Auch heute gibt es – wie jeden Mittwoch – selbstredend wieder eine Buch-Rezension und einmal mehr beginne ich mit einer Reihe, die aber immerhin nur drei Teile umfasst, ergo eine Trilogie ist, womit ich sie schnell "abgearbeitet" haben sollte (zumal ich schon längst mit der Lektüre des Nachfolgebandes begonnen habe).
Psychose
Ein Wayward-Pines-Thriller 1
Pines, USA 2012, 416 Seiten
© Goldmann
Blake Crouch
Kerstin Fricke
Goldmann
978-3-442-48970-1
Mystery | Science-Fiction | Thriller
Inhalt:
Er erwachte auf dem Rücken. Das Sonnenlicht schien ihm ins Gesicht, und in der Nähe gluckerte Wasser. Sein Sehnerv schmerzte, und auch in seinem Hinterkopf pochte es heftig – das ferne Grollen einer sich ankündigenden Migräne. Er rollte sich auf die Seite und setzte sich auf, wobei er den Kopf zwischen die Knie klemmte. Noch bevor er die Augen aufschlug, wusste er, dass sich die Welt um ihn herum drehte, als wäre alles ins Wanken geraten.
Ohne Erinnerung an seine Identität, ohne Brieftasche, Handy oder sonstige Habseligkeiten – erwacht Bundesagent Ethan Burke auf einer Straße und erinnert sich vage an einen Autounfall, an dem er beteiligt gewesen ist. Das Örtchen, in dem er sich befindet, stellt sich als Wayward Pines heraus, doch wie es ihn dorthin verschlagen hat oder warum, muss er sich zunächst mühsam zusammenreimen. Langsam aber kehrt die Erinnerung an seinen Namen und die Tatsache, dass er als Bundesagent angereist ist, um das Verschwinden zweier Kollegen zu untersuchen, zurück. Doch kurioserweise erreicht Ethan weder seine Frau noch seine Dienststelle und das pittoreske Wayward Pines kommt ihm zunehmend seltsam vor, derweil sich auch der Sheriff alles andere als kooperativ verhält. Nach einer Reihe kurioser Entdeckungen, die Burke letztlich zu einem grausigen Fund lotsen, ist er mehr denn je überzeugt, dass etwas ganz und gar nicht stimmt mit der abgeschiedenen Ortschaft und ihren merkwürdigen Einwohnern…
Rezension:
Obwohl – oder vielleicht sogar gerade weil – ich schon vor geraumer Zeit der FOX-Serie Wayward Pines meine Zeit und Aufmerksamkeit gewidmet habe, schlich ich auch immer wieder um die hierzulande zunächst bei Amazon Crossing veröffentlichte Wayward-Pines-Trilogie von Blake Crouch herum. Und nachdem nun die gesamte Reihe binnen weniger Monate und in wirklich schicker Aufmachung bei Goldmann neu aufgelegt worden ist, schien der Zeitpunkt gekommen, Worten Taten folgen zu lassen und die Lektüre zu wagen, obwohl ich eben dank der Adaption bereits um den finalen Twist wusste, der einen hier tatsächlich erst gegen Ende erwartet, denn die Serie ist da deutlich kompakter geraten und fasst quasi die gesamte Romanhandlung von Psychose in nur wenigen Folgen zusammen. Der gewählte deutsche Titel ist dabei grenzwertig irreführend, auch wenn dem Protagonisten das eine oder andere Mal gewisse geistige Instabilität attestiert wird, wobei ich durchaus nachvollziehen kann, dass man Pines nicht wörtlich mit "Pinien" übersetzen wollte. So oder so, ändert das aber natürlich nichts am Inhalt des Buches und wenn man weiß, worauf man sich einlässt, verspricht dies einiges an Spannung und Kurzweil, auch wenn weder Handlung noch Figuren wahnsinnig tiefsinnig sein mögen und sich mehr auf Popcorn-Kino-Niveau bewegen.
Das Alpenglühen hatte die Felsen rings um Wayward Pines rosa gefärbt, sodass sie sich fast dem dunkler werdenden Himmel anpassten. Er versuchte, dies wunderschön und bewegend zu finden, was ihm aufgrund der Schmerzen allerdings nicht gelang.
