Review: The Resistance 1: Eine neue Ordnung (Graphic Novel)

Heute gibt es dann nach einwöchiger Auszeit natürlich auch wieder eine Graphic-Novel-Review, die sich – was für ein Zufall – dem Band widmet, den ich ansonsten auch schon vergangene Woche an dieser Stelle hier vorgestellt hätte.

The Resistance 1
Eine neue Ordnung

The Resistance #1-6, USA 2020, 160 Seiten

The Resistance 1: Eine neue Ordnung | © Panini
© Panini

Autor:
J. Michael Straczynski
Zeichner:
Mike Deodato Jr.

Verlag (D):
Panini Verlag
ISBN:
978-3-741-62227-4

Genre:
Endzeit | Drama | Mystery | Science-Fiction | Thriller

 

Inhalt:

Unvermittelt beginnt ein neuartiges Virus – XV1N1 getauft – um sich zu greifen und stürzt die Welt in eine Pandemie ungeahnten Ausmaßes, der im weiteren Verlauf rund 400 Millionen Menschen zum Opfer fallen und die Zivilisation und Gesellschaft an den Rande des Zusammenbruchs führen, während die Herrschenden dem wenig entgegen zu setzen haben. So plötzlich aber, wie XV1N1 auf der Bildfläche erschien, stoppt dessen Ausbreitung und das Virus scheint wie durch Knopfdruck deaktiviert worden zu sein. Es kommt allerdings noch mysteriöser, denn anscheinend hat eine gehörige Anzahl Überlebender mannigfache übernatürliche Kräfte entwickelt, die an Superhelden und -schurken aus einschlägigen Comics gemahnen. Vorsichtigen Schätzungen zufolge sind es aber nicht nur eine Handvoll Personen, die von der willkürlich scheinenden Mutation betroffen sind, sondern rund 10 Millionen Menschen, die natürlich auch für Politik und Zivilbevölkerung eine nicht zu unterschätzende Bedrohung darstellen. Denn während sich bereits ein Widerstand zu organisieren beginnt, haben viele ihre Kräfte kaum unter Kontrolle – manche ahnen nicht einmal, welche zu besitzen – während andere willentlich bereit sind, sie für illegale Zwecke einzusetzen. Da kommt der harte Kurs des US-Präsidenten vielen gerade recht, auch wenn man dabei wohlweislich ignoriert, dass von den demokratischen Statuten der Vereinigten Staaten herzlich wenig bliebe und seine drastischen Maßnahmen geradewegs in Richtung Faschismus führen…

Rezension:

Nicht zum ersten Mal wird ein Autor von der Realität eingeholt, doch im Fall von The Resistance 1: Eine neue Ordnung sind die Überschneidungen tatsächlich drastisch, denn dass es wirklich und wahrhaftig zu einer Pandemie kommen sollte, wie J. Michael Straczynski (Before Watchmen)sie hier eindrucksvoll auf den ersten Seiten schildert, hat der sich sicherlich ebenso wenig ausmalen können wie wir, hätte man uns vor anderthalb Jahren darauf angesprochen. Auch wenn die Realität die Kunst kurzzeitig überholt haben mag, geht die Story des vorliegenden Bandes aber freilich einen ganz anderen Weg und auch wenn die hier geschilderte Pandemie erschreckend ist, wenn die Parallelen von irritierend bis satirisch reichen, dient das Ganze im Grunde natürlich auch vorrangig als Aufhänger für eine Superhelden-Story, gleichwohl die sich gänzlich anders präsentiert, als man das von einschlägigen Produktionen und Veröffentlichungen gewohnt ist. Dabei habe ich auch erst im Nachgang in die Lektüre gelernt, dass es sich um den Auftaktband eines "Shared Universe" handeln soll, wo sich eben entsprechend künftig auch andere Autor*innen austoben dürfen, was aber natürlich die Frage aufwirft, inwieweit – und wann – es mit The Resistance weitergehen mag oder ob Straczynski im zweiten Band dann eben schlichtweg nicht mehr als Autor, sondern "nur" noch als Schöpfer des Ganzen genannt wird.

Dieser Ansatz einer geteilten, stetig wachsenden Welt erklärt dann auch den breiten Ansatz, den Straczynski hier verfolgt, denn es dauert im Grunde mehrere dutzend Seiten, bis man so etwas wie echte Protagonisten auszumachen meint, während zuvor vieles wie eine allgemeine Schilderung und Abhandlung der Ereignisse wirkt, die für sich genommen allerdings ungemein überzeugt. Dennoch ist es natürlich Fluch und Segen zugleich, sich einer weltweiten Bedrohung zu widmen, denn selbst wenn einzelne Figuren in den Vordergrund zu treten beginnen, ist ihnen nicht sonderlich viel Zeit vergönnt, bevor der nächste Schauplatzwechsel ansteht und mit ihm eine oftmals neue Riege an Charakteren, während auch politische Gipfeltreffen und Debatten ihren Platz innerhalb dieser vielschichtigen Erzählung einfordern. So ist The Resistance 1: Eine neue Ordnung ohne Zweifel ein faszinierendes und einnehmendes Werk, aber eben leider auch nicht der große Wurf, wie oftmals proklamiert, denn dafür kommt zu oft der rote Faden abhanden, während sich im Grunde erst im letzten Drittel erste Zusammenhänge und Überschneidungen herauszukristallisieren beginnen.

