Review: You – Du wirst mich lieben | Staffel 1 (Serie)

Dank der vielen anderen Serien in der Pipeline hat es etwas länger gedauert, aber auch ich wollte mich noch zu dieser – eigentlich von Lifetime stammenden – Netflix-Serie geäußert haben, die mich in ihrer perfiden Art extrem positiv überrascht hat!

You
Du wirst mich lieben
Staffel 1

You, USA 2018-, ca. 45 Min. je Folge

You - Du wirst mich lieben Staffel 1 | © Lifetime/Netflix
© Lifetime/Netflix

Serienschöpfer:
Greg Berlanti
Sera Gamble
Ausführende Produzenten:
Sera Gamble
Sarah Schechter
Greg Berlanti
Leslie Morgenstein
Gina Girolamo

Main-Cast:
Penn Badgley (Joe Goldberg)
Elizabeth Lail (Guinevere Beck)
Shay Mitchell (Peach Salinger)
Luca Padovan (Paco)
Zach Cherry (Ethan)
in weiteren Rollen:
Daniel Cosgrove (Ron)
Kathryn Gallagher (Annika)
Nicole Kang (Lynn)
Victoria Cartagena (Claudia)
Mark Blum (Mr. Mooney)
Hari Nef (Blythe)
John Stamos (Dr. Nicky)
Lou Taylor Pucci (Benjamin ‘Benji’ J. Ashby III)
Ambyr Childers (Candace)

Genre:
Krimi | Drama | Thriller

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus You - Du wirst mich lieben Staffel 1 | © Lifetime/Netflix
© Lifetime/Netflix

In einer beschaulichen, wie aus der Zeit gefallen wirkenden Buchhandlung in Brooklyn fällt dem dort arbeitenden Joe die attraktive Blondine Guinevere Beck sofort auf und noch ehe sie erste Worte miteinander gewechselt haben, malt er sich bereits ihre gemeinsame Zukunft aus. Davon ahnt Guinevere freilich nichts und Joe entpuppt sich zunächst als ausnehmend charmant, was natürlich damit zusammenhängt, dass er sich eine sorgfältige Fassade aufgebaut hat, wobei er selbst an seinem Verhalten nichts Irritierendes oder Verurteilenswertes finden kann und sich voller Stolz zu einem der letzten Romantiker zählt. Nachdem Joe nun also den Namen der Studentin hat, begibt er sich in den Sozialen Medien auf die Suche und wird schnell fündig, so dass es ihm ein Leichtes ist, der geltungsbedürftigen jungen Frau sowohl online als auch offline nachzustellen. Diese Stalking-Methoden helfen ihm aber auch, der von allen nur "Beck" genannten Guinevere immer die richtigen Dinge zu sagen und sie zunehmend für sich einzunehmen, doch jedes Lügenkonstrukt ist bekanntermaßen dazu bestimmt, irgendwann zum Einsturz zu kommen, zumal sich Joe immer mehr in seinen Machenschaften und Ausflüchten verstrickt, die selbst ihn so manche Grenze überschreiten lassen…

Rezension:

Ich muss gestehen, dass ich mir im Vorfeld nicht allzu viel von You – Du wirst mich lieben versprochen habe und einfach aus schlichter Neugierde eingeschaltet habe, da mir – wie den meisten – Hauptdarsteller Penn Badgley noch aus Gossip Girl in Erinnerung war, während alles andere doch eher lautstark nach auf gruselig getrimmtem Teenie-Drama schrie. Dass dem allerdings nicht so ist, das wurde mir recht schnell klar, denn davon abgesehen, dass Badgley und dessen Co-Star Elizabeth Lail hier Mittzwanziger verkörpern, nimmt die Serie vielmehr all die Klischees aufs Korn, mit denen man in derlei einschlägigen Serien-Produktionen konfrontiert wird, was alsbald zu einem herrlich satirisch angehauchten, morbiden Serien-Vergnügen führt, dessen Point-of-View aus der Sicht des Stalkers durchaus einzigartig zu nennen ist, denn auch wenn ich mich – dank Off-Kommentar und düsteren Geheimnissen – schnell an Kultfigur Dexter Morgan erinnert gefühlt habe, liegt hier der Fall noch einmal deutlich anders, denn während Dexter sich seiner Anpassungsschwierigkeiten und der grundsätzlichen Verwerflichkeit seiner Taten durchaus bewusst gewesen ist, agiert Joe mit der selbstbewussten Gewissheit, alles nur zum Wohle seiner angebeteten Beck zu tun und da ist das anfängliche Stalking tatsächlich nur die Spitze des Eisberges.

