Review: Die Schatten – Die Blackwood-Aufzeichnungen 1 | Guillermo del Toro | Chuck Hogan (Buch)

Heute reden wir dann mal wieder über einen Mystery-Thriller, auf den ich vorrangig über die beiden Autoren gestoßen bin, die sich bekanntermaßen schon einmal zusammengetan haben, um sich dem Vampir-Thema zu widmen, nun aber in Richtung des Okkulten vorstoßen.

Die Schatten
Die Blackwood-Aufzeichnungen 1

The Hollow Ones – The Blackwood Tapes Vol. 1, USA 2020, 416 Seiten

Die Schatten - Die Blackwood-Aufzeichnungen 1 von Guillermo del Toro & Chuck Hogan | © Heyne
© Heyne

Autoren:
Guillermo del Toro
Chuck Hogan
Übersetzer:
Kristof Kurz

Verlag (D):
Heyne Verlag
ISBN:
978-3-453-44112-5

Genre:
Mystery | Horror | Thriller

 

Inhalt:

Ein Mechaniker ging auf den Piloten zu, um ihn aufzuhalten, woraufhin der Pilot mit dem Schraubenschlüssel ausholte und ihm mit drei heftigen Schlägen die rechte Schädelseite zertrümmerte. Der Angriff dauerte nur wenige Sekunden, dann brach der Mechaniker zuckend auf dem Boden zusammen und hauchte sein Leben aus.

Die FBI-Agentin Odessa Hardwicke und ihr dienstälterer Partner Walt Leppo ahnen nichts Böses, als sie beim Abendessen von ihrer Dienststelle kontaktiert werden und erfahren, dass aus dem Flughafen Teterboro ein Kleinflugzeug entwendet wurde und sich über Manhattan befindet, wo der Täter scheinbar wahllos Schüsse aus einer halbautomatischen Waffe abgibt. Während die Meldungen laufend aktualisiert werden und sich zwei F-15-Jagdflugzeuge an die Fersen des Schießwütigen heften, folgen Odessa und Walt einer Eingebung und begeben sich nach Upper Montclair, weil sie vermuten, dass es sich bei dem Amokschützen um Cary Peters handeln könnte. Ihr Gespür scheint richtig und vor Ort erwartet sie ein grausiger Tatort. Als es ihnen aber beinahe gelingt, Peters zu stellen, gerät Odessa in einen regelrechten Alptraum, denn plötzlich ist es Leppo, von dem die eigentliche Gefahr auszugehen scheint. Notgedrungen erschießt sie ihren Partner und muss beobachten, wie eine Art Schatten seinen Körper verlässt. Noch kann sie sich keinen Reim darauf machen, doch wird sie alsbald einem pensionierten Agenten namens Earl Solomon begegnen, der bei seinem ersten Außeneinsatz 1962 die Bekanntschaft des mysteriösen Hugo Blackwood gemacht hat, dessen Spezialität exakt solche unerklärlichen Phänomene zu sein scheinen…

Rezension:

Schon früh landete Die Schatten auf meinem persönlichen Wunschzettel, da ich Guillermodel Toro nicht nur als Regisseur, also für seine Filme, sehr schätze – beispielhaft sei hier einfach mal Shape of Water erwähnt, sondern auch seiner Kollaboration mit Autor Chuck Hogan, namentlich die Trilogie Die Saat mochte, der sich nun eben Die Blackwood-Aufzeichnungen anschließen. Da soll doch glatt mal lobend erwähnt werden, dass bereits auf dem Cover ein Verweis auf die Aufzeichnungen prangt, so dass sich niemand davon überraschen lassen muss, dass es sich um den Auftakt einer Reihe handelt, was ja leider – nicht nur bei Heyne – des Öfteren der Fall ist. Waren es zuvor noch Vampire, denen sich del Toro und Hogan von einer neuen Warte aus zu nähern versuchten, sind es nun eben Themen um dämonische Besessenheit und okkulte Rituale, denen sie sich zu widmen gedenken. Das gelingt auch grundsätzlich, jedoch muss ich leider sagen, dass mich der Band insgesamt ein wenig enttäuscht zurückgelassen hat. Vielleicht habe ich mir schlichtweg zu viel erwartet, doch vermag das Autoren-Duo nicht annähernd so ungewöhnlich und überraschend an die Sache heranzugehen, wie das zu hoffen gewesen wäre.

Der erste Notruf kam aus Teterboro. Ein Privatflugzeug war ohne Flugerlaubnis des Towers gestartet und nach Osten über Moonachie und die Interstate 95 in Richtung Hudson River geflogen. Die mutmaßlich gestohlene Maschine gewann und verlor ständig mehrere tausend Meter an Höhe, wodurch sie regelmäßig unter den Radarerfassungsbereich geriet.

Keine Frage, Die Schatten beginnt vielversprechend und mutet kurzzeitig an wie ein klassischer – und gelungener – Thriller, bevor sich das Übernatürliche Bahn zu brechen beginnt, doch wird aus der Prämisse vergleichsweise wenig gemacht, was insbesondere auch daran liegt, dass die Geschichte gleich über drei Erzählebenen hinweg zum Besten gegeben wird. Auch das ist grundsätzlich eine willkommene Abwechslung und spannend, doch graben die Einschübe aus den Jahren 1582 sowie 1962 dem Gegenwarts-Part natürlich immer wieder das Wasser ab, wodurch der kaum zur wirklichen Entfaltung kommt und ohnehin lange braucht, um wirklich in die Gänge zu kommen. Eine konsequente und stringente Ausgestaltung des Plots ist zweifelsohne wichtig, doch während der Leser schon einen gehörigen Wissensvorsprung besitzt, tappt die jüngst suspendierte FBI-Agentin Odessa lange im Dunkeln, was ihr und ihrem Partner Leppo widerfahren ist. Auch sonst ist das Schriftbild vergleichsweise großzügig gewählt und der Roman kommt kaum über 400 Seiten hinaus, so dass man sich denken kann, wie wenig im Grunde wirklich passiert, bevor es auch schon auf das unweigerliche Finale zusteuert, das im Übrigen ebenfalls etwas krude, überhastet und enttäuschend wirkt.

