Review: The Lodge (Film)

Der Oktober ist schon mehr als zur Hälfte rum und ich gebe mich freilich keinen Illusionen hin, es noch auf 13 Horrorfilme schaffen zu können, aber ein wenig Grusel darf es natürlich im Halloween-Monat schon sein.

The Lodge

The Lodge, UK/USA/CA 2019, 108 Min.

The Lodge | © LEONINE
© LEONINE

Regisseure:
Severin Fiala
Veronika Franz
Autoren:
Sergio Casci
Veronika Franz
Severin Fiala

Main-Cast:

Riley Keough (Grace)
Jaeden Martell (Aiden Hall)
Lia McHugh (Mia Hall)
Alicia Silverstone (Laura Hall)
Richard Armitage (Richard Hall)

Genre:
Drama | Horror | Mystery | Thriller

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus The Lodge | © LEONINE
© LEONINE

Richard und Laura haben sich schon vor geraumer Zeit voneinander getrennt und die Scheidung der beiden dürfte nur noch Formsache sein, derweil Richard seine neue – ungleich jüngere – Freundin Grace zu heiraten gedenkt. Kein Wunder also, dass Lauras und Richards gemeinsame Kinder Aidan und Mia der neuen Freundin ihres Vaters mehr als nur skeptisch gegenüberstehen. Entsprechend sind sie auch alles andere als begeistert, als Richard vorschlägt, man könne ja die Weihnachtsfeiertage gemeinsam in der abgelegenen Familienhütte verbringen, doch machen sie notgedrungen gute Miene zum bösen Spiel. Als wäre dem nicht genug, muss Richard dann auch noch arbeitsbedingt für einige Tage in die Stadt zurück und so bleiben Mia und Aidan allein mit der seltsame Grace, von der sie erst jüngst durch das Internet erfahren haben, dass sie als Kind Teil einer christlichen Sekte gewesen ist und als einzige deren Massensuizid überlebt hat…

Rezension:

Der von Veronika Franz und Severin Fiala inszenierte The Lodge ist ohne Frage einer dieser Filme, über die man bestmöglich wenig wissen und lesen sollte, weshalb ich es auch in Sachen Handlung bei einigen hinlänglich bekannten Allgemeinplätzen belassen möchte, denn jedes Quäntchen, dass sich an Handlungsverlauf erahnen ließe, würde die Faszination schmälern, die der Film zumindest atmosphärisch entfaltet. So dauert es eine geraume Weile, bis es überhaupt in die namensgebende "Lodge" geht und selbst bei der Ankunft vermag man noch nicht zu sagen, wer oder was denn nun die ausgewiesene Bedrohung darstellt, der sich die eine oder andere Fraktion – oder womöglich alle gemeinsam – wird stellen müssen. Bemerkenswert wird das dadurch, dass der Film ansonsten vom ersten Moment an wie eine Anhäufung von Klischees wirkt, ob es nun um die zerrüttete Ehe geht, die jüngere Frau, die einsame Ex, die abweisenden Kinder oder – natürlich – die einsame Hütte im Wald geht. Franz und Fiala scheinen aber darum zu wissen, wie klischeehaft das Ganze auf den ersten Blick wirken mag und tun inszenatorisch einiges dafür, dass sich ihr erster englischsprachiger Film nach dem Überraschungserfolg Ich seh ich seh eigenständig und einnehmend präsentiert.

Szenenbild aus The Lodge | © LEONINE
© LEONINE

Das funktioniert mit teils simpelsten Kniffen wie etwa den wiederkehrenden Kamerafahrten durch ein altes Puppenhaus, das – wie es der Zufall will – der Familienhütte im Wald nachempfunden ist und dementsprechend dortiges Geschehen zu spiegeln oder auch vorwegzunehmen vermag. Ansonsten sind es die elegischen Kamerafahrten, die gerade zu Beginn auffallend unaufgeregte Art der Inszenierung, die The Lodge atmosphärisch schier mühelos aus der Masse herausragen lässt. Manches wollte sich mir zwar auch nicht ganz erschließen, wie etwa, dass Franz und Fiala es in den ersten zwanzig Minuten gänzlich und auffällig vermeiden, Grace‘ Gesicht zu zeigen, doch stützt letztendlich jeder inszenatorische Dreh das unruhige, unbequeme Gefühl, das Ausgangsbasis für eine verschneite Tour de Force sein soll. Nichtsdestotrotz übertreibt es der Film zuweilen aber fast mit seinem Mystery-Anteil, denn es ist eine Sache, sich undurchsichtig und merkwürdig zu geben, eine ganz andere, sich schwelgerisch so sehr darin zu verlieren, dass dramaturgisch vieles ins Leere läuft oder sich letztlich (mehrfach) als assoziative (Alp-)Traumsequenz entpuppt.

