Review: Old (Film)

Eine kleine Film-Kritik hätte ich für heute dann auch mal wieder in petto, habe ich mir so überlegt.

Old

Old, USA/JP/CN 2021, 108 Min.

Old | © Universal Pictures
© Universal Pictures

Regisseur:
M. Night Shyamalan
Autoren:
M. Night Shyamalan (Drehbuch)
Pierre-Oscar Lévy (Graphic-Novel-Vorlage)
Frederik Peeters (Graphic-Novel-Vorlage)

Main-Cast:

Gael García Bernal (Guy)
Vicky Krieps (Prisca)
Rufus Sewell (Charles)
Alex Wolff (Trent Aged 15)
Thomasin McKenzie (Maddox Aged 16)
Abbey Lee (Chrystal)
Nikki Amuka-Bird (Patricia)
Ken Leung (Jarin)
Eliza Scanlen (Kara Aged 15)
Aaron Pierre (Mid-Sized Sedan)
Embeth Davidtz (Adult Maddox)

Genre:
Drama | Horror | Mystery | Thriller

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Old | © Universal Pictures
© Universal Pictures

Für Guy und Prisca geht es gemeinsam mit ihren Kindern Trent und Maddox in ein luxuriöses Urlaubs-Resort voller Annehmlichkeiten und Entertainment-Angeboten. Die Kinder ahnen nicht, dass ihre Eltern sich zu scheiden planen und einige schöne Momente als Erinnerung schaffen wollen, was auch mit einem Tumor zusammenhängt, den Prisca ihren Kindern verschweigt. Auf der Suche nach Zerstreuung kommt da das Angebot des Resort-Leiters gerade recht, der ihnen einen geheimen Traumstrand empfiehlt. Gemeinsam mit einigen wenigen weiteren Urlauber*innen geht es zu dem kleinen Stückchen Paradies, doch was als entspannter Tag am Meer beginnt, wandelt sich schnell zu einem regelrechten Alptraum. Nicht damit genug, dass der kleine Trent die Leiche einer jungen Frau entdeckt, mehren sich bald die Anzeichen, dass mit der Zeit an diesem Ort irgendetwas ganz und gar nicht stimmt. Bald schon können die Eltern kaum noch ihre eigenen Kinder erkennen…

Rezension:

Nachdem ich vor gar nicht allzu langer Zeit Shyamalans Glass nachgeholt habe (der mich leider nicht wirklich zu überzeugen gewusst hat), stand nun also Old auf dem Programm, auf den ich schon lange sehr gespannt gewesen bin. Den Trailer habe ich zwar immer wieder in der Mitte abgebrochen, um nicht über Gebühr gespoilert zu werden, doch die übergeordnete Prämisse wird ja durchaus schnell und prägnant deutlich, ganz unabhängig davon, was sich weitergehend hinter dem Phänomen verbergen mag. Das mag dann zwar auch eines der vorherrschenden Mysterien im film sein, doch macht Shyamalan um die Entzauberung des ersonnenen Phänomens weitestgehend einen Bogen, wenn man von den hanebüchenen Erklärungsversuchen der Protagonist*innen einmal absieht. Stattdessen entfaltet sich am Wegesrand noch eine Handvoll weiterer Rätsel und Mysterien, denen der Regisseur im weiteren Verlauf zunehmend Aufmerksamkeit zu widmen gedenkt, was dahingehend beinahe schade ist, dass der emotionale Kern des Films diesmal weit stärker wirkt als dessen potentielles Mindfuck-Potential.

Szenenbild aus Old | © Universal Pictures
© Universal Pictures

So wirkt es hier leider am Ende so, als müsse noch eine Wendung, ein Twist folgen, einfach nur, weil man einen Shyamalan-Film sieht und sich das da so gehört, anstatt dass es sich organisch aus der Erzählung ergäbe. Entsprechend baut Old in meinen Augen mit verstreichender Zeit zunehmend ab, auch wenn sich im letzten Drittel ein paar hochgradig emotionale Momente finden lassen, die allerdings gerne einmal von erzählerischen Ungereimtheiten überschattet werden. Die fallen meist zwar weniger störend ins Gewicht und können wohlwollend fürs Flair in Kauf genommen werden (ständig werden Lagerfeuer entzündet, doch nirgends ist Holz zu finden), doch wenn sich der Film darauf versteift, erhellende Enthüllungen präsentieren zu wollen, dann wirkt das leider bemüht und konstruiert, so dass die erste Hälfte meines Erachtens klar die Bessere und Sehenswertere ist, auch wenn es nun nicht so ist, dass sich die Story zuletzt gänzlich selbst demontiert, sondern durchaus überzeugt. Am Ende muss man aber eben hie und da ein Auge zudrücken und die willentliche Aussetzung der Ungläubigkeit bemühen, was man vermutlich auch eleganter hätte lösen können. Sei es drum, in vielerlei Hinsicht mag das Gezeigte zwar wie ein Rätsel wirken, ist in letzter Konsequenz aber vielmehr Gedankenexperiment und Was-wäre-wenn?-Szenario, dem man ohne viel Aufwand deutliche Parallelen zur Deprivation während der Corona-Lockdowns andichten kann.

