Review: Maps to the Stars (Film)

Ungewohnt früh und gleichermaßen ungewohnt kränklich beehre ich euch heute dennoch mit einer neuen Film-Kritik, denn dankenswerterweise befinde ich mich noch immer in der luxuriösen Situation, fertige Artikel einfach sozusagen aus der Schublade ziehen zu können. An Tagen wie diesen weiß ich dann auch wieder, warum ich das so mache, denn mehr als diese Zeilen hier zu schreiben, würde mir wohl heute im Traum nicht einfallen. Immerhin kann ich mich so gleich wieder den zahllosen Büchern widmen, die sich auf meinem Nachttisch stapeln ;-)

Beinahe hatte ich ja schon ein wenig Angst, mich David Cronenbergs derzeit neuestem Werk Maps to the Stars zu widmen, nachdem sich vielerorts teils vernichtende Kritiken vernehmen ließen, doch während mich bisher keiner seiner mir bekannten Filme enttäuscht hat, konnte ja selbst seine ebenfalls oft verschmähte Roman-Adaption Cosmopolis bei mir punkten, weshalb ich dann schlussendlich doch nicht an mich halten konnte und der als Satire verkauften Chose eine Chance zu geben, zumal mit Mia Wasikowska und John Cusack auch noch zwei meiner Lieblinge mit an Bord sind, was ja auch schon einmal per se lohnenswerte Stunden verspricht, aber nun zum Film:

Maps to the Stars

Maps to the Stars, CA/DE/FR/USA 2014, 111 Min.

Maps to the Stars | © Ascot Elite
© Ascot Elite

Regisseur:
David Cronenberg
Autor:
Bruce Wagner

Main-Cast:
Julianne Moore (Havana Segrand)
Mia Wasikowska (Agatha Weiss)
John Cusack (Dr. Stafford Weiss)
Robert Pattinson (Jerome Fontana)
in weiteren Rollen:
Olivia Williams (Christina Weiss)
Evan Bird (Benjie Weiss)
Sarah Gadon (Clarice Taggart)
Niamh Wilson (Sam)
Dawn Greenhalgh (Genie)
Carrie Fisher (Carrie Fisher)

Genre:
Drama | Satire | Mystery | Thriller

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Maps to the Stars | © Ascot Elite
© Ascot Elite

Havana Segrand träumt noch immer davon, in die Fußstapfen ihrer bei einem Brand ums Leben gekommenen Mutter zu treten, die ein ungleich berühmterer Filmstar war und ist, als Havana bisher vergönnt war, doch nun steht ein Remake des Films an, der ihre Mutter so berühmt gemacht hat und Havana setzt alles daran, in die Rolle der Mutter zu schlüpfen und das, obwohl sie meint, in ihrer Kindheit von ebenselbiger missbraucht worden zu sein. Den daraus resultierenden Stress versucht sie mithilfe des esoterischen Psychoanalytikers und Mediengurus Stafford Weiss in den Griff zu bekommen, der wiederum Sohn des frisch aus dem Drogenentzug zurückgekehrten, dreizehnjährigen Kinderstars Benji ist, dessen Film Bad Babysitter über 700 Millionen Dollar eingespielt hat.

Derweil trifft auch Agatha in L.A. ein und lernt den Limousinen-Fahrer Schrägstrich aufstrebenden Schauspieler Jerome Fontana kennen. Bald gelangt sie dank ihrer Freundschaft zu Carrie Fisher an den begehrten Job als persönliche Assistentin von Havana Segrand, doch die hat mittlerweile mit Problemen ganz anderer Art zu kämpfen, denn während ihre Beteiligung an dem Remake auf der Kippe steht, beginnt sie Visionen von ihrer toten Mutter zu bekommen. Ähnlich ergeht es auch Benji, dem immer wieder der Geist eines toten Mädchens erscheint. Noch ahnt niemand, dass Agatha ganz andere Pläne verfolgt, als bloß in L.A. ihr Glück zu machen…

Rezension:

