Review: Predestination (Film)

Und selbstverständlich habe ich heute auch wieder eine Film-Kritik zu euch, einem Film, der mich doch ziemlich begeistert hat, obwohl er erst irgendwie komisch war, aber das erörtere ich weiter unten natürlich. Man beachte in dem Zusammenhang auch meinen ausführlichen – und ebenso ausführlich kenntlich gemachten – Spoiler-Bereich am Ende der Rezension, den man natürlich eher besser nicht beachten sollte, wenn man sich nicht spoilern möchte. Aber was rede ich, ihr macht das schon.

Predestination

Predestination, AU 2014, 97 Min.

Predestination | © Tiberius Film
© Tiberius Film

Regisseure:
Michael Spierig
Peter Spierig
Autoren:
Michael Spierig (Drehbuch)
Peter Spierig (Drehbuch)
Robert A. Heinlein (Buch-Vorlage)

Main-Cast:
Ethan Hawke (The Barkeep)
Sarah Snook (The Unmarried Mother)
Noah Taylor (Mr. Robertson)

Genre:
Science-Fiction | Drama | Mystery | Mindfuck | Thriller

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Predestination | © Tiberius Film
© Tiberius Film

Ein Zeitreiseagent wird in die Vergangenheit geschickt, um den verheerendsten Anschlag des sogenannten Fizzle-Bombers zu vereiteln, bei dem ansonsten rund 11.000 Menschen zu Tode kommen würden, doch er scheitert und kehrt mit schweren Verbrennungen im Gesicht in seine Gegenwart zurück. Mittels plastischer Chirurgie wieder hergestellt, neigt sich seine Dienstzeit trotzdem dem Ende, denn erste Psychosen und beginnende Demenz machen ihm zu schaffen, doch für einen letzten Job reist er in die 70er-Jahre zurück und gibt sich dort als Barkeeper aus.

In dieser Rolle begegnet er eines Abends einem Mann, mit dem er ins Gespräch kommt und der ihm verspricht, ihm die unglaublichste Geschichte seines Lebens zu erzählen. Die Geschichte des Mannes beginnt mit den Worten Als ich ein kleines Mädchen war… und obwohl der Zeitreiseagent schockiert tut, weiß er doch mehr, als er anfänglich zugibt. Sein Gesprächspartner ahnt derweil davon noch nichts und fährt fort.

Rezension:

Die Spierig Brüder als Regisseure mit Ethan Hawke in der Hauptrolle kannte ich ja bereits aus Daybreakers, der mich überraschend gut zu unterhalten wusste, und Filmen mit Zeitreisethematik bin ich eigentlich nie abgeneigt, weshalb es für mich außerfrage stand, auch Predestination einer Sichtung zu unterziehen. Dabei erwies es sich als regelrechter Glücksgriff, dass ich abgesehen von diesen Eckdaten keinerlei Vorkenntnis über den Film besaß, vielleicht abgesehen davon, dass die Geschichte auf Robert A. Heinleins All you Zombies basiert, die ich (zum Glück!?) nicht kenne, denn so wusste dieser ungewöhnliche wie einfallsreiche Zeitreise-Film wohl am besten zu zünden, wenn es auch zur Folge hatte, dass ich mich – abgesehen von der etwa zehnminütigen Einleitung – zunächst wie im falschen Film wähnte, behandelt die erste Hälfte des Films schließlich in Form einer ausgedehnten und ab und an kurz unterbrochenen Rückblende die wahrhaft tragische Lebensgeschichte der Figur, welcher der Zeitreiseagent in den 70er-Jahren unter dem Deckmantel seiner vermeintlichen Tätigkeit als Barkeeper trifft.

Szenenbild aus Predestination | © Tiberius Film
© Tiberius Film

Auch wenn das für meinen Artikel einem Todesstoß gleichkommt, muss ich sagen, dass es im Falle von Predestination wirklich die beste Vorbereitung ist oder wäre, möglichst nichts über den Film zu erfahren, weshalb man sich gut überlegen sollte, weiter zu lesen, wenngleich ich Spoiler natürlich gänzlich ausspare, um nicht das Filmvergnügen zu ruinieren. Der Twist des Films oder zumindest Teile davon sind derweil gar nicht einmal so schwer zu durchschauen, denn gerade der versierte Cineast wird zahlreiche Anspielungen und Hinweise finden, die schon in die richtige Richtung deuten, wenn er denn nicht aus der Natur der Sache heraus, also dem Zeitreisethema an sich, recht schnell merkt, wohin der Hase läuft. Dennoch, vollumfänglich klar wird einem alles erst in den letzten Minuten und das beeindruckt dann wiederum, selbst wenn man viele Hinweise schon im Vorfeld zu deuten wusste, weil der Film das Gedankenspiel um das allseits bekannte und beliebte Zeitreiseparadox wahrhaft auf die Spitze treibt beziehungsweise mit dem recht populären wie philosophischen Henne-Ei-Problem verknüpft oder noch konkreter mit dem ikonografischen Bild des Ouroboros, aber das zu vertiefen, würde bedeuten, den Film zu demontieren und nichts läge mir ferner, weshalb ich hier bei Interesse auf den Spoilerteil weiter unten verweise.

