Review: Nightflyers – Die Dunkelheit zwischen den Sternen | George R. R. Martin (Buch)

Obwohl ich just ein wenig kränkelnd darniederliege, gibt es natürlich trotzdem auch heute wieder eine Buch-Rezension, wobei es mich schon ein wenig wurmt, dass ich die Geschichte eigentlich schon gekannt habe, aber einmal im Leben darf einem ja so etwas durchaus mal passieren, oder!?

Nightflyers
Die Dunkelheit zwischen den Sternen

Nightflyers, USA 1981, 208 Seiten

Nightflyers - Die Dunkelheit zwischen den Sternen von George R. R. Martin | © Penhaligon
© Penhaligon

Autor:
George R. R. Martin
Übersetzer:
Maike Hallmann

Verlag (D):
Penhaligon
ISBN:
978-3-764-53227-7

Genre:
Science-Fiction | Horror

 

Inhalt:

Melantha Jhirl kam als Erste durch die Luftschleuse. Die anderen strampelten nach und nach hinterher, bis endlich alle an Bord waren; fünf Frauen und vier Männer, allesamt Wissenschaftler, ihre Persönlichkeiten so unterschiedlich wie ihre Spezialgebiete.

Wissenschaftler Karoly d’Branin hat ein insgesamt achtköpfiges Team aus Xenobiologen und -technikern, Linguisten und sogar einem Telepathen um sich geschart, um an Bord des Sternenschiffes Nightflyer den sogenannten Volcryn, einer geheimnisumwitterten wie mythischen alten Rasse nachzureisen und erstmalig Kontakt mit dieser Spezies aufzunehmen. Erste Irritation allerdings macht sich breit, als Royd Eris, der Kapitän des gecharterten Schiffes, sich nicht persönlich zu ihnen gesellt, sondern ihnen lediglich als holografische Erscheinung seine Aufwartung macht, was Unbehagen und Misstrauen bei seinen Passagieren schürt. Einzig Missionsleiter d’Branin sowie Melantha Jhirl begegnen dem Mann – oder besser seinem Abbild – ohne Vorbehalte, doch bald schon kommt es zu ersten Problemen an Bord der Nightflyer, während die mit Überlichtgeschwindigkeit dem vermuteten Standort der Volcryn entgegensaust…

Rezension:

Ursprünglich hatte ich ja vorgehabt, mir die nicht mehr ganz als Kurzgeschichte einzustufende Story von Nightflyers – Die Dunkelheit zwischen den Sternen einzuverleiben, bevor ich dann baldmöglichst über die jüngst bei Netflix erschienene Serien-Adaption reden würde, doch hat mir diesbezüglich die ebenfalls – allerdings bei Amazon Prime – veröffentlichte dritte Staffel von The Expanse einen Strich durch die Rechnung gemacht, denn wenn ich wählen müsste – und das kann und tue ich – bleibe ich natürlich zunächst einmal bei der bekannten Space-Opera, bevor ich mich diesem Science-Fiction-Horror in Serienform widme. Allerdings hat es mich geärgert, dass mich hier erstmalig mein Gedächtnis regelrecht im Stich gelassen hat, denn tatsächlich hatte ich Nightflyers bereits als Teil der Martin’schen Geschichten-Sammlung Traumlieder II gelesen und dass ich mich daran nicht mehr erinnern konnte, sagt leider auch ein wenig was über die Güte der vorliegenden Geschichte aus.

Royds durchscheinender Geist saß dicht neben d’Branin im gedämpften Licht des Aufenthaltsraums, er sah ihm dabei zu, wie er heiße Zartbitterschokolade trank. Alle anderen schliefen. Auf einem Sternenschiff haben Begriffe wie Tag und Nacht keine Bedeutung, aber die Nightflyer simulierte die gewohnten Zyklen, und die meisten Passagiere richteten sich danach.

Zunächst aber punktet George R.R. Martin auch hier wieder mit extrem gelungenen Worldbuilding, auch wenn sich das zuweilen auf regelrechtes Namedropping beschränkt und dennoch bekommt man einen guten und spannenden Einblick in eine weit entfernt liegende Zukunft, die nicht nur von verbesserten oder Psi-begabten Menschen, sondern auch beispielsweise von den fremdartigen wie mysteriösen Volcryn bewohnt wird, denen Wissenschaftler Karoly d´Branin an Bord der "Nightflyer" hinterherzureisen gedenkt. Leider treten die ausschweifenderen Erzählungen bezüglich der die Crew umgebenden Welt zunehmend in den Hintergrund, da Nightflyers nun einmal eher als eine Art Kammerspiel mit Horror-Einschlag konzipiert ist und so widmet sich Martin alsbald den ersten Toten an Bord des Schiffs und man merkt deutlich, dass die Story schon ihre beinahe vier Jahrzehnte auf dem Buckel hat, so dass dem Ganzen ein gewisses, trashiges Flair anhaftet, was grundsätzlich ganz unterhaltsam sein mag, aber auch nichts mit der späteren Güte seiner Werke gemein hat.