Szenenbild aus You - Du wirst mich lieben Staffel 1 | © Lifetime/Netflix
© Lifetime/Netflix

Dabei kommt es sicher nicht von ungefähr, dass man beim Sender Lifetime den hinlänglich als charmanten Jedermann bekannten Badgley als Stalker Joe besetzt hat, denn so baut man nicht nur eine gewisse Erwartungshaltung hinsichtlich seiner Figur auf, sondern kann sie auch ganz bewusst und offensiv unterlaufen, wenn sich – innerhalb der ersten Minuten – die ersten Abgründe in dessen Seele auftun. Und dennoch schafft You, was ich im Vorfeld nicht für möglich gehalten hätte, denn man entwickelt tatsächlich Sympathie für den liebeskranken Buchhändler, auch wenn man auf einer nüchternen, objektiven Ebene um seine zahlreichen Fehltritte und Übergriffigkeiten weiß. Das geht nie so weit, dass man Joes Handeln in Schutz nehmen würde, doch eröffnet sich eine irritierende Faszination für dessen Handeln, die sich noch am ehesten damit vergleichen lässt, wie fasziniert man in Film und Fernsehen von Serienkillern und dergleichen sein kann, ohne sich deshalb natürlich mit ihnen solidarisieren zu wollen. Hier wird aber gerade dieser Aspekt allein dadurch forciert, dass wir die Entwicklung der Geschichte beinahe ausnahmslos aus Joes Sicht erzählt bekommen und vor allem auch einen Mann präsentiert bekommen, der tatsächlich meint, in bester Absicht zu handeln und mitnichten durchweg böse ist, wodurch man ihm kleinere Fehltritte beinahe zu verzeihen bereit ist.

Allein aus dieser Prämisse allerdings lässt sich keine Serie stricken würde man meinen, doch hier überrascht You mit ungemein gelungenem Storytelling, denn wer meint, ein Großteil der Staffel bestünde daraus, wie Joe um Beck herumscharwenzelt und versucht, ihr näherzukommen, der wird überrascht sein, wenn die beiden schon nach wenigen Episoden ein Paar sind und die Geschichte von hier aus noch so einige, teils gänzlich unerwartete Schlenker macht und dabei gar die Rollen vertauscht oder zumindest verschwimmen lässt, wenn sich bei Beck erste Eifersucht bemerkbar macht und sie sich erschreckend ähnlicher Methoden bedient, um im Umkehrschluss Joe auf die Schliche zu kommen. Überhaupt aber versammelt sich hier ein Reigen ausgemachter Unsympathen in diesem Zerrbild des realen Brooklyn, wodurch Joe schon beinahe wie einer der harmloseren Fische im Teich wirkt, denn weder hat er das Stalking für sich allein gepachtet, noch sind die anderen Akteure in seiner persönlichen Liebesgeschichte frei von Schuld und Sünde, so dass in gerade einmal zehn Episoden so einige Geheimnisse ans Licht gezerrt und Wendungen herbeigeführt werden, die aus dieser Buch-Adaption ein überaus gelungenes wie konsequentes Gesamtwerk machen, das ein ums andere Mal die Erwartungshaltung der Zuschauer unterläuft.

