Review: The Woman in the Window (Film)

Mit zweiwöchiger Verspätung reiche ich nun also meine Film-Kritik zu diesem leider sehr enttäuschenden Mystery-Thriller nach, bei dem ich mich immer noch wundere, wie so viele vielversprechende Namen am Ende etwas so wenig Begeisterndes haben zustande bringen können.

The Woman in the Window

The Woman in the Window, USA 2021, 100 Min.

The Woman in the Window | © Netflix
© Netflix

Regisseur:
Joe Wright
Autoren:
Tracy Letts (Drehbuch)
A.J. Finn (Buch-Vorlage)

Main-Cast:

Amy Adams (Anna Fox)
Gary Oldman (Alistair Russell)
Anthony Mackie (Ed)
Fred Hechinger (Ethan Russell)
Wyatt Russell (David)
Brian Tyree Henry (Detective Little)
Jennifer Jason Leigh (Jane Russell 2)
Julianne Moore (Jane Russell 1 (Katie))

Genre:
Drama | Mystery | Krimi | Thriller

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus The Woman in the Window | © Netflix
© Netflix

Die Kinderpsychologin Dr. Anna Fox lebt allein und unter Depressionen und Agoraphobie leidend in einem mondänen Haus inmitten von Manhattan, pflegt lediglich sporadischen Umgang mit dem Untermieter ihrer Kellerwohnung und ihrem Therapeuten. Das Haus kann sie nicht verlassen und mit ihrem Exmann steht sie auch nur telefonisch in Kontakt, während sie ansonsten ihre Tage damit verbringt, Psychopharmaka mit reichlich Rotwein runterzuspülen und das Treiben vor dem Fenster zu beobachten. So bemerkt sie auch, dass gegenüber jüngst neue Nachbarn eingezogen sind und alsbald macht sie die Bekanntschaft mit Jane Russell. Anna und Jane verstehen sich auf Anhieb, doch nur kurze Zeit später muss Anna schockiert beobachten, wie Jane gegenüber attackiert und ermordet wird. Völlig aufgelöst ruft sie die Polizei, doch die Russells bestreiten die Anschuldigungen, einschließlich Jane, die vermeintlich Ermordete, die allerdings keinerlei Ähnlichkeit mit der Jane hat, die Anna noch wenige Tage zuvor bei sich zu Besuch hatte. Bleibt für die Psychologin die bange Frage, inwieweit sie sich und ihrer Wahrnehmung überhaupt trauen kann…

Rezension:

Manchmal stöbere ich ja auch einfach gerne in der IMDb und schaue mal bei diesem Schauspieler, mal bei jener Schauspielerin in die Filmografie, neugierig, was man sich noch ansehen könnte, was mir "noch fehlt" und was auf die Watchlist wandern könnte. Genau so bin ich schon vor geraumer Zeit auf The Woman in the Window gestoßen, konnte allerdings keinerlei Infos dazu finden, wo und wie man den Film – insbesondere hierzulande – sehen könnte. Da wusste ich natürlich noch nicht, dass der Film einerseits eine von Enttäuschung und Unverständnis (bei Testvorführungen) und Nachdrehs geprägte Vorgeschichte hat und andererseits Teil der Übernahme von Twentieth Century Fox durch Disney war und dabei sprichwörtlich unter die Räder kam, so dass der Film letztlich an Netflix abgeschoben wurde. Das mag man beim Streamingdienst sicher fürstlich bezahlt haben und in Anbetracht des Regisseurs und der namhaften Besetzung würde man hier mitnichten von einer schlechten Idee sprechen, doch so vielversprechend all das – inklusive Hommage an Alfred Hitchcock – auf dem Papier auch klingen mag, funktioniert es auf der heimischen Leinwand leider kaum, was viel mit beliebig und wenig überraschend wirkenden Twists zu tun hat, derer es hier so einige gibt.

Szenenbild aus The Woman in the Window | © Netflix
© Netflix

Dem Geschehen selbst liegt derweil der gleichnamige, 2018 erschienene Roman von A. J. Finn zugrunde, der sich wohl zum veritablen Bestseller gemausert hat, auch wenn ich bislang noch nichts von ihm gehört hatte. Ohne das Buch derweil zu kennen, würde man allerdings meinen, es biete sich für eine Verfilmung regelrecht an, denn selbiges kokettiert thematisch wie auch über die Protagonistin und das Setting reichlich mit dem Film-noir-Genre und das kann sich natürlich auf Leinwand noch einmal weit besser entfalten. Atmosphärisch macht The Woman in the Window auch tatsächlich eine ziemlich starke Figur und wartet mit allerhand gelungen ausstaffierten Szenenbildern und Kulissen auf, referenziert in der Inszenierung, den Leitthemen und selbst auf einer Meta-Ebene immer wieder Klassiker des Genres und besticht durch gelungene Kamerafahrten. Wenig überraschend vermag auch Amy Adams (Nocturnal Animals) einmal mehr in ihrer Rolle zu brillieren und schafft es, Annas Ängste wirklich spürbar und erfahrbar zu machen, obwohl ihnen der Film vergleichsweise wenig Zeit widmet, weil es ja schließlich eine Geschichte in Gang zu bringen gilt. Da fangen dann leider auch die Probleme an, denn während das Flair angenehm rätselhaft, beklemmend und düster gerät, stellt es schon ein erzählerisches Problem dar, dass die vermeintlich isoliert lebende Anna gefühlt am laufenden Band Besuch vor der Türe stehen hat, was schon dafür notwendig wird, um spätere Tatverdächtige in Position zu bringen, die Anna dann in munterer Folge des Mordes bezichtigt, um alsbald widerlegt oder argumentativ entkräftet zu werden.

