Review: Babylons Asche – Expanse-Serie 6 | James Corey (Buch)

Zunächst einmal wünsche ich, gut ins neue Jahr gerutscht zu sein und nachdem wir nun die Formalitäten hinter uns gebracht haben, starte ich das neue Jahr gleich mal mit einem Buch-Highlight sondergleichen, denn auch wenn ich von Beginn an großer Fan der Expanse-Serie gewesen bin, hat mich doch noch keins der Bücher so nachhaltig beeindruckt und in seinen Bann gezogen wie dieses hier.

Babylons Asche
Expanse-Serie 6

Babylon’s Ashes (The Expanse Series Book 6), USA 2016, 624 Seiten

Babylons Asche von James Corey | © Heyne
© Heyne

Autor:
James Corey
Übersetzer:
Jürgen Langowski

Verlag (D):
Heyne
ISBN:
978-3-453-32045-1

Genre:
Science-Fiction | Mystery | Thriller

 

Inhalt:

Wie auch immer, früher waren Sternschnuppen etwas Schönes gewesen. Etwas Unschuldiges. So würde es nie wieder werden. Jedenfalls nicht für sie oder irgendeinen anderen Menschen auf der Erde. Jeder helle Streifen war das Flüstern des Todes, das Zischen eines Geschosses. Eine unmissverständliche Erinnerung: Das alles kann jederzeit enden, und du kannst es nicht verhindern.

Marco Inaros hat mit seinen Angriffen auf die Erde der Wiege der Menschheit erheblichen Schaden zugefügt und die von ihm ins Leben gerufene freie Raummarine hat sich längst als feste Größe etabliert. Grund genug für Erder, Marsianer und Teile des Gürtels, ein zeitweiliges Zweckbündnis einzugehen, um Inaros aufzuhalten und dessen umfassende Pläne für die Gürtler und vor allem das von der Medina-Station bewachte Ringtor zu vereiteln. Es versteht sich fast von selbst, dass Avasarala einmal mehr die Hilfe von James Holden und seiner Rosinante-Crew ersucht, zumal er sich im Laufe der Zeit einen Ruf erworben hat, keine der Fraktionen zu bevorzugen. Nichtsdestotrotz wird es schwer werden, Jahrhunderte alte Fehden zu begraben, Vorurteile auszuräumen und sich geeint einem Feind entgegenzustellen, dessen Macht, ebenso wie dessen Pläne, von außen kaum zu bewerten sind. Doch während Inaros predigt, ein klar umrissenes Ziel für die freie Raummarine und die Gürtler vor Augen zu haben, beginnt nicht nur sein Sohn Filip, sondern auch die zum inneren Kreis von Inaros‘ Vertrauten gehörende Michio Pa, an dessen Ansichten und auch Plänen zu zweifeln, als er ohne viel Federlesens die Ceres-Station – und damit Millionen Gürtler – der nahenden Erden-Flotte überlässt…

Rezension:

Nachdem ich mich jüngst von der – erstmals von Amazon produzierten – vierten Staffel der TV-Adaption The Expanse habe begeistern lassen, die sich gekonnt an Handlungselementen aus sowohl Cibola brennt als auch Nemesis-Spiele bedient hat, passte es vom Timing her mehr als ausgezeichnet, dass im November auch der nunmehr sechste Band der Buch-Reihe als Taschenbuch erschienen ist und ich mich quasi im Anschluss an die Serie mit deren Fortsetzung in geschriebener Form befassen durfte, auch wenn natürlich beide Geschichten in geringfügig andere Richtungen gehen mögen. Babylons Asche nun markiert für mich einmal mehr einen neuen Höhepunkt der Reihe, was daran liegt, dass James Corey – ihr wisst schon, eigentlich Daniel Abraham und Ty Franck – hier nicht eine weitere, grundsätzlich in sich abgeschlossene Geschichte abliefert – speziell Cibola brennt steht bei den Fans ja durchaus in der Kritik – sondern im Grunde auch als Abschluss eines Geschichtenzyklus fungieren könnte, der vom ersten Band an und mit spürbar rotem Faden vorbereitet und in Stellung gebracht worden ist.

Marco Inaros erschien auf dem Monitor. Aus dem Fall seiner Haare konnte man schließen, dass er sich entweder auf Ceres befand oder mit starkem Schub flog. Es war nicht genug Hintergrund zu erkennen, um zu bestimmen, ob er auf einem Schiff oder in einem Büro war. Sein Lächeln war charmant und erreichte sogar die warmen, dunklen Augen.

So trifft man hier eben nicht nur auf die altbekannte und liebgewonnene Kern-Crew der Rosinante, bestehend selbstredend aus James, Naomi, Alex und Amos, sondern kann von Avasarala über Bobbie Draper und Michio Pa bis hin zu Prax einiges an altbekannten Gesichtern ausmachen, derweil ich immer wieder staune, wie gut es doch gelingt, ein mittlerweile so umfangreiches Figuren-Konsortium unterscheidbar und abwechslungsreich zu halten, so dass auch Nebenfiguren wie Fred Johnson oder Anderson Dawes ihre Momente spendiert bekommen und man sich kaum fragen muss, wer eigentlich noch mal in welcher Funktion aufgetreten ist, denn allein der "Schlächter der Anderson-Station" ist natürlich mittlerweile längst ähnlich ikonisch wie die Helden der Rosinante. Angereichert wird die durchaus üppige und weitreichende Rahmenhandlung von Babylons Asche darüber hinaus noch von zahlreichen weiteren Figuren, die teils nur in wenigen Kapiteln selbst zu Wort kommen, aber allesamt spürbar wichtige Bindeglieder in einer Geschichte sind, die lange nicht mehr so episch, umfassend, weitreichend und dramatisch gewirkt hat wie hier.