Nun gut, auch das stützt natürlich die zentrale Fragestellung des Films, woher die Gefahr rührt, wem sie gilt und ob sie womöglich übersinnlichen Ursprungs ist und ich kann nicht behaupten, dass The Lodge mich nicht gefesselt und fasziniert hätte. Dessen ungeachtet verlässt sich der Streifen ein wenig zu sehr auf seinen zentralen Twist, der nicht ganz reibungslos vonstattengeht, weil man ihn womöglich hat kommen sehen und weil er nicht bis ins letzte Detail funktionieren will und kann. An diesen Stellen wirkt es dann leider ein wenig sehr konstruiert im letzten Drittel, auch wenn das seitens der Autor*innen natürlich nur so gehandhabt wird, um das überraschend konsequente und garstige Ende kredenzen zu können. Das allein macht in seiner Kompromisslosigkeit einiges an erzählerischem Boden gut, aber man meint eben zu merken, dass die Story des Films um eine zentrale Ausgangslage oder Idee herum entstanden sein dürfte und so dient am Ende eben doch vieles nur dazu, auf falsche Fährten zu führen oder den Mystery-Grusel-Faktor hochzuschrauben.

Szenenbild aus The Lodge | © LEONINE
© LEONINE

Ansonsten gibt sich The Lodge solide bis sehenswert, wird vor allem aber vom gelungenen Cast noch einmal aufgewertet, denn nicht nur die Kinder – hier verkörpert von Lia McHugh und dem in punkto Horror und Mystery bereits ungleich erfahreneren Jaeden Martell (Midnight Special) – wissen durchweg zu überzeugen, sondern auch die von Riley Keough (It Comes At Night) dargestellte Grace überzeugt mit einer Eindringlichkeit und Ambivalenz, wie sie nicht jede darstellen könnte. Last but not least gibt Richard Armitage (Ich schweige für dich) routiniert den Familienvater, glänzt aber eben die meiste Zeit durch Abwesenheit und bekommt so natürlich deutlich weniger Raum, sich zu profilieren, was gleichsam für Alicia Silverstone als Mutter der Kinder gilt. So denke ich schon, dass hier erzählerisch noch mehr drin gewesen wäre, aber in der Summe punktet der Streifen mit mehr als gelungenem Look und einer vielversprechenden Prämisse, wobei die Akzeptanz des Films natürlich damit steht und fällt, welche Erwartungshaltung man persönlich vielleicht an die Eine-Handvoll-Leute-allein-in-der-Hütte-im-Wald-Storyline hat.

Fazit & Wertung:

Veronika Franz und Severin Fiala offerieren mit The Lodge ungemein atmosphärischen und beklemmenden Grusel, der allerdings die meiste Zeit seinen Mystery-Part in den Vordergrund stellt und auf kleiner Flamme köchelt, bevor ein nicht ganz überzeugender Twist die Ereignisse in eine neue Richtung lenkt. Erzählerisch holpert es zuweilen ein wenig, aber in Sachen Flair ist diese Geschichte ganz weit vorn.

7 von 10 Spuren im Schnee

The Lodge

  • Spuren im Schnee - 7/10
    7/10

Fazit & Wertung:

Veronika Franz und Severin Fiala offerieren mit The Lodge ungemein atmosphärischen und beklemmenden Grusel, der allerdings die meiste Zeit seinen Mystery-Part in den Vordergrund stellt und auf kleiner Flamme köchelt, bevor ein nicht ganz überzeugender Twist die Ereignisse in eine neue Richtung lenkt. Erzählerisch holpert es zuweilen ein wenig, aber in Sachen Flair ist diese Geschichte ganz weit vorn.

7.0/10
Leser-Wertung 6/10 (1 Stimme)
Sende

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DVD:

Blu-ray:

vgw

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