Auf den ersten Metern von David Cronenbergs Maps to the Stars wähnt man sich zunächst tatsächlich in einer reinrassigen Hollywood-Satire und die bewusst überzeichnet und karikiert dargestellten Protagonisten tun hierbei ihr übriges, doch Cronenberg wäre eben nicht Cronenberg, wenn er es dabei bewenden lassen würde und so stiehlt sich bald die erste Geistererscheinung ins Geschehen wodurch der Plot reinen unzweifelhaft surrealen Touch verliehen bekommt, der in dieser Form auch nicht jedermanns Geschmack treffen wird, doch die allgemeine Gefühlskälte und bewusst suggerierte Abgeklärtheit in Verbindung mit der übersinnlichen Bedrohung, die ebenso gut Anzeichen einer sich anbahnenden Geisteskrankheit sein könnte, macht den Film eben auch zu dem außergewöhnlichen Erlebnis, das er von Beginn an zu werden verspricht. Dem hinzu gesellt sich alsbald noch ein sich langsam anbahnendes und entfaltendes Familiendrama, das den Reigen komplettiert und gen Ende in ein zunehmend bedrohlicher und abgründiger werdendes Szenario mündet, welches zwar nur noch wenig mit der anfangs so spitzzüngig begonnenen Satire gemein hat, insbesondere dem Namen des Regisseurs aber alle Ehre macht, während die allgemeine Atmosphäre weitaus mehr an Cosmopolis erinnert als an seine früheren Werke, zumal man durchaus attestieren kann, dass er Gefallen gefunden hat an ebenjenem Sujet, zumal er sich auch erneut der Mitarbeit Robert Pattinsons versichert hat, der nun hier als Chauffeur agieren darf, im Kontext der Erzählung zwar nicht unbedingt eine große, dafür aber umso wichtigere Rolle innehat.

Szenenbild aus Maps to the Stars | © Ascot Elite
© Ascot Elite

Dennoch muss man sagen, dass insbesondere Julianne Moore als verzweifelte wie alternde Schauspielerin, die dem Ruhm ihrer bei einem Feuer umgekommenen Mutter nacheifert (deren Geist es auch ist, der sie heimsucht) sowie dicht dahinter Mia Wasikowska, die eine beinahe ebenso eindrückliche Darstellung abliefert, die Fixpunkte des Films bilden, während aber auch John Cusack wieder einmal Akzente zu setzen versteht, wenn ich mir seine Rolle als egozentrischer Wunderheiler gerne noch größer gewünscht hätte. Eine weitere Überraschung stellt aber auch Evan Bird als herrlich zynischer und abgeklärter Kinderstar dar, dessen Eltern derweil (unter anderem John Cusack) noch weitaus kaputter sind, während sie natürlich nach außen hin die heile Familie zu spielen versuchen, was auch erklärt, weshalb sie die Existenz der gemeinsamen Tochter vehement totschweigen. Ohne aber in Lobhudelei für den wirklich exquisiten Cast zu verfallen, deren Figuren auch bei aller Schablonenhaftigkeit überraschend vielschichtig und durchdacht präsentiert werden, fällt dem aufmerksamen Zuschauer vor allem eines auf, nämlich die sich durch alle Erzählebenen ziehenden Symbole und Themen, die bei beinahe jeder Figur ihre jeweilige Entsprechung finden und so mehrfach seltsame Déjà-vus erzeugen, die man sich in der Situation teils nicht zu erklären weiß, was wiederum das surreale Ambiente des immer düsterer werdenden Reigens noch untermauert, der in dem einzig konsequenten Ende mündet, was man sich spätestens ab der Mitte vorstellen kann.

Eines der vorherrschenden Themen von Maps to the Stars mag auf den ersten Blick Feuer sein, doch ebenso werden Inzest, Verrat, Verlust, Tod, enttäuschtes Vertrauen und verfehlte Erwartungen thematisiert, wird konsequent und systematisch die Glitzerwelt von Hollywood dekonstruiert ohne dass man je das Gefühl bekommen würde, dies läge im Interesse des Regisseurs Cronenberg, der bei aller Düsternis und Bedrohlichkeit nämlich gleichwohl viel Spaß bei wohl dosiertem Namedropping hat und sich genüsslich durch die Klischees der Hollywood-Maschinerie arbeitet, ohne sie eben in letzter Konsequenz zu verurteilen. So verweigert sich sein Film selbst auf der Metaebene den üblichen Auswüchsen der Traumfabrik und arbeitet vehement gegen eine handelsübliche Dramaturgie an, wirkt dadurch zwar zunächst auch ein wenig inkohärent und zerfasert, verknüpft aber bereits frühzeitig die einzelnen Handlungsstränge miteinander und offenbart die vielen Zusammenhänge und Überlappungen, zumal er sich wie gesagt allerlei Symbole und Bilder zunutze macht, die sich durch die gesamte Geschichte ziehen und alles wie ein großes Ganzes wirken lassen, das es dennoch erst zum Schluss sein wird.

