Die nun folgende Film-Kritik ist wirklich schon lange überfällig und es ist mir langsam aber sicher zum zwingenden Anliegen geworden, bei diesem Thema endlich voranzukommen, zumal sich hier ja wirklich eine ganze Schar von großartigen DarstellerInnen versammelt. Doch genug der Vorrede, denn der Text ist diesmal für meine Verhältnisse überraschend lang geworden und wird dem Film in seiner Langfassung hoffentlich gerecht.
X-Men: Zukunft ist Vergangenheit
Rogue Cut
X-Men: Days of Future Past – Rogue Cut, USA/UK/CA 2014, 149 Min.
© Twentieth Century Fox
Bryan Singer
Simon Kinberg
Hugh Jackman (Logan / Wolverine)
James McAvoy (Charles Xavier)
Michael Fassbender (Erik Lehnsherr)
Jennifer Lawrence (Raven / Mystique)
Halle Berry (Storm)
Anna Paquin (Rogue)
Ellen Page (Kitty Pryde)
Peter Dinklage (Dr. Bolivar Trask)
Ian McKellen (Magneto)
Patrick Stewart (Professor X)
Nicholas Hoult (Hank / Beast)
Shawn Ashmore (Bobby / Iceman)
Omar Sy (Bishop)
Evan Peters (Peter / Quicksilver)
Josh Helman (Maj. Bill Stryker)
Daniel Cudmore (Colossus)
Famke Janssen (Jean Grey)
James Marsden (Scott Summers)
Action | Abenteuer | Science-Fiction
Trailer:
Inhalt:
© Twentieth Century Fox
In der Zukunft machen die Sentinels unerbittlich Jagd auf sämtliche, noch verbliebene Mutanten und die X-Men unter Leitung von Professor Charles Xavier flüchten sich im Beisein von Magneto in die Einöde fernab jeglicher Zivilisation. Nicht nur die Schlacht, nein, der Krieg scheint verloren, doch fasst man den Plan, das Übel an seiner Wurzel zu packen und mittels der einzigartigen Kräfte von Kitty Pryde wird Wolverine in die 70er Jahre geschickt, um dort einen Mann namens Dr. Bolivar Trask aufzuspüren, der seinerseits den Grundstein für das Sentinel-Programm gelegt und mithilfe der DNA von Mystique seine Roboter überhaupt erst in die Lage versetzt hat, dermaßen effektiv gegen die – aus seiner Sicht – Bedrohung durch die Mutanten vorzugehen. Um sich allerdings um Raven und Trask kümmern zu können, gilt es für Logan aka Wolverine zunächst einmal, den jüngeren Charles für sich zu gewinnen, denn der ist seit seiner schweren Verletzung elf Jahre zuvor nicht nur seelisch ein ziemliches Wrack, für ein Gelingen der Mission allerdings ziemlich unabdingbar…
Rezension:
Gut Ding will Weile haben und nachdem sich die meisten von euch sicherlich bereits den dritten Teil des wiederbelebten Franchise – X-Men: Apocalypse – angesehen haben, zockele ich nun gemütlich mit dem zweiten Teil hinterher, denn nachdem es seinerzeit schon nicht geklappt hat, mir den Film im Kino anzusehen, wurde bei Veröffentlichung der regulären Fassung fürs Heimkino bereits der immerhin rund 17 Minuten längere "Rogue Cut" angekündigt, womit für mich natürlich klar war, nun darauf auch noch warten zu können. Seit dem Erscheinen besagter Langfassung sind nun auch schon wieder anderthalb Jahre vergangen, doch mache ich mir ja nichts daraus, gerne auch einmal hinterherzuhinken und nachdem ich mir X-Men: Zukunft ist Vergangenheit – Rogue Cut nun mehrfach angesehen habe, fühle ich mich immerhin in der Lage, den Film für mich nun auch adäquat zu bewerten. Bekanntermaßen hatte sich Bryan Singer ja seinerzeit nach den ersten beiden Filmen von dem Franchise abgewandt und der finale Teil der Trilogie war – zumindest auch für mich – extrem enttäuschend geraten, doch nun hat er die Gunst der Stunde genutzt, zu den X-Men zurückzukehren und nicht nur die im vorangegangenen Film begonnene Geschichte fortzuspinnen, sondern sie gleichzeitig noch mit der alten Trilogie zu verknüpfen und dabei quasi wie nebenbei den ärgerlichen X-Men: Der letzte Widerstand dank Zeitreise-Thematik ungeschehen zu machen.
