wenn man solche abgedreht-derben wie gleichermaßen ekligen oder schlichtweg absurden Storys zuweilen mag. Erzählerisch bleibt hier zwar manches im Zusammenhang mit der Hauptfigur auf der Strecke, doch deren "Abenteuer" an sich ist überaus gelungen.
Weitere Details zum Buch und dem Autor findet ihr auf der Seite des Luzifer Verlag. Dort findet sich übrigens auch eine Leseprobe.
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Aftertaste – Jenseits des guten Geschmacks ist am 31.05.18 als Taschenbuch im Luzifer Verlag erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über den Link und unterstützt damit das Medienjournal!