Eigentlich ist es so schön draußen, dass es sich dem Gefühl nach gar nicht lohnt, einen neuen Blog-Artikel online zu stellen, aber einerseits kann man den ja auch noch Tage, Wochen, Monate später lesen, andererseits ist das Thema der heutigen Serien-Kritik so enttäuschend und generisch geraten, dass ich auch mit gutem Gewissen bei schönstem Sonnenwetter von der Sichtung dieser Serie abraten kann.
Nightflyers
Staffel 1
Nightflyers, USA 2018, ca. 42 Min. je Folge
© Syfy
Jeff Buhler
George R. R. Martin (Buch-Vorlage)
Jeff Buhler
Eoin Macken (Karl D’Branin)
David Ajala (Roy Eris)
Jodie Turner-Smith (Melantha Jhirl)
Angus Sampson (Rowan)
Sam Strike (Thale)
Maya Eshet (Lommie)
Brían F. O’Byrne (Auggie)
Gretchen Mol (Dr. Agatha Matheson)
Phillip Rhys (Murphy)
Gwynne McElveen (Tobis)
Zoë Tapper (Joy D’Branin)
Miranda Raison (Tessia)
Science-Fiction | Mystery | Horror
Trailer:
Inhalt:
© Syfy
Im Jahre 2093 scheint die Erde ihrem Ende nah und die Ressourcen des einst blauen Planeten sind beinahe restlos ausgebeutet. So zieht es die Menschen in Richtung der Weiten des Alls und Astrophysiker Karl D’Branin ist einer von ihnen. Ambitioniert stellt er ein Team aus Wissenschaftlern zusammen, mit denen gemeinsam er an Bord der "Nightflyer" – einem Schiff unter der Kontrolle von Captain Roy Eris – der geheimnisvollen außerirdischen Rasse der Volcryn entgegenfliegen will in der Hoffnung, dass diese dabei helfen können, den drohenden Untergang der menschlichen Rasse zu verhindern. Zwecks Kontaktaufnahme wird allerdings auch ein Level-1-Telepath mit an Bord gebracht, welcher die Crew schnell in Angst und Schrecken versetzt, schließlich schleicht er sich geradewegs in ihre Gedanken. Damit aber nicht genug, kommt es bald nach dem Start an Bord zu einigen mehr als rätselhaften, teils regelrecht beängstigenden Anomalien und es dauert nicht lange, bis das erste Crew-Mitglied sein Leben lassen muss. Dadurch allerdings wollen sich weder D’Branin noch Eris von ihrer Mission abbringen lassen…
Rezension:
Ursprünglich hatte ich ja geplant, der Syfy-Serie Nightflyers gleich nach ihrem Start bei Netflix eine Chance zu geben und dann die Serien-Adaption mit der zugrundeliegenden Novelle von vor beinahe vierzig Jahren zu vergleichen, die ich extra kürzlich noch gelesen habe, obwohl ich sie tatsächlich schon kannte. Nun stellte sich aber heraus, dass die Sichtung der Serie sich als regelrechte Qual entpuppt und ihr dürft es mir hoch anrechnen, hier tatsächlich sämtliche zehn Episoden durchgehalten zu haben, obwohl oder gerade weil an deren Ende nicht einmal ein Ende, sondern ein fieser Cliffhanger steht und man anscheinend gedenkt, die ohnehin schon magere Literaturvorlage noch über weitere Jahre – sprich Staffeln – zu strecken. Das kann man tun, gar keine Frage, und das, was die Autoren aus dem Stoff gemacht haben, bietet auch alle Möglichkeiten dazu, denn abgesehen von dem Titel, einigen Figurennamen und Eckdaten sowie der grundlegenden Prämisse haben Film und Serie herzlich wenig miteinander gemein. Das für sich genommen sagt natürlich nichts über die Qualität der Serienfassung aus, doch darauf möchte ich gerne nachfolgend konkret eingehen.
© Syfy
Es geht damit los, dass allein schon die Konstellation der Figuren und deren Beweggründe gänzlich über den Haufen geworfen werden und so ist es wieder einmal eine sterbende Erde, die unsere tapferen Recken (angeblich Wissenschaftler) ins All treibt, um mit der außerirdischen Rasse der Volcryn in Kontakt zu treten, wahrscheinlich, damit die für die Menschheit den Karren aus dem Dreck ziehen. Leiter dieser Expedition ist Karl D’Branin (Eoin Macken), der sich gleich ein ganzes Team an – ja, immerhin angenehm diversifizierten – WissenschaftlerInnen und sonstigen Begleit-Figürchen zusammengestellt hat, die im Buch noch eine Funktion hatten, hier hingegen relativ beliebig zusammengewürfelt scheinen. Vor allem aber scheint niemand wirklich der Aufgabe der Kontaktaufnahme mit den Aliens gewachsen und die gesamte Crew hat schwere Probleme, überhaupt für sich selbst zu ermitteln, was ihre konkrete Aufgabe an Bord sein könnte, während es – natürlich – schnell zu den ersten Zwischen- und bald auch Todesfällen kommt, die aber niemanden so richtig zu tangieren scheinen. Nur einer macht es richtig, und zwar Roy Eris (David Ajala), der Captain des Schiffs, der sich nur als Hologramm zu zeigen bereit ist und sich ansonsten in seinem Privatquartier verschanzt. Kenner der Novelle meinen hier zu wissen, was es damit auf sich hat, doch selbst dieser Part musste anscheinend verändert werden und weiß in der Variante hier nicht annähernd so zu überzeugen, wie es in der literarischen Behandlung der Fall gewesen ist. Weit schwerer wiegt aber die gleich zu Beginn vorherrschende Kopf- und Ahnungslosigkeit, nachdem ein grundsätzlich gelungener Foreshadowing-Moment gleich zu Beginn der Serie Nightflyers davon kündet, was sich im weiteren Staffelverlauf an Bord des Schiffes abspielen wird.