© Twentieth Century Fox
Entsprechend ist X-Men: Zukunft ist Vergangenheit mal wieder meilenweit von seiner Comic-Vorlage, die übrigens von niemand Geringerem als Mark Millar (Kick-Ass) stammt, entfernt und geht lieber eigene Wege, was in Anbetracht der vielen Änderungen zwischen Comic- und Film-Universum aber auch quasi zwingend vonnöten ist, derweil er ansonsten mit dem wohl umfangreichsten Ensemble an Mutanten aufwartet, das man sich nur vorstellen kann, denn beinahe jede Figur der "alten" Filme darf hier erneut – und sei es nur kurz – wieder in Erscheinung treten, während auch beinahe sämtliche Figuren aus X-Men: Erste Entscheidung wieder mit von der Partie sind. Besonders wird der "Rogue Cut" in diesem Zusammenhang natürlich dahingehend, dass nun auch Anna Paquin (True Blood) in ihrer Rolle der Rogue wieder mit dabei ist, die in der Kinofassung der Schere zum Opfer gefallen ist, um den mit über zwei Stunden Laufzeit schon nicht gerade kurzen Film nicht weiter zu überfrachten, doch lässt sich sicherlich attestieren, dass die längere Fassung in diesem Fall definitiv auch die bessere Fassung ist, denn auch wenn der Film mit seinen zusätzlichen 17 Minuten nun nur noch knapp an den zweieinhalb Stunden vorbeischrappt, vergeht die Zeit wahrhaft wie im Flug, derweil das Geschehen mit den zusätzlichen Szenen nun deutlich runder und stimmiger wirkt. Besonders deutlich wird das bei der wohl längsten zusätzlichen Sequenz im Film, in der es gilt, Rogue aus Cerebro zu befreien und die hier eng verzahnt ist mit der Magneto-Sequenz, in der er seinen Helm "zurückklaut" was dem Ganzen eine gar wunderbare Dynamik verleiht, wenn alter und junger Magneto quasi simultan im Einsatz gezeigt werden, zumal sich deren jeweilige Vertreter im Film selbst nicht begegnen, anders als bei den von James McAvoy (Trance) und Patrick Stewart verkörperten Versionen von Professor X der Fall ist.
© Twentieth Century Fox
Vor allem aber – und das finde ich besonders interessant – gewinnen nach meinem Dafürhalten der Part um die von Ellen Page (Super) gespielte Kitty sowie auch deren Beziehung zu Bobby (Shawn Ashmore) durch den Rogue Cut deutlich an Präsenz und Dramatik, was insofern erstaunlich ist, dass Rogue Kitty im Grunde Screentime "stiehlt", wobei ich hier nicht die Handlung an sich spoilern möchte, zumal sich Interessierte da ja wie immer vertrauensvoll an den ungemein umfangreichen und akribisch recherchierten Schnittbericht halten können, den ich wie immer nur wärmstens empfehlen kann und der auch verdeutlicht, dass es mitnichten "nur" eine längere Sequenz ist, die hinzugefügt worden ist, sondern dass man sich nachhaltig bemüht hat, Rogue ins Filmgeschehen zu integrieren und zu diesem Zweck so einige Szenen abgewandelt hat, derweil man auch ein Mehr an Dialogen geboten bekommt, was den nicht gerade wenigen Figuren deutlich mehr Tiefe zugesteht, als dies in der Kinofassung der Fall ist. Nichtsdestotrotz sollte klar sein, dass bei diesem Wust an Mutanten viele Gestalten zu kaum mehr als bloßer Staffage verkommen und diesen Vorwurf muss sich auch X-Men: Zukunft ist Vergangenheit in beiden Fassungen gefallen lassen, doch sind die Akzente deutlich und prägnant gesetzt und so ist es kaum schlimm, dass manche Figur nur am Rande in Erscheinung tritt, denn allein das Wiedersehen lässt die Sache ungemein rund wirken, also nicht etwa so wie seinerzeit bei Nightcrawler aus X-Men 2, der im dritten Teil kommentarlos in der Versenkung verschwand, weil man mit ihm anscheinend nichts mehr anzufangen wusste.
Ansonsten müht sich X-Men: Zukunft ist Vergangenheit natürlich nach Kräften, Fan-Liebling Wolverine – wie immer großartig verkörpert von Hugh Jackman (Prisoners) in seiner unbestreitbaren Paraderolle – in den Vordergrund zu rücken und so ist es eben auch der klauenbewehrte Mutant mit der Sturmfrisur, der in die Vergangenheit reist und nicht wie in der Comic-Vorlage Kitty McPride, wobei das natürlich wie zu erwarten großartig funktioniert, zumal in einem kurzen Schlagabtausch zwischen Wolverine und Charles Xavier auf das kurze Cameo im ersten Teil Bezug genommen wird, was ich bekanntermaßen ja immer sehr schätze. Wer ebenfalls spürbar mehr zu tun bekommt in diesem Film ist derweil Jennifer Lawrence (American Hustle), was sicherlich auch mit ihrem seit dem ersten Film deutlich gestiegenen Bekanntheitsgrad zu tun hat, denn hatte ich ihr Erscheinen im vorangegangenen Teil als "schon beinahe blass" abgetan, spielt sie hier nicht nur dramaturgisch eine der entscheidenden Rollen, sondern darf in gleich mehreren Szenen glänzen, derweil sicherlich nicht gesondert erwähnt werden braucht, dass Michael Fassbender (Frank) als Bösewicht Magneto natürlich erneut mit beeindruckender Präsenz zu punkten versteht und damit seinem älteren Alter Ego, dem mittlerweile halbwegs bekehrten Magneto in Gestalt von Ian McKellen (Der Hobbit) in nichts nachsteht, derweil in speziell diesem Film natürlich deutlich wird, welch glückliches Händchen man bewiesen hat, einerseits McAvoy und Stewart als Professor X, andererseits Fassbender und McKellen als Magneto zu besetzen.