Dabei ist Old dann auch in vielerlei Hinsicht weniger Horrorfilm geworden, sondern auch tieftrauriges Drama, das sich der Endlichkeit des Seins widmet, der Kostbarkeit gemeinsamer Momente, der Wichtigkeit der Wertschätzung, des Zusammenhalts, der Gemeinschaft, wenn hier alles in zunehmender Windeseile zum Teufel zu gehen droht. Das ist oft klug, zuweilen herzzerreißend und manchmal schockierend inszeniert, wobei ich nicht ganz klar nachvollziehen kann, nach welchen Regeln der Regisseur beschlossen hat, die Kamera entweder voll draufhalten oder scheu den Blick abwenden zu lassen, so dass es Jene geben wird, die sich mehr Body-Horror gewünscht hätten und dahingehend enttäuscht dem Film den Rücken kehren, während andere wiederum den durchaus vorhandenen Schock- und Ekelmomenten auf einer ansonsten eher melancholisch und fatalistisch geprägten Reise eher wenig abgewinnen können. Dramaturgisch derweil gibt sich der Film ähnlich ambivalent und vermag einerseits auf ganzer Linie und mit Feingefühl zu punkten – das gilt für die im Zentrum der Geschehnisse stehenden Eheleute Guy (Gael García Bernal, Mozart in the Jungle) und Prisca (Vicky Krieps) sowie deren Kinder, die alsbald von Alex Wolff (Jumanji) und Thomasin McKenzie (Last Night in Soho) verkörpert werden –, andererseits mit allzu rudimentärer und reißbrettartiger Charakterexposition zu enttäuschen – wie etwa das später hinzustoßende Pärchen der an Epilepsie leidenden Patricia (Nikki Amuka-Bird ) und ihres Mannes Jarin (Ken Leung). Rufus Sewell (Victoria) derweil punktet wiederum auf ganzer Linie mit eindrücklichem Schauspiel, derweil Abbey Lee (Elizabeth Harvest) ein doch arg klischeehaft egozentrisches Püppchen mit hysterischen Tendenzen geben muss.

Szenenbild aus Old | © Universal Pictures
© Universal Pictures

Das ergibt leider in Summe ein doch eher unstetes Sehvergnügen, dem es allerorten an Feinschliff oder einer erzählerisch klaren Linie mangelt, derweil Intention und Potential meist klar erkennbar sind, aber nicht so genutzt werden, wie es die spannende Prämisse verdient gehabt hätte. Dazu tragen auch die nicht immer sinnstiftenden Dialoge und manch irrationale Handlung bei, derweil es leichter zu akzeptieren gewesen wäre, wie die handelnden Figuren sich in ihr Schicksal fügen, wenn man sich gar nicht erst vom Terrain eines Gedankenexperiments entfernt hätte. Die pflichtschuldigen Horroreinschübe und der nicht minder bemühte Twist allerdings machen deutlich, dass M. Night Shyamalan noch weitaus mehr gewollt und dabei nicht bedacht hat, den emotionalen Kern der Story womöglich selbst zu torpedieren. Um aber auf einer positiven Note zu enden – denn Old bleibt trotz all seiner offenkundigen Schwächen meiner Meinung nach noch immer ein sehenswerter Film – möchte ich noch einmal gesondert die musikalische Untermalung hervorheben, die außerordentlich gelungen und atmosphärisch daherkommt und das breite Spektrum dessen abzudecken vermag, was Shyamalan hier offerieren möchte. Ansonsten haben wir es hier mit dem wohl ungewöhnlichstem Setting für ein Kammerspiel zu tun und das sieht – Kameramann Mike Gioulakis zum Dank – bestechend gut aus und steht in scharfem Kontrast zu dem Schrecken, der sich hier unerbittlich – und vor strahlender Urlaubskulisse – Bahn bricht. Das negiert die Schwächen in keiner Weise, lässt sie aber weniger gravierend wirken, weil hier doch ein vor allem faszinierendes Stück Film gelungen ist.

Fazit & Wertung:

Mit Old schließt Filmemacher M. Night Shyamalan zwar nicht an seine größten Erfolge an, liefert aber einen in Summe faszinierenden Film mit Kammerspielatmosphäre unter freiem Himmel, dem seine vielen erzählerischen Tonwechsel zwar nicht unbedingt gut tun, der als fatalistische Vergänglichkeitsstudie aber dennoch ein überzeugendes Bild abliefert. Das ist zwar weniger Horror als vielmehr übersinnlich gefärbtes Drama, doch macht es die Geschichte kaum weniger packend. Einzig die hanebüchenen Erklärungsversuche und pflichtschuldig in den Plot gebauten Twists hätte man sich durchaus schenken können.

7 von 10 Vor der Zeit alternden Individuen

Old

  • Vor der Zeit alternde Individuen - 7/10
    7/10

Fazit & Wertung:

Mit Old schließt Filmemacher M. Night Shyamalan zwar nicht an seine größten Erfolge an, liefert aber einen in Summe faszinierenden Film mit Kammerspielatmosphäre unter freiem Himmel, dem seine vielen erzählerischen Tonwechsel zwar nicht unbedingt gut tun, der als fatalistische Vergänglichkeitsstudie aber dennoch ein überzeugendes Bild abliefert. Das ist zwar weniger Horror als vielmehr übersinnlich gefärbtes Drama, doch macht es die Geschichte kaum weniger packend. Einzig die hanebüchenen Erklärungsversuche und pflichtschuldig in den Plot gebauten Twists hätte man sich durchaus schenken können.

7.0/10
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Old ist am 09.12.21 auf DVD, Blu-ray und 4K UHD Blu-ray bei Universal Pictures erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

DVD:

Blu-ray:

vgw

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