Nichtsdestotrotz habe ich die seinerzeit noch als Nachtgleiter betitelte Geschichte mit den Worten "wahnsinnig packend und einfallsreich" gelobt und würde grundsätzlich auch bei dieser Einschätzung bleiben, wobei mir die wiederholte Lektüre nun auch ein wenig mehr die Schwächen des Bandes offenbart hat, der hier übrigens – für alle anderen Doppelkäufer interessant – um fünfzehn hochwertige Schwarzweiß-Illustrationen des Künstlers David Palumbo ergänzt worden ist, auch, um in Kombination mit einer eher überflüssigen und knapp gehaltenen Leseprobe den Umfang des Büchleins auf über 200 Seiten zu hieven, denn der eigentliche Kurzroman Nightflyers findet nach 190 Seiten bereits sein Ende. Dieser gewisse Trash-Appeal hat aber wie erwähnt auch durchaus seinen Reiz, solange man sich nun keine augenöffnende Science-Fiction oberster Güte erwartet, denn so rudimentär die Figuren gezeichnet sein mögen, genügen sie doch den Ansprüchen und erfüllen ihren jeweiligen Zweck.

Bei den Gethsoiden von Aath findet sich eine ähnliche Geschichte, aber laut ihrer Legende löschte jener Krieg alles Leben in unserer Galaxis aus, und die Volcryn sind eine Art Götter, die auf den Welten, an denen sie vorüberkommen, neues Leben säen. Andere Rassen betrachten sie als göttliche Boten oder auch als Schatten, die aus der Hölle geflohen sind und uns alle vor unaussprechlichen Schrecken warnen, die bald aus dem Innersten der Galaxis hervorbrechen werden.

Dadurch kristallisiert sich allerdings auch recht schnell und deutlich heraus, dass mitnichten Karoly als vorrangiger Protagonist in Erscheinung tritt, sondern weit eher die "verbesserte" Melantha Jhirl, deren Beziehung zum mysteriösen Kapitän der "Nightflyer" eines der Kernthemen der Erzählung darstellt. Dieser Kapitän – Royd Eris – stellt dann auch eines der ersten und größten Rätsel der Erzählung dar, da er sich selbst von der Gruppe isoliert hält und schnell die Spekulationen hochkochen, ob es sich um eine fremdartige Spezies oder gar eine künstliche Intelligenz handeln könnte, doch so vielversprechend dieses Mysterium zunächst aufgezogen wird, so vergleichsweise profan ist letztlich die Auflösung, was leider im Grunde für das gesamte letzte Drittel zutrifft, denn so sehr Martin hier auch mit Ideen um sich wirft, entscheidet er sich am Ende doch meist für das, was den üblichen Genre-Standards entspricht. Entsprechend sollte man es – auch, was die inhärente Logik und das Verhalten der theoretisch der doch sehr cleveren Wissenschaftler betrifft – nicht allzu genau nehmen und bekommt im Gegenzug mit Nightflyers eine rundherum solide, unterhaltsame Geschichte spendiert, doch warum man bei ausgerechnet diesem Stoff nach all den Jahren eine Serien-Adaption in Auftrag gegeben hat, erschließt sich mir nicht wirklich, zumal die Erzählung schlussendlich definitiv als abgeschlossen betrachtet werden darf und wenig Raum für etwaige Fortsetzungen lässt.

Fazit & Wertung:

Mit Nightflyers – Die Dunkelheit zwischen den Sternen hat George R. R. Martin einen durchaus unterhaltsamen und lesenswerten Kurzroman geschaffen, dessen Neuauflage nach beinahe vier Dekaden aber – die Serienadaption außenvorlassend – nicht notgetan hätte, denn so kurzweilig der Science-Fiction-Horror auch geraten sein mag, kranken Plot und Figurenzeichnung doch an der einen oder anderen Stelle, derweil der Trash-Appeal allerdings durchaus seinen ganz eigenen Charme versprüht.

6,5 von 10 mysteriösen Vorgängen an Bord der "Nightflyer"

Nightflyers – Die Dunkelheit zwischen den Sternen

  • Mysteriöse Vorgänge an Bord der "Nightflyer" - 6.5/10
    6.5/10

Fazit & Wertung:

Mit Nightflyers – Die Dunkelheit zwischen den Sternen hat George R. R. Martin einen durchaus unterhaltsamen und lesenswerten Kurzroman geschaffen, dessen Neuauflage nach beinahe vier Dekaden aber – die Serienadaption außenvorlassend – nicht notgetan hätte, denn so kurzweilig der Science-Fiction-Horror auch geraten sein mag, kranken Plot und Figurenzeichnung doch an der einen oder anderen Stelle, derweil der Trash-Appeal allerdings durchaus seinen ganz eigenen Charme versprüht.

6.5/10
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Weitere Details zum Buch und dem Autor findet ihr auf der Seite von Penhaligon. Dort findet sich übrigens auch eine Leseprobe.

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Nightflyers – Die Dunkelheit zwischen den Sternen ist am 17.12.18 bei Penhaligon erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

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Eine Reaktion

  1. Britta 14. Februar 2019

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