Auch die Frage, inwieweit Anna ihrer eigenen Wahrnehmung trauen kann, stellt eines der Leitmotive dar, wird aber kaum herausgearbeitet oder gewinnbringend in Szene gesetzt. Während es also in der ersten Hälfte noch darum geht, Mysterien und Geheimnisse, allgemein Rätselhaftes und Merkwürdiges aufzutürmen und zu schichten, geht es in der zweiten Hälfte gesteigert in Richtung Twists and Turns, wobei die teils recht beliebig wirken oder sich andererseits schon lange vorherahnen ließen. Plötzlich steht die Frage nach dem möglichen Mord dann auch gar nicht mehr im Vordergrund, sondern es werden weit essentiellere Dinge verhandelt, das aber leider oft und gern auf reichlich plakative Weise. Insbesondere von einem Regisseur wie Joe Wright (Anna Karenina) hätte ich da deutlich mehr Fingerspitzengefühl und Gespür fürs Storytelling erwartet, auch wenn mancherorts ein gewisser Pulp-Charme sicherlich beabsichtigt war und auch funktioniert. So richtig rund wird die Story von The Woman in the Window aber leider nie und während man sich noch an der opulenten Ausstattung, einer überzeugenden Amy Adams und einem genussvoll in Richtung Overacting tendierenden Gary Oldman (Mank) erfreuen kann, bleiben die Ereignisse fragmentarisch und bruchstückhaft, fügen sich kaum zusammen, auch wenn es beispielsweise sicherlich beabsichtigt gewesen ist, dass man kaum dahinterkommt, wie viel Zeit zwischen einzelnen Szenen verstrichen sein mag.

Szenenbild aus The Woman in the Window | © Netflix
© Netflix

Alles Dinge, die man zu Beginn und im Mittelteil noch in Kauf zu nehmen bereit ist, weil man dort vermuten würde, es handele sich um bewusste Entscheidungen, die Teil des großen Mysteriums des Films wären, das es aufzulösen gilt, doch spätestens wenn Ereignisse und Offenbarungen sich zu überschlagen beginnen, wird man einsehen müssen, dass Wright und der für die Drehbuchadaption verantwortlich zeichnende Tracy Letts (Im August in Osage County) sich dramaturgisch reichlich verzettelt haben. Es gibt wirklich viele gelungene Momente und überzeugende Auftritte in The Woman in the Window, gelungenes Flair und spannende Perspektiven, doch ausgerechnet die Geschichte, das Rätsel um Annas Zustand und den von ihr beobachteten Mord, vermag zu kaum einem Zeitpunkt wirklich zu funktionieren und faszinieren, zerfasert vor allem letztlich zusehends und driftet in Richtung völlige Beliebigkeit, die sich dann beim Zuschauenden schnell in eine gewisse Gleichgültigkeit wandeln dürfte, was ich dem Film so nicht gewünscht hätte, weil sich nicht von der Hand weisen lässt, dass allerorten das Potential zu erkennen ist, dass die Geschichte besessen hätte.

Fazit & Wertung:

Voller Neugierde habe ich mich sehr auf The Woman in the Window gefreut, doch was atmosphärisch ein echter Volltreffer ist und einen überzeugenden Rahmen für die Darsteller*innen bildet, um zu brillieren, verrennt sich erzählerisch leider schnell in ein fragmentarisches Sammelsurium, das sich mit einer Handvoll schlecht vorbereiteter oder wenig überraschender Twists schlussendlich selbst demontiert.

5 von 10 erschreckenden Beobachtungen

The Woman in the Window

  • Erschreckende Beobachtungen - 5/10
    5/10

Fazit & Wertung:

Voller Neugierde habe ich mich sehr auf The Woman in the Window gefreut, doch was atmosphärisch ein echter Volltreffer ist und einen überzeugenden Rahmen für die Darsteller*innen bildet, um zu brillieren, verrennt sich erzählerisch leider schnell in ein fragmentarisches Sammelsurium, das sich mit einer Handvoll schlecht vorbereiteter oder wenig überraschender Twists schlussendlich selbst demontiert.

5.0/10
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The Woman in the Window ist seit dem 14.05.21 exklusiv bei Netflix verfügbar.

vgw

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