Was man aber festhalten kann, ist, dass Predestination beileibe kein typischer Science-Fiction-Film ist und gerade in der ersten Hälfte auch quasi ohne Zeitreisen auszukommen versteht, bevor sich das Bild zu verdichten beginnt, womit er sehr dialoglastig wird und auch in punkto Action wenig zu bieten hat. All jene, die sich also etwas ähnlich geartetes wie beispielsweise Looper erwarten, könnten möglicherweise enttäuscht sein und tatsächlich schürt allein das Cover da eine völlig falsche Erwartungshaltung, handelt es sich schließlich um einen sehr intimen, überwiegend ruhig und unaufgeregten Film, der zwar durchaus einen gewissen Thrill bietet, bei dem die aufpeitschenden Szenen aber eher die Ausnahme in einem ansonsten sehr bedächtigen Setting bilden, was umso mehr mit einer dichten Atmosphäre zu punkten und in ihren Bann zu schlagen versteht.

Szenenbild aus Predestination | © Tiberius Film
© Tiberius Film

Ein weiteres Highlight, über das sich relativ gefahrenlos plaudern lässt, ist der kleine, aber ausgesuchte Cast, denn während Ethan Hawke eine gewohnt gute Figur macht und lediglich in der ersten Hälfte merklich zu kurz kommt, ist es speziell die noch vergleichsweise unbekannte Sarah Snook, die hier prompt eine Ausnahmeleistung sondergleichen abliefert und sich mit ihrer Darbietung sicherlich für größere und prestigeträchtigere Projekte zu empfehlen weiß, während ich persönlich mich sehr über Noah Taylors wenn auch kleine Rolle gefreut habe. Das Setting derweil kommt erfrischend stimmig daher, wenn der Film auch für mich überraschend überwiegend in den 60er- und 70er-Jahren spielt und mit einigen netten Einfällen, wie etwa einem Geigenkasten als mobile Zeitmaschine, verleihen die Spierig Brüder den Zeitreiseagenten ein charmant altmodisches Flair wie es auch den Männern mit Hüten in Der Plan innewohnt. Predestination hat zwar mit den der Thematik innewohnenden logischen Fallstricken zu kämpfen und hält einer näheren Betrachtung kaum stand, doch will sich der Film in meinen Augen auch mehr als Gedankenspiel verstanden wissen, funktioniert als solches in seiner Auslotung des Konzeptes von Prädestination oder Vorbestimmung auch formidabel und ist in letzter Konsequenz ein durch und durch ungewöhnlicher wie intelligenter Zeitreisethriller mit merklichem Drama-Einschlag, der auch im Nachhinein noch zu beschäftigen weiß und die eigene Vorstellungskraft auf Reisen schickt.

Fazit & Wertung:

In höchstem Maße unkonventionell und sicherlich in keiner Weise so, wie man sich einen typischen Zeitreisethriller erwartet, ist Predestination ein extrem lohnenswerter Film für Freunde intelligent verschachtelter Gedankenspiele, der das Zeitreiseparadox gekonnt auf die Spitze treibt und mit seiner Auflösung und den sich daraus ergebenden Konsequenzen noch lange im Gedächtnis haften bleibt.

8,5 von 10 Zeitsprüngen

Predestination

  • Zeitsprünge - 8.5/10
    8.5/10

Fazit & Wertung:

In höchstem Maße unkonventionell und sicherlich in keiner Weise so, wie man sich einen typischen Zeitreisethriller erwartet, ist Predestination ein extrem lohnenswerter Film für Freunde intelligent verschachtelter Gedankenspiele, der das Zeitreiseparadox gekonnt auf die Spitze treibt und mit seiner Auflösung und den sich daraus ergebenden Konsequenzen noch lange im Gedächtnis haften bleibt.