Während es derweil inhaltlich schon anspruchsvoll, vielschichtig und abwechslungsreich zur Sache geht, stehen die Zeichnungen von Mike Deodato Jr. (Vader Down) dem in nichts nach und liefern eine realistische wie bedrückende Interpretation der Ausnahmesituation, die sich eben gerade dadurch auszeichnet, fernab der mit Kräften ausgestatteten Personen ungemein realistisch, dabei düster und fatalistisch daherzukommen. Thema, Umsetzung und der globale Ansatz wissen also zu gefallen und man darf gespannt sein, was künftig aus der Welt von The Resistance noch so folgen wird, doch hätte ich mir ein paar prägnanter ausgearbeitete Protagonist*innen als Bezugspunkte und Identifikationsfiguren gewünscht, denn die vorgestellten Charaktere gewinnen aufgrund ihrer nur kurzen Auftritte kaum an Profil, zumal die Szenen vorrangig genutzt werden, ihre unterschiedlichen Kräfte vorzustellen. Dieser Eindruck relativiert sich immerhin zum Ende des Bandes ein wenig, wenn zumindest einige Handlungsstränge zusammenlaufen, doch lauert hier natürlich auch wieder ein obligatorischer Cliffhanger, schließlich sind wir erst ganz am Anfang dessen, was Straczynski und Deodato – bald dann mit tatkräftiger Unterstützung weiterer Kreativer – zu erzählen gedenken.

Entsprechend wird hier vieles angerissen, aber weniges erschöpfend beantwortet, obwohl der Band mit einem stolzen Umfang von über 160 Seiten daherkommt, die aber freilich auch wieder die obligatorische Cover-Galerie inkludieren und zudem den verspäteten Hinweis auf den Shared-Universe-Gedanken liefern, der dem Ganzen zugrunde liegt. In der Summe ist The Resistance 1: Eine neue Ordnung aber ein extrem vielversprechender und durchweg wertiger Einstand für eine neue Reihe, bei der sich allerdings noch wird zeigen müssen, ob und inwieweit die Prämisse von anderen Autoren und Künstlern gewinnbringend genutzt werden wird. Und auch wenn die offenkundigen thematischen Parallelen zur Realität einerseits ein gutes Werbemittel sind, wird man sich natürlich andererseits selbst fragen müssen, ob man sich tatsächlich auch in dieser Form derzeit mit einer Pandemie befassen möchte, denn der Grad an Eskapismus ist freilich nur halb so ausgeprägt, wenn man sich allerorten – wenn auch in abgewandelter Form – an die Wirklichkeit erinnert fühlt.

Fazit & Wertung:

J. Michael Straczynski und Mike Deodato Jr. liefern mit The Resistance 1: Eine neue Ordnung ein gleichermaßen faszinierendes wie erschreckendes Werk ab, denn die offenkundigen Parallelen zur realen Pandemie lassen den Band nicht annähernd so unbeschwert genießen, wie das sonst wohl der Fall gewesen wäre. Entgehen lassen sollte man sich diese Story globalen Ausmaßes aber deshalb noch lange nicht, denn nicht nur die vielschichtig inszenierte Geschichte begeistert, der Ansatz eines Shared Universe für andere Kreativschaffende lässt auch in Zukunft auf reichlich Nachschub hoffen.

9 von 10 Erben einer unerklärlichen Pandemie

The Resistance 1: Eine neue Ordnung

  • Erben einer unerklärlichen Pandemie - 9/10
    9/10

Fazit & Wertung:

J. Michael Straczynski und Mike Deodato Jr. liefern mit The Resistance 1: Eine neue Ordnung ein gleichermaßen faszinierendes wie erschreckendes Werk ab, denn die offenkundigen Parallelen zur realen Pandemie lassen den Band nicht annähernd so unbeschwert genießen, wie das sonst wohl der Fall gewesen wäre. Entgehen lassen sollte man sich diese Story globalen Ausmaßes aber deshalb noch lange nicht, denn nicht nur die vielschichtig inszenierte Geschichte begeistert, der Ansatz eines Shared Universe für andere Kreativschaffende lässt auch in Zukunft auf reichlich Nachschub hoffen.

9.0/10
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The Resistance 1: Eine neue Ordnung ist am 23.03.21 im Panini Verlag erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über den nachfolgenden Link und unterstützt damit das Medienjournal!

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