Wichtigste – und schon in Nemesis-Spiele eingeführte – Neuzugänge sind aber natürlich Marco Inaros und dessen Sohn Filip, aus dessen Sicht einige der interessantesten Kapitel geschildert werden, denn während Inaros sich nach außen hin zum Held und Befreier der Gürtler, zum strahlenden Anführer der freien Raummarine aufschwingt, bilden sich aus Sicht von Filip doch immer mehr Risse in der Fassade des charismatischen Anführers. Und auch wenn man bei einem mehr als 600 Seiten umfassenden Roman meinen könnte, die Geschichte könne schnell langatmig oder schlichtweg unüberschaubar werden, gelingt es den Autoren tatsächlich, alles beisammen zu halten und bis ins letzte Detail glaubwürdig zu schildern, wie sich Erde, Mars und Gürtler einmal mehr aneinander aufreiben, nur dass dieser Konflikt durch das Ringtor und die Entdeckung der neuen Welten, durch neue Bündnisse und Abkommen, zur Stärke gelangte Fraktionen und politische Ränkespiele eine gänzlich neue Qualität erreicht. Entsprechend braucht es, bis überhaupt alle Handlungsorte und Absichten erneut etabliert sind, doch wenn man meint, die Beweggründe der Schachfiguren durchschaut zu haben, kommt es schon zu den ersten Zerwürfnissen und neuen Zweckgemeinschaften, die das Skizzierte in einem neuen Licht erscheinen lassen.

Die Freie Raummarine war nicht die AAP, aber das wollte sie auch nicht sein. Die Freie Raummarine war die stärkste Kraft der alten Ordnung, zusammengeschweißt zu einer Streitmacht, die keinen Feind brauchte, um sich selbst zu definieren. Sie war die Verheißung einer Zukunft, in der das Joch der Vergangenheit nicht bloß abgeschüttelt, sondern zerbrochen war.
Das bedeutete aber nicht, dass sie völlig losgelöst von der Vergangenheit existierte.

Ansonsten arbeiten Abraham und Franck gekonnt sämtliche Stärken der Reihe heraus und so dürfte Babylons Asche gleichsam die überzeugen, denen das politische Zusammenspiel und die daraus resultierenden Treffen am Herzen liegen, während auch Freunde der eher actionreichen Begegnungen im All voll auf ihre Kosten kommen, derweil es den "kleineren" figuren am Rande des Geschehens obliegt, auch wieder viel auf die persönliche Ebene und das Erleben der unbescholtenen Bürger abzustellen, die nie um diesen Konflikt gebeten, sich nie daran beteiligt haben und dennoch ganz unweigerlich unter dessen Folgen zu leiden haben. Denn so ein umfassender Krieg, wie er hier seitens Inaros angestrebt und forciert wird, fordert natürlich auch hinsichtlich Wirtschaft und Versorgung seine Opfer und nachdem in einer beispiellosen Aktion weite Teile der Erde verheert worden sind, sind es doch nur wenige, die erahnen, was dies in den nächsten Jahren für die Menschheit als solche bedeuten könnte, wenn der Nachschub von der Erde ausbleibt. So lassen die Autoren keinen Aspekt in ihrer Erzählung unberücksichtigt und schaffen gerade durch diesen umfassenden Blick eine so derart glaubhafte, in sich stimmige und überzeugende Zukunft, dass es auch im sechsten Band eine wahre Freude ist, Holden und seiner Crew bei ihren Abenteuern beizuwohnen, die hier einerseits zu einem vorläufigen – und spektakulären – Abschluss gebracht werden, gleichsam aber natürlich wieder Andeutungen und Möglichkeiten für Fortsetzungen beinhalten, die – Orbit Books hat Corey für insgesamt neun Bände der Expanse-Reihe verpflichtet – aber zum Glück natürlich längst in trockenen Tüchern (oder bereits erschienen) sind.

Fazit & Wertung:

Mit Babylons Asche bringen Daniel Abraham und Ty Franck vieles von dem, was sie in den vorangegangenen fünf Bänden begonnen haben, zu einem vorläufigen Abschluss und liefern eine üppig bevölkerte, sorgsam durchdachte und zunehmend epischer werdende Story ab, die man mühelos als neuen Höhepunkt der Reihe bezeichnen kann, wenn man sich denn mit dem durchaus fordernden und weitschweifigen Story-Konstrukt anfreunden kann, das mitnichten nur die Crew der Rosinante, sondern gleich Dutzende Figuren im Zentrum der Ereignisse sieht.

10 von 10 Differenzen zwischen Erde und Mars

Babylons Asche - Expanse-Serie 6

  • Differenzen zwischen Erde und Mars - 10/10
    10/10

Fazit & Wertung:

Mit Babylons Asche bringen Daniel Abraham und Ty Franck vieles von dem, was sie in den vorangegangenen fünf Bänden begonnen haben, zu einem vorläufigen Abschluss und liefern eine üppig bevölkerte, sorgsam durchdachte und zunehmend epischer werdende Story ab, die man mühelos als neuen Höhepunkt der Reihe bezeichnen kann, wenn man sich denn mit dem durchaus fordernden und weitschweifigen Story-Konstrukt anfreunden kann, das mitnichten nur die Crew der Rosinante, sondern gleich Dutzende Figuren im Zentrum der Ereignisse sieht.

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Weitere Details zum Buch und dem Autor findet ihr auf der Seite von Heyne.

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Babylons Asche ist am 11.11.19 als Taschenbuch bei Heyne erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über den folgenden Link und unterstützt damit das Medienjournal!

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