Wie schon bei der Serie – obwohl das Buch natürlich zuerst da war – hat Wayward Pines beziehungsweise Psychose aber noch am ehesten damit zu kämpfen, sein Publikum zu finden, denn man sollte es tunlichst vermeiden, auch nur Andeutungen in die Richtung zu machen, was es mit dem Städtchen Wayward Pines denn nun auf sich hat, derweil viele – je nach persönlichen Genre-Präferenzen – mit der Auflösung nicht eben glücklich sein dürften, zumal diese hier relativ knapp gehalten wird und somit wahrscheinlich erst in den beiden Folgebänden Wayward und Die letzte Stadt ausformuliert werden wird. Nichtsdestotrotz hatte selbst ich, der ich die Auflösung schon kannte, gehörige Freude an der Lektüre, was ich zu großen Teilen dem zwar einfachen, aber auch einnehmenden Schreibstil anrechne, der zwar weniger auf Tiefgang und mehr auf Dynamik und Action ausgelegt sein mag, den Band dadurch aber auch zum Page-Turner par excellence werden lässt.
Natürlich bedient sich Blake Crouch klassischer Mystery-Versatzstücke und betont zudem im Nachwort, wie sehr ihn seinerzeit Lynchs Twin Peaks beeinflusst und begeistert hat, von dem sich ja durchaus zumindest vage Parallelen zu der vorherrschenden Rätselhaftigkeit des Örtchens Wayward Pines ziehen lassen, auch wenn sich ansonsten beide Geschichten in gänzlich unterschiedlichen Bahnen bewegen. So begleiten wir hier Protagonist Ethan Burke, wie er sich in der fremden Umgebung zu orientieren und zurechtzufinden versucht und dabei über allerlei Merkwürdigkeiten und Ungereimtheiten stolpert, die sich erst im letzten Drittel des Romans gänzlich erschließen werden. Bis dahin lebt und zehrt Psychose lange Zeit von diesen sich häufenden Mysterien, während man – zum Glück – ausschließlich der Perspektive der Hauptfigur folgt, die zwar ebenfalls eher skizzenhaft ausgearbeitet worden ist und in ihren Manierismen doch sehr dem Ideal des amerikanischen Helden entspricht, aber dennoch als Identifikationsfigur taugt.
Sein erster Instinkt war zu verschwinden, ohne gesehen zu werden, und das verwirrte ihn. Er war ein Bundesagent, der der Regierung der Vereinigten Staaten unterstand, was bedeutete, dass andere tun mussten, was er sagte. Sogar Krankenschwestern und Ärzte. Sie wollten nicht, dass er ging? Nicht sein Problem. Und trotzdem wollte ein Teil von ihm eine Konfrontation vermeiden. Er wusste, dass das dumm war, aber er wollte auch nicht von Schwester Pam erwischt werden.
Und natürlich sollte man nicht zu ernst und wörtlich nehmen, was sich in dem Roman so abspielt und zuletzt eröffnet wird, denn man könnte durchaus kritisieren, dass Blake Crouch einige logische Fallstricke außer Acht lässt. Und insbesondere seine tapferer Recke – der natürlich Ex-Soldat ist und nicht nur körperlich einiges auf dem Kasten hat – schon das eine oder andere Mal schier übermenschliche Kräfte entwickelt, wenn es gilt, sich Angreifern zu erwehren oder ganze Bergkämme zu erklimmen. Hinsichtlich des Genres und der Art der Erzählung kann man darüber aber meines Erachtens durchaus hinwegsehen, weil die Geschichte schlichtweg zu fesseln versteht und sicherlich nicht den Anspruch erhebt, ein lebensnaher und realistischer Thriller sein zu wollen, ohne jetzt zu viel vorwegnehmen zu wollen von dem, wohin sich Psychose inhaltlich und thematisch letztlich entwickelt. Mit einem Herz für Mystery-Thriller kann man hier also durchaus einen Blick riskieren und ansonsten auch nach Beendigung des ersten Bandes – wenn die Bombe geplatzt ist – entscheiden kann, ob man sich auch dem Rest der Wayward-Pines-Trilogie widmen möchte (was ich für meinen Teil sicherlich zeitnah tun werde).
Psychose
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Geheimnisse von Wayward Pines - 8.5/10
8.5/10
Fazit & Wertung:
Blake Crouch offeriert mit Psychose, dem ersten Teil der jüngst neu aufgelegten Wayward-Pines-Trilogie, einen als Page-Turner konzipierten Mystery-Thriller, der zwar sicherlich tiefgründiger hätte ausfallen können, aber mit schnittigem Schreibstil für sich einzunehmen weiß, wobei die schlussendliche Auflösung des omnipräsenten Rätsels allerdings letztlich immer Geschmackssache bleiben wird.
Weitere Details zum Buch und dem Autor findet ihr auf der Seite von Goldmann. Dort findet sich übrigens auch eine Leseprobe.
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Psychose – Ein Wayward-Pines-Thriller 1 ist am 16.09.19 bei Goldmann erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!