8.5/10
Leser-Wertung 7.89/10 (18 Stimmen)
Sende

Meinungen aus der Blogosphäre:
Tonight is gonna be a large one.: 8/10 Punkte

Und weil ich es nicht lassen kann, mich auch einmal ungeachtet möglicher Spoiler zu Konzept, Auflösung und Grundidee des Films zu äußern:

SPOILER – SPOILER – SPOILER – SPOILER – SPOILER – SPOILER

Wie in der Kritik schon angedeutet, liegt dem Konzept von Predestination das Gedankenspiel um das Henne-Ei-Problem zugrunde, wobei der Ouroboros, die sich selbst verzehrende Schlange noch ein viel stärkeres Motiv in dem Film darstellt, wenngleich sie nicht namentlich genannt wird, denn nicht damit genug, dass sich im Laufe des Films herausstellt, dass die von Sarah Snook gespielte Figur via Zeitreise mit sich selbst angebändelt und ihr späteres männliches Ich ihr früheres weibliches Ich geschwängert hat, ergibt sich im weiteren Verlauf, dass es der Zeitreiseagent war, der das Neugeborene entführt und in der Zeit zurücktransportiert hat, um es vor dem Waisenhaus abzulegen, in dem Jane, die später zu John werden sollte, aufgewachsen ist, womit Jane/John sich praktisch aus sich selbst heraus selbst gezeugt und geboren hat. Wirklich verquer wird es dann, wenn man gewahr wird, dass auch der Zeitreiseagent und John ein und dieselbe Person sind, was natürlich durch die Gesichtsverbrennungen zu Beginn des Films erklärt beziehungsweise vorher kaschiert wird und ein noch späteres Selbst von John ist es auch, der der Fizzle-Bomber ist, jedoch von John erschossen wird, bevor er die Bombe zünden kann, ihm gleichwohl kurz vor seinem Ableben mitteilt, dass er erst durch den Mord an sich selbst so werden konnte.

Im Grunde ist Jane/John also natürlich daran gelegen, geboren zu werden, weshalb er sich selbst als Baby in die Vergangenheit schickt, um sich später von sich selbst schwängern lassen zu können und sich ebenfalls selbst als Zeitreiseagent anzuwerben, um den Fizzle-Bomber – richtig, ebenfalls sich selbst – aufzuhalten, was einen nicht enden wollenden Kreis, eine Schleife ergibt, ohne Anfang und ohne Ende, bringt Jane/John sich schließlich selbst zur Welt und tötet sich am Ende selbst, wobei sich dieses Spektakel dank der immanenten Zeitreisen und den daraus resultierenden Paradoxa endlos wiederholt, währenddessen für Außenstehende im Grunde niemals irgendetwas passiert ist, denn Janes/Johns Jagd auf den Fizzle-Bomber kann nur erfolgreich enden und wäre nicht existent, wäre er oder sie nicht existent, doch dadurch, dass er sein eigenes Tun jedes Mal selbst vereitelt, ist der Fizzle-Bomber in „unserer“ Welt sozusagen nie existent gewesen.

Wenn der ältere John also den jüngeren John in die Vergangenheit bringt und anbietet, ihm zu zeigen, wer ihm all das angetan hat (er selbst), um denjenigen töten zu können, hofft der ältere John jedes Mal, dass der jüngere John erkennt, was er getan hat und sich selbst richtet, statt mit Jane anzubändeln, was wieder zu dem Kind führen würde und den Lauf der Ereignisse unverändert ließe, was wiederum den älteren John dazu zwingt, den noch älteren Fizzle-Bomber-John zu töten in dem Wissen, dadurch wie er zu werden. Aus Furcht davor, von sich selbst erschossen zu werden, hofft John also, dass ein jüngeres Ich sich selbst erschießt, nicht nur, um zu verhindern, dass er mit der Schuld leben muss, sich selbst getötet zu haben, sondern, um gar seine Geburt zu verhindern, da Jane in dem Fall niemals schwanger geworden wäre, sie – und somit John – also niemals existiert hätte.

Na, wenn das mal nichts ist, worüber man staunen und sich den Kopf zerbrechen kann. Natürlich hält die Idee eines sich selbst gebärenden Menschen keiner logischen Betrachtung stand, doch greift er das Konzept der sich selbst verschlingenden Schlange clever auf und schafft einen Nährboden für allerlei philosophische Gedankenspiele und zahlreiche Was-wäre-wenns.

SPOILER ENDE – SPOILER ENDE – SPOILER ENDE

– – –

Predestination ist am 05.02.15 auf DVD und Blu-ray im Vertrieb von Tiberius Film erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

DVD:

Blu-ray:

vgw

Sharing is Caring:

Kommentare (3)

  1. Lasse 11. Juni 2015
      • Bachi 16. Januar 2016

Hinterlasse einen Kommentar