Von den Besetzungs-Coups einmal abgesehen, zu denen man auch Peter Dinklage (Game of Thrones) in der Rolle von Dr. Bolivar Trask zählen darf, der nicht unerheblich für die Erschaffung der Sentinel Roboter verantwortlich ist, die in der Zukunft unerbittlich Jagd auf die Mutanten machen werden, sowie den von Evan Peters (American Horror Story) verkörperten Quicksilver, der hier ebenfalls kurz in Erscheinung tritt und dabei deutlich interessanter wirkt als sein aus dem ungleich größeren Marvel Parallel-Franchise bekanntes Gegenstück, das man in The Avengers 2: Age of Ultron kennengelernt hat, macht X-Men: Zukunft ist Vergangenheit auch dramaturgisch und inszenatorisch beinahe alles richtig und setzt nicht lediglich auf Bombast und Spektakel, sondern müht sich auch redlich, eine abwechslungs- wie wendungsreiche Geschichte zu erzählen, wenn die zugegebenermaßen aber zuweilen auch ein wenig an der Zeitreise-Thematik krankt, die es nun einmal mit sich bringt, dass es unweigerlich zu logischen Brüchen oder zumindest Schlaglöchern kommen muss.
© Twentieth Century Fox
Bleibt lediglich die Frage des persönlichen Geschmacks, ob man sich gerne und bereitwillig für zweieinhalb Stunden in ein liebevoll skizziertes, auf zwei Zeitebenen agierendes Paralleluniversum begeben möchte oder eine auf derartige epische Breite angelegte Chose unweigerlich als langatmig und ermüdend empfindet, doch verging für mich persönlich die Zeit wie im Flug und nach mehrmaliger Sichtung komme ich noch immer zu dem Schluss, dass es sich hierbei um den bislang stimmigsten und besten Vertreter des Franchise handelt, der sich nicht nur aller Stärken der Vorgänger bedient, sondern die beiden Film-Reihen auch noch sinnvoll zu verknüpfen versteht und dabei frühere Patzer ausbügelt. Schlussendlich bleibt für mich einzig die Frage im Hinterkopf, ob X-Men: Zukunft ist Vergangenheit nicht womöglich besser als Abschluss einer zweiten Trilogie funktioniert hätte, denn bei nur geringfügigen Korrekturen hätte man hier ein Happy-End auf gleich zwei Zeitachsen verzeichnen können und damit einen über die Maßen stimmigen Abschluss generieren können, zumal ich zu X-Men: Apocalypse schon viele extrem kritische Stimmen vernommen habe und es mir davor graut, dass auch diese Trilogie wie damals schon auf den letzten Metern – sprich im jeweils dritten Teil – vor die Wand gefahren wird, doch soll das Thema einer künftigen Review sein und ich belasse es dabei, von diesem Film rundherum begeistert zu sein.
X-Men: Zukunft ist Vergangenheit – Rogue Cut
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Sich zusammenraufende Mutanten - 9/10
9/10
Fazit & Wertung:
Mit X-Men: Zukunft ist Vergangenheit – Rogue Cut feiert Bryan Singer eine mehr als triumphale Rückkehr zu dem von ihm im Jahre 2000 begonnene Franchise und bügelt nicht nur Schwächen des Abschlusses der "alten" Trilogie aus, sondern rückt die Ensembles beider Zeitabschnitte erneut ins rechte Licht und erzählt eine ungemein packende Geschichte voller Wendungen und Überraschungen. Zudem gelingt ihm die Gratwanderung zwischen Blockbuster-typischer Bombast-Action und intimen Charaktermomenten gelingt, was allein schon nicht viele Regisseure von sich behaupten können. In meinen Augen der bislang stärkste Vertreter unter den X-Men-Filmen, zumal er das Beste aus beiden Welten vereint.
X-Men: Zukunft ist Vergangenheit – Rogue Cut ist am 16.07.15 auf DVD und Blu-ray bei Twentieth Century Fox erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!
DVD:
Blu-ray:
Nun habe ich richtig Lust auf den Film bekommen. Ich habe auch auf den Rogue-Cut gewartet, doch seitdem er erschienen ist, steht die Blu-ray ungesehen im Regal. Schade drum. Vielleicht gehe ich ihn nun dank deiner lobenden Worte endlich einmal an… :)
Ich würde deine Bedenken ja ein wenig zerstreuen mit der Aussage, daß ich “Apocalypse” über weite Strecken sehr genossen habe und fast auf dem “Zukunft ist Vergangenheit”-Niveau sehe – allerdings mochte ich auch “Der letzte Widerstand” und halte außerdem immer noch “X-Men 2” für den klar besten Teil der Reihe, insofern ist unser Mutanten-Geschmack wohl doch ein bißchen unterschiedlich … ;)