Szenenbild aus Maps to the Stars | © Ascot Elite
© Ascot Elite

Im Grunde ist das größte Problem von Maps to the Stars aber weder seine ungewohnte Dramaturgie, das zunächst episodenhaft wirkende Geschehen oder die immer surrealer werdenden Begebenheiten und Zusammenhänge, sondern schlichtweg, dass der Film ebensowenig bereit ist, sich auf nur ein übergeordnetes Genre zu beschränken, während er konsequent als beißende Hollywood-Satire beworben wird, die er nun einmal in weiten Teilen überhaupt nicht ist, sich mal in Richtung Horrorfilm, mal in Richtung Familiendrama wendet, ausgeprägte Züge einer handfesten Tragödie in sich trägt und auch als Thriller herzukommen versteht, was wieder einmal dazu führt, dass der Film es schwer haben wird, sein Publikum zu finden, denn dass ich nur einer von wenigen bin, denen die Virtuosität, mit der Cronenberg durch die unterschiedlichen Sujets mäandert, imponiert, ist mir durchaus bewusst und viele könnten sein neuestes Werk als unausgegoren und richtungslos abstempeln, während er mich in seiner durch und durch ungewöhnlichen Inszenierung von Anfang bis Ende in seien Bann zu schlagen wusste, zumal ich ja durchaus ein Faible für die Abgründe der Hollywood-Glitzerwelt habe, wie ich nicht verhehlen möchte, wobei für mich in dem Zusammenhang besonders interessant schien, dass Cronenberg in einem Interview verlauten ließ, Maps to the Stars könne gar nicht als Satire gehandelt werden, denn Drehbuchautor Bruce Wagner – auf dessen eigenem Buch Dead Stars der Film übrigens fußt – habe ihm versichert, dass die Dialoge, wie sie sich im Film präsentieren, ihm so oder so ähnlich schon in der Realität begegnet sind und nicht annähernd so weit hergeholt sind, wie man meinen würde. Im Grunde ist der Film aber wirklich weniger Satire als eine Geschichte über Menschen, ihre Träume, Erwartungen, Hoffnungen und Ängste, universale Themen also, die hier letztlich nur in einem höchst ungewöhnlichen Gewand gekleidet daherkommen und denn paar Leuten, die diesen Film zu schätzen wissen werden, höchst packende und großartige knapp zwei Stunden bescheren werden. Ich bin natürlich einer davon.

Fazit & Wertung:

David Cronenbergs Maps to the Stars verweigert sich bewusst und vehement jeder Genre-Zuordnung, wird aber gerade durch seine Verquickung aus Satire, Geistergeschichte und Familiendrama zu dem unerwartet vielschichtigen und ungewöhnlichen Filmerlebnis, wie es eben nur der kanadische Ausnahmeregisseur kreieren kann, der hier einmal mehr einen zwar sperrigen, aber mindestens ebenso einzigartigen Film abgeliefert hat, der es allerdings schwer haben wird, seine Zielgruppe zu finden, so man eine solche denn überhaupt benennen könnte. Ich für meinen Teil spreche allerdings eine uneingeschränkte Empfehlung aus, denn selbst wenn nicht alles rund ist an diesem Werk, sollte der geneigte Cineast doch durchaus mal einen Blick riskieren und sei es nur wegen Moore und Wasikowska, die einmal mehr zu glänzen verstehen.

8,5 von 10 geisterhaften Erscheinungen

Maps to the Stars

  • Geisterhafte Erscheinungen - 8.5/10
    8.5/10

Fazit & Wertung:

David Cronenbergs Maps to the Stars verweigert sich bewusst und vehement jeder Genre-Zuordnung, wird aber gerade durch seine Verquickung aus Satire, Geistergeschichte und Familiendrama zu dem unerwartet vielschichtigen und ungewöhnlichen Filmerlebnis, wie es eben nur der kanadische Ausnahmeregisseur kreieren kann, der hier einmal mehr einen zwar sperrigen, aber mindestens ebenso einzigartigen Film abgeliefert hat, der es allerdings schwer haben wird, seine Zielgruppe zu finden, so man eine solche denn überhaupt benennen könnte. Ich für meinen Teil spreche allerdings eine uneingeschränkte Empfehlung aus, denn selbst wenn nicht alles rund ist an diesem Werk, sollte der geneigte Cineast doch durchaus mal einen Blick riskieren und sei es nur wegen Moore und Wasikowska, die einmal mehr zu glänzen verstehen.

8.5/10
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Maps to the Stars ist am 03.03.15 auf DVD und Blu-ray im Vertrieb von Ascot Elite erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

DVD:

Blu-ray:

vgw

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