Szenenbild aus You - Du wirst mich lieben Staffel 1 | © Lifetime/Netflix
© Lifetime/Netflix

Konsequent bezieht sich hierbei übrigens nicht unbedingt nur auf den Ausgang der Geschichte, sondern ganz allgemein darauf, dass andernorts Auseinandersetzungen und Konfrontationen gerne so lang wie irgend möglich hinausgezögert werden, um die Spannungskurve hochzuhalten, während man in You direkt in die Vollen geht und keinen Moment der Offenbarung scheut, wohlwissend, dass noch einiges mehr folgen wird, um die Verwicklungen zu verstärken. Einzig eine Sache ist es, die wahrhaftig stört, denn die Geschichte wirkt an sich so kompakt umrissen und in sich abgeschlossen, dass ich nicht verstehen kann, wieso hier nun eine zweite Staffel seitens Netflix angesetzt worden ist, auch wenn man zumindest gegen Ende einen kleinen Aufhänger für noch kommende Ereignisse schafft, denn wahrscheinlich hätte es der Serie besser getan, sie von vornherein als Miniserie zu konzipieren und zu etablieren, anstatt hier des schnöden Mammons wegen nun alsbald eine Fortsetzung folgen zu lassen, die aller Wahrscheinlichkeit nicht annähernd an das erfrischend unverbrauchte, morbid-faszinierende Setting heranreichen wird, auch wenn die Serien-Verantwortlichen den Handlungsort von Brooklyn nach Los Angeles zu verlegen gedenken. Das hindert aber zunächst einmal in keiner Weise daran, sich dieser clever eingefädelten, in jeder Folge neu überraschenden und ungemein spitzzüngig wie satirisch angelegten Serie zu widmen, auch wenn hier in Anbetracht des Themas sicherlich eine Inhalts-Warnung ähnlich wie bei 13 Reasons Why angebracht gewesen wäre. Die perfide Art und Weise, wie man sich zunehmend der Gedankenwelt von Joe verbunden und verhaftet fühlt, ist nämlich durchaus ziemlich effektiv und manipulativ, was wiederum ebenfalls dem gelungenen Skript in Kombination mit Badgleys überzeugender Darstellung geschuldet sein dürfte.

Fazit & Wertung:

Wenn You – Du wirst mich lieben auf den ersten Blick auch wie eine Serie unter vielen wirken mag, bedient sie sich doch so gekonnt und erfrischend der Sichtweise eines Stalkers, dass sich hieraus eine ungemein satirisch, aber vor allem auch bitterböse Geschichte entspinnt, in der die Sympathien nicht annähernd so klar verteilt sind, wie man das zunächst meinen würde. Insbesondere die beiden Hauptdarsteller Penn Badgley und Elizabeth Lail punkten in diesem abgründigen Reigen auf ganzer Linie, während die Serie an sich dank ihrer Bezugnahme auf Soziale Medien (und deren Gefahren) ungemein aktuell wirkt.

8 von 10 Stalking-Methoden

You – Du wirst mich lieben | Staffel 1

  • Stalking-Methoden - 8/10
    8/10

Fazit & Wertung:

Wenn You – Du wirst mich lieben auf den ersten Blick auch wie eine Serie unter vielen wirken mag, bedient sie sich doch so gekonnt und erfrischend der Sichtweise eines Stalkers, dass sich hieraus eine ungemein satirisch, aber vor allem auch bitterböse Geschichte entspinnt, in der die Sympathien nicht annähernd so klar verteilt sind, wie man das zunächst meinen würde. Insbesondere die beiden Hauptdarsteller Penn Badgley und Elizabeth Lail punkten in diesem abgründigen Reigen auf ganzer Linie, während die Serie an sich dank ihrer Bezugnahme auf Soziale Medien (und deren Gefahren) ungemein aktuell wirkt.

8.0/10
Leser-Wertung 5.13/10 (16 Stimmen)
Sende

Episodenübersicht: Staffel 1

01. Pilot (8/10)
02. Der letzte nette Typ in New York (8,5/10)
03. Vielleicht (8/10)
04. Der Captain (7,5/10)
05. Den Feind vernichten (8/10)
06. Amour Fou (8,5/10)
07. Komplettschaft (8/10)
08. Ich gehör dir, Babe (8/10)
09. Candace (8,5/10)
10. Blaubarts Schloss (8,5/10)

 
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You – Du wirst mich lieben | Staffel 1 ist seit dem 26.12.18 exklusiv bei Netflix verfügbar.

vgw

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