So konnte ich auch der genetisch verbesserten Melantha Jhirl (Jodie Turner-Smith) hier nicht viel abgewinnen, während sie im Buch eine der interessantesten und toughsten Figuren gewesen ist, denn sie mag zwar strahlungsresistent sein und körperlich topfit, punktet ansonsten aber mit treudoofer Gutherzigkeit. Selbiges gilt für beinahe jede Figur an Bord des Schiffs, weshalb es mir grundsätzlich schwerfiel, überhaupt einen der handelnden Charaktere als möglichen Sympathieträger oder gar Identifikationsfigur auszumachen, wobei einzig Gretchen Mol (Boardwalk Empire) als Dr. Agatha Matheson eine der wenigen ruhmreichen Ausnahmen bildet, wobei die ersten Minuten der Serie bereits vermitteln, dass sie sich über kurz oder lang die Kehle aufschlitzen wird. Ansonsten fährt Nightflyers zumindest inszenatorisch alles auf, was sowohl das Science-Fiction- als auch Horror-Genre zu bieten haben und versucht, mit mehr als offensiven Reminiszenzen die Gunst des Zuschauers zu gewinnen, macht dabei jedoch alles falsch, was man nur falsch machen kann, denn statt sich auf die klaustrophobische Atmosphäre an Bord des Schiffes zu konzentrieren, werden hier Gedankenwelten entworfen, die geradewegs aus The Shining zu stammen scheinen und in ihrer Altertümlichkeit wie echte Fremdkörper wirken. Aus dem telepathisch begabten Thale wird hier derweil gleich noch ein echter Psychopath gezimmert, der seinen "Opfern" garstige Visionen zuteilwerden lässt, die sicherlich nicht von ungefähr an Event Horizon erinnern, um nur ja noch mehr Bedrohung und Paranoia aufzubauen, denn bald kann natürlich niemand mehr auch nur seinen eigenen Sinnen trauen.
© Syfy
Das alles wirkt aber so munter zusammengewürfelt und zusammenhanglos, wird je nach Episode aufgegriffen oder ignoriert, dass es schon ein echter Graus ist, dieser sprunghaften Dramaturgie zu folgen, die sich darin genügt, möglichst viele Versatzstücke zusammenzukleistern und eine bunte Truppe ahnungsloser Hobby-Wissenschaftler ohne Plan oder Sachverstand vor immer neue Probleme zu stellen. Und wer mich und meinen Geschmack kennt weiß, dass ich einiges an Willing-Suspension-of-Disbelief einzuräumen bereit bin, damit eine Geschichte funktioniert, doch hier verrennen sich die Autoren und Regisseure völlig, auch wenn Showrunner Jeff Buhler tatsächlich Pläne für eine weitere Staffel gehabt zu haben scheint. Aus der wird allerdings nach meinem Kenntnisstand nichts werden, denn nur wenige Wochen, nachdem die erste Staffel Nightflyers bei Netflix online ging, verkündete der produzierende Spartensender Syfy die Einstellung der Serie nach ebendieser einen Staffel, was hier auch tatsächlich die richtige Entscheidung ist. Denn spätestens nach dem reichlich absurden Cliffhanger, der hier als Staffelfinale fungiert, wollte ich zumindest schon gar nicht mehr wissen, was man sich hier noch hat einfallen lassen, um die Geschichte künstlich aufzublähen. Die hätte derweil als schnittige Horror-Science-Fiction-Show – und als in sich abgeschlossene Mini-Serie – wahrscheinlich sogar gut funktioniert, denn Suspense und Splatter kann die Serie und sieht dabei sogar ganz gut aus, aber nur dafür braucht man sich diese ansonsten ziemlich dilettantisch wirkende Produktion beim besten Willen nicht geben.
Nightflyers | Staffel 1
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Halluzinierte oder reale Gräueltaten - 5.5/10
5.5/10
Fazit & Wertung:
Die Syfy-Serie Nightflyers versucht auf Biegen und Brechen, aus einer nicht einmal 200 Seiten umspannenden Novelle ein regelrechtes Science-Fiction-Epos zu zimmern, doch wirkt alles, was man der zugrundeliegenden Prämisse hier an Handlungselementen, Mysterien und sonstigen Versatzstücken hinzufügt, reichlich generisch und wenig inspiriert. So fügen sich Horror-, Mystery- und Science-Fiction-Elemente nie zu einem stimmigen Ganzen, während man vergeblich nach einer Identifikationsfigur sucht, denn so absurd planlos, wie sich die handelnden Figuren verhalten, mag man kaum glauben, es wirklich mit Wissenschaftlern zu tun zu haben.
Episodenübersicht: Staffel 1
02. Fackeln und Heugabeln (5,5/10)
03. Der Abgrund blickt in dich (6/10)
04. Weißes Kaninchen (5/10)
05. Grauschwinge (5,5/10)
07. Übertragung (5,5/10)
08. Wiedergeburt (5/10)
09. Der Sonne zu nah (5/10)
10. Was uns blieb (4,5/10)
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Nightflyers | Staffel 1 ist seit dem 01.02.19 exklusiv bei Netflix verfügbar.