Nicht falsch verstehen, es handelt sich um durchweg gelungene und kurzweilige Lektüre, aber ich hatte mir einfach mehr erwartet vom nächsten Wurf seitens del Toro und Hogan, auch wenn schon Die Saat zuweilen auch ihre Schwächen und Enttäuschungen mit sich brachte. So waren dort aber die Vampire immerhin gänzlich anders und neu interpretiert als in einschlägigen Publikationen, derweil der Plot schlussendlich generischen Mustern gefolgt ist. Hier erhofft man sich ähnliches zum Thema Besessenheit, doch die verhält sich kaum anders als bei den großen Vorbildern, nur dass sie reißerischer inszeniert wird. Ansonsten werden religiöse Lehren wie Voodoo, Hoodoo und nicht zuletzt Palo thematisiert, gewinnen aber – Ausnahmen bestätigen die Regel – kaum an tiefergehender Bedeutung für den Plot. Schlimmer noch sieht es für die Schatten aus, die dem Roman seinen Namen geben – im Original übrigens The Hollow Ones, denn von diesen in Menschen einfahrenden Wesenheiten gibt es gerade mal vier und drei von ihnen befinden sich in Gefangenschaft, so dass man besser von "dem einen Schatten" reden sollte, der hier effektiv sein Unwesen treibt.

»Davey, wir waren gerade beim Essen. Es ist direkt über uns weggeflogen. Wie ist die Lage?«
»Terrorwarnung«, sagte Davey. »Von der Otis Air Base sind zwei Jets aufgestiegen.«
»Von der Otis Air Base?«, fragte Leppo ungläubig. »Und was sollen die machen? Den Vogel direkt über Hoboken abschießen?«
»Wenn es sein muss. Er fliegt einen Zickzackkurs über den Hudson, vollführt ein paar riskante Manöver und ballert wahllos auf die Stadt runter.«

Dennoch, es gibt auch viel Positives zu vermelden, denn insbesondere die Rückblenden ins 1582er-Mortlake (bei London) und das 1962er-Mississippi-Delta wissen zu gefallen und überzeugen dramaturgisch tatsächlich weit mehr, während es ebenso begrüßenswert ist, dass sich die Autoren auf ein kleines, ausgesuchtes Figuren-Konsortium konzentriert. Aus dem sticht natürlich der undurchsichtige und geheimnistuerische Hugo Blackwood heraus, den Odessa widerwillig und auf ungewöhnlichem Wege kontaktiert, um ihn um Hilfe zu bitten, derweil auch die resolute, sich nicht unterkriegen lassende FBI-Agentin selbst im Laufe der Erzählung an Profil gewinnt, was gleichsam für Earl Solomon gilt, dem man auf gleich zwei Zeitschienen begegnet, also einmal als junger, aufstrebender Agent in den 60ern, einmal als alter, desillusionierter Mann in der Gegenwart. Schade, dass man die Ausarbeitung der weiteren Figuren nicht ebenso lobend erwähnen kann, denn da gibt es beispielsweise zum Ende hin einen Überraschungsauftritt, bei dem ich erst einmal grübeln musste, wer das denn jetzt noch mal war. Sei es wie es will, Die Schatten bietet solide Lektüre mit Ausreißern nach oben, leider aber auch nicht viel mehr, wobei ich mir ziemlich sicher bin, dass es ausreicht, dass ich der Reihe beim zweiten Band noch eine Chance geben werde.

Fazit & Wertung:

Guillermo del Toro und Chuck Hogan tun sich für Die Schatten ein weiteres Mal zusammen, um den Auftakt ihrer Blackwood-Aufzeichnungen zu kredenzen, die sich Übersinnlichem und Okkulten – im vorliegenden Fall dämonischer Besessenheit – widmen. Leider wirken die Ideen aber nicht unbedingt frisch und die Story nicht unbedingt vielschichtig, so dass der Band merklich hinter seinen Möglichkeiten bleibt.

7 von 10 okkulten Ritualen

Die Schatten - Die Blackwood-Aufzeichnungen 1

  • Okkulte Rituale - 7/10
    7/10

Fazit & Wertung:

Guillermo del Toro und Chuck Hogan tun sich für Die Schatten ein weiteres Mal zusammen, um den Auftakt ihrer Blackwood-Aufzeichnungen zu kredenzen, die sich Übersinnlichem und Okkulten – im vorliegenden Fall dämonischer Besessenheit – widmen. Leider wirken die Ideen aber nicht unbedingt frisch und die Story nicht unbedingt vielschichtig, so dass der Band merklich hinter seinen Möglichkeiten bleibt.

7.0/10
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Weitere Details zum Buch und den Autoren findet ihr auf der Seite von Heyne. Dort findet sich übrigens auch eine Leseprobe.

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Die Schatten – Die Blackwood-Aufzeichnungen 1 ist am 08.02.21 bei Heyne erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über den Link und unterstützt damit das Medienjournal!

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